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ter dem T ite l Grammatičeskija provila slavjanskago jazyka, izvletennyja izbi Ostromirova evangelija beilegte (erschienen 1863 als etwas erweitertes gesonder-

Im Dokument in Geschichte, Kultur und Kunst (Seite 44-53)

tes Buch, s. oben). O bw ohl russisch-kirchenslavischer Redaktion, ist der Text dieses Denkmals zur R ekonstruktion des Altbulgarischen von Bedeutung, was von den Slavisten auch später hervorgehoben w ird 4.

D obrovsky legte in seinem W erk ,,Institutiones linguae Slavicae“ ein reich־

haltiges Sprachm aterial dar, konnte es leider in historischem Sinne nicht begrei- fen. Von einer Vergleichung m it anderen indoeuropäischen Sprachen war er weit en tfernt, da er noch im m er an seinen veralteten grammatischen Ansichten festhielt, selbst in einer Z e it, als schon das erste W erk der vergleichenden Sprachwissenschaft (1816) von Bopp erschienen war5. Die eigentliche wissen־

schaftliche Erforschung der altbulgarischen Sprache begann erst dann, als diese Sprache in die vergleichende Betrachtung der indoeuropäischen Sprachen m it־

einbezogen wurde. Diese neue Etappe in der A ltb u lg a ristik setzte m it der ersten

Vergleichenden Grammatik

der indoeuropäischen Sprachen von Franz

Bopp

ein, die im Laufe von etwa 20 Jahren (1833— 1852) in 6 Abteilungen erschien6.

A ls Vertreter der slavischen Sprachen im Kreise der indoeuropäischen Sprach fa- m ilie nahm Bopp das A ltbulgarische (und so ist es seither in der Indogerm ani- s tik ), das er ,,A ltsla w isch 4* nannte und seit der 2. A bteilung (1835) seiner G ram - m atik heranzog. Das slavische Sprachmaterial schöpfte er aus der G ram m atik

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von D obrovskÿ, da er damals nur a u f sie zurückgreifen konnte. A ls ihm der Text des G lagolita Clozianus nach der Ausgabe von K o p ita r (1836) bekannt wurde, hat er schon in der 4. A bteilung (1842) seiner G ram m atik die altb ulg ari- sehen Formen berichtigt, so z.B. hat er dasъ im A uslaut wieder hergestellt, aber ъ aus unbegreiflichen Gründen durch

j

tra n skrib ie rt. In der zweiten Ausgabe sei- ner G ram m atik (1857— 1861) folgte er in bezug a u f das altbulgarische M aterial überall den inzwischen erschienenen A rbeiten (vo r allem einer L a u t- und einer Formenlehre der ,,altslovenischen“ Sprache) von Fr. M iklo sich , die ihm als zu- verlässige Grundlage dienten. Bei der Behandlung des A ltbulgarischen im Ver- gleich m it den übrigen indoeuropäischen Sprachen bleibt Bopp überall seiner Konzeption treu, nach der das Sanskrit m it seinem Lautbestand und Form en als V o rb ild und Ausgangspunkt angenommen w ird . Demnach werden z.B . die ku r- zen Vokale

e,

o,

a

im Altbulgarischen sowie im Griechischen aus skr.

a

hergelei- tet; abulg. Ѣ w ird a u f skr.

ē

aus

ai

zurückgeführt (Beispiele: в ѣ м ь ,ich weiß* — skr.

vēdmi,

п ѣ н а ,Schaum1 — skr.

phēna-s

,dass.‘ u.a.). Bopp kannte die E nt- deckung Vostokovs von den altbulgarischen Nasalvokalen

q

und

ą,

doch faßte er sie anders auf, von dem Altindischen wieder beeinflußt: M sei ein Nasalvokal, dessen vokalischer Bestandteil als a zu fassen wäre, z.B. abulg. UACO ,Fleisch‘

w ird durch

mahso

wiedergegeben und m it skr. m

ãhsá-m

verglichen; A w ird von Bopp als

uh

bzw.

um

e rklä rt, d.h. als ein Nasalvokal ц z. B.abulg. д л т и

=

duhti

,wehen‘ w ird m it abulg. ЛОѴНЛТИ und skr.

