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Griinde fur die Spiel-Enthaltsamkeit

Im Dokument Computerspiele in der Kinderkultur (Seite 172-180)

7. Informationen zu den Nichtspielern

7.1 Griinde fur die Spiel-Enthaltsamkeit

Der Aussage: "Ich habe kein Gerat, sonst wiirde ich spielen", stimmt etwa die HaIfte der Nichtspieler und Nichtspielerinnen (48,4%) zu. 18,4% gaben an, sie diirften nicht spielen. Nur relativ wenigen Kindem wurde demnach das Spielen ausdriicklich verboten. Die Eltem der Nichtspieler steuem also offenbar eher, indem sie die notwenigen finanziellen Ressourcen nicht zur Verfiigung stellen,

lnformationen zu den Nichtspielern 169 jedenfalls wenn man unterstellt, da6 die Eltern den Kindem die Gerate bewu6t vorenthalten.

Ein groBer Teil der Heranwachsenden bestatigte aber auch, daB er solche Spiele nicht spielen will. Die GIiinde dafiir sind unterschiedlich. Die folgende Tabelle listet sie zusammen mit den Prozentanteilen fur die Antwort stimmt auf. Mehrfach-antworten waren moglich.

Tab. 7.1: Solche Spiele will ich nicht spielen, weil ...

(Angaben in %, Mehrfachnennungen moglich) ich Iieber etwas arKleres mache

ich sie 1angweilig finde sie mir zu teuer sind

ich g1aube, daB sie schlecht fur die Gesundheit sind ich keine Zeit dazu habe

ich g1aube, daB ich das nicht hum

m:ine Fretmditmen tmd Fretmde solche Spiele nicht spielen

80,0 49,4 45,9 37,8 29,5 18,2 15,5

Bildschirmspiele werden vor allem deshalb nicht gespielt, weil sie, zumindest im Vergleich mit anderen Freizeittatigkeiten, fiir die meisten Nichtspieler und Nichtspielerinnen uninteressant sind. Fur viele spielt auch ein zu hoher Preis eine Rolle. Das aus der Erwachsenendiskussion stammende Argument, Bild-schirmspiele seien schlecht flir die Gesundheit, wird immerhin von uber einem Drittel flir richtig gehalten. Die Ubernahme von Erwachsenenargumenten ist aber moglicherweise auch der Versuch, die eigene Enttauschung uber die Ver-weigerung der Eltem mit deren Argumenten zu rationalisieren. Fast ein Fiinftel traut sich nicht zu, die Spiele mit Erfolg zu spielen.

DaB die Spiele manchen Heranwachsenden als zu schwer erscheinen, geht auch aus den Antworten auf die Frage hervor: Gibt es etwas, was Dich an Video-und Computerspielen besonders stOrt? (vgl. Tab. 7.2).

Fur die HaIfte der Nichtspieler passiert in Bildschirmspielen immer nur das Gleiche. Sie bestatigen damit das Bild aus dem ersten Fragenkomplex. Bild-schirmspiele sind ihnen zu langweilig. Einem groBen Teil sind sie auch zu ge-walttatig, zu hektisch oder zu unubersichtlich. Zeitdruck und Unubersicht-lichkeit sind wohl auch die Hauptgrlinde dafiir, daB etwa ein Viertel die Spiele

170 Nikolaus Vollmer :fiir zu schwer halt. Es fragt sich, auf welcher Wissensbasis diese Urteile abge-bende werden, vermutlich sind es recht pauschale Bilder, die oft auch aus der Erwachsenenwelt stammen.

Tab. 7.2: Gibt esetwas, was Dich an Video- und Computerspielen besonders stort?

(Angaben in %, Mehrfachnennungen m6g1ich) Nur sitzen und Tasten drticken macht keinen Spall.

In den Spielen passiert doch imrn:!r das Gleiche.

Die Spiele sind zu gewalttiitig.

Die Spiele sind zu hektisch.

Die Spiele sind schlecht

Was auf dem Bildschirrn passiert, ist mir zu uniibersichtlich.

Die Spielerkliirungen sind zu schwer zu verstehen Die Spiele sind zu schwer.

50,6 48,3 41,9 39,1 36,0 30,5 29.9 26,4

Mit den nachsten Antworten beurteilen die Nichtspieler das Spielen der Spieler.

Die Frage lautete:

Tab. 7.3: Wie findest Du, daB andere Kinder Video- und Computerspiele spielen?

(Angaben in %, Mehrfachnennungen m6g1ich) 1st mir ega!

