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Einflußfaktoren und allgemeine Anwendungsgrenzen

3 Grundlagen und prinzipielle Wirkungsweise der Verfahren

3.2 Hydraulische Verfahren

3.2.2 Einflußfaktoren und allgemeine Anwendungsgrenzen

Die Wirkungsweise hydraulischer Verfahren und ihr Einfluß auf die Steuerung der Grundwas-serströmung und den möglichen Stofftransport im Grundwasser hängt in praktischen Fällen von zahlreichen naturgegebenen und aufgeprägten Einflußfaktoren ab, die ein komplexes Wirkungsgefüge darstellen (vgl. Tab. 3.2-1).

Ihre Kenntnis ist Voraussetzung für eine sachgerechte Auswahl, Planung und Durchführung hydraulischer Verfahren.

Maßgebende Haupteinflußfaktoren sind

• die vorliegenden Untergrundbedingungen,

• die vorherrschenden hydrologischen Verhältnisse und ihre zeitlichen Veränderungen,

• die technisch-konstruktive Auslegung der jeweiligen Maßnahmen und deren betriebli-cher Ablauf,

• Art, Umfang sowie zeitliche und räumliche Verteilung der maßgebenden Untergrund-verunreinigung.

Nachfolgend sollen prinzipiell einige wesentliche Charakteristiken der oben aufgeführten Ein-flüsse hinsichtlich der Wirkung hydraulischer Maßnahmen und deren Variation betrachtet werden. Grundlegende Ausführungen hierzu enthält das Kapitel 2 dieses Handbuches.

3.2.2.1 Untergrundaufbau (vgl. Kapitel 2.1, 2.3, 2.4)

Die Untergrundeigenschaften wie

• räumliche Strukturen und Fazieswechsel (Schichtung, Rinnen, Stockwerke)

• Kornverteilung, Hohlraumanteil, Durchlässigkeit

• mineralische Zusammensetzung

• Gehalt an organischer Substanz

• Grundwassermilieu

stellen wesentliche Randbedingungen für den Wasser- und Stofftransport im Untergrund dar.

Das Grundwasserfließgeschehen wird maßgeblich von der räumlichen Verteilung des Fließwiderstandes bzw. der Durchlässigkeit geprägt. Durchlässigere Tiefenbereiche werden zu Grundwasserstockwerken zusammengefaßt, undurchlässigere zu Stauern bzw. Trennhori-zonten. Diese können lokal stark variieren und durch zusätzliche Inhomogenitäten überprägt sein.

Der Untergrundaufbau korrespondiert häufig mit einer differenzierten Belastungsverteilung.

Tab. 3.2-1 Beispielhafte Einflüsse des Untergrunds auf die Anwendbarkeit von Sanierungssy-stemen

Die Tiefenwirkung hydraulischer Maßnahmen ist in Abb. 3.2-2 für einen mächtigeren homo-genen Grundwasserbereich und in Abb. 3.2-3 wieder exemplarisch für einen geschichteten Untergrund veranschaulicht. Die Grundwasserförderung erfolgt im 25 m mächtigen oberen Stockwerk aus einem natürlichen Grundwasserabstrom mit einer Filtergeschwindigkeit (nach Darcy) von ca. 1 m/d bei einer Grundwasserabsenkung am Brunnen von 1 m bis 4 m je nach Betriebssystem. Dies beinhaltet eine Entnahme von rd. 70 m3/h, entweder aus einem Ein-zelbrunnen im Grundwasserabstrom (geringere Absenkung) oder aus jedem Brunnen einer Reihe senkrecht zur Zeichenebene mit jeweils 50 m Abstand (größere Absenkung).

Abb. 3.2-2 Oberflächennaher Brunnen im tiefreichend homogenen Untergrundbereich

Abb. 3.2-3 Oberflächennaher Brunnen im tiefenmäßig stark geschichteten Untergrundbereich

3.2.2.2 Hydrologie - Grundwasserströmungsverhältnisse

Einflüsse dieser Art sind meist neben oder zusammen mit dem Untergrundaufbau dominie-rend für die Möglichkeit hydraulischer Maßnahmen überhaupt und für die effektive Anwend-barkeit unterschiedlicher Ausführungen.

