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E RFAHRUNGEN AUS DER TECHNISCHEN E RKUNDUNG

Die Modellstandortbearbeitung hat verallgemeinerungsfähige und übertragbare Erkenntnisse und Erfahrungen gebracht, die bei der einzelfallspezifischen Standortbearbeitung wichtige Hilfestellungen leisten können. In der nachfolgenden Aufzählung sind wesentliche Themenbe-reiche genannt, mit denen wir uns beschäftigt haben und für die nach der Auswertung und Begutachtung Empfehlungen und teilweise konkrete Handlungsanweisungen vorliegen. Das sind z.B.:

• Umfelderkundung

• Sondierungen, Bohrungen, Schürfe

• geophysikalische Untersuchungsverfahren

• Grundwassermeßstellenbau

• Grundwasserprobennahme/Pumpversuche/Markierungsversuche

• Deponiegasuntersuchungen

• Boden-/Abfallprobennahme, Boden-/Abfalluntersuchungen

• Repräsentativität von Proben

• Arbeitsschutzmaßnahmen

• Biologische Untersuchungsverfahren

• Strategien der Erkundung

• Verfahrensweise bei der eingehenden Erkundung von Sanierungsmaßnah-men/Sanierungsvorplanung (E3-4) zur Vorbereitung der Sanierungsentscheidung

• Ingenieur-Vertragsmuster

In den weiteren Ausführungen werden exemplarisch einige Themen ausgewählt und näher beschrieben bzw. im Verlauf des Symposiums von anderen Referenten vorgestellt.

4.1 Sondierungen, Bohrungen, Schürfe

Im Rahmen der Erkundung und Gefährdungsabschätzung von Altablagerungen und Altstand-orten können Sondierungen, Bohrungen oder Schürfe erforderlich sein. Sie werden bei alt-lastverdächtigen Flächen in der Regel zur Feststellung der Geologie des Standortes, zur Mes-sung von Bodenluft, zum Bau von Grundwassermeßstellen und zur Erkundung der möglichen Schadstoffbelastung des Umfeldes der Altablagerung angewendet.

Die drei Techniken sind weiterhin Erkundungsmethoden, um die Quelle der Kontamination, nämlich den Altstandort oder die Altablagerung selbst zu untersuchen. Ein Eingriff in einen Deponiekörper kann jedoch durch unvorhersehbare Freisetzung von gasförmigen Schadstof-fen zu einer Gefährdung der mit der Erkundung beauftragten Personen führen. Erhöhte Ar-beitsschutzmaßnahmen sind deshalb unerläßlich und kostenintensiv. Die Erfahrungen an den Modellstandorten (insbesondere Mannheim, Osterhofen und Herten) zeigen aber auch, daß die

ben. Ausführlich wird im Beitrag "Erkundung des Inhalts von Altablagerungen im Hinblick auf Stoffgefährlichkeit und Schadstoffaustrag" zu diesem Thema berichtet.

Sondierungen

Sondierungen sind z.B. für folgende Problemstellungen geeignet:

• Entnahme von Deponiegas (siehe hierzu Leitfaden Deponiegas, Band 10 der Materiali-en zur AltlastMateriali-enbearbeitung, LfU BadMateriali-en-Württemberg, 1992).

• Entnahme von Bodenluft (ein Grobraster von 3 bis 5 Sondierungen je ha wird empfoh-len).

• Entnahme von Bodenproben

• Abgrenzung des Deponiekörpers zum Umfeld

In Ausnahmefällen Rammkernsondierungen im Deponiekörper zur Erkundung spezieller Fra-gestellungen zur Stoffgefährlichkeit oder Verifizierung unterschiedlicher Ablagerungsberei-che.

