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Erkundungsziele und Planungsgrundlagen

2.5 Erfassung der schadstoff- und untergrundbezogenen VerhältnisseVerhältnisse

2.5.1 Erkundungsziele und Planungsgrundlagen

Die Erkundung hat vorrangig die Bewertung der Kontamination (Gefährdungspotential) sowie die Planung und Dimensionierung der geeigneten Beseitigungsmaßnahme zum Ziel. Nach der historischen Erkundung beinhaltet die technische Erkundung drei Stufen (Altlasten-Handbuch Baden Württemberg, MELUF, 1987a, 1987b), die schrittweises Vorgehen veranlassen (orien-tierende, nähere und eingehende Erkundung). Beim vorliegenden Handbuch wird davon aus-gegangen, daß die Ergebnisse der ersten Erkundungsschritte bewertet vorliegen, und nun die Sanierungsmaßnahme dimensioniert wird.

Der Umfang ergibt sich aus dem Gefährdungspotential und dem gefährdeten Schutzgut. Für die Kenntnis des geologischen Baues und der Grundwassersituation sind Daten über das wei-tere Umfeld als auch über ein genau abgrenzbares Schadensareal nötig. Die zur gewünschten Auflösung führende Intensität einer letzten eingehenden Erkundung wird auch durch die ab-sehbare Sanierungsmethode bestimmt (z. B. Brunnendichte). Je genauer die hier gewonne-nen Informatiogewonne-nen sind, um so energiesparender, kürzer und kalkulierbarer ist die Sa-nierung.

Die Ministerien mehrerer Länder und auch die Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg und der DVWK haben Schriften zur Ermittlung und Sanierung von Altlasten herausgegeben (siehe Literaturliste).

Erkundung und Planung: Übersicht und Checkliste

Zielvorgaben für die Erkundung vor hydraulischen und pneumatischen Sanierungen sind in der folgenden Aufstellung vertieft. Damit unmittelbar verbundene Planungsgrundlagen finden sich in Kapitel 8.

A Art der vorkommenden Schadstoffe und Schadstoffgemische B Kenntnis der geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse

C Kenntnis über die räumliche Schadstoffverteilung und den Stofftransport D Kenntnis des resultierenden Gefährdungspotentials

E Wahl, Planung und Dimensionierung der Sicherungs- bzw. Sanierungstechnik F Abschätzung von Sanierungszeiten und -kosten

A Art der Schadstoffe und Schadstoffgemische

Bei Verwendung des vorliegenden Leitfadens wird bereits von der Kenntnis der Kontaminati-on ausgegangen. Im Zuge vKontaminati-on weiteren eingehenden Erkundungen werden häufig neue Schad-stoffe oder deren Abbauprodukte gefunden. Mit der Detektion der SchadSchad-stoffe werden auch die Aggregatzustände und Stoffeigenschaften erkannt. Die relevanten Stoffeigenschaften sind in Kap. 2.2 gegliedert, ausgewählte Stoffe sind im Tabellenwerk des Anhang beschrie-ben. Die Stoffeigenschaften:

Dichte Wasserlöslichkeit Dampfdruck

Relative Dichte Mischbarkeit Relative Dampfdichte Molekulargewicht Dissoziation Oberflächenspannung

Schmelzpunkt Polarität Viskosität

Siedepunkt Flüchtigkeit Flammpunkt, Ex-Grenze

In Zusammensicht der Stoffeigenschaften mit jenen des Untergrundes (B) ergibt sich die Kenntnis über die Verteilung und den Transport der Schadstoffe (C und Kap. 2.3, eine aus-führliche Datenbasis mit 130 Stoffen und Stoffgruppen findet sich im Anhang).

B Geologische und hydrogeologische Verhältnisse

Ein Anforderungsprofil an die Aufnahme der Untergrundverhältnisse sei hier anhand von Bei-spielen skizziert:

• Allgemeine Kenntnis der geologischen Verhältnisse aus Oberflächenaufschluß und Bohraufnahme

• Beschreibung der Lagerung, Gliederung der Schichtenprofile und dreidimensionale Deutung: Vorliegen einer Schichtung , oder das Dominieren anderer Strukturen und Vorzugsrichtungen (Rinnen, Stauhorizonte usw.)