So1che Spiele sind nicht gut fUr Kinder.

Die sollten lieber etwas anders machen

76,7 53,1 50,0

Zwar geben sich die meisten Nichtspieler tolerant gegeniiber den Spielern, drei Vierteln meinen, ihnen sei es egal, daB andere Bildschirmspiele spielen. Aber ein groBer Teil von ihnen meint offensichtlich auch, solche Spiele seien nicht gut :fiir Kinder, die sollten lieber etwas anderes machen. Auch hier werden wie-der Argumente Erwachsener iibernommen.

lnformationen zu den Nichtspielern 171 7.2 Nichtspieler nach Teilstichproben

Nichtspielerinnen und Nichtspieler unterscheiden sich in ihrem Verhaltnis zu Video- und Computerspielen kaum voneinander. NUT in dem Punkt "weil meine Freundinnen und Freunde solche Spiele auch nicht spielen" sagen ein Drittel der Jungen "stimmt", aber nUT knapp 10% der Madchen. Wahrend Madchen, wie schon an anderer Stelle festgestellt, 1 generell weniger Interesse an Bildschirm-spielen haben, ist dieses Interesse unter den Jungen auch davon abhangig, was ihre Freunde machen. Ein Drittel der Nichtspieler gehOrt zu Peergroups, in de-nen Bildschirmspiele kein Thema sind. Dies ist relativ viel, wenn man bedenkt, daB etwa 94% der Jungen angeben, mehr oder weniger regelmaBig Bildschirm-spiele zu Bildschirm-spielen.

Wird nach vier Altersgruppen (7- und 8jahrige, 9- und lOjahrige, 11- und 12jahrige, 13- und 14jahrige) differenziert, so ergeben sich bei keiner Frage meBbare signiiikante Unterschiede. Dies hangt zum Teil auch mit der Datenlage zusammen. Bei der geringen Zahl von Nichtspielern bleiben bei weiteren Diffe-renzierungen die erwarteten Haufigkeiten in zu vielen Zellen der erzeugten Kreuztabellen unter dem notwendigen Standard.

Plausibel erscheint aber, daB der Anteil derjenigen Heranwachsenden, die fiber

"kein Spielgerat" verfiigen, in der jfingsten Altersgruppe doppelt so groB ist (63,6%) wie in der Gruppe der iiltesten (28,6%). Umgekehrt steigt der Anteil der Kinder mit dem Alter kontinuierlich an, die angeben "keine Zeit" fur Bildschirmspiele zu haben. Unter den 7- und 8jiihrigen betragt er 28,6% und unter den 13- und 14jahrigen 43,5%. Andere Aktivitaten und Verpflichtungen drangen bei ihnen ein mogliches Interesse an Bildschirmspielen zuriick.

Dazu paBt, daB fiber die Hiilfte (65,2%) der 13- und 14jahrigen Nichtspieler Bildschirmspiele "langweilig" finden, ein wei taus groBerer Teil als in den ande-ren Altersgruppen (bis 48,3%). Das Gleiche gilt fur die iihnliche Position, in Bildschirmspielen "passiere immer nUT das Gleiche". Weit fiber 60% der 11- bis 14jahrigen sind dieser Meinung, wahrend es unter den 7- bis lOjiihrigen nUT ca.

27% sind. So machen dann 70% der 13- und 14jahrigen "lieber etwas anderes", wahrend dies unter den jfingeren Altersgruppen nur 50% sind. Dies ist ein zu-satzlicher Hinweis darauf, daB Bildschirmspiele von einem in jungen Jahren allgemein verbreiteten Spielzeug (unter Jungen) im Alter von 12 bis 14 Jabren zu einem von Fans werden. Die Fan-Gemeine ist allerdings relativ groB.2

Interessanterweise steigt mit dem Alter auch der Anteil der Nichtspielern, die Bildschirmspiele fur "ungesund" halten, kontinuierlich von 20% auf 65,2%.

1 vgl. Abschnitt 2.1.1: Spielbaufigkeit nach Geschlecht

Z vgl. Abschnitt 2.1.1: Spielbaufigkeit nach A1tersgruppen

172 Nikolaus Vollmer Erwachsenenargumente werden mit zunehmendem Alter ,einsichtiger'. AuBer-dem faIlt es leichter sie zu iibernehmen, wenn man sowieso dabei ist, andere Interessen zu entwickeln.