Bohrungen

Bohrungen im Deponiekörper und im Untergrund von Deponien sind in hohem Maße ge-fährlich und unberechenbar. Sie sind deshalb nicht als anerkannte und allgemein anwendbare Methoden während der Erkundungsphase von altlastverdächtigen Flächen zu empfehlen. Boh-rungen im Deponiekörper sollten nur in Ausnahmefällen bei folgenden Problemstellungen angewendet werden:

• Hinweise auf vorhandene Sickerwasserhorizonte

• Niederbringung von Deponiegasbrunnen, z.B. zur Vorbereitung einer Deponiegasent-sorgung

Schürfe

Schürfe sind wegen ihres sehr hohen Aufwandes an Arbeitsschutzmaßnahmen, den mögli-chen Entsorgungsproblemen des Aushubmaterials und der damit verbundenen hohen Kosten als Erkundungsmethode in kontaminierten Bereichen nicht zu empfehlen. Das Anlegen von Schürfen sollte deshalb bei Altablagerungen regelmäßig auf Sonderuntersuchungen bei spezi-ellen Fragestellungen (z.B. gezielte Suche nach Ablagerungsgut) beschränkt werden.

Die Abb. 4.6 beinhaltet die empfohlenen Sondierungs- und Bohrverfahren und listet deren Vor- bzw. Nachteile bei der Probengewinnung, die bei der Anwendung an den Modellstand-orten festgestellt wurden, auf.

Abb. 4.6: Sondier- und Bohrverfahren zur Probengewinnung

4.2 Grundwassermeßstellenbau

Die landesweite Altlastenbearbeitung hat bislang zu rund 3.000 Bewertungen von altlastver-dächtigen Flächen geführt. Es hat sich dabei gezeigt, daß bei den derzeitig stattfindenden Nut-zungen das Schutzgut Grundwasser die größte Bewertungsrelevanz hat und den weiteren Handlungsbedarf bestimmt. Dieses Ergebnis bestätigt die Feststellungen, die bereits bei der Modellstandortbearbeitung gemacht wurden. Grundwassermeßstellen kommt demzufolge im Rahmen der Erkundung eine sehr große Bedeutung zu. Beim Meßstellenbau werden einerseits Kenntnisse über den geologischen Aufbau des Untergrundes und andererseits Kenntnisse über die hydraulischen und hydrochemischen Eigenschaften des Grundwasserleiters gewonnen.

Entsprechend ausgewertet führen sie zu Aussagen über die mögliche Schadstoffausbreitung im Untergrund.

4.2.1 Bohrpunktfestlegung

Die Auswertung der gewonnenen Informationen aus flächenhaften Erkundungsmaßnahmen dienen als Grundlage für die Planung von Anzahl und Lage der erforderlichen Grundwasser-meßstellen. Die konkreten Bohransatzpunkte werden dann im Einvernehmen mit dem Geolo-gischen Landesamt durch die zuständige Behörde festgelegt. Es ist dabei auf eine freie und leichte Zugänglichkeit und eine geschützte, wenig exponierte Lage der Meßstellen zu achten.

Sind im Umfeld der Altlast keine verwendbaren Meßstellen vorhanden, wird die Einrichtung von mindestens 3 Meßstellen empfohlen. Sinnvoll ist die Anordnung einer Meßstelle im Zu-strombereich und von 2 Meßstellen im vermuteten AbZu-strombereich der Altast. Durch Grund-wasserstichtagsmessungen kann somit über das Grundwasserspiegelgefälle die Fließrichtung des Grundwassers festgestellt werden.

4.2.2 Bohrarbeiten

Die Grundwassermeßstelle ist grundsätzlich im Trockenbohr- oder Lufthebeverfahren ohne Spülzusätze zu erstellen, damit auch leicht wasserführende Schichten erkannt werden. Kann aus bohrtechnischen Gründen auf Spülzusätze nicht verzichtet werden, sollten anorganische Spülzusätze wie z.B. Bentonit oder Tixoton verwendet werden. Auf alle Fälle darf eine nach-haltige Beeinflussung des Grundwassers nicht erfolgen.

