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Die Neuronen des lateralen Neocortex und des Hippocampus besitzen zum einen eine hohe Menge an -Syn und zum anderen auch eine hohe Anzahl an Peroxisomen, sowohl im embryonalen, als auch im juvenilen (P38) Mausgehirn (Ahlemeyer et al.

2007). Eine Ausnahme bildet das Cerebellum, das trotz einer hohen Anzahl an Peroxisomen in Purkinje- und Körnerzellen eine sehr geringe Menge an -Syn aufweist.

Im lateralen Neocortex und Hippocampus ließen sich erhöhte Mengen dieses Proteins in Pex13+/- und Pex13-/- Mäusen dieser Dissertation nachweisen. Allerdings wäre es möglich, dass auch in den anderen Gehirnregionen die Menge an -Syn im Pex13+/- bzw. Pex13-/- Mausgehirn im Vergleich mit dem Pex13+/+ Tier erhöht sein könnte, aber dies, aufgrund der generell niedrigen -Syn Menge, unterhalb der Fluoreszenznachweisgrenze lag. In zukünftigen Studien könnte dies mittels Signalamplifikationsverfahren überprüft werden.

Analog zu unseren Ergebnissen konnte eine biochemische Erhöhung der Gesamtmenge und vor allem der Dimere vom -Syn-Protein in Pex2-/-, Pex5-/- und Pex13-/- in Gesamthomogenaten von Mausgehirnen im Vergleich zu jeweiligen Wildtyppräparationen gefunden werden. Die -Syn-Genexpression war jedoch in dieser Studie unverändert (Yakunin et al. 2010). In der vorliegenden Arbeit wurde ebenfalls die mRNA Menge von -Syn in PEX13-defizienten Mäusen untersucht, allerdings nicht im gesamten Gehirn, sondern nur in den lateralen Neocortices, da hier die höchsten Mengen an -Syn vorhanden sind. Es war jedoch auch hier keine Veränderung zwischen Pex13-/-, Pex13+/- oder Wildtyptier nachzuweisen. Dies bekräftigt die Vermutung, dass die beobachteten Veränderungen der Proteinmengen nicht auf Ebene der Transkription, sondern der Translation und der Fibrillenbildung ablaufen. Über die Untersuchungen von Yakunin et al. (2010) hinaus, wurde in dieser Dissertation bereits im Pex13+/- Mausgehirnen erhöhte Mengen dieses Proteins nachgewiesen. Da PBD autosomal rezessiv vererbt werden, ging man bisher davon aus, dass kein Unterschied zwischen Pex13+/+ und Pex13+/- besteht. Für die Pex11-defiziente Maus konnte in unserer Arbeitsgruppe jedoch gezeigt werden (Ahlemeyer et al. 2012), dass bereits das Ausschalten eines Allels des Pex11-Gens eine erhöhte Neurodegeneration verursacht, wenn auch in geringerem Ausmaß als bei den homozygoten Mäusen des gleichen Wurfs. Die vorliegende Dissertation konnte Evidenz dafür liefern, dass auch das Ausschalten bereits eines Alleles des Pex13 Gens zu neuronalen Veränderungen, mit Neurodegeneration und erhöhter -Syn-Ablagerungen führen könnte. Das Fehlen eines funktionierenden PEX11 Proteins erhöht die Menge an -Syn lediglich im Hippocampus. In den anderen untersuchten Regionen scheint die Menge in allen Genotypen identisch zu sein.

Normalerweise wandern die Neurone von der PVZ entlang der Radialglia in der Weise in die kortikale Platte ein, so dass die ersten Neurone in den unteren Schichten verbleiben und die später einwandernden Neurone bis nach oben gelangen und sich in den oberen Schichten (I und II) sammeln. Dieser Vorgang wird über Reelin vermittelt, das von den Cajal-Retziuszellen der Marginalzone abgegeben wird (Frotscher et al.

2009). Fehlt Reelin, kommt es zur einer inversen Schichtenbildung, d.h. die zuletzt (zum Zeitpunkt der Geburt) wandernden Neurone liegen nicht in den oberen Schichten, sondern bleiben auf dem Weg dorthin stecken (gestörte Migration) (Kerjan u. Gleeson 2007).

Abb. 61: Verminderte Dicke der Kortikalen Platte und die damit einhergehende erhöhte Zelldichte und gestörte Differenzierung in der Kortikalen Platte von Pex5-/- Mäusen. Klüver Barrera (c, d), bzw. MAP-2 Immunfärbung (e, f) von der Kortikalen Platte von P0,5 alten Mäusen von Pex5-/- (c, e) und Pex5+/+ (d, f) Tieren (Baes et al. 1997).

Pex2-/- und Pex5-/- Mäuse zeigen ebenfalls eine gestörte neuronale Migration (Abb. 61).

Hier führt das langsame Wandern der Neurone zu einer gestörten Bildung der einzelnen Schichten des Neocortex (Lamina), sodass am Tag E18.5 die Schichten V und VI in der Kortikalen Platte noch nicht sichtbar ausgebildet sind (Neurone sind gleichmäßig überall verteilt (Baes et al. 1997; Faust u. Hatten 1997)). In der vorliegenden Dissertation konnte