• Genität: (Un-) Gleichförmigkeiten innerhalb abgrenzbarer Bereiche: Gut durchlässige Rinnen oder stauende Schichten, andere Sedimentkörper mit bevorzugten Durchlässig-keiten

• Gehalt an Ton, Anteile verschiedener Tonminerale und von organischer Substanz (Sorption von Schadstoffen), Kornverteilung, Hohlraumanteil, Durchlässigkeit und Feuchteverteilung im ungesättigten Bodenprofil, Permeabilität und hydraulische Leit-fähigkeit

• Kluftnetz oder Karstsystem: Anordnung und Ausbildung von Wasserwegigkeiten Ungesättigte Zone und Aquifer

• Aufbau der ungesättigten Zone, Oberflächenbedeckung und Mächtigkeit. Bewertung hinsichtlich des Schadstofftransportes für Gase und flüssige Phasen (bevorzugte Sik-kerwege, Makroporen)

• Lateraler Abfluß von Sickerwasser (z. B. Zwischenabfluß in Hanglagen)

• Nutzbarer Porenraum: Porosität, Wassergehalt und hydraulische Leitfähigkeit

• Lokale Schicht- und Stauwasserbereiche, Kapillarwasserraum und dessen Schwan-kungsbereich

• Aquifertyp, Stockwerksgliederung, Trennschichten oder hydraulische Kurzschlüsse

• Laterale Begrenzungen, Abdeckung, Sohle und deren Durchlässigkeiten

• Kluftnetz oder Karstsystem

• Bedeutung von Auflockerungszonen im Übergang zwischen Locker- und Festgestein

• Hydrochemische Charakterisierung des Wassers über gelöste Inhaltsstoffe und Milieu (pH-Wert und Redoxzustand)

Fließfeld des Grundwassers

• Strömungsrichtung und -Geschwindigkeit, Durchflußmenge

• Hauptrichtungen eines wasserwegigen Kluftsystems, diskrete Zu- und Abflüsse sowie Speichercharakteristik

• Grundwasserdargebot und lokale oder regionale Neubildung

• Hinweise auf "hydraulische Fenster" (Stockwerksverbindung)

• Schadenszentren, Abstromfahne oder Ausbreitungsbereich

Auswirkungen der Fließfelddynamik auf den Schadstofftransport durch

• Mächtigkeitsschwankungen (aller Zonen)

• Wechsel von Fließrichtungen und -Geschwindigkeiten

• hydraulische Wirkung von Klüften und Lösungshohlräumen

• Wechselwirkung zwischen Poren- und Kluftdurchlässigkeiten

• hydrochemische Änderungen der Wasserqualität (Ausfällungen oder Lösung)

• weitere Beeinflussungen (Niederschlag, Austrocknung)

• aktuelle oder vergangene hydraulische Maßnahmen in der näheren Umgebung Anthropogen bedingte Auswirkungen auf Durchlässigkeiten

• Lokale Kurzschlüsse z. B. über Fundamente, Kellerräume, Kanal- und Leitungs-schächte, Verfüllungen, Bombentrichter, alte Brunnen und Meßstellen

• Verhinderung der Dichtwirkung vorhandener Oberflächenbeläge durch darunter be-findliche durchlässige Lage (Kiesbett)

C Schadstoffverteilung und -Transport

Zugrunde gelegt sind hier Überlegungen für ein stoffspezifisches Bewertungsschema für das Verhalten wassergefährdender Stoffe im Untergrund (FRÄNZLE et al., 1981). Die von den Chemikalien (UMWELTBUNDESAMT, 1991b) ausgehenden Überlegungen führen zur Be-wertung von Transportprozessen in und zwischen den Kompatimenten Boden, Bodenluft, Sicker- und Grundwasser.

• Flüchtiger Schadstoff in der Bodenluft, Konzentrationsschwankungen bedingt durch Bodenatmung über Luftdruckschwankungen

• gelöst im Sickerwasser oder Stauwasser oder in Phase

• ebenso im Bereich des Kapillarbereich

• im Feststoff des Bodens und dessen Haftwassersaum

• im Grundwasser (oder in dessen Stockwerken)

• gebunden an Installationen, Kanäle, Bausubstanz

• andere Stoffe, wie Abbauprodukte der Schadstoffe oder Stoffe, deren Anwesenheit sich auf den Schadstofftransport auswirken

D Gefährdungspotential

Die Kenntnis des Gefährdungspotentials ergibt sich aus Schadstoff, Stoffverteilung und Emis-sions-/Immissionslage in Abhängigkeit vom gefährdeten Schutzgut. Über die Gefährdung werden die Intensität und die Dringlichkeit der Erkundung sowie nötige Sofort- und Schutz-maßnahmen vorgegeben.

• Bereits für die ersten technischen Erkundungen (Begehung, Sondierung, Schurf, Pump-versuch) können aufwendige Sicherheitsvorkehrungen nötig sein. Diese bestimmen (mit) die Wahl der Aufschluß- und Probenahmetechnik sowie den Aufwand für Feld-versuche (BURMEIER ET AL., 1990, ROTTGART ET AL., 1993).

