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Ergebnisüberblick

Im Dokument Pilotprojekt Karlsruhe (Seite 77-80)

5.1 1 Kohlenwasserstoffe (KW) und chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW)

6 Projektkurzbeschreibung, Ergebnissüberblick, Bewertung, Emp- fehlung

6.2 Ergebnisüberblick

Die Untersuchungen wurden über drei Jahre durchgeführt, damit evtl. hydrologisch bedingte Konzeritrationsschwankungen an den einzelnen Messstellen berücksichtigt werden konnten.

Solche wurden überraschenderweise kaum re- gistriert. Die im Fließverlauf signifikant erkenn- baren Konzentrationsänderungen sind in allen ' drei Jahren meist messorttreu und geben damit einen offenbar längere Zeit konstanten Zustand wieder. Unter unversiegelten Flächen gab es aufgrund der hier höheren Grundwasserneubil- dung aber größere Konzentrationsunterschiede zwischen den Jahren als unter versiegelten Be-

reichen. Wichtige städtische Emissionsquellen waren in allen drei Jahren in meist gleichem Ausmaß zu erkennen, z.B. Bauschuttablage- rungen, Autobahnen, Altablagerungen, Kanal- exfiitrationen, Gleisanlagen, Äcker, Felder, Kleingartenanlagen.

Die festgestellten Beschaffenheitsänderungen im Fließweg unter der Stadt sind sowohl natür- licher als auch anthropogener Herkunft, meist städtischen Ursprungs, aber auch Folgebela- stungen der der Stadt zufließenden landwirt- schaftlichen Vorbelastung.

Natürliche Beschaffenheitsänderungen Erkennbare natürliche Beschaffenheitsände- rungen im Stadtgebiet Karlsruhe resultieren aus dem Fließweg des Grundwassers aus der Festgesteinsvorbergzone heraus. Dort hat das Grundwasser noch einen hohen Sauerstoffge- halt, welcher bei Passage in die Lockerge-

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steinsebene aufgrund der dortigen geringeren Durchlässigkeiten und der längeren Aufent- halts- und Kontaktzeiten mit sauerstoffzehren- dem Boden- und Aquifermaterial gezehrt wird.

Dieser Vorgang findet insbesondere in der Kin- zig-Murg-Rinne statt, wo rapider Sauerstoff- schwund und gleichzeitig erhöhte Gehalte an organischem Kohlenstoff (DOC, SAK-254), die dort stattfindende sauerstoffzehrende Minerali- sierung der anmoorigen Böden und Humussub- stanzen im Aquifer indirekt, aber eindeutig an- zeigen.

exfiltrationen, Bahn-. Grünanlagen, Kleingär- ten, Äcker, Felder etc.

CKW-Altlasten-Schadensfälle in Karlsruhe äu- ßern sich durch steigende Konzentrationen der chlorierten Kohlenwasserstoffe.

Emissionen von Baufundamenten und von Bauschuttablagerungen sind in Karlsruhe durch z.T. gravierende Konzentrationsanstiege von Calcium, Magnesium, der Säurekapazität bis pH 4,3 (als Stellvertreter für das Hydrogencar- bonation) und von Sulfat gekennzeichnet. Ne- ben dendrei 0.g. ~arametern zur Identifikation Landwirtschaftliche und gartenbauliche der Aufhärtung ist'auch die Leitfähigkeit für die Beschaffenheitsänderungen

Erkennung von Bauschuttablagerungen geeig- Die unter der Stadt stark steigenden Sulfatkon- net.

zentrationswerte sind nicht nur Resultat der städtischen Emissionen, sondern teilweise Re- sultat der landwirtschaftlichen Nitratvorbela- stung aus den der Stadt vorgelagerten landwirt- schaftlich und gartenbaulich genutzten Flächen.

So verursacht die in die Stadt fließende Nitrat- belastung bei der vom versiegelten Stadtgebiet mithervorge~fenen Sauerstoffarmut, zumindest einen Teil der hier steigenden Sulfatgehalte, offenbar durch autotrophe Denitrifikation d.h.

