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Die vorliegende Forschung ist durch das gewählte Thema, das sich mit Umständen beschäftigt, die sich außerhalb des legalen Rahmens befindet und durch die Postbürgerkriegssituation als „fieldresearch (…) in violent and difficult situations“ (SRIRAM et al. 2009) zu bezeichnen. MERTUS 2009 verweist auf die ethischen, wahrheits- und sicherheitsbezogenen Probleme sowie die Probleme des Zugangs und des Verhaltens unter schwierigen Forschungsbedingungen. Spezielle Herausforderungen entstehen z. B.

dadurch, dass die Untersuchung informeller Netzwerke niemals vollständig reproduzierbare Konditionen ergeben kann und dass alle offiziellen und inoffiziellen Datensätze inklusive der des United States Geological Surveys (USGS) Inkohärenzen beinhalten. In vielen Fällen, insbesondere im Kontext des illegalen Bergbaus, berufen sich die Aussagen auf Schätzungen und Hochrechnungen. Die Aussagen zu den Auswirkungen des illegalen Bergbaus in Kolumbien berufen sich auf zwei zufällige Gemeinden, in deren Umfeld illegaler Bergbau stattfindet, die nur kurz und teilweise unter verdeckter Identität besucht wurden, um den Wahrheitsgehalt der Informationen zu erhöhen.

Eine Besonderheit im Feldzugang war die Forschung in Begleitung der eigenen Familie. Verschiedene EthnologInnen betonen die Rolle von Kindern bei ethnographischen Forschungsdesigns, durch die der Feldzugang, vor allem in ländlichen, peripheren Räumen, verbessert wird (z. B. SCHOLZ 2012, DITTMANN

u. DITTMANN 2002). Dies unterstützte den Forschungsansatz nicht nur mit Mächtigen zu sprechen,

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Wie verändert sich das Entwicklungsparadigma?

Wie verändert sich die Ressourcennutzung?

60 sondern eine Vielzahl an Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Für die vorliegende Forschung konnte beobachtet werden, dass die gemeinsame Bereisung von Forschungsgebieten mit Kindern sowohl in Peru als auch in Kolumbien den Feldzugang insbesondere zu Frauen in ländlichen Regionen erleichterte (Abb. 9, 12). Außerdem brachte dies die Möglichkeit tendenziell gefährliche Gebiete zu bereisen (Abb.

10, 11), da die Außenwahrnehmung sich durch die Begleitung der Kinder stark verändert. Für viele der Befragten, konnte dadurch eine Vertrauensbasis geschaffen werden, indem die Verfasserin als „Mutter“

und nicht als „fremde weiße Frau“ wahrgenommen wurde.

Ein Problem des schwierigen Forschungskontexts war die Dokumentation der Ergebnisse. Zwar wurden die Interviews mit offiziellen VertreterInnen von Institutionen, so weit möglich, mit einem Tonbandgerät aufgenommen, jedoch konnten nicht alle anderen aufgrund der immanenten Begleitgefahren auditiv aufgezeichnet werden. Besonders bei informellen Gesprächen zu sensiblen Themen mit Anwohnenden, Polizisten und ehemaligen Kämpfern der FARC konnten nur Gedächtnisprotokolle aufgezeichnet werden, da davon ausgegangen werden musste, dass die Interviewten einer Aufnahme nicht zugestimmt hätten oder es ihre Aussagen verzerrt hätte (SANDNER LE GALL 2007: 88). Zum Schutz der Personen werden die Interviews in den Konfliktgebieten anonymisiert wiedergegeben.

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wurden durch weitere, nicht dokumentierte Gespräche in Alltagssituationen auf Märkten, in öffentlichen Transportmitteln, in Taxis oder auf öffentlichen Plätzen, die der Methode der teilnehmenden Beobachtung zuzuordnen sind, stark beeinflusst.

Dementsprechend wurde während der Feldforschung viel Zeit an öffentlichen, nicht akademisch geprägten Orten wie Märkten, Plätzen und Cafés verbracht, um, so weit möglich, ein Gefühl für lokale Meinungen zu entwickeln. Auch war der Wohnort jeweils in einem ländlichen Umfeld gewählt, sodass bestimmte Alltagskontakte sich aus den jeweiligen nicht-städtischen Umständen ergaben (s. ARELLANO

YANGUAS 2011).

