3. Der Lebensraumkatalog (Institut für Landespflege) ���������������������� 13
7.5 Lobbach – Waldwimmersbach M6 + M5 (seit 2003 in Betrieb) ���������������� 156
7.6.3 Makrozoobenthos
Die Zusammensetzung der Makrozoobenthosgemeinschaft wurde am Hochwasserrückhalte-becken Freiburg Nord im Oktober 2005 an vier verschiedenen Probestellen untersucht (Abbil-dung 7.26). Da die Probennahme spät im Jahr erfolgte, wurden nur vergleichsweise wenige Tiere gefunden (Abbildung 7.31). Im glatten und sedimentfreien Rohrduchlass wurden keine Tiere gefunden. Es dominieren Bachflohkrebse, Wasserkäfer der Gattung Elmis spp. und die Eintagsfliegenlarve Baetis spp.. An der unteren Probestelle wurde die Schnecke Potamopyrgus jenkinsi in großer Zahl gefunden. Die Art ist ein Neozoon und tritt in den letzten Jahren ver-stärkt auf. Insgesamt umfassten die Proben im Oktober 41 Taxa. Bei der Beprobung im März wurden weitere Taxa gefunden, so dass sich die Zahl der Taxa am Gewässer insgesamt auf 71 erhöhte.
Tabelle 7.17: Ergebnisse der Makrozoobenthos-Untersuchung im Oktober 2005: Individuendichten, Taxa-Anzahl, α-Diversität (ShAnnon-Index) und Eveness.
Probestelle oberhalb HRB (oben)
Einstaubereich vor HRB
HRB Rohrdurchlass
unterhalb HRB (unten)
Taxazahl 17 21 0 29
Besiedlungsdichte
(Individuen/m²) 76 63 0 207
shannon-Index H’ 1,81 2,62 - 2,3
Eveness (H’/Hmax) 0,64 0,86 - 0,68
Tabelle 7.18 gibt die Dominazstruktur an den Probestellen am Schobbach wieder. An der Probestelle oberhalb des Hochwasserrückhaltebecken dominierte der Bachflohkrebs Gammarus fossarum (eudominant), gefolgt von Notonecta spp. (dominant), Erpobdella octoculata, Baetis spp. und Vertretern der Gattung Simulium spp. als subdominante Taxa (Abbildung 7.32). Die sonstigen Begleitarten waren mit nur wenigen Individuen vertreten. Die meisten Tiere waren auf den sandigen/schlammigen Flächen zu finden. Aufgrund der Dominanz der Bachflohkrebse waren die Zerkleinerer der bedeutendste Ernährungstyp.
Im Einstaubereich vor dem Rohrdurchlass des Hochwasserrückhaltebeckens waren die Köcherfliegen mit fünf Arten und 31% der Individuen am stärksten vertreten (Abbildung 7.32).
Dominant waren zudem Käfer der Gattung Elmis spp. und der Bachflohkrebs Gammarus fos -sarum. Andere Taxa traten nur vereinzelt auf. Die Hauptgruppen machen den hohen Anteil an Weidegänger (43%) und Zerkleinern (28%) aus. Die meisten Tiere sind typische reophile Arten des Lithals und des Akals.
Die dritte Probestelle lag innerhalb des Betonrohres des Hochwasserrückhaltebecken. Hier wurden keine Tiere gefunden. Grund hierfür waren die hohen Strömungsgeschwindigkeiten (ca. 1 m/s) und das Fehlen von natürlichem Substrat.
In der individuen- und artenreichsten Probestelle unterhalb des Hochwasserrückhaltebe-ckens war die Schnecke Potamopyrgus jenkinsi (=antipodarum) die dominante Art. Die Ein-tagsfliegen waren mit 24% in den Proben vertreten, überwiegend mit der Gattung Baetis spp..
Im steinig/kiesigen und schnell fließenden Bereich der Probestelle wurden zudem fünf Käfer-Arten registriert. Hinsichtlich der Ernährungstypen dominierten die Sedimentfresser (42%) und die Weidegänger (38%).
