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3. Stoffströme

7.4 Logistik im Hafen

In diesem Kapitel soll der Fuhrpark betrachtet werden, der für einen effizienten Rückbau benötigt wird. In diesem Zusammenhang werden auch die Wege des Material-Abtransports betrachtet. Für den Transport der vorzerlegten Anlagenteile gibt es, durch die gute Verkehrsanbindung am Hafen Mukran, mehrere Möglichkeiten:

1. Abtransport mit dem Schiff

2. Abtransport mit dem Lastkraftverkehr 3. Abtransport mit dem Zug

Zuerst einmal soll aber der benötigte Fuhrpark, inklusive der stationären und mobilen Hebevorrichtungen, betrachtet werden. Hierfür wird in Bewegfahrzeuge, für den Transport innerhalb des Hafens und Zerlegfahrzeuge, für die Verarbeitung der Anlagen Komponenten, unterschieden.

Für die Zerlegung und Beseitigung der angelieferten Anlagen werden spezialisierte Fahrzeuge am Hafen benötigt. Zum einen müssen die Komponenten innerhalb des Hafens bewegt werden, zum anderen sind hochspezialisierte Gerätschaften für das Zerlegen der Anlage in transportable Teile nötig. Nach einem Gespräch am 19.02.2020 mit Vertretern des Hafens und einem Vertreter der Firma Nehlsen AG wurde die Option, Teile direkt auf dem Hafengelände zu verwerten, verworfen. Das Aufstellen von mobilen Recyclinganlagen wäre zu kostspielig und würde eine zu große Belastung für die Hafenfläche darstellen. Aufgrund der guten Verkehrsanbindungen des Hafens wurde sich für ein Vorgehen entschieden, bei dem alle vorzerlegten Teile abtransportiert und so in die Hände von erfahrenen Recyclingunternehmen geben werden. Die Recyclingtechniken der einzelnen Stoffe und Materialien wurden bereits im Kapitel 3 beschrieben.

41 7.4.1 Bewegfahrzeuge

7.4.1.1 Raupenkran

Kräne gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen und Klassen. Sie funktionieren jedoch fast immer nach demselben Grundprinzip. Als wichtigster Anhaltspunkt für die Fähigkeiten des Krans dient das vom Hersteller veröffentlichte tabellarische Leistungsblatt, das detailliert beschreibt, welche Last bei welchem Hubradius sicher gehoben werden kann. Der Hubradius (Lifting radius) ist definiert als horizontale Entfernung zwischen dem Drehpunkt des Krans und der vertikalen Linie, die durch die Mitte der Kranauslegerspitze nach unten gezogen wird (Abbildung 10). Bei der Angabe der sicheren Arbeitslasten ist immer darauf zu achten, dass diese häufig unterschiedlich angegeben werden. So ist es bei Herstellern von Offshore-Kränen beispielsweise üblich, die sichere Arbeitslast nach Abzug des Gewichts der Hakenflasche anzugeben, während die Radiusdiagramme der mobilen Kräne häufig die gesamt gehobene Last, inklusive der Hackenfalsche, anzeigen (Elkinton, 2014).

Raupenkräne gibt es in allen möglichen Ausführungen und Varianten. Durch ihre hohe Mobilität sind sie vielseitig einsetzbar und können sowohl an der Kai-Kante als auch im hinteren Hafenbereich eingesetzt werden. Eines der wesentlichen Vorteile besteht darin, dass der Raupenkran in der Lage ist, eine Last zu heben und vorwärts zu fahren, wodurch die Last in der Schwebe transportiert wird. Ein Vorgang, der als "pick and carry" bezeichnet wird. So lassen sich zum Beispiel kosten für SPMT-Einheiten sparen.

Abbildung 10: Funktionsweise eines Raupenkrans (Elkinton, 2014)

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Allerdings sind Raupenkräne in ihrer Geschwindigkeit sehr begrenzt und es muss beim Transport eine Vielzahl von Parametern (Durchfahrtshöhen, Steigungen, Wendekreise und Bodenfestigkeit) beachtet werden. Dennoch wird diese Art des Transports bei der Installation an einigen europäischen Häfen praktiziert.

Die Firma Liebherr bietet mit ihrem Model LR 1600/2 eine sehr leistungsstarke Variante an.

Mit einer maximalen Traglast von 600 t und einer Hubhöhe von 187 m ist dieses Modell laut Hersteller ideal für die Logistik der Windenergiebranche geeignet. Durch diese hohe Traglast, ist auch das von Eva Topham empfohlene Szenario, das Fundament zusammen mit dem Transition Piece zu heben (Gesamtgewicht bis 465 t), gut realisierbar.

7.4.1.2 Hafenmobilkran

Das Lo-Lo (Lift-on, Lift off) Verfahren ist die am häufigsten genutzte Methode für das Be- und Entladen am Hafen. Hierbei wird mit Hilfe von speziellen Hafenkränen die Ladung auf das Schiff hinauf, oder von dem Schiff hinuntergehoben. Für gewöhnlich sind die Kräne am Hafen speziell für die am häufigsten vorkommende Ladungsart ausgelegt und befinden sich an der Kai Kante.

