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2.4 O RDNUNGSPOLITISCHER V ERGLEICH ZWISCHEN E INSPEISEMODELLEN , A USSCHREIBUNGSMODELLEN

2.4.2 Entwicklung einer Instrumententypologie

2.4.2.1 Einspeisemodelle

Bei der Ausgestaltung von Einspeisemodellen müssen folgende grundsätzliche Aspekte in Betracht gezogen werden:

1. Welchen Technologien sollen welche Tarife garantiert werden?

2. Wie wird der produzierte Strom abgenommen?

3. Wer finanziert die Einspeiseentgelte?

Diese Aspekte werden in den nachfolgenden Abschnitten vertieft. Am Ende der Dis-kussion werden die für die ordnungspolitische Bewertung relevanten Ausgestal-tungsvarianten von Einspeisemodellen identifiziert.

2.4.2.1.1 Tarifgestaltung

Während die Auswahl der begünstigten Technologien per se keine ordnungspoliti-sche Relevanz hat, ist die Tarifgestaltung – je nachdem welches Ziel mit der Förde-rung verfolgt wird – ordnungspolitisch unterschiedlich zu bewerten. Während bei-spielsweise die Tarife für Strom aus einer Windenergieanlage im Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) als prozentualer Anteil der Durchschnittserlöse der Stromlieferanten je Kilowattstunde für die Lebenszeit der Anlage festgelegt wur-den, sind im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) fixe Pfennigbeträge je Kilowatt-stunde festgeschrieben. Die Vergütung wird im EEG ebenfalls für die Lebenszeit einer Anlage festgelegt. Im Gegensatz zum StrEG erhalten in der Zukunft errichtete Anlagen jedoch geringere Vergütungssätze (degressive Komponente). Grundsätzlich denkbar ist auch eine zeitlich befristete Gewährung von Einspeisevergütungen.

Bezogen auf das Umweltschutzziel ist es aus ordnungspolitischer Sicht irrelevant, welche Tarifgestaltung letztlich verankert wird. Für die Sicherheit der Investoren ist ein fester Vergütungssatz gegenüber einem relativen Vergütungssatz dagegen vor-zuziehen, da bei letzterem eine Unsicherheit bezüglich der Erlöse eines Projekts auftritt, wenn der Einspeisetarif an die Preisentwicklung im konventionellen Strom-markt gekoppelt wird. Mit Hilfe einer degressiven Komponente, nach der zukünftige Anlagen mit geringeren Vergütungen zu rechnen haben, können Kostensenkungen und technologischer Fortschritt möglicherweise herbeigeführt werden, wenn die Innovationstätigkeit der Anlagenhersteller mit der festgeschriebenen Tarifdegression Schritt halten kann. Wenn der Gesetzgeber eine zu forsche Degression festschreibt, besteht die Gefahr, dass das Angebot an Erneuerbare-Energie-Anlagen abgewürgt wird.

In Bezug auf die Ziele Umweltschutz, Investitionssicherheit und Kostensenkung durch die Förderung erneuerbarer Energien stehen die genannten Aspekte der Tarif-gestaltung jedoch in keinem Zielkonflikt. Daher konnte bei der TarifTarif-gestaltung zum EEG mit festen Vergütungssätzen und degressiver Komponente auf alle drei Ziele Rücksicht genommen werden. Im Vergleich zu den untersuchten Mengenregulierun-gen (Ausschreibungs- und Quotenmodell) sind diese Aspekte jedoch als vergleichs-weise unbedeutend einzuordnen. Sie sind Nuancen der Tatsache, dass sich die Ein-speisemodelle durch garantierte Einspeisevergütungen auszeichnen und aufgrund dieser Tatsache von den anderen Modelltypen unterscheiden.

Aufgrund ihrer ordnungspolitisch vergleichsweise geringen Differenzen wird auf die unterschiedlichen Formen der Tarifgestaltung in Einspeisemodellen daher nachfol-gend nicht weiter eingegangen.

