6. EINFÜHRUNG IN DIE VERFAHRENSTECHNIK BIOTECHNOLOGISCHER
6.1 I N - SITU V ERFAHREN
6.1.2 In-situ Verfahren : Tiefere Bereiche der ungesättigten Zone
Durchströmungsver-hältnisse, die bei einer in-situ Sanierung Voraussetzung sind, verhindert. Eine ausreichende Sanierung kann in diesen Fällen nicht mehr gewährleistet werden.
Die Benutzung landwirtschaftlicher Maschinen setzt voraus, daß keine größeren festen Ma-terialien, wie z.B. Fundamente, Rohrleitungen vorhanden sind, die den Einsatz derartiger Geräte einschränken können. Vor der Anwendung dieses Verfahrens ist daher eine dahinge-hende Säuberung der Oberfläche erforderlich.
In-situ Verfahren der genannten Art sind demzufolge lediglich für lokal sehr begrenzte Scha-densfälle anzuwenden, bei denen ein schneller Abbau erreicht werden kann. So bieten sie sich u.U. als Sofortmaßnahmen bei lokalen Kontaminationen, z.B. nach Tanklastunfällen, an.
6.1.2.1 Genereller verfahrenstechnischer Ablauf
Obwohl Herstellerangaben von in-situ Sanierungen in tieferen Bereichen der ungesättigten Bodenzone sprechen, ist eine derartige Sanierung im eigentlichen Sinne bisher nur als Pilot-projekt erprobt worden. Zur Zeit muß davon ausgegangen werden, daß es für in-situ Sanierun-gen der tieferen ungesättigten Zone kein marktgängiges, ausreichend erprobtes Verfahren gibt.
Deshalb wird der Demonstrationsversuch exemplarisch dargestellt.
Er basiert auf folgender Konzeption:
• Infiltration und Verteilung einer adaptierten Mikroorganismenkultur und Nährstoff-suspension im Kontaminationsbereich.
Dazu werden standorteigene Mikroorganismen aus dem Schadensherd isoliert und im Labor unter ähnlichen Milieubedingungen angereichert.
• Versorgung der Mikroorganismen mit dem für den Abbau erforderlichen Sauerstoff durch eine Belüftung des Bodens.
Der Eintrag der Mikroorganismen und der Nährstoffe erfolgt über Infiltrationsbrunnen, die über Leitsysteme verbunden sind. Über Belüftungsbrunnen wird die zuvor über eine Be-feuchtungseinheit geleitete Umgebungsluft verdichtet in den Untergrund eingebracht. Der Kontaminationsherd wird in der ungesättigten Zone in-situ abgebaut.
6.1.2.2 Technische Variationsmöglichkeiten
Die Infiltrationsbrunnen können je nach Infiltrationsmenge in ihrer Bemessung unterschied-lich ausgelegt sein. In dem Pilotprojekt wurden Filterrohre mit einem Durchmesser von 2„
verwendet, größere Durchmesser sind denkbar.
Die Lage, Tiefe und Verfilterungsart der Einleitstellen richten sich nach der Art der Kontami-nation und den hydrogeologischen Gegebenheiten. Die Injektionsbrunnen können so angelegt sein, daß die Prozeßkomponenten (Sauerstoff, Nährstoffe, Mikroorganismen, etc.)
• oberhalb der Kontamination (s. Abb. 6.1-2)
• direkt in dem Kontaminationsherd oder
• unterhalb der Kontamination
im Untergrund versickert werden. Wichtig hierbei ist, daß in jedem Fall eine homogene Ver-teilung der Komponenten im Untergrund erreicht wird.
Der Aufbau der Belüftungsbrunnen ist im wesentlichen dem der Infiltrationsbrunnen ähnlich, damit diese auch zur Zugabe der Prozeßkomponenten verwendet werden können. Die Belüf-tungsbrunnen enden unterhalb des Kontaminationsherdes und dienen in erster Linie zur Be-lüftung der ungesättigten Bodenzone.
Der Komponenteneintrag kann auf zwei Weisen erfolgen
• mengengeregelter Eintrag über ein Leitungssystem, welches an die Injektionsbrunnen angeschlossen ist, oder
• manueller Eintrag über Belüftungsbrunnen.
Die Anreicherung der Umgebungsluft erfolgt über eine Befeuchtungseinheit. Anschließend wird sie verdichtet in den Boden eingebracht.
Die Sanierungsdauer bei diesem Demonstrationsvorhaben umfaßte ca. 16-17 Monate. Je nach Zusammensetzung und Konzentration der Kontamination muß aber mit längeren Sanierungs-zeiträumen gerechnet werden.
6.1.2.3 Verfahrenstechnische Optimierung
Bei dieser Sanierungstechnik muß darauf geachtet werden, daß eine Ausbreitung der Konta-mination im Untergrund verhindert wird. Demzufolge dürfen nur geringe Flüssigkeitsmengen in den Untergrund eingetragen werden, damit Sickervorgänge ins Grundwasser unterbleiben.
Zur Vermeidung des Wasseraustrags in tiefere Schichten ist demzufolge eine ausgewogene Bilanzierung des Bodenwassergehaltes unbedingt erforderlich, der während der gesamten Sa-nierung kontinuierlich überprüft werden muß.
