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Gute fachliche Praxis

Im Dokument Biomasseanbau und räumliche Planung (Seite 31-34)

Dieser Begriff umschreibt eine Privilegierung der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft im Boden- und Naturschutzrecht (§ 17 BBodG und § 5 BNatSchG). Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 BBodG soll die gute fachliche Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung, die nachhaltige Sicherung der Bo-denfruchtbarkeit und der Leistungsfähigkeit des Bodens als natürliche Ressource gewährleistet werden. Im Rahmen der Formulierung von programmatischen Grundlagen der Bodenschutzpolitik wurde in der Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung aus dem Jahr 1985 die landwirtschaftli-che Bodennutzung dann als ordnungsgemäß definiert, wenn sie die Bodenfruchtbarkeit insbesonde-re durch Aufinsbesonde-rechterhaltung eines geordneten Nährstoff- und Humushaushaltes dauerhaft sichert150. Dabei soll die „Stabilität des Naturhaushaltes insgesamt nicht gefährdet werden“151.

144 BMELV 2008.

145 HABER 1971.

146 OTT/DÖRING 2008, S. 239.

147 Zusammenstellung nach OTT/DÖRING, a.a.O., S. 240.

148 OTT/DÖRING, a.a.O., S. 253.

149 Siehe SRU 2002, Tab. 5-1.

150 BT-DRS. 10/2977, S. 6.

151 BT-DRS. 10/2977, S. 7.

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Der Auftrag zur Sicherung der Bodenfruchtbarkeit und der Leistungsfähigkeit des Bodens als na-türlicher Ressource (§ 17 Abs. 2 Satz 1 BBodG) wird in § 17 Abs. 2 Satz 2 BBodG beispielhaft aufgeführt („insbesondere“). Damit ist zwar eine Anpassung der guten fachlichen Praxis an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Entwicklungen grundsätzlich möglich152. Zu beach-ten ist allerdings, dass der Gesetzgeber modo grosso durch den bestehenden Katalog zugleich das von ihm angestrebte Vorsorgeniveau insgesamt festgelegt hat153. Der Katalog des § 17 Abs. 2 Satz 2 BBodG umfasst sieben Grundsätze, die an dieser Stelle nur stichwortartig wiedergegeben wer-den:

1. Standortangepasste Bodenbearbeitung, 2. Erhalt und Verbesserung der Bodenstruktur, 3. Verhinderung von Bodenverdichtungen, 4. Vermeiden von Bodenabträgen,

5. Erhaltung der naturbetonten bodenschützenden Strukturelemente (z.B. Hecken, Feldgehölze oder Feldraine),

6. Erhaltung und Förderung der biologischen Aktivität des Bodens durch entsprechende Frucht-folgegestaltung sowie

7. Erhalt des standorttypischen Humusgehalts.

Die genannten Grundsätze berühren viele Aspekte, die auch beim Anbau von Bioenergiepflanzen zu beachten sind. Zu nennen sind vor allem die standortangepasste Bodenverarbeitung, die Ver-meidung von Bodenverdichtungen und von Bodenabträgen, die Erhaltung und Förderung der bio-logischen Aktivität des Bodens sowie der Erhalt des standorttypischen Humusgehalt154.

Besonders soll hier auf den fünften Grundsatz hingewiesen werden, der einen Bezug auf die mit der Bodennutzung in Zusammenhang stehenden Bepflanzung herstellt und sich damit von den anderen Grundsätzen der guten fachlichen Praxis abhebt. Damit ist dieser Grundsatz – zumindest strukturell – geeignet, die biotischen Faktoren des Naturhaushaltes in den Blick zu bekommen. Z.B. kann aufgrund der Existenz verschiedener Nützlinge der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert werden. Indem dadurch zusätzlich der Wasserhaushalt positiv beeinflusst wird, haben die naturbe-tonten Strukturelemente eine positive Auswirkung auf das Kleinklima155. Der Grundsatz ist geeig-net, Gegenstand naturschutzfachrechtlicher Planungen bzw. Ausweisungen zu werden und eröffnet damit Gestaltungsspielräume für flächenbezogene Planung.

