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Flüssige Biomasse (Pflanzenöl)

Im Dokument 29/2014 (Seite 66-70)

4 Erneuerbare Energien im Stromsektor

4.8 Flüssige Biomasse (Pflanzenöl)

Erste dezentrale, stationäre Anlagen zur Stromerzeugung aus Pflanzenöl nahmen insbesondere im Süden Deutschlands bereits in den 1980er Jahren ihren Betrieb auf. Neben diesen in der Regel wär-megeführten Blockheizkraftwerken im kleinen und mittleren Leistungsbereich zur Versorgung priva-ter Haushalte, kleiner Gewerbebetriebe oder kommunaler Gebäude war vor allem in den Jahren 2005 bis 2008 ein kurzer, EEG-getriebener Ausbauboom von jährlich bis zu 800 Neuanlagen zu verzeich-nen.

Die von einer Kombination von attraktiven Fördersätzen im EEG und niedrigen Weltmarktpreisen für Pflanzenöl (v.a. Palmöl) getriebenen Neubauten unterschieden sich von den traditionell mit lokal erzeugtem Rapsöl betriebenen BHKW durch deutlich größere Leistungen (ab 300 kW) und eine eher stromgeführte Betriebsweise. Mit dem Anstieg der Palmölpreise ab 2009 kam es jedoch zu zahlrei-chen Anlagenstillegungen und einem damit verbundenen Einbruch der Strom- und Wärmeerzeugung aus Pflanzenöl.

Endenergiebereitstellung

Die Angabe zur Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse wird von der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) übernommen (vgl. Kapitel 2.2.1). Der in Tabelle 45 angegebene Da-tenstand entspricht der BMWi-Publikation „Erneuerbare Energie in Zahlen - Nationale und internati-onale Entwicklung“ (BMWi, 2014a), die jährlich im August/September publiziert wird. Zusätzlich erfolgt zum Jahresende sowie zum Februar/März eine unterjährige Datenaktualisierung.35

Die Stromerzeugung aus Pflanzenöl ergibt sich aus den amtlichen energiestatistischen Erhebungen der statistischen Landesämter. Sie setzt sich zusammen aus der Brutto-Stromerzeugung in

Heiz(kraft)werken der öffentlichen Versorgung sowie in den i.d.R. in KWK betriebenen Kraftwerken der Industrie. Diese Erhebungen erfassen jedoch lediglich Anlagen ab 1 MW elektrischer Leistung, das heißt gegenwärtig nur einen vernachlässigbar kleinen Teil der Stromerzeugung aus Pflanzenöl.

Nahezu die gesamte Stromerzeugung aus Pflanzenöl (d.h. die aus Anlagen unter 1 MW elektrischer Leistung) wird derzeit über die jährliche Erhebung bei den Netzbetreibern zur Stromeinspeisung aus Anlagen „sonstiger“ Betreiber erfasst. Korrespondierende Brennstoffeinsätze werden durch die AGEE-Stat nicht dargestellt. Hier wird auf die Veröffentlichungen der AG Energiebilanzen verwiesen.

Tabelle 45: Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse

2013 [GWh]

flüssige Biomasse 450

Quelle: (AGEE-Stat, 2014)

Substitutionsfaktoren

Die Substitutionsfaktoren für die Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse werden mithilfe einer ex-post-Simulation von Fraunhofer ISI ermittelt (vgl. Kapitel 2.2.6 und (ISI, 2013)). Aktuell liegen die gemittelten Substitutionsfaktoren der Stromerzeugung im Jahr 2011 vor (vgl. Tabelle 46). Diese

wer-35 Die aktuellen Daten in der Zeitreihe ab 1990 sind unter: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Energiedaten-und-analysen/arbeitsgruppe-erneuerbare-energien-statistik.html abrufbar.

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den vorläufig fortgeschrieben, bis die nächste ex post-Untersuchung für die Jahre 2012 und 2013 abgeschlossen ist.

