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Ein neuer Blick auf die Isomere eines literaturbekannten P-Cyclopentadienyl-iminophosphorans

4 [1,5]-sigmatrope Umlagerungen in Cyclopentadienylphosphinen

4.2 Ein neuer Blick auf die Isomere eines literaturbekannten P-Cyclopentadienyl-iminophosphorans

Die Beobachtung von LICHTENBERG, dass bei der Verbindung C5Me4HPMe2 eine phosphotrope Umlagerung zur Isomerisierung beiträgt, motivierte den Autor dieser Arbeit, auch die literaturbeschriebene Isomerenzusammensetzung der Verbindung L8-H (C5Me4HPMe2NSiMe3) noch einmal kritisch zu analysieren. Diese Verbindung gehört zu den wenigen CpPN-Ligandensystemen, die ausschließlich als P-Cyclopentadienyl-iminophosphoran-Tautomer vorliegen. Die von PETROV im Rahmen seiner Dissertation[55] und einer darauf aufbauenden Publikation[47] zugeordneten Isomerenverhältnisse dieser

Verbindung finden sich in Tabelle 1. Eine detaillierte Auswertung der NMR-Spektren unter Zuhilfenahme der zur Verfügung stehenden 2D-NMR-Methoden ergab jedoch eine etwas veränderte Zuordnung, die ebenfalls in Tabelle 1 den Literaturangaben gegenübergestellt ist.

Tabelle 1: Isomere von L8-H (C5Me4HPMe2NSiMe3).

P / ppm Anteil gefundene Struktur Struktur nach

PETROV[47]

5.6 (F) 22%

1.1 (G) 69%

-10.1 (H) 9%

Bezüglich des Isomeres G bei einer chemischen Verschiebung von P = 1.1 ppm gibt es zunächst keinerlei Diskrepanz in der Zuordnung. Es handelt sich bei dieser Spezies um das Hauptisomer, was aufgrund der strukturellen Beziehung zum Cyclopentadienylphosphin C5Me4HPMe2 auch naheliegend ist. Die Signalaufspaltungen im 1H- und 13C-NMR-Spektrum zeigen zwei Signale für die MeCp-Gruppen und ein Signal für die PMe2-Gruppe, was symmetriebedingt für dieses Isomer zu erwarten ist. Das ipso-CCp-Atom wird im 13 C-NMR-Spektrum im aliphatischen Verschiebungsbereich (C = 63.8 ppm) gefunden. Der hohe Wert der 2JHP-Kopplung von 25.6 Hz für das betreffende Methin-Proton ist ebenfalls ein eindeutiger Beleg für die Zuordnung zum Isomer G mit allylisch gebundenem Phosphorfragment. Die chemische Verschiebung im 31P-NMR-Spektrum ist gegenüber dem Isomer H mit P = -10.1 ppm um 11.2 ppm tieffeldverschoben. Dies entspricht exakt der Verschiebungsdifferenz, welche für die Verbindung C5Me4HPMe2 zwischen dem Isomer mit allylisch gebundenem und dem Isomer mit vinylisch gebundenem Phosphorfragment gefunden wird. Die Zuordnung zu dem Isomer, bei dem sich das H-Atom in2- bzw. 5-Cp-Position zum Phosphorfragment befindet ist insofern naheliegend, da das Isomer mit H-Atom in3- bzw. 4-Position weder für die Verbindung C5Me4HPPh2 noch für die Verbindung C5Me4HPMe2 gefunden wird. Ein signifikanter Unterschied in der strukturellen Zuordnung

ergibt sich für das Isomer F. Isomer F ist gegenüber Isomer G deutlich tieffeldverschoben, was die Zuordnung zu einem Isomer mit vinylisch gebundenem Phosphorfragment bereits sehr unwahrscheinlich erscheinen lässt. Im Folgenden sind stichpunktartig die Argumente aufgelistet, die eindeutig für die im Rahmen dieser Dissertation getroffenen Zuordnung für F zu einem Isomer mit einem allylisch substituierten Phosphorfragment, nach einem [1,5]-phosphotropen Shift sprechen:

 Analogie zur Stammverbindung C5Me4HPMe2

 vier Signale für die MeCp- und zwei Signale für die PMeAMeB-Gruppen indizieren eine C1-symmetrische Molekülstruktur

 eine MeCp-Gruppe zeigt im 1H-NMR-Spektrum eine sehr starke Kopplung zum Phosphoratom mit einer Kopplungskonstante von 3JHP = 16.1 Hz (dieser Wert wäre für eine 4JHP-Kopplung deutlich zu hoch)

 das Signal für die soeben erwähnte MeCp-Gruppe zeigt im 13C-NMR-Spektrum als einzige Resonanz eine Aufspaltung mit einer Kopplungskonstante von 2JCP = 4.6 Hz

 das Cp-gebundene Proton erscheint im 1H-NMR-Spektrum bei H = 5.53 ppm, das daran gebundene Kohlenstoffatom im 13C-NMR-Spektrum bei C = 131.3 ppm; diese Verschiebungsbereiche sind charakteristisch für olefinische bzw. olefinisch gebundene Atome

 das ipso-CCp-Atom zeigt im 13C-NMR-Spektrum ein Signal im aliphatischen Bereich bei 59.2 ppm.