Neben den Grundsätzen insgesamt, die das angestrebte Vorsorgeniveau justieren und nicht beliebig erweiterbar sind, wirken sich zwei Prinzipien restriktiv auf die Anwendung der Grundsätze aus:

(a) Zum Einen können die Vorsorgeanforderungen des BBodG nicht zwangsweise durchgesetzt werden. Alternative Gesetzesentwürfe der SPD-Fraktion und der Fraktion von Bündnis

152 So ausdrücklich die Antwort der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrat zum Regierungs- entwurf, BT-DRS. 13/6701, S. 65.

153 FRENZ 2005, S. 57.

154 Ebenso: GINZKY 2008 in ZUR, S. 190.

155 BECKER 2001, RdNr. 15 zu § 17 BBodG.

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90/DIE GRÜNEN sahen zwar eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von behördlichen Anordnungen zur Befolgung der guten fachlichen Praxis vor156, wurden von der Bundesre-gierung jedoch nicht aufgegriffen. Der Gesetzesentwurf der ReBundesre-gierungsfraktionen setzt viel-mehr auf das Mittel der Kooperation, das die Eigeninteressen der Landwirte in den Mittel-punkt stellte157. Soweit landwirtschaftliche Beratungsstellen eingeschaltet werden, ist indes-sen auf deren wachindes-sende Personalnot in Folge von Stellenabbau zu verweiindes-sen158.

(b) Die zweite maßgebliche Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 17 BBodG folgt aus

§ 3 Abs. 1 Nr. 4 BBodSchG, wonach die Vorschriften des Düngemittel- und Pflanzenschutz-rechts, soweit diese die Einwirkungen auf den Boden regeln, grundsätzlich denen des BBodG vorgehen159. Diese beiden Gesetze sind jedoch vorrangig an der Ertragsförderung bzw. – sicherung landwirtschaftlicher Produkte orientiert160. Damit ist ein wesentlicher Teil des stofflichen Bodenschutzrechts für den Bereich der landwirtschaftlichen Bodennutzung aus dem Regelungsbereich des BBodG herausgenommen. Der Anwendungsbereich des BBodG gilt nur für solche stofflichen Einwirkungen, die sich vor allem als bodenphysikalische Ein-wirkungen beschreiben lassen161.

In jüngster Zeit hat im Schrifttum die Kritik am derzeitigen Regelungsansatz der guten fachlichen Praxis zugenommen. Wesentliche Kritikpunkte sind:

die unzureichende Konkretisierung im Gesetz bzw. im untergesetzlichen Regelwerk162,

der fehlende Raumbezug,

die mangelnde Ausrichtung auf Standortspezifikation sowie163

die mangelnden Vollzugsregeln und fehlende Sanktionsmöglichkeiten gegen Verstöße164.

4. Fachplanungen

Neben den explizit Flächen- bzw. Gebietsbezogenen Festlegungen der Regional- und Landschafts-planung können weiterhin Instrumente der FachLandschafts-planungen herangezogen werden. Die Verknüpfung von räumlicher Planung mit Fachplanungen gestaltet sich unter zwei Voraussetzungen relativ ein-fach: (a) die Festlegungen der räumlichen Planung erfolgt durch Ausweisung als Ziele165, (b) die einschlägigen Gesetze der Fachplanung enthalten sog. Raumordnungsklauseln. Schwierigkeiten treten vor allem dann auf, wenn die Fachplanungsgesetze keine Raumordnungsklauseln enthalten, wie z.B. das Bodenschutzgesetz, oder nur allgemein von „raumbedeutsamen Planungen und Maß-nahmen“ reden (Bundesimmissionsschutzgesetz, Bundeswaldgesetz a.F.).

156 BT-DRS. 13/7891, S. 57 ff.

157 Antwort der Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrates, BT-DRS 13/6701, S. 65. Zur Kritik ECKARDT/HEYM/SEIDEL 2008 in ZUR, S. 175.

