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1.3. Eisen-Schwefel-Cluster-Biogenese

1.3.4. Fe/S-Cluster-Biogenese in Hefen als eukaryotisches Modell

Im Verlauf der Evolution wurde im Rahmen der Endosymbiose die SUF- und ISC-Maschinerie in die eukaryotische Zelle aufgenommen (Lill, 2009). Da das SUF-System in photosynthetischen Bakterien vorkommt, werden in Plastiden von Pflanzen und Algen Komponenten der SUF-Maschinerie und in Mitochondrien konsequenterweise Komponenten der ISC-Maschinerie gefunden. Zusätzlich erforderte in Eukaryoten die Kompartimentierung der Zelle eine Erweiterung dieser aus Prokaryoten bekannten Systeme, da sich Fe/S-Proteine auch außerhalb der Mitochondrien/ Plastiden befinden.

Weil in dieser Arbeit im Wesentlichen mit dem eukaryotischen Modellorganismus S. cerevisiae gearbeitet wurde, soll im Folgenden die Biogenese von Fe/S-Clustern in Hefen genauer erläutert werden. Die spezifischen Einzelheiten der Fe/S-Cluster-Biogenese in photosynthetischen Eukaryoten wird dagegen nicht beschrieben, für eine Übersicht hierzu siehe (Balk & Pilon, 2011).

In S. cerevisiae gibt es insgesamt drei Protein-Maschinerien, die für die Fe/S-Proteinbiogenese verantwortlich sind. Die mitochondriale ISC-Maschinerie ist essentiell für die Herstellung aller Fe/S-Proteine in Hefe, zytosolische und Kern-lokalisierte Fe/S-Fe/S-Proteine benötigen zusätzlich dazu noch die ISC-Export- und die CIA-Maschinerie (cytosolic iron sulfur cluster assembly) (Lill et al, 2006; Lill &

Muhlenhoff, 2008).

Biogenese mitochondrialer Fe/S-Proteine

Die ISC-Maschinerie in Hefemitochondrien besteht aus mindestens 15 verschiedenen Proteinen, von denen viele, aber nicht alle, verwandt zu Proteinen der bakteriellen ISC-Maschinerie sind (Abb. 1.8) (Lill, 2009; Rawat & Stemmler, 2011). Alle Komponenten der ISC-Maschinerie sind Kern-kodiert und werden durch entsprechende Signalsequenzen in die mitochondriale Matrix importiert. Dort existiert in Hefe ein Desulfurasekomplex, bestehend aus dem homodimeren Nfs1 (Kispal et al, 1999;

Muhlenhoff et al, 2004), das ein homologes Protein von IscS/ NifS ist, und dem 11 kDa großen Protein Isd11 (Adam et al, 2006; Wiedemann et al, 2006). Die Stöchiometrie des Komplexes ist nicht genau bekannt, es ist aber gezeigt worden, dass Isd11 für die in vivo Funktion von Nfs1 essentiell ist.

Eisen wird als Fe2+ membranpotentialabhängig in Mitochondrien importiert (Lange et al, 1999). Die mitochondrialen Transporter Mrs3 und Mrs4 sind am Import beteiligt, da sie aber nicht essentiell sind, wird vermutet, dass es einen weiteren Eisentransporter gibt (Lill et al, 2006).

Die de novo Assemblierung der Fe/S-Cluster erfolgt auf den U-Typ Gerüstproteinen Isu1 und Isu2, welche wahrscheinlich durch Genduplikation entstanden sind, da nur in Hefe zwei ähnliche U-Typ Gerüstproteine vorkommen (Garland et al, 1999; Muhlenhoff et al, 2003). Das eisenbindende Protein Yfh1 (Frataxin) spielt ebenfalls eine essentielle Rolle in der Biogenese mitochondrialer Fe/S-Proteine (Muhlenhoff et al, 2002b; Stehling et al, 2004) und es bekannt, dass Yfh1 mit Nfs1/Isd11 und Isu1 interagiert (Gerber et al, 2003; Wang & Craig, 2008). Die genaue Funktion von Yfh1 ist aber noch