Die Bohrarbeiten sind so durchzuführen, daß ein eindeutiger Aufschluß der Schichtenfolge möglich ist. Hierzu sollte unbedingt ein versierter Geologe während der Bohrarbeiten vor Ort anwesend sein, um das geförderte Material geologisch richtig anzusprechen und um Entschei-dungen über die endgültige Meßstellentiefe und den Ausbau zu treffen. Zur Erfassung der Schichtenfolge sind bei jedem Bohrmeter ca. 1-2 kg Bohrproben zu entnehmen, in getrennte Behälter zu verfüllen, zu kennzeichnen und zur späteren Begutachtung durch den Gebiets-geologen aufzubewahren. Bei der Durchführung von Kernbohrungen sind die gewonnenen Bohrkerne in stabile Holzkisten von 1 m Länge längegetreu aufzubewahren.

Die Durchführung von bohrlochgeophysikalischen Messungen wird angeraten. Sie dienen zur Überprüfung des Ausbaus von Grundwassermeßstellen und zur Ermittlung diverser Aquifer-kenndaten. Näheres hierzu ist aus dem Band 8 der Materialien zur Altlastenbearbeitung

"Be-stimmung der Gebirgsdurchlässigkeit" zu entnehmen. Bei umfangreichen Bohrarbeiten bei denen eine Fülle von Teilleistungen auszuführen und zu überwachen sind, bietet sich die Be-auftragung einer mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Fachbauleitung an. Der Modell-standort Leonberg zeigte, daß damit die Ansprache des Bohrgutes, die Festlegung der Bohrtie-fe, die Veranlassung chemischer und geophysikalischer Untersuchungen, die Festlegung der Ausbautiefe, die Ausführung der Dichtungen, die Bohrlochverfüllungen, die Auswertung und Interpretation von Grundwasserbeobachtungen und Pumpversuchen sowie die Aufmaßkon-trolle mit der geforderten Sicherheit und fachlichen Kompetenz durchgeführt werden kann.

4.2.3 Meßstellenausbau

Die Grundwassermeßstellen müssen vergleichbare Erkundungs- und Analysenwerte liefert.

Um dies zu erreichen, ist das Grundwasserbeschaffenheitskonzept der LfU zu berücksichtigen und die Meßstellen alle nach dem gleichen Schema auszubauen und mit den Meßstellennum-mern der LfU zu versehen. Der genaue Ausbau ist der Abbildung 4.7 zu entnehmen. Auf fol-gende wesentlichen Dinge sollte insbesondere geachtet werden:

• Der Innendurchmesser der Meßstelle sollte generell 5" (125 mm) betragen, um das pro-blemlose Ein- und Ausfahren von leistungsfähigen Unterwasserpumpen zu gewährlei-sten insbesondere dann, wenn die Rohre nicht lotrecht eingebaut sind.

• Das Ausbaumaterial ist so zu wählen, daß es zu keinen Veränderungen des zu untersu-chenden Grundwassers kommt. Aus diesem Grunde sollte für den Ausbau von Grund-wassermeßstellen auf die Verwendung von verzinkten Rohren verzichtet und in der Regel Kunststoffrohre aus PVC-hart eingebaut werden. Ist allerdings mit dem Vorhan-densein von leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen zu rechnen, sollte bei ei-ner Konzentration von > 10 mg/l Edelstahl verwendet werden.

• Auf den Einbau eines Sumpfrohres sollte in der Regel verzichtet werden, da sich dort Spurenstoffe anreichern, die die Wasseranalytik beeinflussen können. Es wird emp-fohlen, den Filterfuß mit einer Bodenkappe aus dem gleichen Material wie die Rohre nach unten abzuschließen.

• Werden beim Durchteufen des Untergrundes verschiedene wasserführende Horizonte festgestellt, so ist streng darauf zu achten, daß diese nicht falsch oder durchgängig -miteinander verfiltert werden. Es sind dabei auch sehr gering wasserführende Schichten zu beachten.

• Soweit keine anderen Hinweise vorhanden sind, wird verallgemeinernd empfohlen, den gesamten Grundwasserraum bis über den erwarteten obersten Grundwasserstand zu verfiltern. Die Gefahr einer Verockerung im Grundwasserschwankungsbereich wird dabei hingenommen, da auf diese Weise sowohl spezifisch schwere Stoffe (z.B.