Tabelle 7.18: Dominanzstruktur mit den fünf häufigsten Taxa an jeder Probestelle des Schobbachs.
Probestelle Dominierende Taxa Dominanz oberhalb HRB Gammarus fossarum
Notonecta spp
Erpobdella octoculata.
Leptocella gracilis Baetis spp.
46%12%
7%7%
5%
vor HRB Elmis sp.
Gammarus fossarum Leptocella gracilis Goera pilosa Calyopterix virgo
18%12%
8%7%
7%
unterhalb HRB Potamopyrgus jenkinsi Baetis spp.
Elmis spp.
Ophiogomphus serpentinus Simulium spp.
43%18%
6%4%
4%
Abbildung 7.31: Absolute Abundanzen der Ordnungen bzw. Klassen der vier Probestellen am Schobbach.
Abbildung 7.32: Relative Abundanzen der Ordnungen bzw. Klassen der vier Probestellen am Schobbach.
Einige Taxa wurden ausschließlich unterhalb des Rohrdurchlasses gefunden, darunter Ver-treter der Cyclopodidae, die Crustaceen Herpetocypris reptans und Jaera spp., die Köcherflie -gen Anabolia nervosa, Lepidostoma hirsutum, Silo piceus, Oecetis testacea und Limnephilus lunatus sowie die Larven der Ibisfliege Atherix ibis. Da es sich in der Regel um Einzelfunde handelt, kann nicht zwangsläufig von einer Barrierewirkung des Hochwasserrückhaltebecken ausgegangen werden. Das die Schnecke Potamopyrgus jenkinsi allein an der unteren Probestelle
in großer Zahl auftrat, ist vermutlich auf das dortige Vorkommen von ausgedehnten Makrophy-tenbeständen zurückzuführen.
Auf Grund des Ausfalls einiger Arten an einzelnen Gewässerabschnitten ist die Ähnlich -keit der Artzusammensetzung und der Dominanzverhältnisse an den Probestellen sehr gering (Tabelle 7.19). Die renkonensche Zahl erreicht maximal 40%, der sørensen-Index Maximal-werte von nur 46%, selbst wenn man den gleichen Substrattyp betrachtet. Am ähnlichsten ist die Artenzusammensetzung bei den beiden Probestellen „vor HRB“ und „unterhalb“ bei steini-gen/kiesigen Substrat.
Tabelle 7.19: RenKonensche Zahl (erste Zahl) und SöRenSen-Quotient (zweite Zahl) der Probestellen am Schob-bach. Alle Angaben in %.
Probestelle und Substrat oberhalb HRB vor HRB unterhalb Kies,
Steine
Sand, Schlamm
Kies, Steine
Sand, Schlamm
Kies, Steine oberhalb
HRB
Kies, Steine
Sand, Schlamm 10 / 21
vor HRB Kies, Steine 12 / 18 10 / 16
Sand, Schlamm 10 / 20 28 / 34 40 /38 unterhalb
HRB
Kies, Steine 08 / 24 19 / 38 07 / 46 18 / 43
Sand, Schlamm 09 / 25 03 / 10 07 / 27 05 / 20 17 / 24 Auch bei einer zweiten Beprobung im Frühjahr 2006 war die Ähnlichkeit zwischen den Pro -bestellen nicht wesentlich höher. Da die spätere Beprobung nach einem Hochwasser stattfand (siehe Kapitel 6), sind die Werte jedoch nur sehr begrenzt vergleichbar.
Zusammenfassung und Diskussion
Die im Oktober 2005 erfassten Proben vom Schobbach sind vergleichsweise artenarm, die Besiedlungsdichte war sehr gering. Die ist wahrscheinlich auf den Zeitpunkt der Aufnahme zurückzuführen. Viele Tiere dürften sich im Oktober bereits in das Interstitial zurückgezogen haben oder waren noch zu klein, um erfasst zu werden. In den Proben dominierten die Bach-flohkrebse, Eintagsfliegen der Gattung Baetis spp., Wasserkäfer der Gattung Elmis spp.. An der unteren Probestelle trat zudem die Schnecke Potamopyrgus jenkinsi in großer Zahl auf.