Die Stromerzeugung aus Pflanzenöl verdrängt bei den derzeitigen Preisrelationen überwiegend Steinkohle- und Gaskraftwerke. Aufgrund ihrer Stellung in der deutschen (und europäischen) Merit Order wird Braunkohlestrom hingegen nur in den Situationen verdrängt, in denen die gesamte Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sehr hoch ist (d.h. Starkwind und/oder hohe Sonnenein-strahlung bei Schwachlast) und zugleich keine freien Netzkapazitäten zum Stromexport bestehen.

Tabelle 46: Substitutionsfaktoren der Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse

Braunkohle Steinkohle Gas Öl

[%] [%] [%] [%]

flüssige Biomasse 2,6 73,6 23,8 0,0

Quelle: (ISI, 2013)

Emissionsfaktoren

Die mit der Stromerzeugung aus Pflanzenöl verbundenen Emissionen sind im Wesentlichen von drei Einflussfaktoren abhängig:

• Substrat (Rapsöl vs. Palmöl),

• Technik und Leistungsgröße der Blockheizkraftwerke (Wirkungsgrade, Einsatzregime),

• Immissionsschutzrechtliche Genehmigung (ab 1 MW Feuerungswärmeleistung bzw. ca.

350 kWel Genehmigungspflicht nach BImSchG, damit zusammenhängend Art der Abgas-nachbehandlung).

Zum Substrateinsatz liegen Informationen aus (DBFZ, 2013) vor. Während in Anlagen bis 10 kW aus-schließlich Rapsöl zum Einsatz kommt, sind Anlagen ab 150 kW, auf die derzeit über 80 % der instal-lierten Leistung entfallen, in der Regel nur mit Palmöl wirtschaftlich zu betreiben. Unter Berücksich-tigung der höheren Auslastung größerer Anlagen werden insgesamt ca. 95 % Palmöl und lediglich ca. 5 % Rapsöl eingesetzt.

Die Verstromung von Pflanzenölen erfolgt überwiegend in umgerüsteten Diesel-Serienmotoren. Die im realen Betrieb erzielten Jahresnutzungsgrade steigen mit zunehmender Anlagenleistung stark an mit einer Sättigung bei ca. 41 % im Leistungsbereich ab 400 kWel. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass der Anlagenbestand stark von der Leistungsklasse im Bereich 300 bis 400 kWel domi-niert ist, welche insbesondere im Gewerbe oder im Gartenbau vorzufinden ist. Diese Leistungsklasse weist einen hohen elektrische Wirkungsgrad und eine Stromkennzahl um 1,0 auf. Da sie jedoch in der Regel knapp unterhalb der Schwelle für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht liegt, sind nur in wenigen Fällen Techniken zur Abgasnachbehandlung installiert.

Die Datenlage hinsichtlich der Emissionen aus dem realen Betrieb von Pflanzenöl-BHKW ist sehr lü-ckenhaft. In einem Forschungsvorhaben im Auftrag des Umweltbundesamt wurden die wenigen vor-liegenden Emissionserklärungen von Betreibern genehmigungspflichtiger Anlagen aus dem Jahre 2004 analysiert, um brennstoffspezifische Emissionsfaktoren für den direkten Anlagenbetrieb abzu-leiten(Degel & Jörß, 2009). Als derzeit beste verfügbare Datenquelle fanden die Ergebnisse auch Ein-gang in das Nationale Emissionsinventar (UBA, 2014).

4 Erneuerbare Energien im Stromsektor

Für die Emissionsbilanz erneuerbarer Energien werden diese brennstoffspezifischen Emissionsfakto-ren in GEMIS 4.8 importiert und mit entsprechenden Datensätzen für Vorketten zu Rapsöl und Pflan-zenöl verknüpft, die keine Landnutzungsänderungen beinhalten,. Unter Annahme eines aus den EEG-Daten der Bundesnetzagentur ermittelten elektrischen Nutzungsgrad von 37,5 Prozent werden anschließend endenergiebezogene Emissionsfaktoren berechnet.

