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2.3. Rüstung und Krieg im Dritten Reich - Finanzbedarf und Überblick der gewählten

2.3.3. Kreditpolitik

2.3.3.3. Mittel- und langfristiges kreditpolitisches Instrumentarium

diesen kurzfristigen Notenbankkredit in Form von unverzinslichen Schatzanweisungen, Schatz- und Reichswechseln befriedigt werden.

Der äußeren Form nach war diese Methodik der Finanzierung ein kreditpolitisches Instrument; ihrem Wesen nach jedoch die

Ingangsetzung der Notenpresse.263

In dem letztmalig veröffentlichten Monatsausweis der Reichsbank vom 26.02.1945 ist unter der Position „Inlandswechsel, Schecks sowie Schatzanweisungen des Reichs“ 70.699 Millionen RM vermerkt.

Da die Schatzwechsel des Reiches ca. 98 % des Gesamtbetrages dieser Position ausmachten, ist davon auszugehen, dass die

Gesamthöhe der Reichsbankkredite an das Reich bis zum Kriegsende über 70 Mrd. RM betragen haben dürfte.264

2.3.3.3. Mittel- und langfristiges kreditpolitisches

In diesem Zusammenhang muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Placierung der „Li-Anleihen“ ausschließlich im Sparkassen-,

Genossenschafts- und Versicherungssektor erfolgte. Hier erfolgte somit die Finanzierung fast ausschließlich „geräuschlos“.268

Das Volumen der mittelfristigen Reichsschatzanweisungen betrug im gleichen Zeitraum sogar 11,1 Milliarden RM, wovon rund 8 Mrd. RM zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt worden waren.269 Bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Anleihebegehung also nicht ausschließlich geräuschlos, sondern auch unter Teilhabe des öffentlichen

Zeichnerpublikums. So sollte vermieden werden, dass Banken und Sparkassen im geräuschlosen Verfahren übermäßig große Anteile der kurzfristigen Spargelder auch in kurzfristige Staatspapiere anlegten.

Mittelfristige und später langfristige Schatzanweisungen sollten insofern nach Möglichkeit an das Publikum selbst abgesetzt werden.

Die beteiligten Banken und Sparkassen waren am Absatz durch Gewährung von Bonifikationen beteiligt.270

Die dann praktizierte Auflegung dieser verzinslichen

Reichsschatzanweisungen wurde zwar in den Lokalen der Banken und Sparkassen publiziert, jedoch nicht mit der Intensität wie bei den

Zeichnungsaufforderungen zu den Kriegsanleihen der Jahre 1914 / 18.

Als sich im November 1938 der Versuch, eine Anleihe in Höhe von 1,5 Mrd. RM zu platzieren, als völliger Fehlschlag erwies und zu einem Drittel nicht begeben werden konnte, sah sich die Regierung und die Notenbank in der Folgezeit jedoch gezwungen, die geräuschlose Variante der Anleihebegehung zu wählen.271

Die umfangreichen Anleihebegehungen gingen nicht spurlos an der Qualität des Kapitalmarktes vorbei und waren zum Teil nur aufgrund der faktisch existierenden Emissionssperre272 konkurrierender Papiere

268 Siehe hierzu den Briefwechsel zwischen Fritz Federau und Hjalmar Schacht (28.

Juni 1962)

269 Teutul, Claudius: 1962, S. 91 f.

270 Dieben, Wilhelm: Ohne Jahresangabe, S. 60

271 Tooze, Adam: 2006, S. 346 und S. 412

272 Das Reichskabinett beschloss Ende Mai 1933 auf Initiative von Hjalmar Schacht die Einführung eines Kapitalmarktausschusses bei der Reichsbank. Für die

Börsenzulassung neuer kapitalmarktfähiger Papiere war eine Genehmigung des

möglich. Am Kapitalmarkt konkurrierten prinzipiell neben dem Staat als Emittent langfristiger Anleihen auch andere Gebietskörperschaften und vor allem Unternehmen. Die nationalsozialistische Regierung

versuchte, alle konkurrierenden Ansprüche vom Kapitalmarkt fernzuhalten und griff zurück auf eine Verordnung, nach der die Neuausgabe von Wertpapieren von der Genehmigung durch das Reichswirtschaftsministerium abhängig gemacht wurde.273 Dieser Genehmigungszwang leitete alle den Kapitalmarkt

aufsuchenden Geldkapitalien in die Anlage der Reichsanleihen und stellte in der Praxis eine Emissionssperre dar, von der nicht nur die Unternehmen, sondern auch Banken und Sparkassen betroffen waren, die dadurch in ihrer Fremdfinanzierung bzw. im Beleihungsgeschäft (Ausgabe von Pfandbriefen) beschränkt wurden.274

Um die Anlage freier Mittel am Geld- und Kapitalmarkt dem größer werdenden Staatsbedarf zuzuführen, wurden ferner zwei weitere Instrumente eingesetzt.

Das „Gesetz über die Bildung eines Anleihestocks bei

Kapitalgesellschaften (Kapitalanlagegesetz)“ vom 29.03.1934275, das dann im gleichen Jahr am 04. Dezember durch das

„Anleihestockgesetz“276 ersetzt wurde, sollte den Ankauf von Reichsanleihen fördern.

Es schrieb Unternehmen die Bildung eines Anleihestocks vor, wenn einerseits für ein Geschäftsjahr ein höherer Gewinn als im Vorjahre ausgeschüttet wurde und der ausgeschüttete Gewinn mindestens 6 % des eingezahlten Kapitals überstieg. Anzulegen war dann ein Betrag, der dieser Mehrausschüttung entsprach. Dieser Anleihestock war aus Anleihen des Reiches, der Länder oder der Gemeinden zu bilden.277

Ausschusses erforderlich. Die restriktive Genehmigungspraxis des Ausschusses kam einer Emissionssperre gleich und räumte für den Staat den Kapitalmarkt zur

Beschaffung langfristiger Finanzierungsmittel frei.