Auch durch andere Postbürgerkriegsumstände musste die angedachten Forschungsideen angepasst werden: Beispielsweise verzögerte sich gleich zu Beginn der Forschung im Cauca (Oktober 2017) die Ankunft in der Departamento-Hauptstadt Popayán durch die wochenlange Besetzung der transamerikanischen Hauptverkehrsstraße Panamericana durch die Indigenengruppe Nasa im Nordosten des Cauca, die gegen die fehlenden Umsetzung der im Friedensvertrag festgelegten Bedingungen protestierten. Gebiete konnten zeitweise oder dauerhaft aus Sicherheitsgründen nicht bereist werden, Interviews wurden abgesagt, unterbrochen oder verschoben, Aufnahmegeräte wurden entwendet und Wetterereignisse verzögerten Termine. Weiterhin führten bergbauinduzierte Atemwegsprobleme der Verfasserin in Peru zu einer Verkürzung der Feldforschung in der Bergbaustadt Huamachuco. Als besonders schwerwiegend ist der Verlust der Kartierungen des illegalen Bergbaus in der Provinz Sánchez Carrión Aufgrund eines Diebstahls in Lima zu werten. In Popayán mussten

61 Interviewte aufgrund ihrer politischen Aktivität wegen Morddrohungen und vereitelten Anschlägen untertauchen, was sich auf die methodische Vorgehensweise auswirkte und die ursprünglich im Sinne eines postkolonialen Forschungsansatzes als partizipative Forschungsmethodik angedachte Herangehensweise (ALLEN et al. 2015) an die Gegebenheiten angepasst werden musste. Die ursprüngliche Idee einer partizipativen Kartierung nach dem Vorbild von RISLER u. ARES (2013) konnte aufgrund der schwer planbaren Umstände nicht umgesetzt werden und entpuppte sich als eine Idee, die Fernab des Geschehens entworfen worden, aber nicht an die Bürgerkriegsumstände angepasst war.

Die Versuchte Umsetzung der partizipativen Kartierung in Sánchez Carrión lieferte trotz verschiedener Versuche in Peru nicht die gewünschten Ergebnisse. Trotz der Erstellung eines 3D Modells (Abb. 14, 15), das für die räumliche Erfassung der Auswirkungen des illegalen Bergbaus angedacht war und der geographischen Erfassung illegaler Goldminen (Abb. 13), konnten die Daten trotz mehrfachen versuchen und veränderten Herangehensweisen, kaum verwendet werden.

Für die erhobenen Daten bedeutet es, dass, mit Verweis auf KUZMITS (2008: 40), von den methodischen Ursprungsideen Abstand genommen werden musste, da sie zu anfällig für die praktische Umsetzung in gewaltsamen Kontexten waren und sich ein Großteil der Feldforschung, insbesondere im Cauca, auf informelle Gespräche, die aus mehr oder weniger zufälligen Begegnungen entstanden, reduzierten.

62 Abbildung 9: Forschen mit Kindern 1: Befragungen

von Kleinbäuerinnen in Peru

Quelle: Eigene Aufnahme (Huamachuco, La Libertad, Peru: März 2018)

Abbildung 11: Forschen mit Kindern 3: Besuch einer illegalen Goldgrabung in Kolumbien

Quelle: Eigene Aufnahme (Buenos Aires, Cauca, Kolumbien: Januar 2018)

Abbildung 12: Forschen mit Kindern 4: Befragungen von Bäuerinnen einer Kaffee-Kooperative

Quelle: Eigene Aufnahme (Morales, Cauca, Kolumbien:

Dezember 2017)

Abbildung 10: Forschen mit Kindern 2: Besuch in einer Goldkooperative in Kolumbien

Quelle: Eigene Aufnahme (Buenos Aires, Cauca, Kolumbien: Januar 2018)

Abbildung 10: Forschen mit Kindern 2: Besuch in einer Goldkooperative in Buenos Aires

Quelle: Eigene Aufnahme (Buenos Aires, Cauca, Kolumbien: Januar 2018)

63 Abbildung 13: Partizipative Kartierungen in

Huamachuco

Quelle: Eigene Aufnahme (Huamachuco, La Libertad, Peru: April 2018)

Abbildung 15: Reichweite der Auswirkungen des Bergbaus, erklärt am 3D-Modell Quelle: Eigene Aufnahme (Huamachuco, La Libertad: März 2018)