Tabelle 47: Basisannahmen der verwendeten Ökobilanz-Datensätze für die Stromerzeugung aus Pflanzenöl

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis GEMIS 4.8 (IINAS, 2013), (UBA, 2014), (UBA, et al., 2012) und (DBFZ, 2013)

Tabelle 48: Emissionsfaktoren der Stromerzeugung aus Pflanzenöl CO2

Quelle: Eigene Berechnung mit GEMIS 4.8 (IINAS, 2013), modifiziert nach (UBA, 2014),(UBA, et al., 2012), AGEE-Stat

Die Emissionsfaktoren der verdrängten fossilen Stromerzeugung wurde auf Basis des Nationalen Emissionsinventars abgeleitet und durch die entsprechenden Vorketten der Brennstoffgewinnung und -bereitstellung aus GEMIS 4.8 ergänzt (vgl. Kapitel 2.1.3).

36 angepasst an (UBA, 2014)

37 eigene Annahmen

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Tabelle 49: Emissionsfaktoren der Stromerzeugung aus fossilen Energien CO2-

Äq. CO2 CH4 N2O SO2

-Äq. SO2 NOx Staub CO NMVOC

[g/kWh] [g/kWh] [g/kWh]

Braunkohle 1.070,1 1.059,5 0,021 0,033 1,065 0,586 0,688 0,030 0,426 0,012 Steinkohle 919,0 850,2 3,106 0,011 0,853 0,469 0,551 0,033 0,098 0,029 Gas 429,7 400,1 1,265 0,010 0,408 0,015 0,565 0,013 0,272 0,026 Öl 777,3 768,7 0,222 0,013 1,488 0,899 0,847 0,079 0,312 0,149

Quelle:(UBA, 2014), GEMIS 4.8 (IINAS, 2013)

Ergebnisse der Emissionsbilanz

Die Netto-Emissionsbilanz der Stromerzeugung aus Pflanzenöl errechnet sich aus den oben angege-benen Einzelgrößen.

In Hinblick auf die Wirkungskategorie Treibhausgaseffekt wurden durch die Stromerzeugung aus Pflanzenöl Treibhausgasemissionen in Höhe von ca. 0,2 Mio. t CO2-Äq. vermieden. Der spezifische Vermeidungsfaktor beträgt ca. 490 g / kWhel. Die Ergebnisse berücksichtigen nicht die Emissionen, die sich durch Landnutzungsänderungen ergeben, wobei insbesondere indirekte Effekte relevant sind (vgl. Kapitel 2.1.3). In Hinblick auf sonstige Luftschadstoffemissionen ist die Emissionsbilanz bei der Verstromung von Pflanzenöl über den Gesamtlebenszyklus negativ. Durch unvollständige Verbrennung des heterogenen Brennstoffs in Verbindung mit oftmals fehlender Abgasnachbehand-lung sind insbesondere hohe Emissionen an Staub und Kohlenmonoxid zu verzeichnen.

Tabelle 50: Emissionsbilanz der Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse brutto

vermiedene Emissionen

verursachte Emissionen

netto vermiedene Emissionen

Netto-Vermeidungsfaktor

[t] [t] [t] [g/kWh]

CO2-Äq. 363.012 142.552 220.460 489,91

CO2 336.953 37.421 299.532 665,63

CH4 1.164 3.751 -2.586 -5,75

N2O 5 85 -80 -0,18

SO2-Äq. 339 999 -660 -1,47

SO2 164 163 1 0,00

NOx 251 1.202 -950 -2,11

Staub 13 126 -113 -0,25

CO 67 317 -250 -0,56

NMVOC 12 146 -134 -0,30

Quelle: Eigene Berechnung

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