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nicht endgültig geklärt und wird kontrovers diskutiert. Zum einen ist vorgeschlagen worden, dass Frataxin als Eisendonator fungiert (Stemmler et al, 2010; Yoon & Cowan, 2003). Andererseits wurde basierend auf in vitro Arbeiten mit dem bakteriellen Homologen CyaY eine Rolle als eisenabhängiger Regulator der Fe/S-Cluster-Synthesereaktion angeregt, wobei die Regulation durch Inhibition der Cysteindesulfurase IscS erfolgen soll (Adinolfi et al, 2009). Aktuelle in vitro Arbeiten mit humanem Frataxin schließlich deuten auf eine Rolle von Frataxin als allosterischen Aktivator hin (Tsai &

Barondeau, 2010): es wurde beobachtet, dass humanes Frataxin an den Proteinkomplex aus Nfs1, Isd11 und Isu2 (das humane U-Typ Gerüstprotein) bindet und dadurch die Cysteindesulfuraseaktivität deutlich erhöht wird. Diese Aktivierung wurde durch Fe2+ nochmals stimuliert (Tsai & Barondeau, 2010). Der molekulare Mechanismus des Fe/S-Cluster-Synthese auf Isu1 ist noch weitgehend unklar, benötigt aber Reduktionsäquivalente, die von einer Elektronentransferkette bereitgestellt werden.

Die FAD abhängige Ferredoxinoxidoreduktase Arh1 reduziert vermutlich unter NADH Verbrauch das mitochondriale Ferredoxin Yah1, welches schließlich die Elektronen für die Fe/S-Cluster-Biogenese liefert. (Muhlenhoff et al, 2003). Es wird vermutet, dass die Elektronen für die Reduktion des Schwefels zu Sulfid benötigt werden, der experimentelle Nachweis hierfür konnte bislang noch nicht erbracht werden (Lill, 2009). Basierend auf Arbeiten mit Proteinen der bakteriellen ISC-Maschinerie wurde außerdem vorgeschlagen, dass die Elektronen für die Fusion von zwei [2Fe-2S] Clustern zu einem [4Fe-4S] Cluster durch reduktive Kopplung benötigt werden könnten (Chandramouli et al, 2007; Unciuleac et al, 2007).

Der Transfer des vorgefertigten Fe/S-Cluster vom Gerüstprotein zu den Zielproteinen stellt den zweiten Schritt der Fe/S-Cluster-Biogenese in Hefemitochondrien dar. Formell erfordert dieser Transfer drei Einzelschritte: die Abgabe des Fe/S-Clusters vom Gerüstprotein, der Transfer zum Zielprotein und den Einbau in das Zielprotein. In S. cerevisiae erfordert der Gesamtprozess ein Chaperonsystem, das aus der Hsp70-ATPase Ssq1 und dem DnaJ-artigen Cochaperon Jac1 besteht.

Ssq1 interagiert ATP-Hydrolyse-abhängig hochspezifisch mit dem LPPVK Motiv von Isu1 (Dutkiewicz et al, 2004; Hoff et al, 2003; Hoff et al, 2000; Hoff et al, 2002). Es wird vermutet, dass in Zusammenarbeit mit dem Cochaperon Jac1 eine Konformationsänderung im Gerüstprotein Isu1 hervorgerufen und so der Fe/S-Cluster freigesetzt wird (Andrew et al, 2006; Bonomi et al, 2008;

Chandramouli & Johnson, 2006). Der Vorgang erfordert außerdem noch den Nukleotidaustauschfaktor Mge1, der den Austausch von ADP gegen ATP in Ssq1 stimuliert (Dutkiewicz et al, 2003). Eine noch nicht klar definierte Hilfsfunktion wird von dem Monothiol-Glutaredoxin Grx5 erfüllt (Muhlenhoff et al, 2003; Rodriguez-Manzaneque et al, 2002). Für das humane Homologe Glrx5 konnte gezeigt werden, dass es als Tetramer in der Lage ist [2Fe-2S] Cluster zu binden (Johansson et al, 2010). Die Möglichkeit einer Fe/S-Cluster-Transferfunktion wird noch diskutiert (Bandyopadhyay et al, 2008b; Iwema et al, 2009).