dhünami

,ich bewege‘

verglichen. Zum letzteren bemerkt er jedenfalls: ,,D och fehlt es auch nicht an G ründen, das vokalische Element A des als

о

zu fassen“ 7 und verm utet auch eine d ritte M öglichkeit: dasselbe Element könne auch a u f ein

a

zurückgehen, wie z.B . in abulg. п л т ь ,Weg‘ — skr.

pántha-n

(starkes Thema), abulg. ЖНВ&ТЬ (sic) ,sie leben‘ — srk

.jivanti,

abulg. ВЬДО&Д (A k k . Sg.) — skr.

vidhaväm

. Die altbulgarischen Formen der Substantiva, A d je k tiv a , P ronom ina, Verba usw.

sind in der vergleichenden G ram m atik von Bopp fast im m er berücksichtigt. Be- achtenswert ist seine Entdeckung, daß der slavische (altbulgarische) Im perativ in der Bildung mit dem griechischen O ptativ, sanskritisch-awestischen Potentia- lis und lateinischen K o n ju n k tiv zusammenhängt. O bw ohl die E rklä ru ng der H e rk u n ft der altbulgarischen Formen vom heutigen Standpunkt aus o ft nicht befriedigt, gebührt doch dem hervorragenden deutschen Indogerm anisten das Verdienst, daß er als erster sie m it denen der verwandten Sprachen zusammen- gestellt hat, was als eine bahnbrechende A rb e it zu bewerten ist. H inzugefügt sei, daß über den slavischen Teil der vergleichenden G ram m atik von Bopp der slo- wenische Slāvist Fr. M iklosich 1844 eine ausführliche Besprechung veröffent- lic h t hat8, wo er den Beitrag Bopps zur E rforschung des A ltb u lg a ri־

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sehen w ü rd ig t, daneben aber auch a u f Fehler in der Wiedergabe der D eklinations- und K onjugationsform en hinweist, wobei er sich ständig a u f den Text des G lagolita Clozianus stützt.

Einen weiteren F o rtsch ritt machte die vergleichende Erforschung des A ltb u l- garischen m it dem Erscheinen des ersten etymologischen W örterbuchs dieser Sprache, verfaßt von

Miklosich

und herausgegeben unter dem T ite l:

Radices linguae Slovenicae veteris dialecti (

Lipsiae, 1845). In diesem bescheidenen W erk werden etwa 1.300 altbulgarische W ö rte r m it griechischer und lateinischer Über- setzung betrachtet und m it Entsprechungen aus dem Sanskrit, Litauischen, G er־

manischen, Griechischen und Lateinischen verglichen. A ls Quellen fü r das a lt־

bulgarische Sprachm aterial sind an erster Stelle altbulgarische Denkm äler ( ,,L ib ri b u lga rici“ ) wie G lag olita Clozianus, Assemanianum evangelium, dar־

unter auch das Evangelium O s tro m iri, benutzt worden, w eiterhin m itte lb u lg a ri־

sehe (die C h ro n ik des K onstantin Manasses), altrussische und altserbische Tex־

te. F ü n f Jahre später ließ

Miklosich

sein W örterbuch des A ltbulgarischen er- scheinen:

Lexicon linguae Slovenicae veteris dialecti

(Vindobonae, 1850, 4o, X IV + 204 S.), das in der zweiten, erheblich erweiterten Ausgabe (1862— 1865, 117] S.) eine bewundernswerte Leistung bis heute bleibt. Ebenfalls 1850 ve rö f־

fentlichte M iklo sich als H ilfs m itte l fü r seine Studenten zwei kleine Bücher über die Phonetik und M orphologie des Altbulgarischen9. In der Liste der Quellen fü r diese Lehrbücher steht neben dem Assemanianum evangelium und G lagolita Clozianus auch das von ihm herausgegebene altbulgarische kyrillische Denkm al Codex Suprasliensis10.