LCKW's in Phase) als auch spezifisch leichte Stoffe (z.B. Mineralöl) bei der Proben-entnahme erfaßt werden können.

• Die Wahl der Filterkieskörnung und damit der Filterschlitzweite richtet sich nach der Korngrößenverteilung des anstehenden Gesteins. Die Filterkörnung sollte nicht zu klein gewählt werden, da bei einer Korngröße < 4 mm die Gefahr der Selbstabdichtung der Meßstelle wächst.

tung von der obenliegenden Abdichtung getrennt sein. Damit wird verhindert, daß Dichtungsmaterial (z.B. Tonpartikel) in den Filterbereich eindringt.

• Zum Schutz und Abschluß der Meßstelle, wird ein mindestens 1,5 m langes verzinktes Stahlrohr über das Ausbaurohr gestülpt und mindestens 80 cm im Boden standsicher einbetoniert. Zum Schutz vor möglicher Verschmutzung der Meßstelle und unbefugtem Zugang, ist die Meßstelle mit einer dichtschließenden, verschließbaren Sebakappe zu versehen.

4.3 Grundwassermodelle

In Anlage 3 sind Untersuchungstechniken, die vor allem für das Schutzgut Grundwasser we-sentlich sind, aufgelistet und eine Wertung bezüglich deren Bedeutung und Kosten genannt.

Die Grundwassermodellierung durch mathematische Modelle, die derzeit noch sehr kosten-aufwendig ist und eine große Anzahl von Meßstellen voraussetzt, hat dabei in der Regel eine niedrige Bedeutung im Hinblick auf die erreichbaren Aussagen zu bewertungsrelevanten Fra-gen. Das schließt allerdings nicht aus, daß bei konkreten Fragestellungen, die durch andere Untersuchungsmethoden nicht beantwortet werden können oder zur Beurteilung von Siche-rungsmaßnahmen, die Erstellung eines Grundwassermodells im Einzelfall sinnvoll ist. Am Beispiel des Modellstandortes Herten, bei dem im Rahmen der näheren Erkundung (E2-3) der Modellstandortarbeitskreis die Erstellung eines Modells beschlossen hat, soll im folgenden aufgezeigt werden, daß die dadurch gewonnenen Erkenntnisse die Bewertung auf Beweisni-veau BN 3 entscheidend beeinflußt haben.

Der Modellstandort Herten liegt im westlichen Abstrombereich des Rheintalaquifers zwi-schen Rheinfelden und Grenzach-Wyhlen. Dieser Kiesaquifer hat für die Trinkwasserversor-gung der Stadt Rheinfelden eine besondere Bedeutung, da bislang keine alternative Trinkwas-serversorgung gegeben ist. Die Trinkwassergewinnungsmöglichkeiten in der Pumpwerks-gruppe PW I bis PW III im Zentralbereich des Aquifers sind derzeit stark eingeschränkt, da benachbart zu dieser Brunnengruppe andere Altlasten die mögliche Fördermenge begrenzen.

Es ist daher absehbar, daß in Zukunft Mehrförderungen im Westteil des Aquifers, also näher am Modellstandort Herten, in den Pumpwerken PW IV und PW V erforderlich werden. Unter diesen Randbedingungen kommt dem Modellstandort Herten am Westrand des Aquifers eine im Vergleich zur heutigen Situation größere Bedeutung zu (siehe Abb. 4.8).

Das EDV-Grundwassermodell sollte auf folgende Fragestellungen angewendet werden:

• Unter welchen Randbedingungen wäre eine Umkehr der Grundwasserfließrichtung, d.h.

eine vom Deponieareal zum Einzugsbereich der Trinkwasserpumpwerke PW IV bzw.

PW V gerichtete Grundwasserströmung möglich?

• Welchen Einfluß hat der Rheinwasserstand auf die Fließverhältnisse im rheinnahen Teil des Aquifers und in welchem Gebiet können Strömungsvorgänge mit wechselnder Grundwasserfließrichtung auftreten?

