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6. Der regionale Untersuchungsrahmen

6.3. Kurzportrait der Untersuchungsregionen

6.3.2 Landschaftsregion Burgwald

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d.) Fühlungsvorteile als Standortnachteile der ländlichen Räume

Innovationen breiten sich in der Regel in ländlichen Räumen langsamer und zeit-verzögerter aus als in Ballungsräumen. Grund hierfür sind auch die positiven Vdichtungsfolgen wie Fühlungsvorteile in Ballungsräumen. Die räumliche Nähe er-leichtert den Informationsaustausch zwischen den Akteuren, aber auch den Zu-gang zu Humankapital. Weiterhin existieren in diesen Räumen meist auch Ab-satzmärkte in unmittelbarem Umfeld.375

In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Untersuchungsregionen und – orte unter der Berücksichtigung der oben gemachten Aussagen zu den ländlichen Räumen genauer dargestellt, um ein Bild von den Räumen zu bekommen, in de-nen die Untersuchung durchgeführt wurde.

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Fläche/Bevölkerung/Bevölkerungsdichte

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Stichtag: 31.12.2005 Fläche in qkm Bevölkerung Einwohner je qkm

Land Hessen 21.115 6.092.354 289

Reg.-Bez. Kassel 8.289 1.252.907 151

Reg.-Bez. Gießen 5.381 1.061.323 197

Marburg-Biedenkopf 1.263 253.384 201

Waldeck-Frankenberg 1.849 168.293 91

Burgwald 389 46.500 119

Burgwald-Ederbergland 878 97.236 111

Tabelle 17 Kennzahlen Region Burgwald-Ederbergland

Zur Region Burgwald gehören seit 1995 Stadt- bzw. Ortsteile der Städte Gemünden (Wohra), Kirchhain, Rauschenberg, Rosenthal, Wetter, Frankenberg (seit 1999) sowie der Gemeinden Burgwald, Cölbe, Lahntal, Münchhausen und Wohratal.378 Die Region war eine Entwicklungsregion nach LEADER plus.

„LEADER ist eine EU-Gemeinschaftsinitiative zur Entwicklung des ländlichen Raumes mit dem Schwerpunkt, mittels innovativer Maßnahmen, neuer Aktionen und neuer Entwicklungsformen den massiven Veränderungen im ländlichen Raum zu begegnen. Die daraus entstehenden Erfahrungen sollen zum Nutzen aller be-troffenen Partner innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ausgetauscht werden.

Zielsetzung des LEADER-Programmes ist die Unterstützung beispielgebender lo-kaler Entwicklungsinitiativen, die innovative, mustergültige und übertragbare Maß-nahmen setzen und damit neue Wege der ländlichen Entwicklung aufzeigen.―379 Um das oben angegebene Ziel zu erreichen, werden folgende Punkte als notwen-dige Bestandteile erachtet:

 „Einen territorialen Ansatz, mit dem regionale Besonderheiten als Chance für ein eigenständiges Profil entdeckt und entwickelt werden.

 Einen Bottom-up-Ansatz, mit dem die dazu notwendige, breite Bürgerbetei-ligung nach demokratischen Spielregeln organisiert wird.

 Ein Regionales Entwicklungskonzept, in dem private und öffentliche Akteu-re eine gemeinsame Strategie erarbeiten, wie Entwicklungsrückstände

377 Region Burgwald-Ederbergland e.V. 2007: Antrag für das Auswahlverfahren der künftigen LEADER-Fördergebiete im Rahmen der Umsetzung des Schwerpunktes 4 des Entwicklungsplanes für den ländlichen Raum des Landes Hessen (2007-2013), Burgwald, S. 6.

378 Entwicklungsgruppe Region Burgwald e.V. (Hrsg.) 2001: Antrag auf Förderung im Rahmen von LEADER +, Burgwald, S. 5.

379 Eco Plus (Hrsg,) 2000: Die Kunst der Balance in komplexen Projekten. Dokumentation der Be-gleitung der NÖ LEADER-Gruppen bei der Selbstbewertung und Organisationsentwicklung 1997 bis 1999, Wien, Eco Plus Niederösterreichs Regionale Entwicklungsagentur GmbH, S. 5.

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gebaut, positive Entwicklungen verstärkt und Marktnischen gefunden wer-den können.

 Einen integrierten Ansatz, der die Zusammenarbeit verschiedener Sektoren und Ebenen bei der Planung und Durchführung von Projekten unterstützt.

 Die Vernetzung der Akteure, um sich gegenseitig zu informieren, vorhan-denes Wissen zu nutzen, voneinander zu lernen und gemeinsam zu arbei-ten.― 380

Mit Beginn der neuen Förderperiode 2007 wurde die Region in einem neuen Zu-schnitt als Region Burgwald-Ederbergland wieder LEADER-Region sein. Hinzu-kommen sind zusätzlich die Kommunen Hatzfeld, Battenberg, Allendorf (Eder) sowie Bromskirchen aus dem Landkreis Waldeck-Frankenberg. Gründe für den Beitritt zur Region Burgwald waren vergleichbare Strukturen, Problemlagen und Entwicklungsziele im oberen Edertal sowie die Bildung einer starken Region Burgwald–Ederbergland mit 15 Kommunen, statt einer neuen und möglicherweise zu kleinen und zu schwachen Region Ederbergland.381

Abbildung 15 - Region Burgwald (alter Zuschnitt noch mit 11 Kommunen)

380 Nölting, Benjamin 2006: Die Politik der Europäischen Union für den ländlichen Raum. Die ELER-Verordnung als Rahmenbedingung für eine nachhaltige ländliche Entwicklung und die öko-logische Land- und Ernährungswirtschaft, Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin (ZTG discussion paper; 23/06), S. 15f.