A lle diese W erke boten in der M itte des 19. Jahrhunderts ein reiches und ver- läßliches Sprachm aterial, das fü r eine neue vergleichende E rforschung des A lt ־ bulgarischen in seinen Beziehungen m it den anderen indoeuropäischen Spra־

chen und der Ursprache selbst ausgewertet werden konnte. Diese Aufgabe stell־

te sich einer der führenden Indogermanisten des 19. Jahrhunderts, August

Schleicher

(1821— 1868). Das Kirchenslavische, das er gemäß der damaligen A n - sicht fü r A ltbulgarisch (,,A ltsla w isch ‘ *) hielt, hat er schon in seine frühe Studie

Zur vergleichenden Sprachgeschichte

(B onn, 1848, S. 91— 101), in der das P ro- blem des ,,Zetazism us*‘ , d .h . der W irkungen von

j

a u f vorausgehende Konso- nanten in indoeuropäischen und nichtindoeuropäischen Sprachen behandelt w ird , einbezogen. O ffe n sich tlich befaßte sich Schleicher in jenen Jahren inten־

siv m it kirchenslavischen und altbulgarischen Texten (darunter m it dem G lagoli- ta Clozianus nach der Ausgabe von K o p ita r) sowie m it der dazugehörigen L ite - ra tu r, um vier Jahre nach dem Erscheinen der genannten Studie die erste ver- gleichende G ram m atik (P honetik und M orphologie) des Altbulgarischen ve rö f­

fentlichen zu können:

Die Formenlehre der kirchenslavischen Sprache erklärend und vergleichend dargestellt

(W ie n /B o n n /P ra g , 1852, X X III + 376 S.). Im V o rw o rt seines Buches betont Schleicher, daß eine sprachwissenschaftliche, ver- gleichende Bearbeitung des Altbulgarischen (bis zur M itte des 19. Jahrhunderts) fe h lt, daß Bopps vergleichende G ram m atik zwar das Meiste enthält, aber auch in anderen Büchern sich höchst Bedeutendes fin d e t, überdies sei das Kirchensla־

vische ( = Altbulgarische) nicht gerade die gelungenste Seite des Boppschen M eisterwerks. W eiterhin erklärt Schleicher seine M ethode folgendermaßen:

,,B ei dem Vergleichen von Sprachformen zweier verwandter Sprachen suche ich vor allem die verglichenen Formen a u f ihre m utm aßliche G ru n d fo rm , d .i. die Gestalt, die sie, abgesehen von den späteren Lautgesetzen, haben müssen, zu- rückzuführen oder doch überhaupt a u f eine gleiche Stufe der Lautverhältnisse zu bringen“ (V orw o rt, S. IV — V). M an sieht daraus, daß Schleicher die a ltb u l- garischen Phoneme und Formen vom Standpunkt des Indoeuropäischen be- trachten w ollte. Er bestrebt sich, ,,das hervorzuheben, was fü r vergleichende Sprachwissenschaft a u f dem Felde der indogermanischen Sprachen von Bedeu- tung ist“ (S. 61). Das sprachliche M aterial hat Schleicher aus M ik lo s ic h ’s gram- matischen Werken und seinem Lexikon geschöpft, doch verarbeitete er es in ganz selbständiger Weise. Für den beschreibenden Teil hat er ferner auch die G ram m atik von Dobrovsky, die grammatischen Abrisse des Altbulgarischen von K opitar und Vostokov, die Texte des G lagolita Clozianus und des Evange- liu m O strom iri sowie Arbeiten von Safarik benutzt.

In der Einleitung versucht Schleicher zunächst das Verhältnis des Slavischen, repräsentiert durch das Altbulgarische, zu den anderen indoeuropäischen Schwestersprachen zu bestimmen, und stellt die These au f, daß dem Slavischen am nächsten das Litauische als Repräsentant der baltischen Sprache stehe. Sei- ner M einung nach zeigen ,,L e xiko n , Laut- und Formenlehre und Syntax beider Sprachen o ft bis in die feinsten Spracheigentümlichkeiten eine so große Über- einstim m ung“ , daß beide als Zweige ein und derselben Sprachgruppe angesehen werden können (S. 8). Die meisten Beweisgründe, die Schleicher zugunsten einer solchen These anführt, sind auch heute gewichtig. Dem Slavisch-Baltischen (,,Slaw isch-Lettischen“ ) steht nach Schleicher am nächsten das Germanische:

,,N ic h t nur eine Reihe von Verbalwurzeln sind nu r beiden Fam ilien eigentüm- lieh (z.B. л ъ г - — got.

lug

,m e n tiri‘ , й о г ״ lit.

mog

-, got. m a g -in der Bedeutung ,posse‘ u.a.) und die lexikalische Übereinstim m ung in nicht entlehnten W örtern überhaupt eine bedeutende — so zählen nur Germanen, Slawen und Letten ( = B alten) bis Tausend m iteinander, während die anderen Sprachen nur bis 999 stim m en — , sondern auch in der lautlichen Beschaffenheit zeigt sich bei aller

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D ifferenz darin z.B. bedeutsame Übereinstimmung** (S. 10f.). Was das A ltb u l- garische im indogermanischen Sprachbereich b e trifft, so äußert sich Schleicher an anderer Stelle über diese Frage: ,,B ekanntlich nim m t das A ltbulgarische im Gebiet des Slawischen dieselbe Stellung ein, wie das Gotische in dem Kreise der deutschen ( = germanischen) Sprachen, wie das älteste Indisch in dem der indo- germanischen Primärsprachen*4״ . Im zweiten A bschnitt der E inleitung seiner ,,Form enlehre“ behandelt Schleicher die Frage nach dem Verhältnis des K ir- chenslavischen (Altbulgarischen) zu den übrigen slavischen Sprachen (bei ihm :

״ D ialekten“ ). Gegenüber der pannonischen These von K o pitar-M iklosich schließt sich Schleicher der richtigen M einung von P.J. Śafarik an, daß das K ir- chenslavische (Altkirchenslavische) aitbulgarisch ist und fü h rt zugunsten dieser Auffassung sprachliche und historische Argum ente an, an erster Stelle ein lin - guistisches Phänomen, das bis heute g ilt, nämlich die phonetischen G ruppen št

und zd (aus *tj, *dj)9 die sich nur in der neubulgarischen Sprache erhalten ha- ben. Diese Frage erörtert Schleicher eingehender in einem A rtik e l, wo er mehr Beweisgründe angeführt h a t12. Da die altbulgarische G ram m atik (,,D ie Formen- lehre ...“ ) von Schleicher ausführlich von A . Dietze neuerdings vom Stand- punkt der heutigen Linguistik aus bewertet ist13, so begnüge ich mich hier da- m it, das W ichtigste davon hervorzuheben. Das Phonemsystem des Indoeuropä- ischen, von dem Schleicher bei der Interpretierung der altbulgarischen Laute ausgeht, sieht nach der Tabelle in seinem Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen (4. Auflage, W eim ar 1876, S. 10)

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Der Phonembestand des A ltbulgarischen ist in der ״ Formenlehre“ (s. die Tabelle a u f S. 33) rich tig dargestellt. D er H e rk u n ft nach werden die altbulgari- sehen Vokale in drei Reihen geteilt: 1. Vokale der a-Klasse, 2. Vokale der /-Klasse und 3. Vokale der и-Klasse14. D er V okal fc, den Schleicher als Guņa von / in te rp re tie rt, ist und den Diphthongen zugerechnet, und w ird aus idg.

ai

herge- leitet, dem skr.

ē

entspricht (in abulg. В ѣ д ѣ т н , skr.

vēda;

abulg.п ѣ н а , skr.

phēna

,spuma* u.a.). In anderen Fällen fü h rt Schleicher abulg. Ѣ fälschlicher- weise a u f igd.

и

oder / zurück. Bei den A blautreihen im Altbulgarischen möchte Schleicher einige Stufen als ״ Schwächung“ oder ״ Steigerung“ erklären, so daß die drei indoeuropäischen Vokale

a, i

und

и

hier wieder eine Rolle spielen. Bei der Betrachtung des altbulgarischen Konsonantismus rekonstruiert Schleicher nu r eine Reihe von gutturalen Verschlußlauten:

k, g

und

gh,

a u f die er auch abulg. (slav.)

s

(< k, z.B. in abulg. е р ь д ь ц е ,H erz‘ , gr. к а р б іа , lat.

cor, cor- dis)

und

z

( <

g, gh,

z.B. in abulg. ^ л а т о ,G o ld ‘ , got.

gulth,

ahd.

koid\

abulg.

