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Handlungsmaßstab Ökologie – Wilkhahn soll grün werden I. Wachstum und Ökologie

2 Der Möbelproduzent Wilkhahn in Bad Münder

2.1 Aspekte der Unternehmensgeschichte

2.1.6 Handlungsmaßstab Ökologie – Wilkhahn soll grün werden I. Wachstum und Ökologie

2.1.6 Handlungsmaßstab Ökologie – Wilkhahn soll grün werden

Auf dem Gebiet der eigenen Firmenarchitektur hingegen sah Hahne das Ziel bereits mit dem Konzept von Frei Otto 1985 zum ersten Mal als erfüllt an.250

II. Aufbruch in die ökologische Zukunft

Zwischen Fritz Hahne und Theodor Diener gab es Ende der 1980er-Jahre nachweis-lich Differenzen über die Architektenauswahl für die Erweiterung der Bestandshal-len 1–4. Schwerer wogen die Differenzen in der Lagebeurteilung und Prognose der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung, über den Stand der Produktentwicklung und die Frage der Notwendigkeit von Sparsamkeit.

Im Juli 1992 legte Theodor Diener eine Publikation in Form eines Faltblattes mit dem Titel »Ein Unternehmen in seiner Zeit« zusammen mit dem Heft 9 der Kun-denzeitschrift Der Wilkhahn vor, das einen kurzgefassten Überblick über das bisher Erreichte des Unternehmens bietet.251 Er hatte zum 1. Januar 1990 mit der Einstel-lung von Wolf-Rüdiger Lutz eine neue Organisationsstruktur der Verwaltung einge-führt, um den künftigen ökologischen Themen angemessenen Raum zu geben. Er sah für Lutz einen Geschäftsführungsbereich Innovation und Ökologie vor und machte die Etablierung des Unternehmensziels Ökologie auch in der Zuordnung der Verantwortlichkeit erkennbar. Der neue Bereichsleiter hatte als Hauptaufgabe das

»Finden neuer Produkte, das Aufspüren neuer Ideen, Denkweisen und Wege« bei zunehmender Beachtung ökologischer Belange.252 Es fällt auf, dass weder Diener noch Hahne in der Juni-Ausgabe 1990 von Der Wilkhahn auf den neuen Bereichs-leiter eingehen.253 Fakt ist, dass Wolf-Rüdiger Lutz im Juli 1991 sein Konzept für das Ziel Ökologie bei Wilkhahn »Von Gaia bis Computopia« vorgelegt hat.254 Seine Empfehlung lässt sich zusammenfassen in der Forderung, dass das Unternehmen Wilkhahn für sich selbst ein »qualitatives wie auch ein quantitatives Zukunftssze-nario mit unterschiedlichen Variationen« erstellen und prüfen müsse.255 Es sei auch die Frage zu stellen, welche Art von Kultur Wilkhahn präferiere. Es folgte die Wie-derholung von vier aus seinem Buch Die sanfte Wende. Aufbruch ins ökologische Zeitalter? bekannten Szenarien, ohne dass ein konkreter Bezug zum Unternehmen hergestellt wurde und eine konkrete Agenda für die ökologische Ausrichtung

wiederverwendbarem Material. Er wurde für die XVIII. Triennale 1992 in Mailand ausgewählt und zusammen mit dem Banksystem Tubis mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

250 Hahne 1990a, S 161.

251 Wilkhahn: Ein Unternehmen in seiner Zeit, Beilage zu: Der Wilkhahn 9, Juli 1992.

252 Ebd.

253 Der Wilkhahn 7, Juni 1990.

254 Wolf-Rüdiger Lutz: Von Gaia bis Computopia, in: Der Wilkhahn 8, Juli 1991, S. 40–43.

255 Ebd., S. 43.

entwickelt wurde.256 Die Ansätze von Wolf-Rüdiger Lutz waren offenbar nur in ge-ringen Teilen für Wilkhahn geeignet.257 Lutz schied kurze Zeit später aus. Theodor Dieners Vertrag wurde nicht verlängert. Die oben genannten Gründe waren aus-schlaggebend für die Trennung von Diener. Schwer wog Hahnes Vorwurf, die ge-wachsene Unternehmensphilosophie würde unter Dieners Leitung zunehmend aus-gehöhlt. Dieser Vorwurf wurde von Fritz Hahne offen in der Betriebsversammlung am 11. November 1993 ausgesprochen und beweist den Willen von Hahne, von der als richtig angesehenen Ausrichtung des Unternehmens nicht abzuweichen.258

