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Einflußfaktoren und allgemeine Anwendungsgrenzen

3 Grundlagen und prinzipielle Wirkungsweise der Verfahren

3.3 Pneumatische Verfahren

3.3.2 Einflußfaktoren und allgemeine Anwendungsgrenzen

Die fallspezifische Kenntnis nachfolgend beschriebener Einflußfaktoren ist Voraussetzung für eine sachgerechte Auswahl, Planung und Durchführung pneumatischer Verfahren. Grundle-gende und ausführliche Angaben hierzu enthält das Kapitel 2 dieses Handbuches.

3.3.2.1 Bodenfaktoren

Allgemeines / Übersicht

Nachfolgende Ausführungen orientieren sich im wesentlichen an (USEPA, 1991) und (DVWK 98, 1991). Folgende Bodeneigenschaften sind für pneumatische Sanierungsverfahren von besonderer Bedeutung (vgl. auch Kapitel 2.1):

• Bodenstruktur (Aggregierung, Vorhandensein von Makroporen)

• Bodentextur (Korngrößenverteilung)

• Schichtung, Heterogenität

• Luftporenanteil

• Wassergehalt

• Restsättigung (vgl. Kapitel 2.3)

• Gehalt an organischer Substanz

Die genannten Eigenschaften beeinflussen als wesentliche Kenngröße die Luftdurchlässigkeit sowie das Sorptionsverhalten des Bodens.

Luftdurchlässigkeit

Für einen homogenen Bodenbereich läßt sich die Luftdurchlässigkeit als Funktion des Luftpo-renanteils und des Wassergehaltes beschreiben (vergleiche Abb. 3.3-2 und Ausführungen im Kapitel 2.1.3).

Unter Gleichgewichtsbedingungen (kein Einfluß kurzfristiger Wasserzufuhr oder -entnahmen) ist der Wassergehalt eine Funktion der Kornverteilung, dem sich daraus ergebenden Matrix-potential und dem SchwerkraftMatrix-potential. Das MatrixMatrix-potential beschreibt die durch Oberflä-chen- bzw. Kapillarkräfte bewirkte wasseransaugende Kraft des Bodens, das Schwerkraftpo-tential das Energiegefälle zum Grundwasserspiegel. Bei homogenem Bodenmaterial nimmt der Wassergehalt von der Bodenoberfläche zum Grundwasser hin zu. Der Bereich oberhalb des Grundwasserspiegels, in dem aufgrund des Matrixpotentials eine vollständige Wassersät-tigung erreicht wird, wird Kapillarsaum genannt.

Analog zur Wasserdurchlässigkeit nimmt die Luftdurchlässigkeit zudem mit zunehmender Korngröße des Bodens und zunehmender Porosität zu.

Die Luftdurchlässigkeit ist also i.a. geringer, je näher man an die Grundwasseroberfläche kommt und je feinkörniger der Boden ist.

Bei der Erfassung der konkreten Untergrundeigenschaften in einem Schadensfall sind neben natürlichen auch durch den Menschen geschaffene künstliche Wegsamkeiten im Untergrund zu beachten. Dies betrifft z. B. den Bereich von Ver- und Entsorgungsleitungen, die häufig in einem Kies- bzw. Sandbett liegen.

Abb. 3.3-2 Relative Durchlässigkeiten für Luft und Wasser als Funktion des wasser- bzw. luft-gefüllten Porenanteils (charakteristischer Verlauf, krel Phasensättigung = 1)

Die Anwendungsgrenzen der pneumatischen Verfahren hinsichtlich der Durchlässigkeit werden in der Literatur unterschiedlich angegeben. Für k-Werte (bezogen auf Wasser) > 10-5

m/s ist im allgemeinen eine gute Anwendbarkeit gegeben. Bis etwa 10-7 m/s, in Ausnahme-fällen sogar bei kf-Werten < 10-8 m/s kann eine Anwendbarkeit möglich sein. Örtlich ist zu-dem zu beachten, ob aufgrund der Feuchteverteilung ein ausreichender Luftporenanteil im Sanierungsbereich gegeben ist.