• Welchen Einfluß hätten Dichtwände, die als Voll- oder Teilumschließung der Altlast als Sicherungsmaßnahme erstellt werden, auf die Grundwasserfließverhältnisse im rheinnahen Teil des Aquifers?

Für die Modellierung des Rheintalaquifers wurde ein EDV-Programm zur Berechnung statio-närer und instatiostatio-närer horizontal-ebener Grundwasserströmungen mit freier Oberfläche ver-wendet, das beim Ingenieurbüro für den besagten Aquifer schon vorhanden war. Darüber hin-aus standen Ergänzungsprogramme z.B. zur Untersuchung von Stromlinien und ein Stoffhin-aus- Stoffaus-breitungsmodell zur Verfügung. Das vorhandene Modell mußte im Zusammenhang mit den Fragestellungen zur Altablagerung Herten nach Westen hin ausgeweitet und im Umfeld der Altlast sehr engmaschig gestaltet werden. Zur Eichung waren zusätzliche Grundwassermeß-stellen erforderlich.

Zur Beantwortung der Fragen nach der Umkehr der Fließrichtung wurden verschiedene Grundwasserstichtagsmessungen ausgewertet und eine repräsentative Niedrigwassersituation ausgewählt. Der Grundwasserabfluß aus dem Aquifer in den Rhein beträgt danach nur ca. 25 l/s bei einem Grundwassergefälle von lediglich ca. 0,3 %o. Verschiedene Simulationen, bei denen die Grundwasserentnahmemenge in den Förderbrunnen verändert wurde, führten dann zu dem Grenzzustand, bei dem ein Übergang zur Umkehr der Grundwasserfließrichtung er-folgt. Werden aus dem Westteil des Aquifers, also aus den Pumpwerken PW IV mit PW V insgesamt 80 l/s entnommen, bildet sich nördlich der Deponie eine Zone nahezu unbewegten Grundwassers (siehe Abb. 4.9). Eine Erhöhung der Förderung über 80 l/s führt dann zu einer vom Rhein her in den Aquifer gerichteten Grundwasserströmung. Das bedeutet für die Grundwasserentnahmesituation der Stadt Rheinfelden bei einer derzeitigen Entnahmemenge von ca. 60 l/s, daß keine Gefahr besteht, daß Schadstoffe aus der Altablagerung in das geför-derte Trinkwasser gelangen, auch wenn der gesamte Wasserbedarf aus den beiden westlichen Brunnen entnommen wird. Es bedeutet aber auch, daß die kritische Entnahmemenge von 80 l/s nur wenig über der derzeit geförderten Wassermenge liegt.

Bei der Bewertung der Altablagerung auf Beweisniveau BN 3 wurde dieser ungünstige Sach-verhalt mitberücksichtigt. Für das Schutzgut Grundwasser wurde das handlungsbestimmende Risiko (RHB) und das prioritätensetzende Risiko (RPS) folgendermaßen bestimmt:

RHB RPS

Derzeitige Nutzung

bei Umkehr der Fließrichtung

7,0 8,4

5,6 9,2

Der Fall der Fließrichtungsumkehr ist maßgebend für den weiteren Handlungsbedarf und die Prioritätensetzung.

Auch an den Modellstandorten Leonberg und Eppelheim wurden EDV-Grundwassermodelle erstellt, auf die allerdings hier nicht näher eingegangen wird.