Infolge des natürlichen Wasserkreislaufs muß praktisch in jedem Grundwasserbereich ein dauernder, unterschiedlich ausgeprägter Abfluß stattfinden, der durch die Gebietsbedingungen bestimmt ist. Maßgebend ist die hydrologisch und geologisch bedingte generelle Intensität und Richtung des Grundwasserabstromes und seine örtlichen und zeitlichen Schwankungen und Unterschiede. Dadurch wird die Wirksamkeit eines Brunnens wesentlich beeinflußt. Trotz allseitiger radialer Auswirkung der Brunnenabsenkung kann von einem Brunnen nur ein mehr oder weniger breiter Abstrombereich und damit gegebenenfalls auch nur ein Teil einer ab-strömenden Kontaminationsfahne erfaßt werden.

In Abb. 3.2-4 ist beispielhaft die Wirkung eines Brunnens im Grundwasserstrom und die bei seiner Anordnung und Auslegung mögliche, hier nur unvollständige, Erfassung einer Konta-minationsfahne veranschaulicht.

Die unvollständige Erfassung der Kontamination wird dadurch bewirkt, daß auch bei punktu-ellem Schadstoffeintrag im Abstrom eine im Vergleich zum mittleren Fließweg uneinheitli-che, "streuende" Stoffausbreitung erfolgt. Dies ist begründet aus:

• Diffusionsvorgängen (i. a. vergleichsweise gering)

• Dispersionsvorgängen: Dispersion ist die Abweichung der tatsächlichen Grundwas-serströmung (örtliche Geschwindigkeit und Richtung) von der erfaßbaren mittleren Strömung. Ursache hierfür sind vor allem Uneinheitlichkeiten im Untergrundaufbau, die ausgehend vom ungleichmäßigen Korngerüst über allseits vorkommende kleinräu-mige Inhomogenitäten bis zu den großräukleinräu-miger maßgebenden Strukturen des Unter-grundes reichen. Je größer die Heterogenität des UnterUnter-grundes, desto stärker ist die Dispersion.

Der von den hydrologischen und geologischen Gebietsbedingungen abhängige zeitliche und räumliche Grundwasserabstrom bedarf daher einer gründlichen Vorerkundung. Dabei sind die örtlich maßgebenden zeitlichen Schwankungen der Wasserstände und des Abflusses, aber auch zusätzliche Einflüsse wie Oberflächengewässer, Zuflüsse aus Randbereichen und bereits vorhandene anderweitige Grundwasserbeeinflussungen (z. B. Gewinnungen) zu berücksichti-gen.

Abb. 3.2-4 Teilweise Erfassung einer Kontaminationsfahne durch einen Brunnen im Grund-wasserabstrom

3.2.2.3 Art der Anlagen und betriebstechnische Bedingungen

Selbstverständlich bringt die jeweilige Art der eingesetzten hydraulischen Anlagen, sei es ein Einzelbrunnen bestimmter Anordnung und Auslegung, sei es eine Brunnengruppe oder Brun-nenreihe oder auch ein Graben- bzw. Dränagesystem sowie eine beliebige Kombination sol-cher Einrichtungen einen wesentlichen Einfluß auf die Wirksamkeit mit sich. Entsprechendes gilt natürlich auch für unterschiedlichen Betrieb der Anlagen.

Eine Darstellung und Verdeutlichung dieser Einflüsse ist allerdings nur bezogen auf den je-weiligen Standort und seine Charakteristiken möglich. Deshalb ist auch eine zielgerechte An-passung der eingesetzten Verfahren an die jeweiligen Standortbedingungen eine unbedingte Voraussetzung.

3.2.2.4 Art und Verteilung der Untergrundkontamination

Hinsichtlich der generell maßgeblichen grundlegenden Stoffeigenschaften und Phänomene wird auf die Kapitel 2.2 bis 2.4 verwiesen. In Tabelle 3.2-2 sind beispielhaft einige mögliche Einflüsse von Kontaminationseigenschaften auf die Auswahl und Wirksamkeit von Sanie-rungsmaßnahmen skizziert.