Der Hafen Mukran besitzt seit 2018 einen Hafenmobilkran des Models LHM 400 der Firma Liebherr. Der 390 t schwere Kran befindet sich an den Liegeplätzen 8 und 9. Durch seine Mobilität ist er aber auch am Liegeplatz 10 einsetzbar (Mukran-Port). Dieser schwerlastfähige Kran besitzt eine maximale Traglast von 104 t bei einem Radius von 48 m (Liebherr). Durch seine Tragfähigkeit ist er bestens für den Rotor (60 t) und die Gondel (82 t) geeignet. Für das von Eva Topham vorgeschlagene Szenario, die Gondel zusammen mit dem Rotor zu heben (142 t), ist die Traglast allerdings zu gering. Auch für das Heben von Monopile (215 t) und Transition Piece (250 t) ist der Kran nicht ausreichend. Hier gebe es die Möglichkeit durch die Unterstützung eines zweiten Krans die zu schweren Teile von den Bargen zu entladen. Die Firma Liebherr bietet mit dem Model LHM 800 eine größere Variante mit einer maximalen Traglast von 208 t. Allerdings wären selbst zwei Kräne dieses Models nicht ausreichend, um wie von Eva Topham empfohlen, Monopile und Transition Piece in einem Stück (bis 465 t) zu heben. Um diese Last heben zu können müsste also ein noch leistungsstärkeres Modell herangezogen werden. Alternativ kann auch ein Raupenkran zur Unterstützung dienen. Wie bereits erwähnt bietet die Firma Liebherr Raupenkräne mit ausreichend Traglast an.

43 7.4.1.3 Self-Propelled Modular Transporters (SPMT)

Um den Bedarf an schweren und kostspieligen Raupenkränen zu verringern, können für den Transport innerhalb des Hafens sogenannte SPMTs eingesetzt werden. Diese selbstfahrenden Plattformen sind sehr gut geeignet für den Transport von besonders schweren und sperrigen Teilen, da sie sich gut kombinieren lassen und so aneinandergereiht ihre Fläche und Traglast erhöhen können. Die Transporter bestehen aus Einzel ansteuerbaren, 2-Achsigen Einheiten, die bis zu 30 Tonnen je Achse tragen können und die so in der Lage sind auch Querfahren durchzuführen (Elkinton, 2014). Die Steuerung der Einheiten erfolgt meist über eine kabellose Fernbedienung. Auch hier sind die Gegebenheiten des Hafens, wie Gefälle, Wendemöglichkeiten und Bodenfestigkeit, zu überprüfen. Die Bodenfestigkeit ist laut der meisten Hersteller mit 10 t pro Quadratmeter angegeben und ist für Offshore-Windkomponenten ausreichend. Bei der Lagerung der Teile ist bei dieser Art des Transports auch auf die Stehhöhe zu achten. D. h. die zu transportierenden Teile müssen auf Lagerrahmen in einiger Entfernung zum Boden gelagert werden, dass der SPMT in der Lage ist, darunter zu fahren, um so das Teil aufzunehmen.

SPMTs sind vielseitig einsetzbar und können bis zu 15.000 Tonnen (Weltrekord der Firma Scheuerle) transportieren. Heute werden siebzig Prozent der Transporte über 3.000 t und sogar neunzig Prozent aller Transporte über 5.000 t mit SPMTs durchgeführt (TII Group, 2016).

Auch bei der Installation von OWEA sind SPMTs nicht mehr wegzudenken. So werden Monopiles in Rostock ab Werk mit Hilfe von SPMTs der Firma SCHEUERLE (TII Group) auf Bargen verladen, um von dort an ihrem Bestimmungsort gebracht zu werden.

7.4.2 Zerlegfahrzeuge

Für die Zerlegung der Angelieferten Offshore Komponenten ist spezielles Werkzeug nötig.

Große Stahlbauteile müssen mit der Hilfe von autogenen Brennschneidern oder Schrottscheren am Hafen in Transportierbare Teile zerlegt werden, damit ein Abtransport nach Straßenverkehrsordnung zulässig ist. Durch den Einsatz von Baggern die mit Hydraulikscheren und Sägen ausgestattet werden, können z. B. auch die angelieferten Türme schon vor Ort in die Komponenten Stahl und Beton vorsepariert werden, wodurch die Produkte relativ sortenrein den spezifischen Verwertungsrouten zugeführt werden können (UBA, 2019).

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Die vorzerlegten Teile können dann mit Hilfe von Mehrzangengreifern für den Abtransport verladen werden. Für den eben beschriebenen Zerlegevorgang werden spezielle Abrissbagger benötigt, die dann mit den entsprechenden Modulen (Hydraulikschere, Säge, Schaufel) ausgestattet werden.

