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3. Der Lebensraumkatalog (Institut für Landespflege) ���������������������� 13

7.4 Lobbach – Mönchzell (seit 2004 in Betrieb) ������������������������������� 141

7.4.3 Makrozoobenthos

Bei der Untersuchungen des Makrozoobenthos am Lobbach bei Mönchzell wurden insge -samt 28 Taxa gefunden. Besonders dominant sind Zuckmücken, Bachflohkrebse und Eintags -fliegen der Gattung Baetis spp. Stein-fliegen kamen nur sehr vereinzelt vor.

Vergleicht man charakteristische Kennwerte der drei Biozönosen am Lobbach, so fällt auf, dass die Besiedlungsdichte der Probestelle am Hochwasserrückhaltebecken am geringsten aus-fällt (Tabelle 7.19). Bei der Anzahl der Taxa wurde hingegen lediglich auf der oberen Probe -stelle ein deutlich erhöhter Wert vorgefunden. Da hier eine geringe Evenness (Gleichverteilung) herrscht, fällt der shannon-Index mit 1,4 jedoch sehr niedrig aus. Der höchste shannon-Index wird auf der Probestelle am Hochwasserrückhaltebecken erreicht, was auf die höhere Geleich -verteilung der Arten zurückzuführen ist. Im Hinblick auf Taxazahl und α-Diversität nimmt die untere Referenzstelle eine Mittelstellung ein, weist aber die höchste Besiedlungsdichte auf.

Tabelle 7.19: Kennwerte und Indizes zur Charakterisierung der α-Diversität der Biozönosen am Lobbach.

Probestelle oberhalb HRB am HRB unterhalb HRB

Taxazahl 21 16 17

Besiedlungsdichte

(Individuen/m²) 735 441 957

shannon-Index H’ 1,40 1,78 1,60

Hmax 3,04 2,77 2,83

Evenness (H’/Hmax) 0,46 0,64 0,56

Tabelle 7.20 zeigt eine hohe Ähnlichkeit in den Dominanzverhältnissen zwischen oberer und unterer Probestelle, angezeigt durch die renkonensche Zahl. Dahingegen ähnelt die Biozönose am Hochwasserrückhaltebecken keiner der beiden anderen, im Vergleich mit der Biozönose der Probestelle „oberhalb HRB“ ist sogar eine besonders geringe Analogie festzustellen. Dies reflektiert den strukturellen Kontrast der Probestellen. Durch den sørensen-Quotient wird eine mäßige Taxaübereinstimmung zwischen allen drei Probestellen ohne große Abweichungen angezeigt (Tabelle 7.20).

Tabelle 7.20: RenKonensche Zahl (erste Zahl) und SøRenSen-Quotient (zweite Zahl) zwischen den drei Probestel-len am Lobbach; Alle Angaben in %.

Probestellen oberhalb HRB am HRB

oberhalb HRB - 39 / 65

unterhalb HRB 72 / 63 55 / 67

Beim Vergleich der absoluten und relativen Abundanzen der taxonomischen Ordnungen (Abbildung 7.50 und Abbildung 7.51) fallen am Hochwasserrückhaltebecken im Vergleich mit den Referenzstellen die unterrepräsentierten Amphipoden (Flohkrebse) und die überrepräsen -tierten Trichopteren (Köcherfliegen) und Dipteren (Zweiflügler) auf.

Bei genauerer Betrachtung der Dominanzstrukturen der Taxa (Tabelle 7.21) ähneln sich die beiden Referenzstellen hinsichtlich der deutlichen Dominanz der Gammarus fossarum/pulex -Gruppe. Unter den fünf dominierenden Taxa der beiden Referenzstellen finden sich außerdem drei weitere gemeinsame Taxa: Gammarus roeseli, Baetis spp. und die Chironomidae (Zuck-mücken). Die Ephemeropteren Baetis spp. und Paraleptophlebia submarginata erreichen an der unteren Referenzstelle etwas höhere Dominanzen.

Tabelle 7.21: Dominanzstruktur der fünf häufigsten Taxa jeder Probestelle am Lobbach.