Nitratreduktion bei gleichzeitiger Oxidation des Schwefels (Sulfatbildung) aus dem Gmndwas- serleiter (Kiesschwefel) und aus anthropogenen Ablagemngen. Die ersichtliche Nitratdüngung auf im Stadtgebiet zwischengeschalteten Grün- anlagen, Äckern und Feldern führen zu einer immer wiederkehrenden Verstärkung der Sul- fatbildung unter den nachfolgenden sauerstoff- armen bis -freien Fließstrecken und damit zu immer wieder steigenden Sulfatkonzentratio- nen.

Städtische Beschaffenheitsänderungen Der Einfluss des Stadtgebietes Karlsruhe auf die Grundwasserbeschaffenheit konnte auf ver- schiedene Ursachen zurückgeführt werden, welche anhand von drei Belastungsebenen be- schrieben werden können.

Einen direkten Einfluss auf die Gwndwasser- beschaffenheit haben die primären Beschaf- fenheitsänderungsursachen, wie bspw. Alt- ablagerungen, CKW-Altlasten, Baufundamen- te, gipshaltige Bauschuttablagerungen, Kanal-

Kanalexfiitrationen sind in Karlsruhe mit teil- weise vorhandenen Emissionen von wärmerem Wasser, CKW, Chlorid, Natrium, Kalium, EDTA, NTA, Bor, Phosphat, DOC verbunden.

Für die Erkennung von Kanalexfiltrationen er- weisen sich in Karlsruhe Bor, EDTA, NTA, Ka- lium, z.T. auch Natrium, AOX und CKW als be- sonders geeignet. Ammonium und Phosphat sind nur bei gleichzeitiger Sauerstofffreiheit ge- eignet. Diese Parameter zeigen dann auch indi- rekt die Exfiltrationsorte von organischen, redu- ziert vorliegenden, sauerstofizehrenden Ab- wasserinhaltstoffen an. Für die Erkennung von lnfiltrationsstrecken von Fließgewässern mit ge- reinigtem Abwasser aus oberstromigen Klär- anlagen sind Bor und EDTA geeignet.

Bahnanlagen, Grünanlagen, Kleingärten und in den Außenbezirken zwischengeschaltete Äcker und Felder äußern sich hau~tsächlich durch steigende ~flanzenschutzmittel- und Nitratge- halte mit gleichzeitig auch ansteigenden Sauer- stoffgehalten. Die Vielzahl der untersuchten Pflanzenschutz- und Schädiingsbekämpfungs- mittel lässt eine differenzierte Ursachen- und lndikatorbetrachtung zu. Atrazin und sein Ab- bauprodukt Desethylatrazin sind auf den Ein- satz in Kleingartenanlagen, Grünanlagen und Äckern zurückzuführen und daher für die Er- kennung dieser Herkunft geeignet. Das gleiche gilt für Hexazinon und Bromacil für die Anwen- dung auf den Gleisanlagen.

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Sekundäre Beschaffenheitsänderungen er- geben sich in Folge einer Beeinflussung ande- rer Wasserinhaltsstoffe durch die primären Be- lastungen.

So sorgen bspw. fäkalische Abwasseiverluste für eine Erhöhung der Stoffumsetzungsprozes- se im Grundwasser, was mit einer starken Sau- erstoffzehrung und Kohlenstoffdioxidbildung verbunden ist. Auf diese Weise entsteht ein Sauerstoffmangel, der als sekundäre Ver- schmutzung betrachtet werden kann. Dieser Vorgang muss selbstverständlich nicht immer anthropogen bedingt sein, sondern kann auch, so wie hier in den torf und humusreichen Schichten der Kinzig-Murg-Rinne im Untersu- chungsgebiet beobachtet, natürlichen Ur- sprungs sein.

Sekundärbelastungen in Form eines Sauer- stoffmangels ergeben sich in Karlsruhe aus der durch die Versiegelung anthropogen verhin- derten Zufuhr von Sauerstoff ins Grundwasser und aus den Kanalexfiltrationen. Der Sauer- stoffmangel ist aber offenbar größtenteils vor- her durch die Passage der der Stadt vorgela- gerten Kinzig-Murg-Rinne mit humosen Ablage- rungen verursacht, also natürlicher Herkunft.

