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G ASWERKSSTANDORT G EISLINGEN

3.1 Einleitung

Das Gaswerk Geislingen nahm im Jahre 1890 seine Produktion mit der Erzeugung von Leuchtgas für die Stadtbeleuchtung auf. Infolge der ständig zunehmenden Gaserzeugung von anfänglich 66.000 m3 im Jahre 1891 auf 9,7 Mio. m3 im Jahre 1964 wurden die technischen Anlagen mehrfach erweitert und modernisiert. Die endgültige Stillegung des Gaswerks er-folgte im Mai 1965.

Erste Boden- und Grundwasseruntersuchungen erfolgten 1986 im Zuge des beabsichtigten Abbruchs des ehemaligen Apparatehauses. Im Jahre 1987 wurde das Gaswerk Geislingen zum Modellstandort der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg erklärt. Hiermit be-gann eine Reihe umfangreicher Untersuchungen, die Gegenstand dieses Beitrages sind.

Das Gelände ist 0,7 ha groß und liegt auf der Gemarkung Geislingen/Steige; es befindet sich im Tal der Eyb, im Umfeld eines Wohngebietes. Das Gelände ist Eigentum der Stadtwerke Geislingen.

3.2 Technische Erkundung

allgemein üblichen Techniken wie Bohrungen, Sondierungen und chemisch-physikalischen Messungen gearbeitet.

Das Areal des ehemaligen Gaswerks wurde intensiv beprobt; es wurden 28 Grundwassermeß-stellen eingerichtet und über 160 Bohrungen und Sondierungen niedergebracht.

3.2.1 Geologie und Hydrogeologie

Der Untergrund gliedert sich von oben nach unten in 1 bis 2 m künstliche Auffüllung, in ca. 8 m Hangschutt und in darunterliegende Tonsteine des obersten Braunjura.

Der natürliche Hangschutt unter der künstlichen Auffüllung besteht vorwiegend aus steinigem bis schluffig-sandigem Kies. Teilweise ist der Feinkornanteil so hoch, daß es sich eher um einen kiesig-sandigen Schluff handelt. Hauptbestandteil der Grobfraktion bilden Kalksteine des Weißjura.

Abb. 9.1: Geländegeologie im Querschnitt

Der Hangschutt-Aquifer ist von relativ geringer Mächtigkeit. Die gesättigte Zone ist im Durchschnitt nur 3 m mächtig; teilweise ist das Grundwasser auch gespannt. Nach einer län-geren Trockenperiode können vereinzelte Grundwassermeßstellen trockenfallen.

Das Grundwasser fließt, weitgehend unabhängig vom Wasserstand, einheitlich nach

Nord-Die Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers liegen bei Niedrigwasser zwischen 0,6 und 2,7 m pro Tag und bei Hochwasser zwischen 1 und 4 m pro Tag. Aufgrund der geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse können Schadstoffe des ehemaligen Gaswerkes relativ unge-hindert ins Grundwasser gelangen. Die vertikale Ausbreitung ist hingegen nur im begrenzten Umfang möglich. Eine laterale Schadstoffausbreitung mit dem Grundwasser oder in Form einer Phasenströmung an der Basis des Grundwasserleiters kann ungehindert stattfinden.

3.2.2 Eintragstellen

Mögliche Eintragstellen wurden anhand der Ergebnisse einer historischen Erkundung, einer Geländebegehung und Leitungssuche festgestellt und erkundet.

Abb. 9.2 zeigt die wichtigsten Eintragstellen.

Abb. 9.2: Wichtigste Eintragstellen

In der Teerabscheidegrube und der Ammoniakwassergrube lagerten ca. 200 m3 Dickteer und rund 120 m3 verunreinigtes Wasser. Im unmittelbaren Umfeld der Gruben bzw. ausgehend von den Gruben sind Teerinhaltsstoffe bis in den Grundwasserbereich abgesickert und wurden verfrachtet. Die Verunreinigungen sind in Form von teerartigen Rückständen im Grundwas-serschwankungsbereich bis etwa 50 m von den Haupteintragstellen entfernt feststellbar.

Bei Gaswerkstandorten ist zudem auch in Bereichen mit Bodenkontaminationen zu rechnen, für die kein direkter Verdacht besteht. Freie Geländeflächen innerhalb des Firmenareals dien-ten oft der Lagerung und Deponierung belasteter Abfälle.

Die Erkundung zeigte, daß das oberflächennahe Auffüllmaterial Kohle, Schlacke, Teer und Gasreinigungsmasse enthielt. Insbesondere die PAK-Belastung dieser Auffüllung ist zum Teil sehr hoch.

3.2.3 Schadstoffausbreitung

Die Kontaminationen im Boden und Grundwasser wurden erfaßt und ausgewertet. Die Diffe-renzierung der Schadstoffe im Boden erfolgt in die Gruppen PAK 15, Naphthalin, Phenole und Cyanide (gesamt). Das Auffüllmaterial, der natürliche Hangschutt und die gesättigte Zone wurden getrennt ausgewertet.

3.2.4 Gefährdungsabschätzung

Es stellte sich heraus, daß die Auffüllung bis etwa 3 m u. GOK und verschiedene Eintragstel-len - teilweise bis zur Aquifersohle (10 m u. GOK) - die Schadensschwerpunkte bildeten.

Die relevanten Expositionspfade sind Infiltration durch Niederschlag (A), Ausbreitung durch Grundwasserströmung (B) und direkter Kontakt (C). Abb. 9.3 zeigt die Expositionspfade.