^ н м а ,W in te r‘ , skr.

hima

aus

ghima,

gr. хещоі)ѵ

t

!at.

hiems;

abulg. ^ н а т и ,wissen‘ , skr.

jnä-,

gr. уіуѵшоксо, la t.

(g)növi,

lit.

iinóti)

zu rü ckfü h rt. In der W o rtb ild u n g und M orphologie sind die Nominalstämm e in zwei Hauptgruppen eingeteilt: 1) die vokalischen Stämme: a) die Stämme a u f

-a (-ja),

b) die Stämme a u f -/-, und 2) die konsonantischen Stämme. In der Untergruppe a trennt Schlei- eher die o-//o-Stäm m e von den 0-Stämmen nicht, im Gegensatz zu M iklosich, der den altbulgarischen Lautstand in diesem Fall berücksichtigt15. Daß die indo•

europäischen w-Stämme zu den konsonantischen im Altbulgarischen übergegan- gen sind, hat Schleicher bemerkt und e rklä rt sie richtig im Rahmen der indoeu- ropäischen Sprachen, z.B. abulg. СВбкры ,Schwiegermutter4 w ird m it aind.

svairü

und lat.

socrus

verglichen. W eiterhin behauptet Schleicher, daß die u-Stämme von der ungeheuren M ehrzahl der a-Stämme ( = 0־Stämme) angezo- gen seien, so daß zwischen Nom ina wie СЫНЪ, skr.

sünus

,filiu s 4 und б о гъ ,G o tt4, skr.

bhagas

nicht der mindeste Unterschied zu finden sei, was nicht ganz stim m t, in den Erklärungen der Kasusformen ist Schleichers W erk bahnbre- chend, wenn man den damaligen Stand der Indogerm anistik in Betracht zieht.

Es ist zu bemerken, daß manche Kasusformen im Altbulgarischen bis heute Schwierigkeiten bereiten, wie z.B. der Gen.Sg. a u f

-y

und

-ją

bei den ä- bzw. jā - Stämmen; der Dat.Sg. a u f -w,

-ju

bei den o־ / /0־Stämmen u.a. In solchen Fällen sind manchmal die von Schleicher gegebenen Erklärungen nicht zu übersehen.

Im Bereich des Verbsystems des Altbulgarischen unterscheidet Schleicher pri- m äre und sekundäre Endungen im A k tiv , entsprechend den Verhältnissen im Indoeuropäischen, wobei er rich tig ihren Gebrauch bestimmt: die ersteren fin - den sich nur im Präsens, die letzteren im A o rist, Im perfekt und Im perativ. Als

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H a u p tp rin zip fü r die K lassifizierung der Verba nim m t Schleicher den aus dem Indoeuropäischen ererbten Unterschied zwischen thematischen und athem ati־

sehen Verben. W eiterhin te ilt er sie in ,,p rim itiv a “ und ,,d e riva ta “ . Die einzel- nen Verbklassen sind dann nach dem Präsensstamm ve rte ilt, ein P rin zip , das schon Bopp in seiner Vergleichenden G ram m atik a u f das Sanskrit und die ande- ren indoeuropäischen Sprachen anzuwenden versucht. Im A bschnitt ,,B ild u n g der Tem pora und des Im perativs“ (S. 363) akzeptiert Schleicher die Auffassung von P .J. Š a fa rik16 in bezug a u f das Part.Präs. byśąsteję (bei ihm fälschlich

bysąste) ,то цеХХоѵ‘ , das ein Rest des alten indoeuropäischen Futurs ist, nach

v

dem S afarik einen In d ik a tiv bysq byseśi rekonstruiert.

A I. Brückner wertete m it Recht die ,,Form enlehre“ Schleichers als ,,eine lich tvo lle Verarbeitung des M iklosichschen M aterials, eine Ergänzung dessen durch das stete Heranziehen der verwandten Sprachen, besonders des A ltin d i־

sehen und Litauischen“ 17. Dem Altbulgarischen erwies Schleicher die gebühren- de A chtung auch in seinem grundlegenden W erk Compendium der vergleichen- den Grammatik der indogermanischen Sprachen (W eim ar, 1861 — 1862).

