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I.   Weibliche Aneignungsformen des libertinen Verführungswissens

I.2.   Les liaisons dangereuses als Urtext

I.2.2.  Vier Aneignungsformen von Verführungswissen

I.2.2.3.   Lernen am Schauspiel – „le talent du comedien“

Volanges und Dancenys, die beide als Versuchsobjekte der Verführungsexperimente der  Merteuil und des Vicomtes dienen. 

 

 

Die Frage nach dem Ursprung des natürlichen Zusammenhangs von Körper und Seele  greift die Anthropologie des 18. Jahrhunderts wieder auf.128 Dem Aufklärungstheater  dieser Zeit ist an der künstlichen Erzeugung natürlicher Spiegelungen von Seelenzustän‐

den gelegen. Zu einer Vereinigung von Kunst und Natur soll es auf der Bühne kommen,  wobei die Kunst ganz im Sinne der Illusion eben kaum aufzufallen habe. Die Forderung  des psychologischen Naturtheaters der Aufklärungszeit nach einer authentischen Kör‐

perinszenierung von Seelenzuständen, wirft die Frage nach der Umsetzung auf. Pierre  Rémond de Sainte Albines Le Comedien von 1747 und die Abhandlung L’art du théatre  des Schauspielers Francesco Riccobini aus dem Jahr 1750 geben darauf zwei unter‐

schiedliche und viel zitierte Antworten. St. Albines Ansatz setzt ganz auf die Identifika‐

tion des Schauspielers mit seiner Rolle: 

Wollen die tragischen Schauspieler [...] uns täuschen; so müssen sie sich selbst täuschen. 

Sie müssen sich einbilden, daß sie wirklich das sind, was sie vorstellen; eine glückliche  Raserei muß sie überreden, daß sie selbst diejenigen sind, die man verrät, die man ver‐

folgt. Diese Vorstellung muß aus ihrer Vorstellung in ihr Herz übergehen, und oft muß  ein eingebildetes Unglück ihnen wahrhafte Tränen auspressen.129 

Dem empfindsamen Schauspieler setzt Riccobini entgegen, dass eine völlige Identifika‐

tion des Schauspielers ein „Unglück“ sei. Erstens bedürfe das Theater größerer Gefühle  als der alltäglichen und zweitens laufe der Schauspieler Gefahr, zu unflexibel zu sein,  wenn er gleich mehrere Seelenzustände in kurzer Zeit hintereinander auf der Bühne dar‐

zustellen habe. Wenn der Schauspieler sich voll und ganz mit der Rolle identifizierte, „so  würde das Herz augenblicks beklemmt und die Stimme erstickt werden“130. Damit for‐

dert Riccobini eine „Balance zwischen blasser Gewöhnlichkeit und unangenehmer Über‐

treibung“, wie Kosenina zusammenfasst.131 Als Vorbild der notwendigen empirischen  Beobachtungen echter Gefühle dient Riccobini nicht der von Affektkontrolle geprägte  Adel, sondern der „Pöbel, welcher seine Empfindungen nicht zu bändigen weiß“132

      

128 „Mit der Frage, warum dem so ist, hat sich erst die Anthropologie des 18. Jahrhunderts eingehend beschäftigt. Dafür wird einer‐

seits die pathognomische Körpersprache [...] genau beobachtet und beschreiben, um Naturkonstanten – z.B. Erröten, Erblassen,  Zittern bei bestimmten seelischen Verfassungen – zu ermitteln; andererseits denken psychologisch versierte Schauspieltheore‐

tiker darüber nach, wie ein charakteristischer Körperausdruck von Schauspielern hervorgebracht werden kann, dass diese den  jeweiligen Affekt tatsächlich, also authentisch zu empfinden scheinen. Es geht also um die künstliche Erzeugung einer natürli‐

chen, möglichst unwillkürlichen Spiegelung von Seelenregungen.“ Kosenina, 2008, S. 150–151. 