Abb. 4.9:Grundwassersituation bei einer Entnahme von 80 l/s

4.4 Arbeitsschutzmaßnahmen

Die historische Erkundung einer Altlast gibt wesentliche Hinweise auf den möglichen Schad-stoffinhalt einer Altablagerung oder eines Altstandortes. Mit dem Beginn der technischen Er-kundung wird Schritt für Schritt versucht, durch Sondierungen, Bohrungen, Schürfe und ähn-liche Maßnahmen, diese Hinweise zu konkretisieren. Dabei bergen die Untersuchungen vor Ort allerdings die Gefahr einer Schadstoffreisetzung, die zur Gefährdung der Beschäftigten führen kann. Im Extremfall muß damit gerechnet werden, daß Stoffgemische unterschiedlich-ster Zusammensetzung und Konzentration austreten, die in ihrer Art und Menge sowie ihrer Wirkung auf den Beschäftigten nicht vorhersehbar sind. Aufgrund der vielfältigen Einfluß-faktoren ist eine dauerhafte Einhaltung der maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen (MAK-Werte) und der technischen Richtkonzentrationen (TRK-(MAK-Werte) nicht garantiert. Der Arbeits-schutz ist deshalb zwingend erforderlich, um eine Gesundheitsgefährdung sicher auszuschlie-ßen. Doch wieviel Arbeitsschutz muß es sein, um dies zu erreichen? Ist es notwendig, die Be-schäftigten bei jeder Maßnahme mit einem Vollschutz zu versehen?

Neben dem Schutz der Gesundheit als oberstes Ziel müssen die Arbeitsschutzmaßnahmen auch angemessen und für die Personen zumutbar sein. Durch überzogene Forderungen könnte der Fall eintreten, daß die Arbeiten technisch bzw. finanziell nicht mehr durchführbar sind.

Das Risiko für die Beschäftigten kann bereits bei der Planung der Erkundungsmaßnahmen reduziert werden. Entscheidend dabei ist, daß zum Erreichen des Erkundungsziels die Erkun-dungsmethode mit der geringsten Gefahr für den Beschäftigten ausgewählt wird. Eine weitere Reduzierung kann erreicht werden durch:

• Verhinderung der Freisetzung von Gefahrstoffen durch geeignete Maßnahmen (z.B.

emissionsarme Probennahmeverfahren wie Sondierungen)

• vollständige Erfassung von freiwerdenden Gefahrstoffen an ihrer Austritts- oder Ent-stehungsstelle und gefahrlose Beseitigung (z.B. Absaugung)

• Herabsetzung der Konzentrationen (z.B. Verdünnung).

Erst nach Beachtung dieser Vorgaben darf und muß die Gefahrenabwehr durch eine persönli-che Schutzausrüstung erfolgen. Hierbei ist vorrangig, daß die Belastung für die Personen, ins-besondere beim Einsatz von Atemschutz und schwerer Schutzkleidung so gering als möglich gehalten werden. Es wird deshalb angeraten, nur spezialisierte Firmen mit geübtem Personal damit zu beauftragen.

Es hat sich gezeigt, daß es gerade bei den Maßnahmen auf einer Altablagerung, die mit er-höhtem Arbeitsschutzaufwand durchzuführen sind, vorteilhaft ist, diese zu bündeln, um bei kostenintensiven Maßnahmen (Infrastruktur, Arbeitsschutz, Reinigungsgeräte etc.) unnötige Ausgaben zu vermeiden.

Um zu Fragen über Arbeitsschutzmaßnahmen bei der Altlastenerkundung/-sanierung der Verwaltung und den ausführenden Ingenieurbüros neben den bestehenden Regelwerken Handlungsanweisungen an die Hand geben zu können, wurden an den Modellstandorten Mannheim, Osterhofen und Herten die dortigen Arbeitsschutzmaßnahmen besonders ausge-wertet. Die Ergebnisse flossen in den Leitfaden Arbeitsschutz, Band 14 der Materialien zur Altlastenbearbeitung ein. Der Leitfaden enthält insgesamt 28 Handlungsanweisungen für un-terschiedliche Ablagerungstypen und Erkundungstechniken. Die Empfehlungen sind mit dem Sozialministerium und der Tiefbauberufsgenossenschaft Baden-Württemberg abgestimmt. Die Abb. 4.10 zeigt beispielhaft die Handlungsanweisungen für Sondierungsarbeiten.