Abb. 9.3: Expositionspfade

Der Standort wird derzeit gewerblich genutzt. Aufgrund der festgestellten Grundwasserfließ-geschwindigkeiten und die ermittelten Verteilungskoeffizienten ist mit einer Verbreitung der Schadstoffe im Grundwasser zu rechnen.

3.3 Eingehende Erkundung für Sanierungsmaßnah-men/Sanierungsvorplanung

Das Ziel der Sanierungsvorplanung (E3-4) ist die planerische Erarbeitung von Entscheidungs-grundlagen für eine Sanierung oder die fachtechnische Kontrolle. Außerdem beinhaltete sie die Erarbeitung von Sanierungszielen und den Vergleich grundsätzlich geeigneter Sanierungs-verfahren in Form einer Kostenwirksamkeitsabschätzung. Auf der Grundlage dieser Vorar-beiten können durch die Bewertungskommission die Sanierungsziele und bei Bedarf geeignete Sanierungsverfahren vorgeschlagen werden.

Die Sanierungsvorplanung wurde nach dem neu erarbeiteten Leitfaden der LfU durchgeführt.

Die Sanierungszielbestimmung wurde nach der neu entwickelten Orientierungsschrift “Orien-tierungswerte bei der Bearbeitung von Altlasten und Schadensfällen“ (Stand 29.09.92) der LfU bearbeitet. In Abb. 9.4 ist die Vorgehensweise bei der Sanierungsvorplanung schematisch dargestellt.

Abb. 9.4: Vorgehen bei der E3-4-Bearbeitung

3.3.1 Ermittlung von Sanierungszielen

Die Informationsschrift “Orientierungswerte bei der Bearbeitung von Altlasten und Schadens-fällen“ (Stand 29.09.92) enthält Richtlinien zur Ermittlung von Sanierungszielen.

Die ermittelten Sanierungszielwerte sind in der folgenden Tabelle zusammengefaßt:

Tab. 9. 2: Berechnete Sanierungszielwerte

3.3.2 Gesamtbewertung/Sanierungsvorschlag

Nach der Verfahrensvorauswahl wurden die relevanten Maßnahmen in fünf Sanierungshaupt-varianten ausgearbeitet.

Ausgehend von der monetären und nicht-monetären Bewertung wurden verschiedene Sanie-rungsvarianten einer Gesamtbewertung unterzogen. In Tab. 9.3 sind die Verfahrenskombina-tionen und die Kosten der einzelnen Varianten dargestellt. Die Böden werden mittels thermi-schem Verfahren gereinigt.

Tab. 9. 3: Sanierungsvarianten und deren Kosten

Da sich die Wirksamkeit aller vorgeschlagenen Varianten im 100 %- Bereich bewegt, ist die Wirksamkeit ein entscheidendes Kriterium für die Gesamtbewertung. Deshalb wurden der Gesamtbewertung folgende Überlegungen zugrunde gelegt:

• Es sind grundsätzliche Unterschiede festzustellen zwischen den Varianten, die Siche-rungsmaßnahmen für das Grundwasser beinhalten und Varianten, bei denen das Grundwasser belassen werden kann. Die Sicherungsmaßnahmen für das Grundwasser bedingen über Jahrzehnte hin aufwendige Kontroll-, Reparatur- und Ersatzarbeiten. Bei den Varianten V und VI bestehen kaum Nachsorgeverpflichtungen, aber die Kosten dieser Varianten sind jedoch sehr hoch.

• Die Varianten III a+b, die In situ-Maßnahmen mit Auskofferung der ,,Hot Spots“ kom-binieren, sind einer reinen In situ-Reinigung (Variante IV) bei gleicher Wirksamkeit, niedrigeren Kosten und einer vorteilhafteren nicht-monetären Bewertung vorzuziehen.

• Zur Sicherung des Grundwassers kann entweder eine hydraulische Sicherung oder eine Umspundung eingesetzt werden. Beiden Maßnahmen ist eine vergleichbare Wirksam-keit zuzurechnen. Bei der Durchführung einer Umspundung ist aber mit wesentlich hö-heren Kosten zu rechnen und die Bewertung fällt ungünstiger aus in bezug auf Kriteri-en wie ,,technischer Aufwand“, ,,Störung des Untergrundes“, ,,Dauer der Installation“, ,,Flexibilität“ usw. Aus diesen Gründen ist eine hydraulische Sicherung einer Umspun-dung vorzuziehen.

Die obengenannten Überlegungen stellen einige Varianten klar in den Vordergrund:

• Variante I:

Aufgrund der relativ geringen Kosten für die Oberflächenabdichtung und die hydrauli-sche Sicherung des Grundwassers ist diese Variante als kostenwirksamste Variante ein-zustufen.

• Variante II:

Variante II beinhaltet eine Verbesserung gegenüber Variante I in Bezug auf die Nut-zung des Bodens durch den Eigentümer oder Benutzer.

• Variante III:

Variante III sieht Maßnahmen vor, mit denen neben einer langfristigen Sicherung -das Schadstoffpotential im Boden auf ein niedrigeres Niveau reduziert wird. Damit ver-ringert sich der Sicherungsaufwand, obwohl im Moment noch keine Aussagen über das Ausmaß der Verringerung der Sicherungsmaßnahmen gemacht werden können.

• Variante V:

Sofern die Nachteile der mit den Sicherungsmaßnahmen für das Grundwasser verbun-denen Nachsorgeverpflichtungen die Vorteile einer Lösung ohne Nachsorgeverpflich-tungen nicht aufwiegen, schneiden die Varianten V und VI am besten ab. Variante V gilt als weitaus günstiger, da ihre Kosten erheblich niedriger sind und auch die nicht-monetäre Bewertung günstig ausfällt. Die Restbelastung des Grundwassers ist bei Vari-ante V akzeptabel.