Sorptionseigenschaften

Der Boden kann je nach Beschaffenheit, insbesondere mit zunehmendem Gehalt an Ton und organischer Substanz, Flächen zur Verfügung stellen, an denen sich bevorzugt Schadstoffe anlagern können. Die Eigenschaften dieser Flächen, z. B. ihre Lage in Zwischenschichten von Tonmineralen, tragen häufig zu einem verlangsamten Stoffaustausch mit der Umgebung bei.

So kann die Desorptionskinetik die Sanierungseffektivität wesentlich begrenzen.

Heterogenität

In der Praxis sind verunreinigte Untergrundbereiche fast nie durchgehend homogen aufgebaut, sondern weisen Schichtungen, Einschlüsse bzw. Verzahnungen auf. Dies äußert sich z. B.

häufig in kleinräumig unterschiedlicher Ergiebigkeit von Bodenluftfassungsanlagen. Schich-tungen können sich häufig ungünstig auswirken, da i. a. gering durchlässige, wenig durch-strömte Bodenpartien stärkere Anreicherungen mit Belastungen aufweisen.

Wechselwirkungen bei Sanierungsbetrieb

Der Betrieb eines pneumatischen Verfahrens greift in die natürlichen Verhältnisse ein und kann Bodenfaktoren wie z. B. den Wassergehalt und die daraus resultierende Luftdurchlässig-keit oder die Bodenstruktur und damit verbunden die Porenverteilung verändern. Hierzu lie-gen keine systematischen Untersuchunlie-gen vor. Wesentliche festgestellte Phänomene werden bei den jeweiligen Verfahrensbeschreibungen angeführt.

3.3.2.2 Stoffeigenschaften

Für die Anwendung pneumatischer Sanierungsverfahren haben insbesondere solche Stoffei-genschaften eine Bedeutung, die die Verteilung eines Stoffes zwischen den im Untergrund vorhandenen Phasen beeinflussen. Eine Substanz eignet sich insbesondere dann für pneumati-sche Verfahren, wenn sie eine besondere Tendenz zur Gasphase hin besitzt. Dies läßt sich aufgrund folgender Kenngrößen beurteilen (nähere Angaben hierzu sind in den Kapiteln 2.2 und 2.3, entsprechende Stoffdatentabellen im Anhang aufgeführt):

• Dampfdruck

Nach (USEPA, 1991) sind Substanzen mit einem Dampfdruck von mehr als 0,7 mbar als gut flüchtig einzustufen. Nach (DVWK 98, 1991) sollte ein Schadstoff für eine pneumatische Sanierung einen Dampfdruck von mehr 0,2 mbar (bei 20 °C) aufweisen.

Der Dampfdruck ist stark temperaturabhängig (Verdreifachung bis Vervierfachung des Dampfdruckes bei einer Temperaturerhöhung um ca. 10 °C). In Kontaminationsberei-chen mit einer reinen Schadstoffphase ist der Dampfdruck die maßgebende Stoffeigen-schaft.

• Löslichkeit

Die Löslichkeit eines Stoffes beeinflußt stark die Verteilung zwischen der Gasphase

gleichsweise hohen Sättigungsdampfdruckes aufgrund seiner sehr guten Löslichkeit zur Verteilung in die gelöste Phase. Die Henry-Konstante H = Cg/Cw (C = Konzentration; g

= Gasphase, w = wässrige Phase) beschreibt die Verteilung eines Stoffes im Zweipha-sensystem Bodenluft/Bodenwasser.

• Adsorptionsneigung

Bei Böden mit relevanten org. Anteilen erfolgt die Adsorption organischer Schadstoffe vorwiegend an organischem Material. Die Adsorptionsneigung kann dann qualitativ aus dem Gehalt an organischer Substanz und dem standardisierten kOW-Wert (Oktanol/

Wasser-Verteilungskoeffizient), der häufig in Stoffdatensammlungen angeführt ist, ab-geschätzt werden. Bei sonstigen Böden nimmt die Adsorption tendenziell mit erhöhtem Feinkornanteil zu.