Einleitung 17 Die bis jetzt genannten ISC-Maschinerie-Proteine werden für die Biosynthese aller mitochondrialen Fe/S-Proteine benötigt, es gibt aber auch speziellere ISC-Komponenten. Die A-typ Gerüstproteine Isa1, Isa2 sowie Iba57 interagieren miteinander und werden spezifisch für den Einbau von Fe/S-Clustern in Aconitase-Typ und Radikal-SAM-Typ Enzyme benötigt, wie Aco1, Lys4 und Bio2 (Gelling et al, 2008; Muhlenhoff et al, 2007). In S. pombe ist eine Interaktion von Isa1 und Isa2 mit Grx5 nachgewiesen worden, der funktionelle Zusammenhang konnte jedoch noch nicht geklärt werden (Kim et al, 2010). Die P-Loop NTPase Ind1 wird speziell für die Assemblierung der Fe/S-Cluster in Komplex I der mitochondrialen Atmungskette benötigt (Bych et al, 2008). Die genaue Funktion des U-Typ Gerüstproteins Nfu1 ist nicht geklärt (Lill, 2009), ebenso ist die Rolle von GTP bei der Fe/S-Cluster-Biogenese unklar (Amutha et al, 2008).

Abbildung 1.8: Modell der mitochondrialen ISC-Maschinerie von Hefe. Fe2+ wird Membranpotential-abhängig in die Mitochondrien durch die Transporter Mrs3 und Mrs4 sowie eine unbekannte Komponente importiert. Die de novo Fe/S-Cluster-Synthese erfolgt auf den Gerüstproteinen Isu1/Isu2 mit Hilfe des Eisenchaperones Yfh1, der Elektronentransportkette NADH-Arh1-Yah1 und des Desulfurasekomplexes Nfs1-Isd11. In einem zweiten Schritt wird der Fe/S-Cluster auf die Zielproteine ATP abhängig übertragen unter Beteiligung des Chaperons Ssq1, des Cochaperons Jac1 sowie der Proteine Grx5 und Mge1. Der Transfer auf Zielproteine vom Aconitase-Typ (Aco1, Lys4) und vom Radikal-SAM-Typ (Bio2) erfordert zusätzlich noch Isa1, Isa2 und Iba57. Für die Assemblierung der Fe/S-Cluster in Komplex I wird außerdem die P-Loop NTPase Ind1 benötigt.

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Biogenese zytosolischer und nukleärer Fe/S-Proteine

Die Biogenese extra-mitochondrialer Fe/S-Proteine hängt strikt von der mitochondrialen ISC-Maschinerie ab (Gerber et al, 2004; Kispal et al, 1999). Die Abhängigkeit wird dadurch erklärt, dass die ISC-Maschinerie eine bislang unbekannte Komponente X synthetisiert, die von der ISC-Export-Maschinerie in das Zytosol transloziert wird, woraufhin sie von der zytosolischen CIA-Maschinerie für die Biogenese zytosolischer und nukleärer Fe/S-Proteine verwendet wird (Abb. 1.9).

Die ISC-Export-Maschinerie besteht aus insgesamt drei Komponenten. Die erste ist der in der inneren Mitochondrienmembran lokalisierte ABC-Transporter Atm1, der die bislang unbekannte Komponente X ins Zytosol transportiert (Kispal et al, 1999). Es wurde beobachtet, dass Nfs1 und Isu1 auch für die Biogenese extra-mitochondrialer Fe/S-Proteine mitochondrial lokalisiert sein müssen (Gerber et al, 2004; Muhlenhoff et al, 2004). Diese Abhängigkeit von der mitochondrial lokalisierten Desulfurasereaktion hat zu der Annahme geführt, dass die Komponente X schwefelhaltig ist. Für die Exportreaktion wird ferner die FAD-abhängige Sulfhydryloxidase Erv1 benötigt. Dieses Enzym ist im Intermembranraum lokalisiert und katalysiert die Bildung von Disulfidbrücken während des Mia40 abhängigen Imports in den Intermembranraum (Mesecke et al, 2005). Welche Rolle es in der Biogenese von Fe/S-Proteinen spielt, ist hingegen noch völlig unklar. Interessanterweise führt die Reduzierung der Konzentration an Glutathion (GSH) in Hefe zu dem gleichen Phänotyp wie die