4.3 Isomerenverhältnisse tert-butylsubstituierter Cyclopentadienylphosphine

Im Rahmen der Bachelorarbeit von FINGER, betreut durch den Autor dieser Dissertation, wurden die Verbindungen C5H4tBuPPh2 und C5H4tBuPMe2 synthetisiert (Schema 10) und hinsichtlich ihrer Isomerenzusammensetzung untersucht.[65]

Schema 10: Darstellung von C5H4tBuPPh2 und C5H4tBuPMe2

Während die Synthese von C5H4tBuPPh2 bereits literaturbekannt[66] war und nur geringfügig modifiziert wurde, gelang auf ähnlichem Syntheseweg erstmals die Darstellung von C5H4tBuPMe2. Beide Cyclopentadienylphosphine wurden hinsichtlich ihrer Isomeren-zusammensetzung mittels 2D-NMR-Methoden analysiert. Die erzielten Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammenfassend dargestellt und den Ergebnissen der Arbeitsgruppe um

BROUSSIER[66] gegenübergestellt. Die Zuordnung der Isomere, die auf Basis der Auswertung der durchgeführten 2D-NMR-Messungen getroffen wurde, stimmt in einigen entscheidenden Punkten nicht mit der von BROUSSIER et al. getroffenen Zuordnung überein. Eine detaillierte

Abhandlung zu dieser Thematik findet sich in der Bachelorarbeit von FINGER[65] sowie in einer gerade publizierten Veröffentlichung von LICHTENBERG et al.[64] Die entscheidenden Zuordnungsargumente sollen hier nur kurz zusammengefasst werden. Die Verbindung C5H4tBuPPh2 wird, wie in der Literatur beschrieben, in Form vier verschiedener Isomere im Verhältnis 45 (I): 39 (J) : 12 (K) : 4 (L) gefunden.

Isomer I: Im HMBC-Spektrum koppeln die Methylen-Protonen mit den Kohlenstoffatomen der tert-Butyl-Gruppe. Des Weiteren koppeln die Methylen-Protonen im COSY-Spektrum unterschiedlich stark mit den olefinischen Protonen.

Isomer J: Im HMBC-Spektrum koppeln die Methylen-Protonen mit den Kohlenstoffatomen der tert-Butyl-Gruppe. Des Weiteren koppeln die Methylen-Protonen im COSY-Spektrum gleich stark mit den olefinischen Protonen.

Isomer K: Im HMBC-Spektrum existiert keine Kopplung zwischen den Methylen-Protonen und den Kohlenstoffatomen der tert-Butyl-Gruppe. Des Weiteren koppeln die Methylen-Protonen im COSY-Spektrum unterschiedlich stark mit den olefinischen Methylen-Protonen.

Isomer L: Das Signal im 31P-NMR-Spektrum ist signifikant tieffeldverschoben, was auf ein an der allylischen Position gebundenes Phosphorfragment hinweist. Im COSY-Spektrum koppelt das Methin-Proton (Integral 1) gleich stark mit den olefinischen Protonen.

Tabelle 2: Isomerenverhältnisse von C5H4tBuPR2 mit R = Ph, Me.

Tautomer (P / ppm) Anteil gefundene Struktur Struktur nach

BROUSSIER et al.[66]

R = Ph, I (-18.0) R = Me, M (-57.2)

45% (45%)*

46%

4-tert-Butylcyclopenta-1,4-dien 3-tert-Butylcyclopenta-1,3-dien R = Ph, J (-17.9)

R = Me, N (-57.5)

39% (45%)*

33%

4-tert-Butylcyclopenta-1,3-dien

4-tert-Butylcyclopenta-1,4-dien R = Ph, K (-19.0)

R = Me, O (-59.7)

12% (7%)*

13%

3-tert-Butylcyclopenta-1,3-dien

4-tert-Butylcyclopenta-1,3-dien

Tautomer (P / ppm) Anteil gefundene Struktur Struktur nach BROUSSIER et al.[66]

oder

3-tert-Butylcyclopenta-1,4-dien R = Ph, L (-9.7)

R = Me, P (-41.9)

4% (3%)*

8%

3-tert-Butylcyclopenta-2,4-dien 3-tert-Butylcyclopenta-2,4-dien

*In Klammern die von BROUSSIER et al. gefundenen Werte.[66]

Die Verbindung C5H4tBuPMe2 zeigt hinsichtlich der Isomerenzusammensetzung starke Parallelen zu C5H4tBuPPh2. Es werden vier Tautomere im Verhältnis 46 (M): 33 (N) : 13 (O) : 8 (P) gefunden. Für die Zuordnung der Signale zu den jeweiligen Isomeren ergeben sich argumentativ die gleichen Kernaussagen, die bereits für die Verbindung C5H4tBuPPh2

aufgeführt wurden. Zusätzliche Zuordnungshilfen, die das bestehende Bild der Isomerenzusammensetzung stützen, ergeben sich aus:

Isomer O: Im HMBC-Spektrum wird eine Kopplung zwischen den phosphorgebundenen CMe -Atomen sowie den Methylen-Protonen gefunden.

Isomer P: Im HMBC-Spektrum wird eine Kopplung des Methin-Protons mit den phosphorgebundenen PMe2-Kohlenstoffatomen gefunden.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass weder für C5H4tBuPPh2 noch für C5H4tBuPMe2 ein fünftes Isomer gefunden wurde, bei dem die tert-Butylgruppe an ein sp3-hybridisiertes Kohlenstoffatom gebunden ist. Des Weiteren wurden keine [1,5]-phosphotrope Umlagerungen oder [1,5]-Alkyl-Shifts beobachtet. Alle gefundenen Isomere haben gemeinsam, dass die beiden sterisch anspruchsvollen Substituenten durch eine C1-Brücke voneinander separiert sind.