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5.1 Hitzdrahtmessungen

5.1.2 Hitzdrahtkalibrator

Um die V-Draht-Sonden bekannten Anströmgeschwindigkeiten aussetzen zu können, wurde ein Hitzdrahtkalibrator entworfen, der hauptsächlich aus einer Beruhigungskammer und einer Düse besteht und in Abbildung 5.1.4 als

5.1 Hitzdrahtmessungen Querschnittsskizze dargestellt ist. Als Vorlage für den Entwurf diente dabei ein ähnlicher Kalibrator der TU Berlin. An die Beruhigungskammer wird über ein Druckregelventil Druckluft angeschlossen. Mithilfe des Druckregelventils lässt sich der Überdruck in der Beruhigungskammer relativ zum Umgebungsdruck und damit die Geschwindigkeit der ausströmenden Luft regeln.

In der Beruhigungskammer befindet sich hinter dem Druckluftanschluss ei-ne Prallplatte zur Auffächerung der eintretenden Strömung. Stromab der Prallplatte befinden sich drei Turbulenzsiebe mit in Strömungsrichtung ab-nehmender Maschenweite. Die Distanz der Siebe zueinander wurde nach den Erkenntnissen von Groth et al. [39] gewählt, um sicherzustellen, dass die vom jeweiligen Sieb erzeugte Turbulenz zu kleineren Größenskalen zer-fallen kann, bevor die Strömung auf das nächstfeinere Sieb trifft. In der Beruhigungskammer befindet sich auch ein PT100-Temperatursensor, um die Temperatur T1 der strömenden Luft während der Kalibrierung messen zu können. Direkt stromab des Düsenaustritts wird die Hitzdrahtsonde während der Kalibrierung positioniert. Die Geschwindigkeit der ausströmenden Luft wird über den Differenzdruck∆p=p1−p2 zwischen dem statischen Druck p1 in der Beruhigungskammer und im Düsenhalsp2bestimmt. Zur Messung des Differenzdrucks sind jeweils Druckbohrungen eingelassen. Des Weiteren wird auch der Umgebungsdruckpwährend der Kalibrierung gemessen. Die Kontur des Düsenzulaufs entspricht einem Kreissegment mit einem Radius von 60 mm und einem horizontalen Segment mit einer Länge von 20 mm. Der Düseninnendurchmesser beträgt am Austrittd2= 19.6 mm. Die Geome-trie des Kalibrators ist axialsymmetrisch um die Hauptströmungsachse und der Innendurchmesser der Beruhigungskammer beträgtd1= 190 mm. Somit gilt für das Kontraktionsverhältnisη als Verhältnis der Düseneintritts- und DüsenaustrittsflächeA1 undA2:

η= A1

A2

=πd21/4 πd22/4 =d21

d22 ≈94 (5.1.22)

Nimmt man den Zustand in der Beruhigungskammer mit den thermodyna-mischen Zustandsgrößenp1, T1 undρ1 als konstant an, und geht von einer adiabatischen Zustandsänderung bis zum Zustand im Düsenaustritt mit den Zustandsgrößenp2,T2 undρ2 aus, gilt:

U22 2 −U12

2 = κ

κ−1R(T1−T2) (5.1.23) Dies beschreibt die Enthalpieabnahme bei der Zunahme der kinetischen Energie, wobeiU1 der Strömungsgeschwindigkeit in der Beruhigungskammer

5.1 Hitzdrahtmessungen

undU2der Strömungsgeschwindigkeit im Düsenhals entspricht. Bei reversibel adiabatischer Zustandsänderung gilt

Die relevante Temperatur für die Temperaturkompensation, wie sie bspw. in den Gleichungen 5.1.6 und 5.1.7 beschrieben wurde, ist alsoT2, die erwar-tete Fluidtemperatur am Düsenaustritt. In Gleichung 5.1.23 lässt sich T2

nun eliminieren. Des Weiteren liefert die Erhaltung des Massenstroms eine Beziehung zwischenU1 undU2:

U1ρ1A1=U2ρ2A2 (5.1.25)