Probestelle Dominierende Taxa Dominanz oberhalb HRB Gammarus fossarum/pulex-Gruppe

Gammarus roeseli Baetis spp.

Chironomidae

Centroptilum luteolum

67%7%

5%5%

4%

am HRB Chironomidae

Gammarus fossarum/pulex-Gruppe Baetis spp.

Paraleptophlebia submarginata Plectrocnemia spp.

44%19%

16%6%

3%

unterhalb HRB Gammarus fossarum/pulex-Gr.

Baetis spp.

Chironomidae Gammarus roeseli

Paraleptophlebia submarginata

48%23%

10%7%

5%

Unter den fünf dominierenden Taxa am Hochwasserrückhaltebecken befinden sich drei Taxa, die auch an den Referenzstellen häufig sind (Gammarus fossarum/pulex-Gruppe, Chironomi -dae und Baetis spp.). Die Chironomidae überwiegen hier jedoch deutlich mit 44%, ferner tritt die Köcherfliege Plectrocnemia spp., die in den Dominanzstrukturen der beiden Referenzstel-len keine bzw. eine geringe Rolle spielt, hervor. Eine Art, die am Hochwasserrückhaltebecken gänzlich fehlte, an den Referenzstellen aber mit 20 bzw. 26 Individuen recht häufig auftrat, ist die Eintagsfliegenlarve Centroptilum luteolum. Weiterhin fehlt am Hochwasserrückhaltebecken der auf den Referenzstellen mit 1% Dominanz auftretende Strudelwurm Dugesia gonocephala. Diese Unterschiede in den Dominanzstrukturen erklären die geringen renkonenschen Zahlen zwischen den Referenzstellen und dem Hochwasserrückhaltebecken.

Abbildung 7.50: Absolute Abundanzen der Ordnungen bzw. Klassen der drei Probestellen am Lobbach.

Habitat- und Substratpräferenzen

Abbildung 7.52 zeigt die Habitat- und Substratpräferenzen der an den drei Probestellen erfassten Tiere. Am Hochwasserrückhaltebecken zeigt sich ein deutlich erhöhter Anteil der Bewohner von Feinsedimenten, wie beispielsweise den Chironomiden (Zuckmücken). Da die Habitatverteilung an den Referenzstellen sich von der am Hochwasserrückhaltebecken unter-scheidet, können die Werte in Abbildung 7.52 aber nicht direkt miteinander verglichen werden.

Um vergleichbare Daten zu bekommen, werden im Folgenden die Individuenzahlen der Psam -mal/Pelal bevorzugenden Chironomidae auf 1 m² der auftretenden Habitate der Probestellen bezogen.

Abbildung 7.52: Relative Anteile der Habitatpräferenzen der Organismen in den Biozönosen der Probestellen am Lobbach (Pelal: < 0,63 mm, Psammal 0,63 - 2 mm, Lithal: > 2 cm).

Tabelle 7.22 zeigt, dass auf den Probestellen oberhalb des Hochwasserrückhaltebeckens und am Hochwasserrückhaltebecken die höchsten Besiedlungsdichten auf steinigem Substrat erreicht werden. Unterhalb ist dies auf Sand der Fall. Das Hochwasserrückhaltebecken zeigt im

Abbildung 7.51: Relative Abundanzen der Ordnungen bzw. Klassen der drei Probestellen am Lobbach.

Vergleich mit 272 Chironomiden pro m² Blöcke und Steine eine beträchtlich hohe Besiedlungs -dichte. Da hier dieser Habitattyp mit 56% Deckungsgrad überwiegt, treten die Chironomiden eudominant in der Artengemeinschaft hervor.

Tabelle 7.22: Habitatspezifische Besiedlungsdichte der Chironomidae auf den Probestellen am Lobbach, nor-miert auf 1 m² des Habitattyps.