7.4.3 Abtransport

7.4.3.1 Lastkraftwagen (LKW)

Nachdem die Teile am Hafen angeliefert und zerlegt wurden, müssen sie für die weitere Verwertung verladen und abtransportiert werden. Für den Abtransport über den Straßenverkehr eignen sich am besten LKWs. Diese sind in allen möglichen Varianten erhältlich und prägen schon seit Jahrzehnten das Bild des Straßenverkehrs. Das maximale zugelassene Gesamtgewicht für den Lastkraftverkehr darf 40 t nicht überschreiten (Bußgeldkatalog, 2020). Bei einem Eigengewicht von ca. 15 t, beträgt die Zuladung in etwa 25 t pro LKW.

Für die im Windpark Baltic 1 Installierte Siemens SWT-2,3-93/2300 kW, welche aus den Komponenten Rotor (BL), Gondel (NA) und Turm (TO) besteht, berechnet sich das Gewicht je Anlage (TURW) folgendermaßen:

TURW=BL+NA+TO

So kommen wir mit Hilfe der Tabelle 3 auf ein Gesamtgewicht von bis zu 300 t je Anlage. Hinzu kommen noch das Fundament (FO) und das Transition Piece (TP):

TOTALW=TURW+FO+TP

So errechnet sich ein Gesamtgewicht (TOTALW) von 765 t pro Anlage.

Bei insgesamt 21 Anlagen im Windpark Baltic 1 kommt so ein Gewicht von 16.065 t zustande, welches Abtransportiert werden muss. Geht man davon aus, dass die entlassenen Betriebsflüssigkeiten und der Materialschwund, der beim Zerlegen entsteht, vernachlässigbar sind.

Bei einer zugelassenen Zuladung von 25 t und voller Auslastung, ergibt das mindestens 643 LKW-Ladungen für den Abtransport der zerlegten Anlagenkomponenten.

45 7.4.3.2 Bahn

Durch die gute Anbindung an das Schienennetz des Hafens Mukran, liegt die Überlegung nahe, die vorzerlegten Teile auch mit Hilfe der Eisenbahn abzutransportieren. Dies kann auch dabei helfen, den umweltschädlichen LKW Verkehr zu dezimieren. Hierfür bietet die Deutsche Bahn AG eigens Gütertransporte für Schrott an. Für den Schrotttransport werden in der Regel vierachsige, offene Güterwagons zur Verfügung gestellt. Das Modell Eanos-X (Abbildung 11) bietet eine Ladefläche von 82,5 m2 und ein Zuladegewicht von 66 t. Somit wären für den Schrottumschlag nur noch ca. 244 Güterwagons, anstatt 643 LKWs nötig. Der durchschnittliche Güterzug im deutschen Schienennetz bewegt etwa 25 – 30 Güterwagons (vgl. Allianz pro Schiene, 2016). Somit braucht es 8 – 10 Güterzüge um den angefallenen Schrott abzutransportieren.

Beim Einsatz der Wagons sind einige Grundsätze und Grenzwerte zu beachten, die von der Deutschen Bahn AG vorgegeben werden. Zugelassene Gerätschaften für das Be- und Entladen sind (DB Cargo, 2017):

• Mehrschalengreifer

• Lasthebemagneten

• Rutschen, insbesondere für Paketschrott kleiner bis mittlerer Abmessungen

• Förderbänder

2016 hat das Unternehmen DB Cargo 8,075 Mio. t in 7.200 Güterwagons transportiert und verfügt so über ausreichend Erfahrung auf dem Gebiet.

Abbildung 11: Eanos-x mit 4 Radsätzen (DB Cargo, 2017)

46 7.4.3.3 Schiff

Der Abtransport per Schiff liegt bei einem Hafen wohl am nächsten. Hierfür können auch wieder die kostengünstigen Bargen eingesetzt werden. Der Vorteil beim Transport via Schiff liegt darin, dass wesentlich größere Teile transportiert werden können, als beispielsweise mit dem Lastkraftwagen oder dem Güterwagon. So können die Zerlege Arbeiten an Ort und Stelle relativ geringgehalten werden. Es empfiehlt sich dennoch, die angelieferten Teile in die einzelnen Komponenten zu separieren, bevor sie für den weiteren Transport auf das Schiff verladen werden.

Nach Angaben der Firma „Deutsche Windtechnik AG“ aus Bremen, ist derzeit nicht absehbar, ob gebrauchte OWEA im Ganzen ins Ausland verkauft werden können, um diese dort neu aufzubauen, so wie es im onshore Markt schon seit längerem praktiziert wird. Sollte aber in den kommenden Jahren ein „second-life-markt“ für die gebrauchten OWEA entstehen, bietet der Transport per Barge die ideale Möglichkeit die gebrauchten Anlagenteile im Ganzen zu verschiffen, um sie an anderer Stelle neu aufzubauen.