381 Region Burgwald-Ederbergland e.V. 2007, a.a.O. (Anm. 377), S. 6.

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Der Burgwald ist eine naturräumliche Einheit innerhalb einer weiträumigen Mittel-gebirgslandschaft, die sich aufgrund ihrer Struktur klar von den anderen hessi-schen Landschaften, besonders aber von ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ab-grenzt. Der eigentliche Burgwald ist das größte unzerschnittene Waldgebiet in Hessen. Dieses Waldgebiet hat der Region nicht nur seinen Namen gegeben, sondern bildet den Identifikationsfokus der Einwohner. Seit jeher leben die Be-wohner der umliegenden Kommunen wirtschaftlich eng mit und von diesem Wald-gebiet. Der Name „Region Burgwald― ist aus diesem Grund für alle regionalen Ak-teure aus den beteiligten Kommunen selbstverständlich und identifikationsstiftend.

Das gleiche gilt für die Akteure im Bereich Ederbergland. Daher war es nahelie-gend, im Namen der „neuen― Region beide Begriffe aufzuführen. Die Städte sind ehemalige Ackerbürgerstädte und haben auch durch die Eingemeindung umlie-gender Dörfer ihre dörflich geprägte Struktur weitgehend erhalten.

Der Untersuchungsort in der Landschaftsregion Burgwald-Ederbergland ist die Stadt Rauschenberg und speziell der Stadtteil Schwabendorf. Rauschenberg liegt im nördlichen Teil der Landschaftsregion Burgwald-Ederbergland. Im Kleinzentrum Rauschenberg lebten im Jahr 2008 4.578 Einwohner382 in 6 Ortsteilen auf einer Fläche von 67,3 km2. Die Bevölkerungsdichte betrug rund 68 Einwohner pro km.

Rund 17% der Bevölkerung sind über 65 Jahre alt, mit zunehmender Tendenz. An sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen waren 527 in der Stadt vorhanden.383 Der überwiegende Teil der Bevölkerung arbeitet daher außerhalb der Gemeinde, vor allem in Marburg, Stadtallendorf und Kirchhain384, auch wenn diese Zahl in den letzten Jahren abgenommen hat. Strukturpolitisch gesehen lag Rauschenberg in der Vergangenheit nicht in einem Fördergebiet der Europäischen Union z.B. nach Ziel 2 des EFRE-Fond oder in einem Gebiet der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Zu-künftig wird es aber ein Gebiet nach dem Strukturfondsziel Regionale Wettbe-werbsfähigkeit und Beschäftigung („RWB―) des neuen EFRE 2007 sein.

382 Hessisches Statistisches Landesamt (Hrsg.) 2009: Hessische Gemeindeblätter Ausgabe 2008, Wiesbaden

383 Hessisches Statistisches Landesamt (Hrsg.) 2009, a.a.O. (Anm. 382)

384 Moog, Meinhard 1998, Regionalentwicklung und Handwerk: Rahmenbedingungen und Möglich-keiten in der Region Burgwald, Diplomarbeit, Marburg, S. 34.

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Der Stadtteil Schwabendorf wurde 1687 gegründet, als 116 französische Glau-bensflüchtlinge der Stadt Rauschenberg von Landgraf Carl von Hessen-Kassel zugewiesen wurden und den Siedlungsplatz "Auf der Schwabe" erhielten. Der Ort hat zurzeit 487 Einwohner.385 Neben einem Vollerwerbslandwirt existieren heute noch zwei bis drei Handwerker im dem Stadtteil. Die örtliche Infrastruktur in Schwabendorf entspricht dem allgemeinen Zustand in Orten vergleichbarer Größe in ländlichen Räumen in Hessen. Neben dem Dorfgemeinschaftshaus, der ehema-ligen Schule des Ortes, gibt es noch zwei Gaststätten, einen Jugendraum zur al-leinigen Benutzung und Gestaltung durch die Jugendlichen, sowie eine Sportanla-ge.386 Der Ort hat ein sehr aktives Vereinsleben. Neben der Feuerwehr existieren noch unter anderem ein Sportverein, Gesangverein, Landfrauenverein sowie der Arbeitskreis für die Geschichte der Hugenotten und Waldenser, welcher das Mu-seum betreibt und das hugenottische Erbe pflegt. Einrichtungen zur Deckung des täglichen Bedarfs finden sich nicht im Ort. So bestehen weder eine Arztpraxis noch eine Apotheke. Auch sind keine Poststelle- oder agentur und auch kein Kre-ditinstitut vorhanden. Die letzte Bankfiliale wurde 2003 geschlossen. Auch eine Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist nicht möglich und eine ÖPNV-Anbindung existiert nur mit stark begrenzten Taktzeiten.