Siehe hierzu: Köhler, Ingo: 2007, S. 132

273 Stucken, Rudolf: 1953, S. 117, RGBI. 1931, S. 699, hier: Teil I, Kapitel III, § 6

274 Prion, Willi: 1938, S. 81

275 RGBI.1934 1, S. 295

Flankiert wurde das Anleihestockgesetz durch das „Gesetz über die Durchführung einer Zinsermäßigung bei den Kreditanstalten“278 vom 24.01.1935 und das „Gesetz über Zinsermäßigungen bei den

öffentlichen Anleihen“ vom 27.02.1935279, die zu einer Senkung der Zinssätze führten und die Zinslast des öffentlichen Kapitaldienstes erheblich reduzierten.

Zusätzlich sei das „Gemeindeumschuldungsgesetz“ vom 21.

September 1933280 genannt, das eine Umschuldung kurzfristiger in langfristige Forderungen bewirkte. Der im Rahmen dieses Gesetzes gegründete „Umschuldungsverband Deutscher Gemeinden“ gab vierprozentige tilgungsfähige Umschuldungsbriefe heraus, mit der die Gläubiger der Kommunen abgefunden werden sollten. Bei Ablehnung dieser Abfindung galt die Forderung für fünf Jahre als gestundet.

Im Ergebnis konnten dadurch rund 3 Milliarden Reichsmark kurzfristige Schulden der Kommunen in zinsgesenkte langfristige Schulden

verwandelt werden.281

Um die Reichsbank von den einschränkenden gesetzlichen Bindungen zu befreien und ihr für die Maßnahmen der Wirtschaftsbelebung mehr Bewegungsfreiheit zu schaffen, sah die Bankgesetznovelle vom 27.

Oktober 1933282 eine größere Möglichkeit zum An- und Verkauf von Wertpapieren vor.283

Die Durchführung dieser Offenmarktpolitik durch die Zentralbank sollte der Wertpapieranlage eine höhere Liquidität verleihen und die

öffentliche Finanzierung begünstigen.

Im Ergebnis lässt sich jedoch feststellen, dass die Offenmarktpolitik bis auf wenige Ausnahmen284 keine erwähnenswerte Hilfestellung leisten konnte und im Wesentlichen der kurzfristigen

278 RGBI.1935 1, S. 45

279 RGBI.1935 1, S. 286

280 RGBI.1933 1, S. 647

281 Stucken, Rudolf: 1953, S. 138

282 RGBI.1933 II, S. 827

283Siehe hierzu: James, Harold: 1998

284 Siehe hierzu: Erbe, René: 1958, S. 56

Kapitalmarktbeeinflussung mit dem Ziel einer reibungslosen Befriedigung des Staatsbedarfs diente.285

Gleichwohl versuchte man, die Aufnahmefähigkeit und die Zinsbedingungen des Kapitalmarktes zu verbessern, sowie die brachliegende Kaufkraft bei Banken, Sparkassen und anderen Kapitalsammelstellen in Anleihen zu binden.

Neben den bereits oben beschriebenen gesetzlichen Änderungen (Gemeindeumschuldungsgesetz, Möglichkeit zur Offenmarktpolitik der Reichsbank, Anleihestockgesetz) traten nun weitere Maßnahmen, um das Zinsniveau des Kapitalmarktes soweit zu reduzieren, so dass es für die öffentliche Verschuldung tragbar erschien.

Der Zinssatz öffentlicher Anleihen, der bereits im Dezember 1931 durch den damaligen Reichskanzler Brüning zwangsweise von 8 auf 6 % herabgesetzt wurde,286 sollte 1935 zur Reduzierung der öffentlichen Zinslast weiter gesenkt werden. Betroffen vom Aufruf zur Konversion waren Schuldverschreibungen der Kreditinstitute und öffentlichen Körperschaften sowie die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragenen Schulden. Der Zinssatz wurde auf 4,5 % gesenkt. Widersprach der Gläubiger dieser Senkung nicht, erhielt er einen einmaligen Bonus in Höhe von 2 % des Nennbetrags der Schuld.

Im Falle des Widerspruchs verblieb der Zinssatz zwar auf dem ursprünglichen Niveau, jedoch wurden die nicht konvertierten Stücke vom Börsenhandel ausgeschlossen und waren praktisch bis zum Einlösungstermin eingefroren287

Die im Zusammenhang mit der Konversion erlassenen gesetzlichen Vorschriften, namentlich das „Gesetz über die Durchführung einer Zinsermäßigung bei Kreditanstalten“ vom 24. Januar 1935288 und das

„Gesetz über eine Zinsermäßigung bei den öffentlichen Anleihen“ vom

285 Teutul, Claudius: 1962, S. 110

286 Stucken, Rudolf: 1953, S. 137

27. Februar 1935289, schufen die Grundlage dafür, dass

Kommunalobligationen im Nennwert von rund 8 Milliarden RM und öffentliche Anleihen im Betrage von rund 2 Milliarden RM konvertiert wurden. Der Anteil der Widersprüche lag bezogen auf den Nennwert bei unter einem Prozent. Im Ergebnis war die Konversion ein voller Erfolg.

Das Kursniveau der Anleihen blieb nahezu konstant trotz einer 25%igen Senkung der nominellen Verzinsung.290