Eine Differenzierung nach Schultypen und den drei Kulturkreisen (westdeut-scher Kulturkreis, Aussiedlerkinder, moslemi(westdeut-scher Kulturkreis) erbrachte eben-sowenig mefibare signifikante Unterschiede und sinnvoll auszuwertende Ergeb-nisse wie eine Differenzierung nach dem beruflichen Status des Vaters.

Interessant ist vielleicht noch, daB deutlich mehr der nicht spielenden Grofistadt-bewohner (Bielefeld 51,2%) als Heranwachsende aus dem Umland (28,3%) Bildschirmspiele "zu hektisch" fanden. Das Ergebnis ist allerdings auch nicht (auf dem 5%-Niveau) signifikant.

7.3 Sonstige Freizeitinteressen von Nichtspieiern und Spieiern

Alle Heranwachsenden wurden auch gefragt, was sie sonst in ihrer Freizeit ma-chen. Vorgegeben waren elf Items, die jeweils mit oft, manchmal, nie beantwor-tet werden konnten. In der folgenden Tabelle sind die Items mit ihren Anteilen an den oft- und "manchmal-Nennungenjeweils der Spieler und der Nichtspieler zusammengestellt (vgl. Tab. 7.4).

Tab. 7.4: Was machst Du sonst in Deiner Freizeit?

Anteile in % N ichtspieler Spieler

(nie-N ennungen) (valid cases> 88) (valid cases> 866) oft manchmal oft manchmal DrauBen mit anderen Kindem spielen 62,1 32,7 68,0 29,8

M usik horen. 61,2 35,0 61,0 33,5

Sport treiben. 47,1

31,4 60,1

32,2

21,6*** 7,7

Lesen. 42,6 45,5 34,5 44,7

TV I Videos sehen. 34,0 56,0 33,1 61,1

Bildschirmspiele spielen. 0,0*** 0,0*** 30,5*** 64,6***

Mit Geschwistem spielen. 42,0** 43,2 25,1 52,2

Drinnen alleine spielen, 18,0 48,1 18,9 56,4

Kassetten-Geschichten hOren. 24,0 46,9 17,5 35,1

Mit den Eltem spielen. 12,2 54,1 12,1 57,8

SlgnifIkante Abweichungen von den erwarteten Haufigkeiten; Signifikanzniveaus:

* signiftkant (p < 0,05), ** sehr signifIkant (p <: 0,01), *** hOchst signifikant (p < 0,001).

lnformationen zu den Nichtspielern 173 Bei den sonstigen Freizeitaktivitaten gibt es kaum Unterschiede zwischen Vi-deo- und Computerspiele spielenden und nicht spielenden Kindem. Die aus der Tabelle ersichtlichen Differenzen lassen sich durch das im Durchschnitt niedri-gere Alter ("mit Geschwistem spielen", "Kassetlengeschichten hOren") der Nicht-spieler erklaren oder - zum Teil - dadurch, daB der Anteil der Madchen unter ihnen iiberdurchschnittlich groB ist ("lesen", "Sport treiben").

Beim Item "Sport treiben" ist der Unterschied in der Auspragung nie aller-dings wesentlich groBer, als der in der gesamten Stichprobe zwischen Jungen und Madchen gemessene.3 Unter den Nichtspielem gibt es offensichtlich we-sentlich mehr Kinder, die keinen Sport treiben, als unter den Spielem.

1m Hinblick auf die Beliebtheit von "Sport treiben" gibt es weder unter den Nichtspielem noch in der gesamten Stichprobe signifikante Unterschiede zwi-schen den Altersgruppen. Die oben geaufierte Hypothese, die aIteren Nichtspieler wiirden aus gesundheitsbewufiter Einsicht auf das Spielen von Bildschirmspielen verzichten, laBt sich so also, jedenfalls iiber den Indikator "Sporttreiben", nicht verifizieren. Das Argument "Gesundheit" scheint eher einer scheinbar rationel-len Argumentation der Nichtspieler in einer Umwelt aus lauter Spielem zu die-nen, in der es nicht opportun ist, zu sagen, daB man dazu keine Lust hat. 4

Uber eine zweite Frage sollte herausgefunden werden, welches die beliebteste Freizeitaktivitat ist. Sie wurde als offene Frage (ohne Antwortvorgaben) gestellt.

Die Antworten wurden erst nachtraglich fur den Rechner kodiert. Aus den Ant-worten auf die offene Frage nach der beliebtesten Freizeittatigkeit bzw. dem Hobby lieBen sich die in Tabelle 7.5 angegebenen Werte errechnen.