Die E rforschung des A ltbulgarischen erreichte in der zweiten H ä lfte des 19.

Jahrhunderts einen bedeutenden Aufschw ung durch die W erke des Begründers der vergleichenden slavischen Sprachwissenschaft Fr. M iklo sich (1813— 1891), der darin die Grundsätze und M ethoden eines Kom parativisten wie Bopp m it denen eines Sprachhistorikers wie J. G rim m zu vereinen vermochte. Im selben Jahr, als Schleichers ,,Form enlehre“ erschien (1852), wurde auch der erste Band der Vergleichenden G ram m atik der slavischen Sprachen von M iklosich — Ver־

gleichende Lautlehre der slavischen Sprachen (W ien)11* v e rö ffe n tlic h t. Die Laut- lehre des A ltbulgarischen nim m t mehr als die H ä lfte des Bandes ein. M iklosich v e rtritt hier die Konzeption von dem indoeuropäischen Phonemsystem, die von Bopp und Schleicher nach dem V o rb ild des Sanskrit aufgestellt wurde. E r hält noch in der zweiten Ausgabe seiner ,,Vergleichenden Lautlehre der slawischen Sprachen“ (1879) an den ,,G ru ndvo kale n“ at / und и fest, wobei das a von ihm

ursprachliche ״ Spaltung“ setzt M iklosich auch fü r die anderen G utturale an:

g

nennt, zum Indoeuropäischen auffaßte, davon kann man eine annähernde V or- Stellung aus dem dritten Band seiner vergleichenden G ram m atik —

Vergleichen

-

de Formenlehre der slavischen Sprachen

(W ien, 1856)19 gewinnen. Der erste A b- schnitt ist der ,,altslovenischen“ Formenlehre gewidmet, die in der ersten Aus- gäbe 176 Seiten, in der zweiten nur 128 von den 533 Seiten einnim m t. Die irr- tüm liche Auffassung von dem Dreivokalsystem des Indoeuropäischen w irk t sich hier bei der E rklärung der H e rku n ft von manchen Kasusendungen aus, z.B .: im Nom.Sg. der M askulina sei ein idg.

*a

im A uslaut in -ъ (равъ ), bei den Neutra in -o (AÍbAö) verwandelt; im Gen.Sg. sei idg.

-a

in -e bei к а и е н -е , п и е н ־ е, с л о в е с - е usw. übergegangen; bei den o-Stämmen in der a-Flexion (p a s a , д ѣ л а ) soll nach M iklosich eine ,,Steigerung44 des ursprünglichen kurzen

a

zu langem <7, weichem slavisches

a

entspreche, stattgefunden haben, so daß ei- ne Kasusendung a u f

-äs

aus -

aas

als zugrunde liegend angenommen w ird (S. 4).

M anchm al geht M iklosich gerade von der altindischen Form aus, wie dies Bopp in seiner vergleichenden G ram m atik tu t, z.B. zum Dat.Sg.: ,,Das Sanskrit hat die Endung # ( = # ) , das im Slavischen in н übergeht: к а и е н и , и и е н и , ж р ѣ в а т и , м а те р и , с л о в е о и , л го в ъ в и , die Stämme a u f -ь bieten -н dar, welches dem

ê

des Sanskrit gegenübersteht...44 (S. 5).Die sanskritischen Kasus- form en m it

-bh-

(so im D a t.D u al., D a t.P l., In s tr.P l.) werden als indoeuropä- abgelehnt und zwei verschiedene Flexionen fü r die entsprechenden Kasus ange- setzt worden, von denen die einen durch

-bh-t

die anderen durch -m- gekenn- zeichnet sind20. Im allgemeinen kann man sagen, daß M iklosich den theoreti- sehen Spekulationen fremd w ar, doch bemühte er sich, seine Forschungen des Altbulgarischen wie auch der anderen slavischen Sprachen in E inklang m it den Ergebnissen der Indoeuropäistik zu bringen.