Bei Passage der versiegelten Innenstadt ergibt sich keine Sauerstoffnachlieferungsmöglichkeit.

Dass hier eine solche unter den unversiegelten Stadtflächen möglich wäre, zeigen die der ln- nenstadt nachfolgenden Sauerstoffanstiege bis auf 2-4 mgll bei Passage der unversiegelten Flächen mit größerer Grundwasserneubildung und größerer Sauerstoffzufuhr, wie z.B. im Schlosspark. Dieser Konzentrationsbereich ist für die auf der Niederterrasse gelegenen Karls- her Stadtteile als der hier potentiell natürliche Sauerstoffkonzentrationsbereich anzusehen.

Die sekundären ~ e l a s t u n ~ e n ziehen als letzte der hier betrachteten Stufen der Reaktionskette die tertiären Beschaffenheitsänderungen nach sich. So kann ein durch Sauerstoffmangel reduziertes Redoxmilieu bspw. eine Mobilisie- rung von Schwermetallen einleiten oder einen Anstieg der Sulfatgehalte verursachen, letzte-

res als Folge der mit der Nitratreduktion (Deni- trifikation) verbundenen Pyritoxidation. Diese Wechselwirkungen sind nicht immer eindeutig nachvollziehbar, aber machen sich bei der Ge- samtbetrachtung vieler Stoffe über viele Indi- zien bemerkbar.

In Karlsruhe machen sich auf Fließstrecken mit Sauerstoffmangel einzelne positive Eisen-, Mangan- und Schwermetallbefunde, offenbar aus Messstellenausbau und Kanalexfiltrationen resultierend, bemerkbar. Die Metallkonzentra- tionen verrinaem sich aber z.T. wieder bei Pas-

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sage der zwischengeschalteten unversiegelten Flächen mit Sauerstoffkonzentrationen bis zu 4 mgll, offenbar aufgrund der hier wieder staitfin- denden oxidativen Schwermetallausfällungen in den Grundwasserleiter.

Weitere in Karlsruhe feststellbare Tertiärbela- stungen sind: die Nitritbildung aus Nitrifikations- und Denitrifikationsprozessen an einzelnen Messstellen, die aus-der Denitrifikation resultie- rende Nitratreduktion auf teilweise 0 mgll und die aus der autotrophen Denitrifikation resultie- rende Sulfatbildung. Auf die Denitrifikationspro- zesse sind Teile der Aufhärtungen zurückzufüh- ren, d.h. die Konzentrationsanstiege von Cal- cium, Magnesium und der Säurekapazität bis 4,3 (als Stellvertreter für das Hydrogencarbona- tion).

Die hohen Sulfatkonzentrationen sind also ne- ben der sicher gravierenderen Ursache Bau- schutt, auch auf das Zusammentreffen des von der Stadt induzierten Sauerstoffmangels und der landwirtschaftlichen Nitratvorbelastuna zu-

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rückzuführen.

Insgesamt ist die Beschaffenheit des Grund- wassers unter dem Stadtgebiet von Karlsruhe im Hinblick auf die Richtlinien und Grenzwerte der Trinkwassewerordnung in einem akzepta- blen Zustand.

Auffällig sind meist die rein anthropogen einge- brachten Stoffe wie Pflanzenbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmittel, Waschmittelin- haltsstoffe (EDTA, NTA, Bor) und chlorierte

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Kohlenwasserstoffe. Nur wenige Stoffkonzen- trationen an nur wenigen Messstellen über- schreiten die Grenzwerte der Trinkwasse~er- ordnung (Ammonium, Nitrit, Kalium, Eisen, Mangan, Zink, Arsen, Pflanzenschutzmittel: He- xazinon, Atrazin, Desethylatrazin; Chlorierte Kohlenwasserstoffe: Tetrachlorethen ("Per"), Trichlorethen ("Tri")).