Habitat Blöcke/

Steine

Kies Sand/

Schlamm

Gehölz-wurzeln

Makro-phyten

oberhalb HRB 182 5 45 9

-unterhalb HRB 14 14 359 14

-am HRB 272 - 140 - 0

Die am Hochwasserrückhaltebecken mit 3% Dominanz vermehrt auftretende Köcherflie -genlarve Plectrocnemia spp., die laut engelhardt (zit. in schMedtje & collIng 1996) ein Strö-mungsoptimum zwischen 0,13 und 0,17 m/s besitzt und Schlamm als Habitat bevorzugt, kann noch als Indiz für eine Reduktion der Strömung angeführt werden. Andere Artengruppen, deren Strömungs- oder Habitatpräferenzen zur Indikation von Belastungen herangezogen werden können, kommen am Lobbach bei Mönchzell in größerer Abundanz aber kaum vor. Die geringe Abundanz des Strudelwurms Dugesia gonocephala an den Referenzstellen bei gleichzeitigem Fehlen der Art am Hochwasserrückhaltebecken ist nicht repräsentativ genug, um Aussagen tref -fen zu können.

Die rheobionte Eintagsfliegenlarven der Ecdyonurus venosus-Gr. besiedeln zumindest die untere Referenzstelle in ebenso geringer Anzahl wie das Hochwasserrückhaltebecken. An der oberen Probestelle kommt sie in leicht erhöhter Abundanz vor, da dort der Anteil der Schwellen (riffles) höher ist.

Zusammenfassung und Diskussion

Der Lobbach weist im Untersuchungsgebiet bei Mönchzell mit 28 verschiedenen Taxa eine relativ artenarme Fauna auf. Es dominieren anspruchslose Ubiquisten ohne spezifische Habi -tatansprüche. Hier sind vor allem die auf den Referenzstellen dominierende Gammarus fossa -rum/pulex-Gruppe und die Eintagsfliege Baetis spp. zu nennen. Grund hierfür könnte einerseits die Lage des Baches zwischen Bergregion und Flachland sein – angezeigt durch das Vorkom -men von Taxa beider Regionen - andererseits ist der unübersehbare anthropogene Einfluss eine mögliche Ursache für die geringe Artenvielfalt.

Der Vergleich der Habitatzusammensetzungen der Probestellen zeigt im Deckungsgrad der Substrate Sand und Steine zunächst geringe bzw. keine Abweichungen zwischen Referenz -stellen und Hochwasserrückhaltebecken. Der Ähnlichkeitsindex deutet jedoch größere Abwei-chungen zwischen den Biozönosen der Referenzstellen und jener am Hochwasserrückhalte -becken an. Unterschiede gibt es weniger in der Zusammensetzung der Taxa als vielmehr in den relativen Abundanzen der Taxa, vor allem bei der Gammarus fossarum/pulex-Gruppe und den Chironomidae. Erstere dominieren an den Referenzstellen, letztere am Hochwasserrückhaltebe-cken. Der Grund für die massenhafte Entwicklung der Chironomiden ist die großflächige Ver -schlammung der Steinsohle. Bei allen anderen bedeutenden Taxa sind die Unterschiede in den

Abundanzen weniger gravierend. Der Anteil störungsempfindlicher Taxa war nicht signifikant verringert, Köcherfliegen kamen sogar vermehrt am Hochwasserrückhaltebecken vor. Vor dem Hintergrund „Potamalisierung“ des Baches im Durchlassbereich des Hochwasserrückhaltebe-ckens ist die Ähnlichkeit der Biozönosen an Hochwasserrückhaltebecken und Referenzstellen erstaunlich hoch. Nur bei der Eintagsfliegenlarve Centroptilum luteolum war beim Hochwas-serrückhaltebecken ein Ausfall festzustellen, allerdings wurde die Art an den Referenzstellen auch nur selten angetroffen.

Die vergleichsweise geringe Besiedlungsdichte der Probestelle am Hochwasserrückhalte-becken kann auf den hohen Feinsedimentanteil zurückgeführt werden. Laut schÖnBorn (1992) und oduM (1999) findet man in Fließgewässern auf sandigen und schluffigen Lockersubstra -ten die gerings-ten Besiedlungsdich-ten, was mit der schlech-ten Wasserdurchlässigkeit und den damit oft verbundenen Sauerstoffdefiziten zusammenhängt. Auch wird das feinkörnige Substrat schon bei leicht erhöhten Abflüssen umgelagert (BrIeM 2002, reIce 1984).