In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts tra t als Erforscher des A ltb u lg a

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sehen ein Kroate — Leopold

Geitler

(1847— 1885) — au f, der unter dem E influ ß der linguistischen Theorie von Schleicher von den Verwandtschaftsverhältnissen der indoeuropäischen Sprachen stand (er war sein Nachfolger an der Universität Prag). G eitler veröffe ntlich te eine Phonetik der Altbulgarischen Sprache in čechischer Sprache —

Starobulharskä fonologie se stałym zretelem к jazyku litevskému

(Prag, 1873). W ie aus dem T ite l zu ersehen ist, betrachtet er das A lt- bulgarische als nahe verwandt dem Litauischen, daher fü h rt er stets Entspre- chungen aus dem letzteren zu altbulgarischen W örtern und Form en. Dabei ba- siert er a u f der litauischen G ram m atik von Schleicher21, aber bietet auch eigenes Sprachm aterial dar.

Eine neue Etappe in der E ntw icklung der indoeuropäischen Sprachwissen-schaft tra t in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts ein. Dank den Bemühungen der Vertreter der Junggrammatischen Richtung (A . Leskien, H . O s th o ff, K.

Brugmann u .a .), die das P rin zip der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze in der Sprachvergleichung hervorhoben22, gelangte man zu einer neuen, wahrscheinli-cheren R ekonstruktion des Indoeuropäischen a u f phonetischer und m

orpholo-ê

gischer Ebene. Die Entdeckung des ״ Palatalgesetzes“ in den arischen Sprachen (Verner, Tegnér, Thomsen, C o llitz , Joh. Schmidt) führte logisch zum Gedan- kent daß man bei der R ekonstruktion des indoeuropäischen Vokalism us vom europäisch-griechischen System ausgehen muß, som it hat die Ursprache die Vo- kale

a

,

e, i, o, u

besessen. H . O s th o ff entdeckte die sonantischen Liquide n, K.

Brugmann die sonantischen Nasale der Ursprache23. Die frühere Theorie von den indoeuropäischen G utturalen wurde nachgeprüft und revidiert (G .I. A scoli, A . Fick, H . Brugmann u.a.). A lle diese Fortschritte der indoeuropäischen Sprachwissenschaft forderten eine neue Bearbeitung der altbulgarischen Spra- che, deren Beziehungen zum Indoeuropäischen je tzt a u f neuer G rundlage be- leuchtet werden mußten. In dieser Richtung entfaltete sich die wissenschaftliche T ä tig ke it eines der hervorragendsten deutschen Slavisten — August

Leskien

(1840— 1916). E r befaßte sich intensiv m it den altbulgarischen Sprachdenkmä- lern und konnte schon 1871 ein wertvolles

Handbuch der altbulgarischen (alt к ir

-

chenslavischen) Sprache

veröffentlichen, das in der zweiten verbesserten Ausga- be (W eim ar, 1886), weil es a u f G rund des Codex Zographensis (herausgegeben 1879 von V . Jagić) und anderer altbulgarischen Denkm älern durchgearbeitet wurde, eine bedeutende Errungenschaft a u f dem Gebiete der A ltb u lg a ristik dar- stellt. In der G ram m atik, die den H auptteil des Handbuches darstellt, w ird das Verhältnis der altbulgarischen Vokale und Konsonanten zu den ursprünglichen indoeuropäischen m it zutreffenden Beispielen festgestellt, was in erweiterter Form auch in seiner

Grammatik der altbulgarischen (altkirchenslavischen)

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Sprache

(Heidelberg, 1909) anzutreffen ist. W enn man die in beiden W erken ge- gebene Darstellung dieser Frage m it dem heutigen Standpunkt, vertreten z.B. in der letzterschienenen

Altbulgarischen Grammatik

von R.

Aitzetmiiller

(Frei- bürg, 1978) vergleicht, so sieht man, daß Leskiens Auffassungen in diesem Be- reich während der letzten etwa 100 Jahre im Großen und Ganzen fest geblieben

Sprache

(Heidelberg, 1909) anzutreffen ist. W enn man die in beiden W erken ge- gebene Darstellung dieser Frage m it dem heutigen Standpunkt, vertreten z.B. in der letzterschienenen

Altbulgarischen Grammatik

von R.

Aitzetmiiller

(Frei- bürg, 1978) vergleicht, so sieht man, daß Leskiens Auffassungen in diesem Be- reich während der letzten etwa 100 Jahre im Großen und Ganzen fest geblieben

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