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4. MIKROBIOLOGIE

4.2 M ILIEUFAKTOREN

Bakterienarten einer Gattung schwanken in bestimmten Grenzen (Abb. 4.1-2 und 4.1-3). Die Unterschiede der pH-Präferenzen bei Bakterien und Pilzen, die bestimmen, welche der beiden Gruppen dominieren kann, sind größer (Abb. 4.-2, Tab. 4.1-2). Auch die Temperatur beein-flußt die Zusammensetzung von Mikroorganismengemeinschaften (Abb. 4.2-1).

Abb. 4.2-1: Temperaturabhängigkeit des Wachstums: Unterteilung der Mikroorganismen in drei Großgruppen mit unterschiedlichen Temperaturansprüchen (zum Vorkommen und Be-deutung für die Sanierungspraxis s. Text). Optimum Bereich, ----gutes Wachstum bei vielen Arten; - - - -Übergangsbereich; Bereiche der höchsten und niedrigsten Temperaturen, bei denen einige Arten noch wachsen können

Nach den Temperaturbereichen, in denen sie wachsen können, werden psychrophile (kälte-liebende), mesophile (mittlere Temperaturen liebende) und thermophile (hitzeliebende) Mikroorganismen unterschieden. Abb. 4.2-1 soll die Bedeutung der unterschiedlichen Tempe-raturpräferenzen für die Sanierungspraxis verdeutlichen. Die Temperaturen, bei denen die Vertreter der drei Gruppen wachsen, umfassen einen weiten Bereich. Echte kälteliebende Mi-kroorganismen kommen in unserer Klimazone nicht vor; thermophile MiMi-kroorganismen wer-den in heißen Quellen u.ä. gefunwer-den. Im Grundwasser und in tieferen Bower-denschichten leben psychro- bis mesophile Mikroorganismen und die mesophilen Mikroorganismen mit ihren von der Art abhängigen höheren und niedrigeren Temperaturoptima dominieren in natürlichen Populationen. Die Zahlen der koloniebildenden Bakterien ist im Grundwasser bei einer Be-brütungstemperatur von 20°C höher als bei 37°C.

In den von Witterung und Jahreszeiten beeinflußten oberen Schichten des Bodens und in Mie-ten kann Kälte einen Zusammenbruch der Population zur Folge haben. Das gleiche gilt für

einen Temperaturanstieg über eine kritische Grenze, die bei Mietenverfahren für den Teil der mesophilen Bakterien erreicht werden kann, deren Optimum im niedrigeren Temperaturbe-reich liegt. Daher sollte bei einer Überschreitung einer Mietentemperatur von 28-30°C geprüft werden, ob sich die Abbaugeschwindigkeit verringert (vgl. Abb. 4.1-1 und 4.1-2), wobei be-achtet werden muß, daß eine erhöhte Temperatur ein verstärktes Ausgasen von flüchtigen Kontaminanten zur Folge hat, das einen höheren als den tatsächlichen biologischen Abbau vortäuschen kann. Dieser Effekt ist in Rotten noch drastischer, denn in der Heizphase, die auch Sterilisationsphase genannt wird, können 70-80°C erreicht werden.

In-situ, in tieferen Bodenschichten und im Grundwasser liegt das Problem umgekehrt in der Frage des Minimumbereichs. Daß Kontaminanten im Untergrund abgebaut werden können, zeigen Erkundungen von Schadensfällen, schwer bestimmbar ist dagegen der genaue Zeit-raum. Für eine Abschätzung des Mindestzeitbedarfs einer Sanierung sollte nicht nur der Ab-bau der Kontaminanten, sondern auch die Wachstumsraten der Mikroorganismen bei der in-situ Temperatur geprüft werden, da Wachstumsraten und Abbauleistung gekoppelt sind (Abb.

4.1-1).

Neben den abiotischen gibt es auch biotische Milieufaktoren, die die Mikroorganismen-dichten regulieren können. Einige Faktoren sind Konkurrenz - speziell Nahrungswettbewerb -, Räuber (= Protozoen) - Beute (= Bakterien) - Beziehung und Befall durch Bakterienviren (Phagen), die eine Auflösung von Bakterienzellen bewirken.

4.2.1 Wirkungen von Kontaminanten

Auch Kontaminanten sind Milieufaktoren. Abhängig von der Art der Stoffe können sie unter-schiedliche Wirkungen haben (Tab. 4.2-1). Grundsätzlich nimmt die Diversität, d.h. die Ar-tenzahl der Mikroorganismen ab. Die Gesamtzellzahlen nehmen dagegen zu, ebenso wie die Zahl der an den Umsetzungen der Kontaminanten beteiligten Mikroorganismen.