129 Gotthold Ephraim Lessing: Auszug aus dem ‚Schauspieler‘ des Herrn Remond von Sainte Albine. In: Klaus Lazarowicz, Christopher 

Balme (Hg.): Texte zur Theorie des Theaters, Stuttgart 1991, S. 138‐144, hier S. 141. 

130 Ebd., S. 146. 

131 Kosenina, 2008, S. 153. 

132 Gotthold Ephraim Lessing: Hamburgische Dramaturgie. In: Lazarowicz, Christopher Balme (Hg.): Texte zur Theorie des Theaters, 

Stuttgart 1991, S. 149‐155, hier S. 148. 

Denis Diderots Paradoxe sur le comédien, entstanden 1769, entscheidet die Debatte zu‐

gunsten Riccobinis anhand des seinerzeit berühmten Londoner Shakespeare Interpreten  David Garrick: 

Garrick steckt seinen Kopf durch eine Türspalte, und sein Mienenspiel geht innerhalb von  vier bis fünf Sekunden von toller Freude zu maßvoller Freude über, von dieser zur Ruhe,  von der Ruhe zur Überraschung, von der Überraschung zum Erstaunen, vom Erstaunen  zur Trauer, von der Trauer zur Niedergeschlagenheit, von der Niedergeschlagenheit zur  Furcht, von der Furcht zum Entsetzen, vom Entsetzen zur Verzweiflung und kehrt dann  von dieser tiefsten Stufe wieder zu seinem Ausgangspunkt zurück.133 

Ähnliche Beschreibungen, gepaart mit bildlichen Dokumentationen von Gestik und Mi‐

mik berühmter Schauspieler, entwickeln sich in der Folge zu einem eigenen Genre der  Aufklärungszeit.134 Lessing, der sowohl St. Albines als auch Riccobinis Werke ins Deut‐

sche übersetzt, kehrt St. Albines Ansatz noch vor der Niederschrift der Hamburgischen  Dramaturgie um, wenn er schreibt: 

Ich glaube, wenn der Schauspieler alle äußerliche Kennzeichen und Merkmale, alle Ab‐

änderungen des Körpers, von welchen man aus der Erfahrung gelernet hat, daß sie etwas  Gewisses ausdrücken, nachzumachen weiß, so wird sich seine Seele durch den Eindruck,  der durch die Sinne auf sie geschieht, von selbst in den Stand setzen, der seinen Bewe‐

gungen, Stellungen und Tönen gemäß ist.135 

Nicht die Seele ist Ursache für die Körpersprache, sondern die diversen Stellungen des  Körpers evozieren den erwünschten Gemütszustand. Ursache und Wirkung kehren sich  um. Der Körper wird wieder zum Objekt reflektierten, strategischen Einsatzes ohne in‐

nere Anteilnahme. Die rhetorische Dimension der Ansätze Riccobinis, Diderots und Les‐

sings, rückt den Schauspieler auf Grund der Trennung von ‚Innen‘ und ‚Außen‘ wieder in  die Nähe zum Höfling. Während die deutliche Trennung von Charakter und Rolle den  Schauspieler trotz aller gefährlichen Konnotationen berechtigt, als Künstler zu fungie‐

ren, gilt dies eben nicht für die Schauspielerin: 

Die substantialistisch gefaßte Natur des Weibes droht sich in ein Ensemble beliebiger,  willkürlich plazierter Zeichen und austauschbarer Rollen aufzulösen; die Geschlechtsch‐

arakteranthropologie sieht sich an entscheidender Stelle dementiert. Das Natürlichste  weiblicher Natur, die Körpersprache, würde verschwinden. Denn der naiv‐authentische  weibliche Ausdruck, jener Katalysator ursprünglich‐eigentlicher und transparent‐wahrer  Verhältnisse, wird angesichts der Schauspielerin lesbar als ‚Ausdruck‘, der nicht natürli‐

chen Notwendigkeiten gehorcht, sondern als Resultat der eloquentia corporis gelesen  werden muss.136 