Abbildung 1.9: Vereinfachtes Modell der extra-mitochondrialen Fe/S-Proteinbiogenese durch die CIA-Maschinerie in Hefe. Eine unbekannte Komponente X wird von der ISC-Maschinerie hergestellt und von der ISC-Export-Maschinerie in das Zytosol transloziert. Mit Hilfe dieser wahrscheinlich schwefelhaltigen Komponente X erfolgt die Fe/S-Cluster-Synthese auf dem Gerüstproteinkomplex Cfd1-Nbp35. Die Quelle des Eisens ist noch unbekannt. Die Diflavinreduktase Tah18 bildet mit Dre2 einen Elektronentransferkomplex, der Elektronen für den Zusammenbau der Fe/S-Cluster auf den Gerüstproteinen liefert. Die Übertragung des Fe/S-Clusters in die Zielproteine erfolgt mit Hilfe der Proteine Cia1 und Nar1. Weitere Details siehe Text.

Einleitung 19 Depletion von Erv1 und Atm1, nämlich dem Verlust der extra-mitochondrialen Fe/S-Biogenese bei intakter mitochondrialer Fe/S-Biogenese (Sipos et al, 2002). Aus diesem Grund wird GSH als dritte Komponente der ISC-Export-Maschinerie angesehen.

Die eigentliche Synthese extra-mitochondrialer Fe/S-Proteine erfolgt durch die CIA-Maschinerie. In Analogie zur ISC-Maschinerie können auch hier zwei Phasen der Fe/S-Cluster-Synthese unterschieden werden. Die beiden P-Loop NTPasen Cfd1 und Nbp35 (Hausmann et al, 2005; Roy et al, 2003) bilden einen heterotetrameren Komplex, der als zytosolisches Gerüst für den Zusammenbau von Fe/S-Clustern dient (Netz et al, 2007). Die Diflavinreduktase Tah18 bildet mit Dre2 einen Komplex, der Elektronen von NADPH übertragen kann. Diese Elektronentransportkette ist für die Biogenese zytosolischer und nukleärer Fe/S-Proteine essentiell (Netz et al, 2010). Dre2 ist ein Fe/S-Protein, dessen Fe/S-Cluster Einbau nicht von der zuvor beschriebenen Elektronentransferkette abhängt. Das Gleiche gilt für den Fe/S-Cluster in Cfd1, auch dieser hängt im Gegensatz zu den Fe/S-Clustern in Nbp35 nicht von Tah18-Dre2 ab (Netz et al, 2010). Wie der Einbau der Fe/S-Cluster in Dre2 und Cfd1 geschieht, ist momentan noch nicht geklärt. Wie alle anderen zellulären eisenabhängigen Prozesse auch, erfordert die Synthese extra-mitochondrialer Fe/S-Proteine die zytosolischen Monothiol-Glutaredoxine Grx3 und Grx4, deren Funktion von einem verbrückendem, Glutathion-haltigem Fe/S-Cluster abhängt (Muhlenhoff et al, 2010). Der genaue Mechanismus der Aktivierung von Eisen für die CIA-Maschinerie ist jedoch noch zu klären. Die Fe/S-Cluster im Cfd1-Nbp35 Komplex sind labil und können in Zielproteine übertragen werden (Netz et al, 2007). Dieser Prozess erfordert das Hydrogenase-ähnliche Protein Nar1 (Balk et al, 2004), das selbst erst durch den Einbau von zwei ungewöhnlichen, noch nicht genau beschriebenen Fe/S-Clustern aktiviert werden muss (Urzica et al, 2009). Nar1 bindet an das WD-Repeat Protein Cia1, das ebenfalls essentiell für die Biogenese von extra-mitochondrialen Fe/S-Proteinen ist (Balk et al, 2005). Da WD-Repeat Proteine recht häufig an Protein-Protein Wechselwirkungen beteiligt sind, wird davon ausgegangen, dass dieses Protein mit weiteren CIA-Komponenten interagiert oder die Bindung an die Zielproteine vermittelt (Srinivasan et al, 2007).