158 HOGENMÜLLER 2002, S. 120 ff.

159 Gleiches gilt für das BWaldG und die Waldgesetze der Länder (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 BBodG) sowie die Vorschriften des FlurbG über das Flurbereinigungsgebiet und des LwAnpassG (§ 3 Abs. 1 Nr. 7 BBodG).

160 § 1 Abs. 1 DüngG, § 1 Nr. 1 und 2 PflSchG.

161 So ausdrücklich die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-DRS. 13/6701, S. 43.

162 GINZKY 2008, a.a.O., S. 190.

163 HAFNER 2010 in UPR, S. 374.

164 Dazu bereits die vorangegangenen Ausführungen.

165 Siehe die Ausführungen unter 1.2.B der Arbeit.

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Zwischen den überfachlichen, überörtlichen und zusammenfassenden Aussagen der Raumordnung in ihren fachlichen Entwicklungsplanungen einerseits und den einzelfachlichen Planungen und Maßnahmen (jeweils auf der Grundlage der entsprechenden Fachgesetze) andererseits findet in Richtung Fachplanung eine Vermittlung raumordnerischer Ansprüche in Form von Raumord-nungsklauseln statt. Diese bilden das Scharnier zwischen dem unterschiedlichen Plansystem der Raumplanung und der jeweils spezifischen Fachplanung. Rechtstechnisch wird die Scharnierwir-kung durch Normierung von Bindungsvorschriften erreicht, wie sie in §§ 3 – 5 ROG ihren Nieder-schlag gefunden haben. Dabei ist insbesondere die Unterscheidung von „Zielen“ und „Grundsät-zen“ von Bedeutung, da nur die <Ziele> der Raumordnung keiner weiteren fachgesetzlichen Ver-mittlung bedürfen und von den Planungsinstanzen der Fachplanung als unmittelbar geltendes Recht anzuwenden sind166. <Grundsätze> der Raumordnung sind hingegen nur nach Maßgabe der Abwä-gungsvorschriften bei anderen Planungen zu berücksichtigen (siehe § 4 Abs. 1 S. 1 a.E. ROG)167. Der Gestaltungsspielraum der Raumplanung gegenüber den Fachplanungen ist unterschiedlich groß. Häufig ist nicht die Landesebene, sondern erst die Ebene der Region als Akteur angespro-chen, die sich aber in einer deutlich schwächeren Position gegenüber den (auf Ebene des Gesamt-staates) definierten Fachpolitiken befindet168. Die vertikale Politikverflechtung zwischen Bund und Ländern führt im Ergebnis zu einer besonderen Resistenz der Fachressorts gegenüber landes- und regionalplanerischen Ansprüchen (sog. Fachbruderschaften oder Ressortkumpaneien169). Bereits beschlossene Programme sind nur mit großem Aufwand nachträglich änderbar170.

Die Handlungslogik der Fachressorts folgt ihrer spezifischen Auftragsstruktur und den Interessen ihrer Klientel bzw. Adressaten. Die enge Kooperation mit den gesellschaftlichen Gruppen über deren Verbände, über eigene Fachausschüsse in den Parlamenten, mit der eigenen Wissenschafts-disziplin erschwert „Diskurse“ zwischen Fachplanungen und Raumplanungen, „weil teilweise nicht einmal eine gemeinsame Fachsprache existiert“171. Fachressorts werden tendenziell „koordinations-resistent“172.

Im Folgenden werden die für Land- und Frostwirtschaft wichtigsten Fachgesetze vorgestellt und darauf hin geprüft, in welcher Weise sie den Erfordernissen der Raumplanung Rechnung tragen. Im Anschluss an die Durchmusterung wird in einer Übersicht das Ineinandergreifen von Raumplanung und Fachplanungen bei der Biomasseproduktion verdeutlicht.

Im Dokument Biomasseanbau und räumliche Planung (Seite 31-34)