2.4.2.1.2 Regelung des Marktzugangs

Die Regelung der Aufnahme von grünem Strom in das Netz spielt im Vergleich zur Tarifgestaltung eine ordnungspolitisch weitaus bedeutendere Rolle für das Instru-mentendesign. Es sind grundsätzlich zwei Varianten des Marktzugangs von grünem Strom denkbar:

1. Abnahmepflicht durch den Netzbetreiber

2. Selbstvermarktung durch die Produzenten von grünem Strom und verhandelter Netzzugang.

Die Abnahmeverpflichtung ist ein auch bei den anderen Instrumententypen gängiger Automatismus, mit dem gewährleistet wird, dass Strom aus erneuerbaren Energien in das Stromnetz aufgenommen wird. Es ist jedoch ebenfalls vorstellbar, dass bei allen untersuchten Instrumenten die Begünstigten den Netzzugang aushandeln und sich ihren Stromabnehmer (Kunden) selbst suchen (Selbstvermarktung).

Aus dem Blickwinkel des Umweltschutzziels ist die Abnahmegarantie insofern vor-teilhaft als gewährleistet wird, dass wenn die Sonne scheint oder der Wind weht, in jedem Fall Strom in das Netz abgegeben werden kann. Dieser Umstand trägt auch zur Erhöhung der Investitionssicherheit bei. Dagegen werden solche technologischen Weiterentwicklungen nicht gefördert, welche die Kompatibilität der Erneuerbare-Energieanlagen (EEA) mit den Erfordernissen des Netzbetriebs fördern und somit zum Verringern der Systemkosten von grünem Strom beitragen.

Bei der Selbstvermarktung müssen die EEA-Betreiber im Wettbewerb mit anderen Anbietern ihren Strom an einen Zwischenhändler oder direkt an den Endkunden zu einem vertraglich fixierten Preis verkaufen. Die Summe aus diesem Preis und der gesetzlich garantierten Vergütung muss genügen, um die Stromgestehungs- und Vermarktungskosten sowie die Netznutzungsgebühr zu decken. Wenn die Produ-zenten von grünem Strom einen Käufer nachweisen müssen, um in den Genuss der Förderung zu gelangen, ist im Gegensatz zur Abnahmegarantie gewährleistet, dass der Netzbetreiber für jede Strommenge, die in sein Netz geliefert wird, auch ein Abnehmer vorhanden ist. Bei dieser Regelung kann man davon ausgehen, dass die Innovationstätigkeit bei der EEA-Entwicklung auch eine Verbesserung der „Netzver-träglichkeit“ des produzierten Stroms zum Ziel hat. Für die Investoren erhöht sich jedoch durch den verhandelten Netzzugang das Investitionsrisiko.

Aufgrund dieser Überlegungen scheint es keine eindeutige Antwort auf die Frage zu geben, welche Form des Marktzugangs aus ordnungspolitischer Sicht generell –für alle Förderziele – zu bevorzugen ist. Daher wird nachfolgend unterschieden, ob das Design eines Förderinstruments eine Abnahmepflicht der Netzbetreiber oder die Selbstvermarktung durch die Produzenten von grünem Strom vorsieht.

2.4.2.1.3 Refinanzierung der Einspeisevergütungen

Sowohl bei Einspeisemodellen als auch bei Ausschreibungsmodellen ist eine Rege-lung erforderlich, die das Aufkommen der zu verteilenden Mittel sicherstellt. Wenn man davon ausgeht, dass das Erreichen von umwelt-, wirtschafts- und forschungs-politischen Zielen allen Bürgern eines Landes zugute kommt, gibt es keinen Grund, die Belastungen durch entsprechende Förderinstrumente regional unterschiedlich zu verteilen. Hier lag ein Problem des StrEG, das dadurch zu regional unterschiedlichen Belastungen geführt hat, dass den regionalen Netzbetreiber eine Abnahme und Ver-gütungspflicht für grünen Strom vorgeschrieben wurde. Im EEG wurde ein überregi-onaler Ausgleichsmechanismus geschaffen, der gewährleisten soll, dass jede Kilo-wattstunde Strom auf der Ebene der Stromlieferanten gleich belastet wird. Das EEG führt also eine Stromumlage ein. Alternativ dazu ist eine Finanzierung aus dem all-gemeinen Haushalt denkbar. Da die Ziele der Förderung erneuerbarer Energien von allgemeiner Bedeutung sind, erscheint die Haushaltsfinanzierung durchaus adäquat.