Der Einfluss der Stadt ist im Östlichen Mess- streifen gravierender als im westlichen. Dies ist bei nahezu allen untersuchten Stoffen festzu- stellen. Hier liegen die meisten maximalen Kon- zentrationen, außer bei den chlorierten Kohlen- wasserstoffen. Dies ist offenbar auf die hier lie- gende Karlsruher Innenstadt mit einem hohen Risikopotential zurückzuführen. Die hier auch weit höheren Sulfatkonzentrationen sind teil- wiese Resultat der hier dem Stadtgebiet zuflies- senden größeren Nitratbelastung aus dem land- wirtschaftlich- und gartenbaulich genutzten Vor- land. Der erklärende Prozess ist die Nitratre- dukiion bei gleichzeitiger Sulfatbildung unter Sauerstoffmangel.

Einige Parameter wiesen im Verlauf der Unter- suchungen keinen Konzentrationswert oberhalb der Bestimmungsgrenze auf, waren also nicht nachweisbar: Quecksilber, Kupfer, Chrom, Cy- anid, PBSM: ~ r o ~ a z i n , CKW: Dichlormethan, Tetrachlormethan, Kohlenwasserstoffe (gelöst und emulgiert).

Eine Belastung mit Natriumchloridsalz existiert zwar im Stadtgebiet und erhöht die Natrium- und Chloridwerte um ca. 100%, ist aber haupt- sächlich im westlichen Messstreifen augenfällig, da die Chloridvorbelastung im östlichen Mess- streifen von der vorgelagerten Autobahn schon hoch ist.

Einzelne erhöhte Eisen-, Mangan- und Schwer- metallbefunde (Arsen, Blei, Cadmium, Nickel, Zink) resultieren aus dem Messstellenausbau (verzinkte Eisenrohre) und aus Kanalexfiltratio- nen. Die Konzentrationserhöhungen finden aber nur unter den versiegelten Flächen mit gleichzeitiger Sauerstofffreiheit und damit mit einem höheren Schwermetalllöslichkeitspoten-

tial statt. Unter den auf der Fließstrecke zwi- schengeschalteten unversiegelten Flächen sind die Konzentrationen gering oder die Schwer- metalle nicht nachweisbar, da die Sauerstoff- zufuhr mit der hier erhöhten Grundwasserneu- bildung offenbar die Schwermetalle in eine oxi-, dative Form überführt, in der die Metalle im Grundwasserleiter ausgefällt werden.

Die in die städtische Bebauung eingestreuten unversiegelten landwirtschaftlichen, gartenbau- lichen oder landschaftsgärtnerisch genutzten Flächen, wie Felder, Parks oder Brachflächen - z.T. mit durchquerenden ins Grundwasser infil- trierenden Oberflächengewässern

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reduzieren die abwasserbürtigen und aus der Versiegelung in Karlsruhe resultierenden Grundwasserbela- stungen. Diese Flächen mit höherer Grundwas- serneubildung und nachweisbar größerer Sau- erstoffzufuhr bis ins Grundwasser können städ- tische Emissionen von persistenten oder oxi- dierbaren Stoffen verdünnen undIoder in meist unschädlichere Formen oxidieren. So führt ge- rade die Infiltrationsstrecke des Flusses Alb zu gravierenden Verdünnungen bei Stoffen wie Calcium, Magnesium, der Säurekapazität bis pH 4.3 und der Leitfähigkeit. Andererseits sind aber aufgrund der Flussvorbelastung mit gerei- nigtem Abwasser aus oberstromigen Kläranla- gen offenbar auch Konzentrationserhöhungen bei Bor, EDTA, NTA festzustellen. Auch die unter dem versiegelten Stadtgebiet staiifin- dende Erwärmung um ca. 2-3 "C bis auf etwa 16 "C wird durch offene Flächen in den Außen- bezirken reduziert. Andererseits führt die land- wirtschaftliche und gärtnerische Nutzung auf diesen Flächen (Grünanlagen, Äcker) zum Ein- trag von Pflanzenschutzmitteln und von Nitrat.

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