Die Art der Untergrundverunreinigung mit ihrer räumlichen und zeitlichen Verteilung im Zu-sammenhang mit dem Untergrundaufbau, dem chemischen Milieu und dem hydrologischen Geschehen einerseits steht unmittelbar im komplexen wechselseitigen Einfluß mit der Ein-satzmöglichkeit und der Wirksamkeit hydraulischer Verfahren.

Als beispielhaft kann auch die in Abb. 3.2-5 schematisch veranschaulichte Ausbreitung von Schadstoffen unterschiedlicher Dichte und Wasserlöslichkeit im Grundwasser ausgehend von einer oberflächennahen Versickerungsstelle (z. B. Leck in Behälter, Ablagerungsgrube, un-dichte Leitung u. a.) in den Grundwasserbereich angesehen werden.

Tab. 3.2-2 Beispielhafte Einflüsse der Kontaminationseigenschaften auf die Auswahl und Wirk-samkeit von Sanierungsmaßnahmen

Abb. 3.2-5 Ausbreitung spezifisch unterschiedlich schwerer Versickerungen im Grundwasser-bereich (aus DAMRATH et al., 1979)

3.2.2.5 Anwendungsgrenzen

Trotz der zahlreichen Möglichkeiten unterschiedlicher Randbedingungen praktischer Fälle mit Untergrundverunreinigung gibt es nur in geringem Umfang grundsätzliche Anwendungsgren-zen für hydraulische Maßnahmen. Sofern eine Verunreinigung im Grundwasser auftritt und somit ein diesbezüglicher Sanierungsbedarf besteht, sind hydraulische Maßnahmen im allge-meinen auch möglich.

Wesentliches Kriterium ist zunächst die Durchströmbarkeit mit Wasser. So ist beispielswei-se ein Schadstoff, der in einen nicht durchgängig klüftigen oder durchsickerbaren Festge-steinsuntergrund eingedrungen ist, kaum mit hydraulischen Maßnahmen wieder daraus zu entfernen. Auch gering durchlässige Zwischenschichten, in denen sich häufig Verunreinigun-gen anreichern, setzten vielfach einer Durchströmung mit Wasser einen erheblichen Wider-stand entgegen. In solch einem relativ dichten (z. B. lehmigen/schluffigen) Untergrundbereich, der erheblich verunreinigt ist, kann unter Umständen eine örtliche Spülung mit Spezialmaß-nahmen erforderlich sein.

Grenzen der Anwendbarkeit hydraulischer Verfahren sind grundsätzlich dort zu sehen, wo sie nur geringe Erfolgsaussichten haben und andere Möglichkeiten mit weniger Aufwand oder zumindest effektiver durchführbar sind.

Dem Bereich der Anwendbarkeitsgrenzen ist in gewissem Umfang auch der gesamte Komplex der Festgesteinsgrundwasserleiter und darin einzusetzende hydraulische Sanierungsmaß-nahmen zuzuordnen. Wie bereits in Abschnitt 3.1 angeführt, sind zwar grundsätzlich auch dort hydraulische Verfahren möglich, ihrem gezielten Einsatz steht aber meist ein erhebliches Informationsdefizit über die maßgebenden geologisch-hydrologischen Untergrundbedingun-gen und die daraus resultierenden Fließvorgänge, Fließwege und deren Beeinflussungmög-lichkeiten entgegen. Dadurch beschränkt sich die Anwendbarkeit weitgehend auf spezielle Einzelstandorte, bei denen außerdem fast nur über längerzeitigen Versuchsbetrieb und mögli-cherweise aufwendige Fehlversuche ein erfolgreiches Vorgehen möglich wird.

Hydraulische Verfahren, die einen Stoffaustrag zum Ziel haben, sind in Ihrer Effektivität auch von der Mobilität der Schadstoffe abhängig. Eine geringere Löslichkeit und hohe Sorptions-neigung im Untergrund schränken die Effektivität stark ein.

Limitierend für den Stoffeintrag können zudem langsame Übergänge von immobilen Stoffan-teilen in die mobile Phase sein (Desorption, Diffusion).