Die ähnliche Taxastruktur der drei Probestellen lässt zunächst keine Einschränkung bei der ökologischen Durchgängigkeit des Hochwasserrückhaltebeckens M18 für Wirbellose erken -nen. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass das Hochwasserrückhaltebecken erst im Jahr 2004 in Betrieb genommen wurde und sich eine etwaige Barrierewirkung des Bauwerks vermutlich noch nicht auf die Zusammensetzung der Zönosen auswirken konnte.

Eine solche Barrierewirkung ist in erster Linie in Zusammenhang mit der Verschlam-mung der Steinsohle im Hochwasserrückhaltebecken zu erwarten. Da sich die verschlammten Bereiche über die gesamte Gewässerbreite ziehen und die gesamte Bauwerkslänge umfassen, kann von einer erheblichen Behinderung der Aufwärtswanderung von rheophilen und sauer -stoffbedürftigen Arten ausgegangen werden. Gerade Taxa, die das Lückensystem zur Fortbe -wegung nutzen, sind davon betroffen, so beispielsweise Bachlohkrebse (BÖhMer et al. 1996), aber auch viele andere Kleinlebewesen (schMIdt et al. 1999). Insbesondere im Sommer bei geringen Abflüssen und langem Ausbleiben von Abflussspitzen (schäfer et al. o.J.) kann hier mit anaeroben Verhältnissen gerechnet werden (siehe unten).

Der Bereich der Energieumwandlungsmulde stellt einen weiteren Barriere dar, welche sich an das Schieberbauwerk anschließt. Dieser künstliche Kolk hat zwar seichtere Uferbereiche, in denen Aufwärtswanderungen möglich sind, dürfte jedoch wegen der sehr geringen Fließge -schwindigkeiten überwiegend als Driftfalle fungieren (pechlaner 1986). Die auch längerfristig nicht zu verbessernde Beschattung des Gewässers im Hochwasserrückhaltebecken lässt eine Entwicklung von Makrophyten zu, die ihrerseits zur Behinderung des Wasserabflusses führen können und eventuelle Unterhaltungsmaßnahmen nach sich ziehen. Letztere hätten wiederum negative Auswirkungen auf die Gewässerfauna.

Die durch die Aufweitung des Gewässerbetts im Hochwasserrückhaltebecken bedingte Strömungsreduktion führt nicht nur zur Ablagerung von Feinsedimenten, sondern kann auch zu einem Rückgang des Sauerstoffeintrags führen. Durch die Laufbegradigung und gleich -förmige Uferbefestigung am Hochwasserrückhaltebecken werden zudem turbulenzfördernde Widerstände beseitigt. Die für die Sauerstoffaufnahme entscheidende Grenzfläche zwischen Wasser und Luft wird in Folge verkleinert (nIeMeyer-lüllwItz & zucchI 1985). Die durch den Schlamm dunklere Bachsohle und die verringerten Fließgeschwindigkeiten führen zu einer stärkeren Erwärmung des Wassers im Hochwasserrückhaltebecken und damit zu einer zusätz -lichen Verringerung der Sauerstoffkonzentration.

Berücksichtigt man all diese Faktoren, so muss das Hochwasserrückhaltebecken M18 als bedingt durchgängig bewertet werden. Sauerstoffbedürftige und reophile Arten können das ver -schlammte Bauwerk nur sehr eingeschränkt besiedeln und nur bedingt durchwandern. Solche störungsempfindlichen Arten kommen auf Grund der allgemeinen Gewässerdegradation jedoch nur in geringem Umfang an dem untersuchten Bachabschnitt vor (siehe oben). Die Barrie -rewirkung des Hochwasserrückhaltebeckens dürfte daher unter den derzeitigen Bedingungen vergleichsweise gering sein, zumal der offene Durchlass von geflügelten Imagines gut passiert werden kann. Dennoch sollte der Verschlammung durch eine bauliche Einengung des Mittel-wasserbetts im Hochwasserrückhaltebecken begegnet werden.