3 Numerische Werkzeuge
3.3 Methodenvalidierung
3.3.1 Entwurfsmodul
( ) ( ) ( ) ( )
2 2
2 2
2 1
1
( ) ( ) 1 sin ( )
( ) ( ) sin sin ( )
( ) ( ) sin ( )
W W
W W
W W
u t A t a
v t A t b
w t A t c
δ
δ δ
δ
= ⋅ −
= ⋅ −
= ⋅
(3.9)
Der Vektor VW( )t = ⎢⎡⎣u t v t w tW( ) W( ) w( )⎤⎥⎦T beschreibt den Zustand in der Bewegungsgleichung (2.13) unter dem instationären räumlichen Windeinfluss. Die Abbildung 3.10 zeigt beispielhaft die Auswertung der Gl. (3.9) in Form der zeitlichen Änderung des Anstell‐ und Schiebewinkels beim Durchfliegen mit
50 0 0T
VK = ⎢⎡⎣ ⎤⎥⎦ und [Φ Θ Ψ = ⎢]T ⎡⎣0 0 0⎤⎥⎦T einer Windböe mit ⎡⎢⎣u v w0 0 0⎤⎥⎦T = ⎢⎡⎣0− −5 3⎤⎥⎦T und ei‐
ner Dauer von 10 Sekunden. Die Böe kommt in diesem Fall von unten rechts und verursacht eine maxi‐
male Änderung der Anströmrichtung ⎡⎢⎣αmax βmax⎤⎥⎦ =⎡⎢⎣5, 7 3, 4° °⎤⎥⎦.
In der Zulassungsvorschrift für zivile Verkehrsflugzeuge CS 25.341 [40] ist die Stärke einer seitlichen Windböe auf 17,07 [m/s] festgelegt. Sofern nichts anderes angegeben, wird der Windeinfluss mit dieser Amplitude modelliert.
Abbildung 3.10: Änderung der Anströmrichtung beim Durchfliegen einer Windböe
trotz der scheinbaren Vielfalt der Konzepte, die mangelhaften Detailinformationen über beispielsweise die Kraftstoffkapazität oder den realisierten Hybridisierungsgrad. Um dem parametrischen Aufbau und dem flexiblen Einsatzbereich von SORIS gerecht zu werden, wurden für die Validierung folgende Konzep‐
te hybrider Luftfahrzeuge ausgewählt: MDL‐1000/600, ATLANT‐30 und Au‐30. Das Hauptaugenmerk wurde dabei auf ein möglichst großes Spektrum an Nutzlastklassen und unterschiedlichen Hybridisie‐
rungsgrade gelegt.
Abbildung 3.11: Ergebnis der SORIS‐Validierung
Der Vergleich der Massen‐ und Leistungsdaten industrieller Projekte mit den Vorhersagen von SORIS ist in der Abbildung 3.11 dargestellt. Die dieser Darstellung zugrunde liegenden Daten sind im Anhang C.2 zu finden. Trotz der teilweise relativ großen Abweichungen der Werte sowohl in positive als auch in ne‐
gative Richtung kann der Vergleich als zufriedenstellend angesehen werden. Der mittlere Fehler über den gesamten Datensatz liegt bei lediglich ‐0,14%.
Eine weitere, „indirekte“ Validierungsmethode besteht in der Überprüfung der wohlbekannten Gesetz‐
mäßigkeiten aus der Luftfahrt, wie beispielsweise Square Cube Law (SQL) und Economy of Scale (EoS).
Das SQL besagt, dass wenn eine Komponente in der Dimension r skaliert wird, ändert sich ihr Volumen V und ihre Masse m kubisch, während die Oberfläche O sich quadratisch mit der Dimension ändert
ä ~ ~
~ ~
Diese Gesetzmäßigkeit hat beispielsweise zur Folge, dass eine Flügelvergrößerung zu einer überpropor‐
tionalen Flügelmasse führt. Bei Luftschiffen verliert dieses Gesetz dagegen seine Gültigkeit.
Im Gegenteil, deren Effizienz steigt sogar mit der Dimension, da das Volumen und damit der aerosta‐
tische Auftrieb um eine Potenz schneller wachsen, als die Oberfläche. Diesen Zusammenhang macht die Abbildung 3.12 deutlich. Sie zeigt die relative Änderung der Oberfläche eines Rotationsellipsoids in Abhängigkeit von der Volumenänderung und dem Schlankheitsmaß. Es kann gezeigt werden, dass die Oberfläche neben Volumen auch von dem Schlank‐
heitsmaß abhängt. Diese Abhängigkeit hat in etwa einen exponentiellen Charakter und kann mit guter Näherung mit der Gl. (3.10) approximiert werden.
‐17%
‐12%
‐7%
‐2%
3%
8%
13%
18%
Abweichung[%]
Hüllenvolumen Länge Durchmesser Flügel‐Halbspannweite
Flügelfläche Leistung Abfluggewicht max. Kraftstoffmasse
MDL‐1000 MDL‐600 ATLANT‐30 cargo Au‐30
Nutzlast: 145,2t Nutzlast: 20t Nutzlast: 16,4t Nutzlast: 1,5t
Abbildung 3.12: Änderung der Ellipsoidoberfläche mit Volumen und Schlankheitsmaß
1 2 3 4 5
5 10 151
2 3 4 5 6
relatives Volumen Schlankheitsmaß
relative Oberfläche
0,3126 23
( )
4, 0236
k
S V
ϕ
ϕ
≈ ⋅ ⋅ (3.10)
Verfünffacht sich das Volumen bei einem Schlankheitsmaß von 1, so steigt die Oberfläche um den Faktor 2,92. Bei einem Schlankheitsmaß von 15 führt dagegen die gleiche Volumenvergrößerung zur Vergröße‐
rung der Oberfläche um den Faktor 5,27. Das Schlankheitsmaß verstärkt somit (unterproportional) die Oberflächenvergrößerung.