      

133 Diderot 1984, S. 500‐501.  

134 Für eine Übersicht der wichtigsten Werke vgl. Kosenina, 2008, S. 153–154. 

135 Lessing, 1991a, S. 143. 

136 Geitner, 1990, S. 194. 

Vor diesem Hintergrund wird das Skandalon deutlich, welches dem strategische Einsatz  des Körpers durch die Marquise de Merteuil inne wohnt. Die Rhetorizität von Weiblich‐

keit ist über die Praktik des Schauspiels mit der Rhetorizität des Körpers eng geführt. 

Eine Suche nach dem Wort ‚Schauspiel‘ in der eBook‐Version der Gefährlichen Lieb‐

schaften, liefert über den Text verteilt achtzehn Treffer. Gleiches gilt dementsprechend  für den Original‐Begriff ‚spectacle‘ in der französischen Ausgabe des Ebooks. Das Schau‐

spiel und die Schauspielkunst sind allgegenwärtig. Auf das Verhältnis der beiden Kon‐

zepte von Verführung und Schauspiel in den Liaisons Dangereuses ist Vedder bereits so  dezidiert eingegangen, dass es sich lohnt, ihre Argumentationslinie nachzuverfolgen.137  Das Verhältnis von Verführung und Schauspiel arbeitet sie anhand eines Vergleichs mit  Diderots Paradox du comedien heraus. Le Premier, einer von zwei Protagonisten des  diderotschen Dialogs, vertritt dabei den Ansatz Riccobinis im Sinne einer reflektierten  Distanz als notwendige Bedingung optimaler künstlicher Nachahmung von Natur. Schau‐

spielkunst und Empfindsamkeit seien zum Erstaunen seines Dialogpartners eben nicht  vereinbar. Während er aber den Verführer als Modell für den Schauspieler betrachtet,  erachtet die Marquise die Schauspielkunst als eine Voraussetzung der Verführungs‐

kunst. Für Le Premier ist die Fähigkeit der Wiederholung zwingende Bedingung der  Schauspielkunst. Diese pendele wiederum zwischen notwendiger Wiederholung und  mechanischer Repetition, der die nötige Empathie fehle.138 Als Notwendigkeit hierfür  erachtet Le Premier die Verbindung von Rede und Darstellungskunst. Denn nur der  Schauspieler, der den darzustellenden Text selbst erfindet – also gleichzeitig Autor des  darzustellenden Stückes ist – kann flexibel (re‐)agieren und ist demjenigen, der lediglich  wiederholt, überlegen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich für Vedder auch der Aus‐

spruch der Marquise: „il suffisait de joindre à l'esprit d'un Auteur, le talent d'un  Comédien.“ (LD, LXXXI, S. 208) 

Neben der Kombination von Rede und Darstellungskunst ist die Verheimlichung der  Kunstfertigkeit seitens des Schauspielers zur Wahrung der inszenierten Illusion notwen‐

dig. Das Wissen um das Schauspiel muss also geheim bleiben. Das Publikum, welches  sich auf die Illusion einlässt, stimmt dem stillschweigend zu. Vedder nennt das die „Ex‐

klusivität des Wissens um den Kunstcharakter der Natürlichkeitssimulation, den das 

      

137 Zum Verhältnis von Schauspielkunst und Verführung in den gefährlichen Liebschaften vgl. Vedder, 2002, S. 91–98. 

138 Zu den Gefahren mechanischer Repetition vgl. Manfred Schneider: Liebe und Betrug. Die Sprachen des Verlangens, München 

1992, S. 234‐235. 