Auch im Hinblick auf ihre liebste Freizeittatigkeit scheint es unter den Spieler etwas mehr Sportbegeisterte zu geben als unter den Nichtspieler. Der Unter-schied ist aber nicht signifikant und erklart sich durch den iiberdurchschnittlich groBen Anteil von Madchen unter den Heranwachsenden, die keine Bildschirm-spiele Bildschirm-spielen. Der Anteil der Madchen, die als ihre liebste Freizeirtatigkeit Sport angeben, liegt in der gesamten Stichprobe 10% unter dem der Jungen. 5

Der signifikante Unterschied in den handwerklich-kiinstlerischen Tatigkeiten laBt sich ebenfalls auf die Geschlechterdifferenz und den iiberdurchschnittli-chen Anteil der Madiiberdurchschnittli-chen unter den Nichtspielem zuriickfiihren. Insgesamt dop-pelt so viele Madchen als Jungen geben solche Aktivitaten als Lieblingsbeschaf-tigung an.6

3 nie Jungen = 6,9%, nie Miidchen = 8,9%

4 oder kein Geld, oder keine Zeit, oder daB die Eltem es nicht wollen.

5 Jungen 84,1 %, Miidchen 74,4%

6 Jungen 7,0%, Madchen 14,3%

174 Nikolaus Vollmer Die Differenz hinsichtlich der Nutzung elektronischer Medien (femsehen, Video-filme gucken, Radio oder CDs bOren oder am Computer spielen) als beliebteste Tatigkeit ist - auf insgesamt niedrigem Niveau - nicht signifikant. Der Unter-schied vergr6Bert sich in der Betrachtung aber, wenn man weiB, daB - anders als bei Bildschirmspielen - mehr Madchen als Jungen angeben/ die Nutzung elek-tronischer Medien sei ihre liebste Tatigkeit. Der Anteil der Fernseh- und Video-gucker (unter den Jungen) und Musikh6rer (unter den Madchen) scheint also unter den Spielem etwas gr6Ber zu sein als unter den Nichtspielem. Allerdings kommt hier das Alter als intervenierende Variable zu Geltung. Die alteren Her-anwachsenden nutzen biiufiger elektronische Medien und die Spieler sind im Durchschnitt alter als die Nichtspieler.

Tab. 7.5: Beliebteste Freizeitaktivitiit / Hobby

Nichtspie1er Spieler Antei1e in %

(valid cases> 92) (valid cases> 888)

Sport (nicht differenziert) 75,0 80,2

Werken (Basteln), bikl. KlDlSt,

18,5* 9,6

Musik machen

Tv, Video, Radio, CD, Computer I, I 4,4

Sonstiges 5,4 5,9

SignifIkanzniveaus: * signifikant (p <0 0,05), ** sehr signifIkant (p <: 0,01),

*** hOchst signifikant (p'-: 0,001).

7.4 Fazit: Kein Spielinteresse, sonst kaum Unterschiede

Nichtspieler unterscheiden sich von den Spielem praktisch nur durch ihre Di-stanz bzw. Niihe zum Video- und Computerspiel. Die wird zum Teil dadurch bestimmt, daB die Nichtspieler etwas jiinger sind und (noch) iiber kein Spiel-gerat verfugen. Altere Nichtspieler geben biiufiger an, keine Zeit fur diese Spie-Ie zu haben und lieber etwas anderes zu machen. lhre Einscbiitzung, Bildschirm-spiele seien nicht gut fur die Gesundheit, k1ingt dagegen nicht sehr glaubwiir-dig, sondem eher nach einem etwas hilflosen Erklarungsversuch in einer haupt-sachlich aus Spielem bestehenden Umwelt, die es kaum versteht, daB man von Bildschirmspielen nicht begeistert ist. Wenn es iiberhaupt einen Unterschied zwischen den Nichtspielem und Spielem gibt, der auBerhalb der Bildschirm-spiele liegt, dann den, daB die Spieler sich insgesamt etwas mehr fur Sport inter-essieren.

7 Jungen 3,2%, Madchen 5,1 %

Informationen zu den Nichtspielern 175 Die Hauptgriinde dafiir, nicht zu spiel en, sind - was ja nicht sehr beunruhigend ist -fur Spieler moglicherweise kaum nachvollziehbar, Langeweile beim Spiel und/oder das Uberwiegen anderer Interessen. Daneben spielt die "Stenerung"

der Eltem durch Verbot oder ZUIiickhaltung der materiellen Ressourcen fur die Anschaffung von Hard- nnd Software eine Rolle.

Im Dokument Computerspiele in der Kinderkultur (Seite 172-180)