Die Aufgabe der ökologischen Neuaufstellung des Unternehmens wurde von der neuen Geschäftsleitung unverzüglich in Angriff genommen und eine geänderte, per-sonell gestärkte Organisationsstruktur für den Bereich Sicherheit und Umwelt ein-geführt. Es sind Einheiten für das Öko-Controlling, das Öko-Management und den Umweltschutz gebildet worden, und es wurden fünf Obleute in der Produktion für Ökologie benannt. Kurze Zeit später hat die neue Geschäftsleitung ein vorzeigbares Zwischenergebnis mit der Publikation Wilkhahn Grün präsentiert.259

2.2 Unternehmensidentität in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts

Die Identität eines Unternehmens – seine Persönlichkeit oder sein Wesen – zeigt sich in ihrem Zusammenhang in den »geschichtlichen Manifestationen« menschli-cher Handlungsmotive, Orientierungen, Sinndeutungen und Normierungen.260 Zu den Manifestationen zählen die informationellen Äußerungen eines Unternehmens, die Produkte, die eigenen Bauten und andere materielle Dinge ebenso wie die Um-gangsformen im Betrieb. Die Identität ist kumulativ und historisch, sie existiert

256 Ebd. Die vier Zukunfts-Szenarien tragen die Namen »Gaia«, »Computopia«, »Ökotopia« und

»Chinatown«. Sie sind neben drei weiteren in seinem Buch beschrieben worden (Wolf-Rüdiger Lutz: Die sanfte Wende: Aufbruch ins ökologische Zeitalter, München 1984 (= Kösel Sachbuch)).

257 Wilkhahn: Ein Unternehmen in seiner Zeit, a. a. O.

258 Fritz Hahne: Die Weichen sind gestellt, Rede bei der Betriebsversammlung am 11.11.1993, in: Wilkhahn aktuell 106 (Dezember 1993) o. P., in: Archiv des Deutschen Stuhlmuseums Eimbeck-hausen.

259 Rudolf Schwarz: Wilkhahn Grün. Ein Unternehmen im ökologischen Wandel, hg. v. Jürgen Krämer/Markus Ferstera, Bad Münder, März 1995 (= Wilkhahn Schriftenreihe Heft 2), in: Privat-sammlung des Verfassers. Darin werden die Bauten von Frei Otto und Thomas Herzog als Beiträge zur ökologischen Ausrichtung eingeordnet (Rudolf Schwarz: Gebaute Umwelt: Die Firmenarchitek-tur, in: Wilkhahn Grün 1995, S. 12–19, in: Privatsammlung des Verfassers).

260 Friedrich Jaeger: Der Kulturbegriff im Werk Max Webers und seine Bedeutung für eine mo-derne Kulturgeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 18 (1992), Heft 3, S. 371–393 (392). Der Begriff Identität wird in dieser Arbeit nicht synonym mit dem Begriff Corporate Identity ver-wendet, der meist für eine Kommunikationsstratgie eines Unternehmens steht. Identität bezeich-net hier einen Status.

nicht für sich und ist nicht als solche direkt wahrnehmbar. Sie ist ein Konstrukt der Interpretationen der sie vorstellenden Personen oder Gruppen. Im Unterschied dazu wird die Unternehmenskultur hier verstanden als »Summe der Überzeugun-gen, Regeln und Werte, die das Typische und Einmalige eines Unternehmens aus-machen.«261 Zur Unternehmenskultur im weiten Sinn zählt auch die Praxis des Um-gangs der Menschen miteinander innerhalb des Unternehmens sowie der Firma mit ihren Handelspartnern und der Öffentlichkeit. Eine scharfe Abgrenzung zwischen den manifestierten Dingen der Unternehmensidentität und der Kultur ist hier ver-zichtbar.

Die Firmenphilosophie wird von den Mitgliedern des Unternehmens und im Be-sonderen von seinen Führungskräften geprägt. Sie sind autorisiert zur Etablierung von Unternehmenswerten, Leitsätzen oder Zielen. Explizit thematisiert wurden die verschiedenen Komponenten der die Identität prägenden Unternehmensphiloso-phie bei Wilkhahn erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die maßgebli-chen Führungskräfte in dieser Epoche waren die Fabrikanten Adolf Wilkening und Fritz Hahne.262

2.2.1 Fabrikanten Adolf Wilkening und Fritz Hahne