Publikum nicht erkennen darf.“139 Die Paradoxie des 81. Briefs besteht für sie nun gerade  in dem Bekenntnis der Merteuil zur Schauspielerei, welches dennoch keine Demaskie‐

rung von Weiblichkeit darstellt. Vielmehr erkennt sie darin eine ‚Verhüllungsstrategie‘,  ob der vielen verschiedenen Weiblichkeitsrollen, welche die Marquise darin spielt.140  Vedders Analyse verdeutlicht: es ist genau dieses Vexierspiel von Charakteren – also die  polymorphe weibliche Identität – welches eben nicht mehr zwischen Charakter und  Rolle, zwischen innen und außen trennt. Die Dissoziation von Identität wird erst anhand  der Dissoziation ‚wahrer‘ Weiblichkeit zum Skandalon – ganz im Gegenteil zum strate‐

gisch eingesetzten Schauspiel männlicher libertiner Verführung seitens Prévans oder Va‐

lmonts. Die Marquise kombiniert Rede und Darstellungskunst. Sie wiederholt – ganz im  Gegenteil zu Prévan – nicht mechanisch einstudierte Rollen, sondern ist fähig, ihre The‐

aterstücke der Verführung selbst zu schreiben. So unterliegt ihr Prévan im Verführungs‐

wettstreit. Die Darstellungskunst wird für die Marquise de Merteuil zur Teildisziplin der  Verführungskunst. 

Als eine solche Teildisziplin erfüllt das Schauspiel für die weibliche Verführung gleich drei  Aufgaben. Erstens dient das Schauspiel, im Sinne einer fingierten naiven Weiblichkeit,  als Bedingung zur Aneignung eines ursprünglich exklusiv männlich konnotierten Wis‐

sensbereichs. So nutzt die Marquise das Schauspiel, um den Anschein eines einfältigen  jungen Mädchens zu erwecken, während sie eigentlich ihr Umfeld studiert und lernt: 

Entrée dans le monde dans le temps où fille encore, j’étais vouée par état au silence et à  l'inaction, j'ai su en profiter pour observer et réfléchir. Tandis qu'on me croyait étourdie  ou distraite, écoutant peu à la vérité les discours qu'on s'empressait à me tenir je recueil‐

lais avec soin ceux qu'on cherchait à me cacher. (LD, LXXXI, S. 205) 

Ihr Schauspiel als Verstellung des Körpers ermöglicht ihr, unter dem Radar ihres Umfel‐

des zu fliegen und sich Wissen anzueignen. Zweitens ermöglichen das Schauspiel und  dessen Wiederholung als körperliches Einüben die Aneignung eines strategischen Kör‐

perwissens und das Austesten desselben. 

[F]orcée souvent de cacher les objets de mon attention aux yeux de ceux qui m'entou‐

raient, j'essayai de guide les miens à mon gré; j'obtins dès lors de prendre à volonté ce  regard distrait que vous avez loué si souvent. Encouragée par ce premier succès, je tâchai  de régler de même les divers mouvements de ma figure. (LD, LXXXI, S. 205) 

      

139 Vedder 2002, S. 96. 

140 „Der Brief LXXXI entfaltet ein Kaleidoskop bzw. eine Serie weiblicher Gesichter und Charaktere, die die Marquise de Merteuil 

nacheinander annimmt (die Kokette, die Ehrbare, die Gefühlvolle, die Standhafte). Obwohl sie also – anders als im Illusionsthe‐

ater – Valmont gegenüber die je gewählte Verstellung beschreibt und durch die Nebeneinanderstellung relativiert, findet hier  keine Demaskierung statt.“ Ebd., S. 97. 

Körpersprache wird ausprobiert, getestet, bewertet und schließlich als Teil des strate‐

gisch nützlichen Repertoires eingeübt. Und drittens zeugt die Praktik des Schauspielens  vom performativen Akt einer Dekonstruktion eines vormals vermeintlich eindeutigen  Weiblichkeitsbildes. Der „naiv‐authentische weibliche Ausdruck, jener Katalysator ur‐

sprünglich‐eigentlicher und transparent‐wahrer Verhältnisse“ transformiert über das  Schauspiel zum Ausdruck.141 Mit der Fähigkeit zu Schauspielern gewinnt die Merteuil  Wissen und Macht über ihren Körper. Die Deutung weiblicher Zeichen entzieht sich da‐

mit mehr und mehr der männlichen Interpretation. „Me voyez‐vous, Vicomte, dans ma  toilette légère, marchant d'un pas timide et circonspect, et d'une main mal assurée  ouvrir la porte à mon vainqueur?“ (LD, LXXXV, S. 229) 