E Wahl, Planung, und Dimensionierung der Sicherungs- bzw. Sanierungstechniken Die Techniken und Verfahren sind Gegenstand der Abschnitte 3 bis 5 dieses Handbuches. Ihre Dimensionierung erfolgt aufgrund der Erkundungsergebnisse und der Erkenntnisse aus Vor-und Anfahrversuchen. Die Ergebnisse der ErkVor-undung werden mit jenen der Überwachung Vor-und Erfolgskontrolle verglichen. Die Erkundungstechniken sollten (auch) deswegen über eine aus-reichende Dokumentation reproduzierbar sein. Diese Dokumentation beinhaltet auch Angaben über die Bedingungen während der Erkundung (Wetter, Bauzustand usw.).

Zur Überwachung und Nachjustierung eines Sanierungsverfahrens sind speziell für dieses Verfahren angeordnete Meßstellen hilfreich. Dies kann bereits bei der Erkundung berücksich-tigt werden (z. B. durch den Ausbau einer Sondierung zur permanenten Meßstelle oder zur tiefenhorizontierten Mehrfachmeßstelle).

Bautechnische Einschränkungen und Entsorgung

• Änderungen der Standfestigkeit sind möglich (Setzungen nach Be- oder Entwässerung oder Setzungsdifferenzen).

• Möglichen Einschränkungen bei der Erschließung des Schadenszentrums (Bauwerke, aktuelle Nutzung) kann durch den Einsatz modifizierter Sanierungstechnologien be-gegnet werden (wie z. B. Horizontalbohrungen unter Gebäude oder Anlagen).

• Dem Mangel an Platz zur Zwischenlagerung (z. B. bei Tankstellen) muß durch früh-zeitige Planung begegnet werden, da für Transport und Lagerung von kontaminiertem Material besondere Nachweise und Genehmigungen vorliegen müssen.

• Entsorgung und Transport: Fortgang oder Stagnation von Sanierungsmaßnahmen wer-den in vielen Fällen durch die Suche nach kostengünstigen genehmigbaren Entsor-gungsmöglichkeiten bestimmt. Erkundungsergebnisse und Begleituntersuchungen sollten nach Möglichkeit die Angabe betroffener Bodenvolumina oder Stoffströme (Konzentrationen in Wasser und Luft sowie Fördermengen) beinhalten.

• Die Abstimmung mit Behörden ist frühzeitig wahrzunehmen (Entsorgungsnachweise, Genehmigungen).

F Abschätzung von Sanierungszeiten

• Da in den meisten Fällen die Ausbreitung von Schadstoffen über längere Zeiträume er-folgt ist, liegen die Stoffe z. T. gut sorbiert oder bereits weiträumig verfrachtet vor. Für die Desorption der Schadstoffe und deren Förderung aus dem Untergrund kann die Zeitreduktion nur über erhöhtes Energieaufkommen erzielt werden. Einsparungen las-sen sich über den zeitlich und räumlich sehr gezielten Energieeinsatz erreichen.

• Die Abschätzung der Sanierungsdauer ändert sich mit dem Stand der Erkundung. Die zeitlichen Vorgaben vom Planer einer Baumaßnahme können durch eine Sanierung verändert werden. In vielen Fällen richtet sich auch der Sanierer nach engen zeitlichen Vorgaben (z. B. Umbau einer Tankstelle).

• Der Stofftransport kann meist nur durch Überlagerung unterschiedlicher Transportpro-zesse beschrieben werden. Zeit- oder ortsabhängige Voraussagen der Konzentration-sentwicklung sind deshalb über nichtlineare Funktionen zu beschreiben (meist Expo-nentialfunktionen, siehe dazu Abb. 2.5-3).

• Für Energie- und Ökobilanzen sowie als Basis vergleichender Kostenbetrachtungen sind Zeitangaben erforderlich (z. B. Vergleich mit on-site Reinigung, Deponierung oder Einkapselung mit begleitender hydraulischer Sicherung). Dies ist bei in-situ Maßnah-men meist schwierig und ist um so mehr Grund für detaillierte ErkundungsmaßnahMaßnah-men.

• Bein Unfällen und Neuschäden sind die Erfolgsaussichten einer Sanierung um so gün-stiger, je schneller die Sanierungsmaßnahme begonnen wird. Die Wahl der geeigneten Sanierungstechnik bedarf der kurzfristigen vorhergehenden fachtechnischen Bewertung der Schadenssituation.