Bei reversibler adiabatischer Zustandsänderung gilt weiterhin ρ2

Setzt man Gleichungen 5.1.24, 5.1.26 und 5.1.27 in Gleichung 5.1.23 ein, erhält man einen Ausdruck für die StrömungsgeschwindigkeitU2im Düsenaustritt:

U22− Zur Bestimmung der Austrittsgeschwindigkeit wird nun angenommen, dass am Düsenaustritt der statische Druckp2dem Umgebungsdruckpentspricht und der statische Druck in der Beruhigungskammer entsprechend um den gemessenen Differenzdruck erhöht ist:

p2=p (5.1.30)

p1=p+ ∆p (5.1.31)

Der Adiabatenexponent κ = 1.4 und die spezifische Gaskonstante R = 287.058 J/(kg·K) von Luft werden als konstant angenommen. Zusammen

5.1 Hitzdrahtmessungen mit der gemessenen Temperatur in der Beruhigungskammer T1 und dem bekannten Querschnittsverhältnis AA21 = n1 (siehe Gleichung 5.1.22) lässt sich nun die Strömungsgeschwindigkeit U2 im Düsenhals bestimmen. Da die Sonde direkt stromab des Düsenaustritts positioniert wird, wird ange-nommen, dass diese Geschwindigkeit der für die Kühlung des Hitzdrahtes relevanten Strömungsgeschwindigkeit entspricht. Die Homogenität der er-zeugten Geschwindigkeit stromab des Düsenaustritts wurde experimentell exemplarisch für eine feste Druckdifferenz∆puntersucht. Dazu wurde eine kalibrierte Hitzdrahtsonde etwa an der Kalibrierposition rasterförmig entlang der Querschnittsfläche der Düse traversiert. Diese Messung zeigte eine gute Homogenität der Austrittsgeschwindigkeit. Eine quasi-dreidimensionale Simu-lation der Innenströmung des Hitzdrahtkalibrators mit TAU unter Annahme von Rotationssymmetrie zeigt zudem, dass die Strömung am Düsenaustritt keine signifikante Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Symmetrieachse aufweist. Des Weiteren zeigt sie, dass die Grenzschicht an der Düsenwand ausreichend dünn ist, dass sie den Geschwindigkeitsbetrag an der üblichen Kalibrierposition im Kern der Düsenströmung nicht wesentlich beeinflusst.

Um die Anwendbarkeit der Kalibrierung auf die Messung im Windkanal zu überprüfen, wurde eine Hitzdraht-V-Sonde vor dem Kalibrator kalibriert und mit ihr die Strömungsgeschwindigkeit im 1MG für unterschiedliche Kanalgeschwindigkeiten ausgewertet. In diesem Windkanal wurden die Grenz-schichtuntersuchungen im Rahmen dieser Arbeit durchgeführt. Er wird in Abschnitt 5.2 näher beschrieben. Für die hier beschriebenen Voruntersuchun-gen war keine experimentelle Konfiguration in der Messstrecke eingebaut.

Der ausgewertete WertUHD wurde mit dem ErgebnisUP randtl der Geschwin-digkeitsmessung mithilfe einer Prandtl-Sonde verglichen. Dazu wurde die Hitzdrahtsonde in der leeren offenen Messstrecke des Ein-Meter-Kanals hori-zontal und vertikal mittig in einem Abstand entlangxT von190 mmstromab des Düsenaustritts positioniert. Die Prandtlsonde war in einem Abstand entlangyT von 100 mman der gleichen xT- und zT-Position wie die Hitz-drahtsonde fixiert. Die Ausrichtung der Prandtlsonde parallel zur Anströmung wurde optisch durchgeführt und unterliegt einem gewissen Fehler. Es werden allerdings für die verwendete Prandtlsonde wie für gängige Prandtlsonden bei Ausrichtefehlern unter 5° nur sehr geringe Fehler in der ausgewerte-ten Geschwindigkeit erwartet [78]. Eine Fotografie dieser Anordnung ist in Abbildung 5.1.5(a) zu sehen.