Die hohe Adsorptionsneigung der meisten relevanten organischen Schadstoffe an orga-nischen Bodenbestandteilen führt dazu, daß bei Vorliegen von Schichten mit hohen or-ganischen Anteilen im Untergrund zu erwarten ist, daß ein wesentlicher Anteil der Be-lastungen dort gebunden ist. Dies sollte durch gezielte Beprobungen überprüft und bei der Planung von Maßnahmen berücksichtigt werden.

Eine grobe Einstufung von Stoffgruppen hinsichtlich der Sanierbarkeit entsprechender Verun-reinigungen mit pneumatischen Verfahren zeigt die Tabelle 3.3-1.

Tab. 3.3-1 Eignung pneumatischer Sanierungsverfahren bei Verunreinigungen mit ausgewähl-ten schadensrelevanausgewähl-ten Stoffgruppen

3.3.2.3 Art und Ausmaß der Kontamination

Stoffliche Zusammensetzung

Für pneumatische Sanierungsverfahren ist es von Bedeutung, wie die gesamte stoffliche Zu-sammensetzung einer Kontamination aussieht. Bei Mischkontaminationen ist der individuelle Dampfdruck einer Substanz über der Mischung eine Funktion vom Molenbruch (molekular-gewichtskorrigierter Mischungsanteil) der betrachteten Substanz und ihres individuellen Dampfdruckes in Reinphase. Dies bewirkt, daß leichtflüchtige Bestandteile in einer schwer-flüchtigen Phase weniger flüchtig werden. Auch führt dies dazu, daß im zeitlichen Verlauf einer Sanierung mittel- bis schwerflüchtige Komponenten erst später auftreten, wenn ein hö-herer Molenbruch relevante Dampfdrücke zuläßt. Bei Mineralölkontaminationen als einem

durch Bodenluftabsaugung nicht entfernbar (USEPA, 1991). Eine Bodenluftabsaugung stellt somit allein keine effektive Maßnahme zur Beseitigung von Heizölverunreinigungen oder gealterten Benzinschadensfällen dar. Jedoch können gezielt angepaßte pneumatische Maß-nahmen zu einer weitergehenden Sanierung durch mikrobiellen Abbau (BIOVENTING, vgl.

Kapitel 3.3.7) beitragen.

Verteilung im Untergrund

Hinsichtlich der Verteilung im Untergrund ist von Bedeutung, ob eine eindeutige Punktquelle mit einem daraus resultierenden Schadensherd vorliegt oder ob es sich um eine eher flächige Verteilung aus verschiedenen Einträgen handelt. Weiterhin sollten folgende Fakten bekannt sein:

• Tiefenausdehnung der Belastung

• Ausdehnung der Belastung im Kapillarsaum und Grundwasserbereich

• Tiefenverteilung der Belastung in Relation zum geologischen/ pedologischen Aufbau (z. B. Anreicherung in Schichten mit erhöhtem Gehalt an feinkörnigen Material oder organischer Substanz).

• horizontale Ausdehnung der Belastung

Wechselwirkungen mit der Sanierung

Das Prinzip einer Sanierung ist eine Veränderung der Belastungssituation. Neben der er-wünschten gezielten Entfernung der Belastung durch gezielten Transport zu Entnahmeein-richtungen können u. a. Verfrachtungen in vorher nicht belastete Boden- oder Grundwasserbe-reiche auftreten. Ursachen können z. B. eine falsche Anordnung von Absaug- oder Luftzufuh-reinrichtungen oder zu hohe Lufteinblasmengen sein. Eine Verringerung der Schadstoffvorräte kann teilweise durch Förderung mikrobieller Abbauprozesse erfolgen (vgl. Kapitel 3.3.7).

Mögliche zusätzliche Grundwasserbelastungen im Bereich von Absaugstellen durch Einträge über Bodenwasserströmungen werden vereinzelt als Theorie vorgebracht. Diese Erscheinun-gen sowie die zugrundelieErscheinun-genden Prozesse sind noch unzureichend untersucht.