Abb. 4.10:Handlungsanweisung Nr. 4-0-2 zum Arbeitsschutz bei Sondierungen

4.5 Ingenieurvertragsmuster

Die technische Erkundung von altlastverdächtigen Flächen erfordert die Einschaltung von Sachverständigen und Gutachtern. Das sind Ingenieurbüros, Chemische Institute, Consulting-büros und dgl., die in aller Regel durch die Polizeipflichtigen beauftragt werden. Bei nicht kommunalen Altlasten können das z.B. Privatpersonen oder Firmen und bei kommunalen Altlasten Gemeinden, Landkreise, Zweckverbände oder Verwaltungsgemeinschaften sein.

Die Anfänge der systematischen Altlastenbearbeitung haben gezeigt, daß wegen der Vielzahl der einzelnen Bearbeitungsfälle und der unterschiedlichen Auftraggeber ein einheitliches In-genieurvertragsmuster als Arbeitsgrundlage sinnvoll ist. Die LfU hat daraufhin einen Entwurf erarbeitet, der nach diversen Abstimmungsgesprächen mit

• dem Ingenieurverband Wasser- und Abfallwirtschaft e.V., Landesverband Baden-Württemberg (INGEWA)

• Ingenieurkammer Baden-Württemberg

• den kommunalen Spitzenverbänden

• dem Finanzministerium

im Sommer 1991 vom Umweltministerium zur Anwendung empfohlen wurde. Das Vertrags-muster besteht aus zwei Teilen, die je nach Stand der Bearbeitung zur Anwendung kommen.

4.5.1 Vertragsteil I

Der Teil I beinhaltet ein Vertragsmuster mit dem die Erarbeitung eines Untersuchungspro-grammes und die Erstellung eines Angebotes zur Durchführung eben dieses ProUntersuchungspro-grammes be-auftragt werden kann. Es soll damit erreicht werden, daß ein auf den Einzelfall bezogenes Untersuchungsprogramm nach dem aktuellen Kenntnisstand über die altlastverdächtige Flä-che, insbesondere nach den jeweils neuesten Vorgaben und Fortschreibungen der Altlasten-handbücher Teil I und II erarbeitet wird.

Erforderliche Leistungen im Rahmen dieses Untersuchungsprogrammes, die nach der Verdin-gungsverordnung für Bauleistungen (VOB) auszuschreiben sind, sind im parallel zu erstellen-den Angebot gesondert mit geschätzten Kosten zu benennen. Das Angebot dient dann als Ab-rechnungsgrundlage für die spätere Durchführung, die mit Teil II beauftragt wird. Der Antrag auf Mittel aus dem kommunalen Altlastenfonds ist vom Sanierungsträger aufgrund einer Ko-stenschätzung vor Vertragsabschluß an das zuständige Regierungspräsidium zu richten. Zur Vergütung der Tätigkeiten des Ingenieurs wird vorgeschlagen, hierfür ca. 5% der gemäß Zu-wendungsbescheid bewilligten und zuwendungsfähigen Kosten pauschal als Festpreis anzu-setzen.

4.5.2 Vertragsteil II

die Art und Weise des Untersuchungsprogrammes Rechnung getragen werden und alle Infor-mationen in einer Hand sind.

Dem einheitlichen Vertragsmuster ist eine Anleitung zur Gutachtenerstellung (Darstellung der Ergebnisse technischer Erkundungen an Altlasten in Berichten/Gutachten Stand Mai 91) bei-gefügt. Somit sind mit dessen Anwendung gleichzeitig die wesentlichen Gesichtspunkte auf die im Rahmen des Abschlußberichtes einzugehen ist, vertraglich verankert. Die sinngemäße Anwendung des Vertragsmusters auf ggfs. später folgende Sanierungsplanungen bzw. Durch-führungen wird empfohlen.

Das Ingenieurvertragsmuster war bei seiner Einführung im Juni 1991 bundesweit das erste Vertragsmuster dieser Art für die Altlastenbearbeitung und ist seither Grundlage vieler Inge-nieurverträge. Das Vertragsmuster diente auch Fachkollegen anderer Bundesländer als Grundlage für jüngere Ausarbeitungen zu den Themenbereichen Vertrag, Leistungsverzeich-nis und Sachverständigentätigkeit.