Dieser Vorgang wurde viermal wiederholt, wobei aus den Hitzdrahtmessungen jeweils der Betrag der Geschwindigkeit für 10 unterschiedliche

Windkanalge-5.1 Hitzdrahtmessungen

(a) (b)

0 5 10 15 20 25 30 35 40

0 5 10 15 20 25 30 35 40 UPrandtl[m/s]

UH D[m/s]

Messdaten lineare Regression

Abbildung 5.1.5:(a) Prandtl- und Hitzdrahtsonde nebeneinander vor der Düse des 1MG (b) Die mithilfe der Prandtl-Sonde gemessene GeschwindigkeitUP randtlin der leeren Messstrecke des Ein-Meter-Kanals in Abhängigkeit vom Geschwindigkeitswert UHDaus der vor dem Kalibrator kalibrierten Hitzdrahtmessung

schwindigkeiten ausgewertet wurde. Die durchgeführten Kalibrierungen und Messungen im Windkanal fanden an unterschiedlichen Messtagen und somit bei verschiedenen Umweltbedingungen statt. In Abbildung 5.1.5(b) sind die beiden unabhängig bestimmten Geschwindigkeitswerte für unterschiedliche Windkanalgeschwindigkeiten und verschiedene Kalibrierungen gesammelt gegeneinander aufgetragen. Mit der Annahme, dass die spannweitigen Ge-schwindigkeitsunterschiede stromab der Düse des 1MG auf einer Strecke von 100 mmvernachlässigbar klein sind, muss dieser Vergleich mit einer korrekt kalibrierten Hitzdrahtsonde also eine Gerade mit der Steigung 1ergeben. Es ergibt sich ein eindeutig linearer Zusammenhang, dessen Steigung aber von 1 abweicht. Mithilfe eines Anpassungsalgorithmus basierend auf der Minimie-rung der Summe der Fehlerquadrate wurde eine UrspMinimie-rungsgerade angepasst.

Die Steigung dieser Geraden beträgtkcal= 1.056(3). Der angegebene Fehler entspricht der Ungenauigkeit der Steigung der angepassten Ursprungsgerade.

Die mit der kalibrierten Hitzdrahtsonde gemessenen Geschwindigkeiten sind also systematisch niedriger als die mit der Prandtlsonde gemessenen.

Dies weist darauf hin, dass der anhand von Gleichung 5.1.29 bestimmte Wert fürU2bei der Kalibrierung systematisch zu gering war. Möglicherweise

5.1 Hitzdrahtmessungen wich die Temperatur im Zentrum der Beruhigungskammer des Kalibrators signifikant von der Temperatur des Temperatursensors an der Wand ab. Um einen höheren Wert vonU2zu begründen, müsste die Temperatur T1 syste-matisch größer als der gemessene Wert sein. Dies hätte auch eine Auswirkung auf den berechneten Wert von T2 und damit auf die angewandte Tempe-raturkompensation. Ein weiterer Erklärungsansatz betrifft die thermischen Eigenschaften des Wärmetransports durch erzwungene Konvektion. Wäre die Wärmleitfähigkeit der Luft im Kalibrator gegenüber der im Windkanal zirkulierenden Luft erhöht, könnte dies dazu führen, dass bei gleichem Ge-schwindigkeitsbetrag vor dem Kalibrator eine höhere Anemometerspannung gemessen wird. Dies ist denkbar, da die Druckluft, welche zum Betrieb des Kalibrators verwendet wird, mithilfe eines Kompressors komprimiert wird und möglicherweise Ölpartikel enthält, welche die Wärmeleitfähigkeit der Luft erhöhen.

Für eine abschließende Klärung der Ursache für den Wertkcal >1 wären umfangreichere Untersuchungen nötig. Stattdessen wurde bei der Kalibrie-rung die kalibrierte GeschwindigkeitUC empirisch linear korrigiert, da der beobachtete Zusammenhang eine klare Linearität aufweist und reproduzierbar ist:

UC=kcalU2 (5.1.32)