Das Schauspiel, hier genutzt zum Vortäuschen von Verlegenheit anhand einer fingierten  Spur am eigenen Körper, verführt den Verführer Prévan und entzieht dem männlichen  Verführer die Deutungshoheit weiblicher Körpersprache.142 

Im Moment, in dem Merteuil die Schauspielkunst als Mittel der Verführung nutzt, ver‐

wischt sie die Grenze zwischen Rolle und Charakter, zwischen innen und außen. Das  Schauspiel erlangt wieder seine historisch‐rhetorische Dimension. Während Prévan als  Verführter nicht mehr zwischen Künstlichkeit und Natürlichkeit zu unterscheiden ver‐

mag, macht der Bericht des LXXXV. Briefs die Unterschiede für das Publikum, für Val‐

mont wie auch für den Leser transparent. Zwar kommt es weder im 81. noch im 85. Brief  zu einer Demaskierung von Weiblichkeit – aus den von Vedder dargelegten Gründen –  von der „Exklusivität des Wissens um den Kunstcharakter der Natürlichkeitssimulation,  den das Publikum nicht erkennen darf“143 kann hier aber nicht die Rede sein, da das Wis‐

sen um die rhetorisch‐strategische Nutzung der Schauspielkunst hier offen gelegt wird. 

Das Illusionstheater findet als solches nur für das Verführungsopfer statt. Die Leser hin‐

gegen, sowohl die intradiegetischen Leser Valmont und die Leser der später von ihm  veröffentlichten Briefe als auch der extradiegetische Leser der Gefährlichen Liebschaf‐

ten, ergötzen sich gerade an der Tatsache, an der „Exklusivität des Wissens um den  Kunstcharakter der Natürlichkeitssimulation“ teilzuhaben. 

      

141 Vgl. Geitner, 1990, S. 194. 

142 „Die Marquise läßt auch die zitternden Hände nicht aus und führt Valmont buchstäblich vor Augen, daß er, ebenso wie Prévan 

einem Paradigma gehorchend, das Codierte und das Verstellte als das Natürliche verkennt: ‚Me voyez‐vous, Vicomte, dans ma  toilette legére, marchant d'un pas timide et circonspect, et d’une main mal assurée ouvrir la porte à mon vainqueur?‘ (LXXXV, p. 

191) Damit spricht sie ihm seine ‚heureuse adresse‘ ab und bringt im nachhinein seine Deutungen der Tränen Tourvels ins  Schwanken.“ Vedder, 2002, S. 68. 

143 Ebd., S. 96. 

Auch die vermeintliche Demaskierung der Marquise im Theater zu Ende des Briefro‐

mans, stellt für Vedder lediglich eine Inszenierung von Demaskierung dar. Es kommt zu  keinem eindeutigen Zeichen. Vielmehr ist für sie die Zweifelhaftigkeit der Zeichen grund‐

sätzlich ins Unendliche potenziert. Die hermeneutische Krise setzt mit dem Entzug ‚nai‐

ver‘ oder ‚authentischer‘ Weiblichkeit vollends ein. Damit wird dem männlichen Verfüh‐

rer die Exklusivität der Dissoziation von Identität genommen. Er ist nun nicht mehr der  Einzige, der das Schauspiel zur Verführung zu nutzen vermag. Plötzlich verliert auch sein  weibliches Gegenüber an Eindeutigkeit. Für den männlichen Verführer setzt die herme‐

neutische Krise ein. Wie kann er jemanden verführen, von dem er nicht mehr sicher sein  kann, wer sie ist? Der Verführer wird zum Verführten.