Eine während des Demonstrationsvorhabens vorhandene Bodenabdeckung (Bebauung des Geländes) unterstützte die Belüftungsmaß nahmen und verhinderte eine Ausgasung der einge-düsten Luft. Bei der Anwendung des Verfahrens an Standorten, die weniger günstige Verhält-nisse aufweisen, muß deshalb darauf geachtet werden, daß Bodenluft, u.U. auch mit leicht-flüchtigen Komponenten aus der Kontamination vermischt, nicht entweichen kann. Im Be-darfsfall ist eine entsprechende Oberflächenabdeckung vorzusehen. Für den wirkungsvollen Einsatz der zugeführten Komponenten müssen vorhandene Inhomogenitäten des Untergrundes berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich daher, bei sehr inhomogen aufgebautem Untergrund von wenigen Injektionen abzusehen und die Kontamination flächenmäßig bzw. Räumlich zu erfassen. Dazu ist der Schadensherd abschnittsweise in horizontaler und vertikaler Rich-tung zu behandeln. Dabei können z.B. tiefenverstellbare Einsatzrohre in den Injektions-brunnen eingesetzt werden, mit denen gezielt bestimmte Tiefenbereiche der Kontamination angegangen werden können. Weiterhin ist eine Erhöhung des Injektionspunktdichte erforder-lich, um auch die gesamte Ausdehnung der Kontamination zu erfassen. Dazu wird üblicher-weise eine Behandlung des Kontaminationsherdes von der Peripherie zum Zentrum hin durchgeführt. Punktförmige Injektionen sind dagegen für eine gezielte Behandlung einzelner lokaler Schadensbereiche geeignet.
6.1.2.4 Bewertung des Verfahrens
Vorteile:
Durch den Verbleib des Kontaminationskörpers am Schadensort kann eine zusätzliche Bela-stung der Umgebung vermieden werden. Kombiniert man dieses Verfahren mit einer Bo-denluftabsaugung, können leichtflüchtige Komponenten eliminiert werden.
Nachteile:
Bei dieser Art der Sanierungstechnik ist der Stofftransport an die Kontamination proble-matisch. Der notwendige Sauerstoff wird über Lanzen eingedüst, die einen relativ kleinen Wirkungsbereich haben. Eine flächendeckende Erfassung größerer kontaminierter Bereiche ist nur mit Hilfe eines sehr dichten Rasters von Infiltrationsstellen zu erreichen.
Durch Adsorptionsvorgänge an organischen Zwischenlagen oder Tonlinsen kann die Aus-breitung der zugegebenen Komponenten erschwert werden. Es kann außerdem zum Verstop-fen der Porenräume und zur Immobilisierung der eingebrachten Komponenten kommen.
Weiterhin beeinflußt auch der pH-Wert den biologischen Abbau. Die Bakteriengruppen benö-tigen unterschiedliche pH-Werte für ihre biologische Aktivität. Der aktuelle pH-Wert eines Bodens wird aber weitgehend von seiner Zusammensetzung bestimmt. PH-Wert Verschie-bungen in Richtung auf einen für biologische Abbauvorgänge optimalen Wert sind, zumal bei Böden mit hoher Pufferkapazität, so gut wie unmöglich. Erschwerend kommt hinzu, daß durch biologische Abbauvorgänge lokale pH-Wert Verschiebungen entstehen können, die sich nur schwer korrigieren lassen.
Bei der in-situ Behandlung von kontaminiertem Material müssen erst die Voraussetzungen geschaffen werden, um mikrobielle Aktivitäten in Gang zu setzten. Da im Erdreich das Sau-erstoffangebot häufig der limitierende Faktor ist, wird versucht, den Sauerstoffgehalt durch den Eintrag von freiem Sauerstoff (O2), Ozon (O3), Wasserstoffperoxid (H2O2) oder Nitrat (NO3-) zu erhöhen. Unbeachtet bleibt häufig jedoch, daß sowohl Ozon als auch Wasserstoff-peroxid zum einen stark bakterizid wirken können und auf der anderen Seite auch organi-sche Substanzen direkt zu oxidieren vermögen. Damit ist eine chemiorgani-sche Umsetzung von z.B. Kohlenwasserstoffen zu polaren Verbindungen möglich, ohne daß ein mikrobieller Ab-bau stattgefunden haben muß. Die polaren Verbindungen sind schwieriger zu analysieren und in der Regel wasserlöslicher als die Ausgangsstoffe.
Metalle wie z.B. Blei oder Antimon können ebenfalls durch diese Oxidationsmittel mobilisiert werden.
Aus diesen Gründen sind bei in-situ Sanierungen der tieferen ungesättigten Bodenzone Maß-nahmen zur Sicherung bzw. Überwachung des angrenzenden Geländes bzw. Des Grund-wassers unabdingbar. Dazu bieten sich hydraulische oder mechanische Eingriffe an. Der Überwachungsaufwand ist enorm. Ihm kommt sowohl aus Gründen der Prozeßüberwa-chung, als auch wegen sicherheitstechnischer Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle zu, denn es ist nahezu unmöglich bei einem offenen System, wie es der Boden darstellt, eine si-chere Eingrenzung des Reaktorraums vorzunehmen.