Im glatten Betonrohr des Durchlasses am Hochwasserrückhaltebecken wurden keine Tiere gefunden. Die Besiedlungsfeindlichkeit des Betonrohrs ist auf die glatte Sohle und die mit etwa 50 - 120 cm/s sehr hohe Fließgeschwindigkeit zurückzuführen. Die meisten Wirbello-sen können sich unter solchen Bedingungen im Rohr nicht halten. Auch bei Beprobungen im Frühjahr 2006 konnte dort keine Besiedlung festgestellt werden. Allerdings wurden zu diesem Zeitpunkt auf den Sand- und Kiesablagerungen im Kastendurchlass unterhalb des Betonrohrs einige Arten gefunden, insbesondere Steinfliegenlarven der Gattung Isoperla. Diese Art war im Frühjahr 2006 an allen Probestellen zahlreich vertreten (siehe Kapitel 6). Vermutlich wurde ein Großteil der im Kastendurchlass vorgefundenen Tiere mit dem Hochwasser einige Tage vor der Frühjahrsbeprobung eingeschwemmt.
Der Vergleich der drei Probestellen, welche im Oktober 2005 von Wirbellosen besiedelt
wurden, zeigt eine geringe Ähnlichkeit bezüglich der Artenzusammensetzung und der Domi -nanzverhältnisse. Sowohl die renkonensche Zahl als auch der sørensen-Quotient liegen immer unter 50%, auch wenn die Besiedlung des gleichen Substrattyps berücksichtigt wird. Oberhalb des Durchlasses sind bei den Beprobungen im Herbst 2005 und Frühjahr 2006 einige Arten nicht gefunden wurden, die unterhalb des Hochwasserrückhaltebecken auftraten, darunter meh-rere Köcherfliegenarten. Die großen Unterschiede in der Besiedlung und der Artenzusammen -setzung lassen sich vermutlich zum Teil auf Unterschiede in der strukturellen Ausstattung der Probestellen und auf eine variierende Strömungsdiversität zurückführen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass von dem Bauwerk eine Barrierewirkung ausgeht, die sich auch die Besiedlung der oberen Probestellen auswirkt.
Sicher ist, dass das 16 Meter lange Rohr für viele aquatischen Kleintiere ein unüberwindba -res Hindernis darstellt. Hinzu kommt der 60 cm hohe Sohlabsturz am unteren Ende des Rohrs und eine kleinere Sohlschwelle am oberen Ende beim Schieber. Der Sohlabsturz unterhalb des Rohrs wird zwar durch Sedimentablagerungen im Tosbecken zeitweise verkleinert, nach dem Hochwasser im Frühjahr waren die Sedimente jedoch weitgehend ausgeschwemmt. Eine wei -tere Hinderniswirkung geht wahrscheinlich von dem hohen Fischbestand im Kastendurchlass unterhalb des Rohrs aus (Kapitel 7). Auf Grund fehlender Versteckmöglichkeiten werden Wir -bellose vermutlich hier von den Fischen stark dezimiert.
All dies spricht dafür, dass durch das Hochwasserrückhaltebecken „Freiburg Nord“ die Auf-wärtswanderung von aquatischen Wirbellosen im Schobbach erschwert bzw. verhindert wird (Kapitel 4.2.2). Inwieweit sich hieraus Isolationseffekte ergeben, lässt sich im Rahmen des Projekts nicht abschließend bewerten, zumal ein Teil der Imagines im Zuge des Kompensati -onsfluges den Rohr- und Kastendurchlass passiert und so etwaige Driftverluste oberhalb des HRB ausgleichen kann (Kapitel 4.2.3). Um etwaige Isolationseffekte zu quantifizieren, ist eine langfristige Untersuchungen der Besiedlung notwendig. Auch die Flug der Imagines muss noch genauer erfasst werden.