Die EoS ist eine weitere Gesetzmäßigkeit in der Luftfahrt, wonach die Luftfahrzeuge mit steigenden Nutzlasten wirtschaftlicher werden. Dieser Trend ist sowohl für Flugzeuge als auch für Luftschiffe gültig und begründet sich v. A. durch die verbesserte Aerodynamik mit steigender Reynolds‐Zahl. Zusätzlich wirken sich abnehmende Massenanteile wie beispielsweise die Avionik oder die Cockpitbesatzung posi‐
tiv auf die Gesamtmassenbilanz aus. Unterproportional wachsende Massen wie beispielsweise der Hilfs‐
turbine (APU) führen zusammen mit dem Schneeballeffekt der Massenzu‐ bwz. abnahme zu einem un‐
terproportional wachsenden Gesamtgewicht.
Um die oben genannten Effekte zu verdeutlichen, wurde die Masse der Flügel und des Luftschiffkörpers, zwei Komponenten, die repräsentativ für zwei verschiedene Auftriebsarten stehen, für zwei extreme Hybridisierungsgrade bei verschiedenen Nutzlasten bestimmt. Die übrigen Missions‐ und Designparame‐
ter wurden dabei konstant gelassen (Reichweite = 1000 km, Flughöhe = 1500 m, Fluggeschwindig‐
keit = 150 km/h, Schlankheitsmaß = 6). Der kleinste mit dem Modell realisierbare Hybridisierungsgrad 0,1 soll die Flugzeuge und 0,95 die Luftschiffe darstellen. Der Verlauf der beiden Massen in der Abbildung 3.13 zeigt den progressiven Zuwachs der Flügelmasse (SQL) und den leicht degressiven Verlauf der Masse des Luftschiffkörpers, der ab ca. 25 t mit guter Näherung als linear steigend angese‐
hen werden kann.
Abbildung 3.13: Massen der Flügen und des Luftschiffkörpers für unterschiedliche Nutzlasten
Mit dem Wissen dieser beiden Gesetzmäßigkeiten wird der Nutzlastfaktor (Definition siehe im Ab‐
schnitt 4.1) als Funktion der Nutzlast und des Hybridisierungsgrades für die gleiche Kombination der übrigen Parameter berechnet. Das Ergebnis ist in Abbildung 3.14, links dargestellt. Da für die Analyse nur der Verlauf der beiden Randkurven mit dem kleinsten (χ = 0,3) und dem größten (χ = 0,9) Hybridisie‐
rungsgrad von Interesse ist, werden diese Kurven als separate Grafik links dargestellt.
Die blaue Kurve im rechten Bild mit dem Hybridisierungsgrad von 0,9 entspricht in etwa dem eines Luft‐
schiffes. Sie steigt, wie das SQL voraussagt, wurzelförmig. Bei einer Nutzlast von 1,9 t entspricht der Nutzlastfaktor in etwa dem des Zeppelin NT07 von 0,24. Der Kurvenverlauf mit dem kleinsten Hybridisie‐
rungsgrad (ein dem Flugzeug ähnliches Vehikel) ist bei kleinen Nutzlasten ähnlich dem des Luftschiffes.
Dieses Verhalten ist auf die oben besprochene EoS zusammen mit dem Schneeballeffekt zurück zu füh‐
ren. Die Kurvenlinie für χ = 0,3 beginnt etwas oberhalb der des Luftschiffes und entspricht mit γ = 0,27
0 50 100 150 200
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
PL [t]
mwing [t]
χ = 0,1
0 50 100 150 200
0 5 10 15 20 25 30 35
PL [t]
m hull [t]
χ = 0,95
ungefähr dem Nutzlastfaktor von kleinen Frachtflugzeugen, wie der Cessna Grand Caravan [27]. Mit zunehmender Nutzlast (ab etwa 25 t) greift das SQL immer stärker ein und lässt den Nutzlastfaktor bei höheren Nutzlasten sinken. Bei einer Nutzlast von 200t wird ein Nutzlastfaktor von 0,43 erreicht. Dieser Wert ist für ein Frachtflugzeug wie etwa der B‐747F relativ hoch. Wird jedoch die Tatsache beachtet, dass im vorliegenden Fall immerhin noch 30% des aerostatischen Anteils vorhanden sind und auch die übrigen Daten (Reichweite, Flughöhe und Geschwindigkeit) nicht direkt vergleichbar sind, kann der Kur‐
venverlauf als qualitativ richtig angesehen werden.
Abbildung 3.14: Nutzlastfaktor als Funktion der Nutzlast und des Hybridisierungsgrades
Der Einfluss des Hybridisierungsgrades auf den Nutzlastfaktor wird aus der dreidimensionalen Darstel‐
lung (linkes Bild) ersichtlich. Ausgehend von einer Randkurve (bsp. für χ = 0,3) überführt er annähernd linear den Nutzlastfaktor in eine andere Randkurve. Diese Abhängigkeit ist jedoch von der Nutzlast ab‐
hängig. Bei kleineren Nutzlasten (bis ca. 25 t) sinkt der Nutzlastfaktor allmählich mit dem Hybridisie‐
rungsgrad. Bei größeren Nutzlasten hingegen kehrt sich dieser Trend um, und zwar wird der Nutzlastfak‐
tor mit dem Hybridisierungsgrad immer besser. Der Hybridisierungsgrad wichtet somit die domi‐
nierenden nutzlastabhängigen Effekte beider Randkurven (Flugzeug vs. Luftschiff) gegeneinander.