Wenn die Kontaminanten als C+ E-Quelle genutzt werden können, verbessern sie vorüberge-hend die Nährstoffsituation. Im Untergrund können leichte Temperaturanstiege durch freiwer-dende Stoffwechselwärme und eine Abnahme der Sauerstoffgehalte beobachtet werden. Das Milieu wird anaerob und reduzierend. Dabei kommt der Abbau der meisten Kontaminanten zum Erliegen und nur wenige Stoffe (Kap.5) werden teilabgebaut.

Abbaubare Kontaminanten können die Lebensbedingungen für Mikroorganismen aber auch verschlechtern, wenn sie die Porenräume verstopfen und so den Gasaustausch unterbinden oder in toxischen Konzentrationen vorliegen. In solchen Fällen sind nur die Mikroorganismen an der Peripherie des Schadensherdes aktiv.

4.2.2 Anpassungen, die Mikroorganismen das Überleben ermögli-chen

Im Freiland können in kleinräumigen Bereichen (Mikrostandorte, Tab. 4.1-2) unterschiedliche Nährstoff- und Sauerstoffverhältnisse herrschen. Das gleiche gilt für biologische in-situ Sa-nierungen und Mieten, da Kontaminanten und zugegebene Stoffe nie völlig homogen ver-teilt sind. Bakterien und Pilze haben verschiedene Anpassungen entwickelt, die ihnen das

Überleben unter ungünstigen Milieubedingungen ermöglichen. Bei den Pilzen sind die für die Sanierungspraxis wesentlichsten die Bildung von Sporen als Dauerformen und die Ausbil-dung von Ausläufern (Hyphen, Abb. 4.-1), die es ihnen ermöglicht, weiträumig Nährstoffe aufzunehmen.

Die Bildung von Sporen und Dauerformen ist eine Reaktion auf verschiedenste ungünstige Lebensbedingungen wie Trockenheit, Kälte, Hitze, Nahrungs- und Mineralsalzmangel. Bei Verbesserung der Bedingungen werden sie wieder zu aktiven Mikroorganismen. Sporenbild-ner sind typische BodenbewohSporenbild-ner, im Wasser kommen sie selteSporenbild-ner vor.

Neben der Fähigkeit zur Bildung von Sporen und Dauerformen gibt es spezielle Anpassungen an das Milieu.

• Temperaturanpassung

Die unterschiedliche Zusammensetzung von Körperbausteinen und Enzymmustern ermöglicht Bakterien das Leben in einem breiten Temperaturbereich (Abb. 4.2-1).

• Anpasssungen an vorübergehenden Sauerstoffmangel

Die fakultativen Anaerobier können sich schnell an ein wechselndes Sauerstoffregi-me anpassen. Dabei sind die Denitrifizierer im Vorteil, wenn ausreichend Nährstoffe und Nitrat vorhanden sind, da ihnen die hohe Energieausbeute beim Abbau organi-scher Substanzen auch anaerob ein gutes Wachstum ermöglicht (Tab 4.1-1).

• Anpassungen an organischen Nährstoffmangel

Bakterien haben mehrere Anpassungen an Nährstoffmangel entwickelt. Verschiede-ne Bakterien könVerschiede-nen nährstoffreichere Bereiche ''riechen" und auf sie zuschwimmen (Chemotaxis) - eine umgekehrte Reaktion auf schädliche Stoffe gibt es auch (Pho-botaxis).

Bakterien können sich auch vorübergehend oder auf Dauer an Partikel anheften, die Nährstof-fe adsorbieren. Bei ausreichender Nährstoffversorgung bildet sich ein Biofilm. Mit zuneh-mender Dicke eines Biofilms verschlechtern sich die Lebensbedingungen für die weiter innen sitzenden Bakterien wieder durch unzureichende Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr und Anrei-cherung von Abfallprodukten des Stoffwechsels, Metaboliten. In der Praxis ist das immer dann wichtig, wenn sich ein Sanierungsverfahren auf den Abbau in Biofilmen stützt.

Bakterienzellen reagieren auf Nährstoffmangel-Situationen abgestuft. Als erstes verwerten sie die Nährstoffe effizienter und vollständiger und scheiden weniger Stoffwechselprodukte aus.

Als nächstes reduzieren sie ihre Zellgröße, dabei werden Stäbchen zu Kokken (Abb. 4.-1) und teilen sich nicht mehr. Das Endstadium sind Hungerformen = Zwergformen, die zwar noch stoffwechselaktiv sind, aber 100 x weniger Nährstoffe benötigen als normale Zellen. Bei Verbesserung der Nährstoffsituation können sie meist in relativ kurzer Zeit wieder zu norma-len Zelnorma-len auswachsen. D.h. für die Praxis, daß ein Blick ins Mikroskop dem Mikrobiologen zeigt, wie wirkungsvoll getroffene Maßnahmen zur Stimulierung der mikrobiellen Aktivität sind.

4.3 Abbau von Kontaminanten: Übersicht (Einführung in