Der Nachteil der Umlage liegt in ihrer Ähnlichkeit zu einer Abgabe und muss sich folglich in sehr engen gesetzlichen Grenzen bewegen. Im Vergleich zur Haushalts-finanzierung ist jedoch ein Missbrauch der Stromumlage durch die beteiligten Akteure weitgehend ausgeschlossen, da die begünstigten EEA-Betreiber und die zur Finanzierung verpflichteten Stromlieferanten gegensätzliche Interessen verfolgen und sich daher gegenseitig kontrollieren. Die Haushaltsfinanzierung gewährleistet diese Selbstkontrolle nicht, da sowohl Stromlieferanten als auch EEA-Betreiber daran interessiert sind, möglichst große Teile der vom Staat ausgeschütteten Förde-rung zu erhalten. Bei der HaushaltsfinanzieFörde-rung bedarf es also einer behördlichen Kontrolle.

Aufgrund dieser Überlegungen wird bereits deutlich, dass die Art der Refinanzierung von Einspeisevergütungen ein ordnungspolitisch relevantes Designmerkmal von Förderinstrumenten für erneuerbare Energien im Stromsektor ist. Insgesamt ergeben sich daher vier grundsätzlich diskussionswürdige Ausgestaltungsvarianten von Ein-speisungsmodellen, je nach dem welcher Marktzugang und welcher Finanzierungs-mechanismus gewählt wird.

Tabelle 3 Varianten von Einspeisemodellen

Finanzierung Marktzugang

Staatshaushalt Stromumlage

Abnahmepflicht E-AP-HF E-AP-UF

Selbstvermarktung E-SV-HF E-SV-UF

Tabelle 3 stellt diese vier Möglichkeiten dar und weist den einzelnen Varianten Kurz-bezeichnungen zu. Mit „E-AP-HF“ wird dabei ein Einspeisemodell (E) mit Abnahme-pflicht (AP) und Haushaltsfinanzierung (HF) bezeichnet. Der Marktzugang per Selbstvermarktung ist mit „SV“ bezeichnet während „UF“ für eine gesetzlich verord-nete Umlagefinanzierung der Unternehmen in der Stromwirtschaft steht. Das EEG und das abgelöste StrEG sind in dieser Systematik unter „E-AP-UF“ einzuordnen.

Das frühere dänische System, das neben der Vereinbarung einer Einspeisever-gütung mit der Stromwirtschaft eine CO2-Steuer Rückvergütung als Komponente des Fördersystems für erneuerbare Energien beinhaltete, wäre in der Tabelle als

Abnahmepflichtvariante zwischen Finanzierung durch den Staatshaushalt und Finan-zierung über eine Stromumlage angesiedelt.

Ein System mit Selbstvermarktung und Stromumlage könnte so funktionieren, dass der EEA-Betreiber einen Liefervertrag mit einem Endkunden oder Zwischenhändler vereinbart. Die aufgenommene Strommenge wird nach gesetzlich geregeltem Tarif gegen Vorweis der Lieferverträge und entsprechend der am Einspeisepunkt zum Stromnetz gemessenen Energiemengen vergütet. Die Vergütungen werden am Ende einer vorher bestimmten Abrechnungsperiode auf alle Stromlieferungen umverteilt.

Der Netzbetreiber, der den grünen Strom aufnimmt, darf die dadurch anfallenden Netznutzungskosten in Rechnung stellen und weist die entsprechend eingespeisten Strommengen nach. Für Einspeisungen die nicht vertraglich gedeckt sind, muss keine Vergütung nach Tarif gezahlt werden. Bei Selbstvermarktung und Haushalts-finanzierung könnte die Ausschüttung der Einspeiseentgelte durch eine Behörde geregelt werden, die bei Vorlage von Einspeisezählungen und Lieferverträgen direkt an die EEA-Betreiber die gesetzlich festgelegten Tarife bezahlt oder an die Netz-betreiber, falls diese zur Vorfinanzierung der Einspeisetarife verpflichtet werden.