-Syn im Neocortex am stärksten in der Kortikalen Platte nachgewiesen werden und dort fast ausschließlich in der Marginalzone. Da dies die äußerste Schicht des Neocortex ist, müssen diese Neurone die „längste“ Strecke zurücklegen, wenn sich das fetale Gehirn differenziert. Daher sollten Störungen der neuronalen Migration hier die deutlichsten Veränderungen aufzeigen. Diese Schicht zeichnet sich dadurch aus, dass hier viele Nervenfortsätze konzentriert vorliegen und sehr wenige Neuronensomata vorhanden. Daher sollte sich ein Protein, dessen Hauptwirkort die Synapse ist, bevorzugt hier nachweisen lassen. Im Neocortex von Pex5-/- Embryonen (mit einem Verlust der peroxisomalen metabolischen Funktion für alle Proteine mit PTS1-Import) wurde eine schmalere und damit kleinere Kortikale Platte beschrieben, da die Neuronen, aus der

unteren Schicht verzögert wandern (Baes et al. 1997). Des Weiteren zeichnen sich Neurone in der Kortikalen Platte durch eine hohe Anzahl an Peroxisomen aus (Ahlemeyer et al. 2007). Man könnte vermuten, dass die erhöhte Menge an -Syn in der Marginalzone eine Folge der verzögerten Migration ist; also den Versuch der Zelle darstellt mit einer vermehrten Bildung von -Syn diesen Prozess zu kompensieren. Oder umgekehrt könnte die erhöhte Menge von -Syn (möglicherweise auch die Aggregatbildung) in den Neuronen oder der Radialglia zu einer Funktionseinschränkung (z.B. durch oxidativen Stress) führen, und als Folge darauf die Migration verlangsamt werden.

Es könnte vermutlich letzteres sein, denn mehrere Studien haben herausgefunden, dass die präfibrillären -Syn-Oligomere (-sheets) (und nicht die unlöslichen Aggregate) für die Neuronen toxisch sind, insbesondere für bereits ausdifferenzierte Zellen (Volles u.

Lansbury 2003; Emadi et al. 2009). Es wird vermutet, dass diese präfibrillären -Syn-Oligomere Poren in der Zellmembran bzw. den gespeicherten Vesikeln von Neuronen ausbilden und so die Zellintegrität stören (Volles u. Lansbury 2003). Diese Oligomere sollen schließlich in eine Amyloid-Form übergehen, die wasserunlöslich ist (Emadi et al.

2009; Gould et al. 2014) und letztendlich die Lewy bodies bildet.

Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Bildung von -Syn nicht eine Folge der verzögerten Migration ist, stellt die erhöhte Menge an Parkin mRNA im Pex13+/- Tier da. Parkin ist für den Abbau von -Syn verantwortlich und eine rezessive Form des juvenilen Morbus Parkinson ist mit einer „loss of function“ Mutation von Parkin assoziiert (Shimura et al.

2001). Die erhöhte mRNA Menge dieser als Parkin bezeichneten E3 Ubiquitin Ligase in den Pex13+/- Mäusen scheint möglicherweise ein Versuch der Neurone darzustellen, die erhöhten Mengen an -Syn wieder zu reduzieren. Die Pex13-/- Mäuse zeigen dagegen keine Hochregulierung der Parkin mRNA. Es kann vermutet werden, dass die homozygot PEX13-defizienten Zellen stärker geschädigt sind als die der heterozygoten Pex13+/- Tiere und nicht mehr adäquat auf die fehlregulierte Menge an -Syn reagieren können.

Es stellt sich hierbei die Frage, ob eine defekte Funktion der Peroxisomen die Synthese oder die Aggregation von -Syn steigern könnte. Beides würde zu einer Erhöhung der Menge an -Syn führen, denn die Präfibrillen (Oligomere), wie auch die Aggregate von

-Syn können nicht mehr im Proteasom abgebaut werden. Also kämen sowohl eine erhöhte Produktion wie auch der verminderte Abbau, getriggert durch die Aggregatbildung, als Erklärung, für die in dieser Arbeit beobachteten Veränderungen in Betracht. Dann wiederum stellte sich die Frage, welche veränderten zellulären

Mechanismen, bei einem Defekt der Funktion der Peroxisomen, die Menge an -Syn erhöhen.

In früheren Arbeiten konnte in Pex13-/- Mäusen eine verzögerte neuronale Migration in die kortikalen Platte des Neocortex, sowie oxidativer Stress mit vermehrtem Zelltod im Cerebellum gezeigt werden (Maxwell et al. 2003; Müller et al. 2011). Im Mausgehirn führt eine Herunterregulierung von PGC-1 zu einer vermehrten -Syn Oligomerisierung und Toxizität (Eschbach et al. 2015). PGC-1 ist ein Regulator der mitochondrialen Biogenese und der oxidativen Phosphorylierung (LeBleu et al. 2014). In zukünftigen Studien sollte deshalb überprüft werden, ob PGC-1 auch in Neuronen mit peroxisomaler Defizienz vermindert vorliegt. Denn tatsächlich sind in Pex5-/- Mäusen Hinweise auf einen veränderten Kohlenhydratstoffwechsel, der mit einer Erniedrigung von PGC-1 einherging beschrieben worden (Peeters et al. 2011).

In der Studie von Yakunin und Kollegen verminderte -Syn die Proteinmenge und Aktivität des peroxisomalen antioxidativen Enzyms Katalase (Yakunin et al. 2014). Dies führt vermutlich zu erhöhtem oxidativem Stress in Neuronen und neuronalem Zelltod.

Kürzlich konnte gezeigt werden, dass oxidativer Stress mit Bildung von 8-OH-Desoxyguanosin, der auch bei einer peroxisomalen Dysfunktion auftritt (Ahlemeyer et al. 2012) und mit einer oxidativen DNA-Veränderung einhergeht, schließlich in eine Propagation der Aggregatbildung von -Syn führt (Basu et al. 2015).

Weitere Faktoren, die generell (und nicht nur bei PBDs) mit einer erhöhten Menge an -Syn und an -Syn-Fibrillenbildung einhergehen, wie z.B. die verminderte Menge an Katalase und der damit einhergehende oxidative Stress, lassen sich ebenfalls im

„gesunden“ erwachsenen Mausgehirn nachweisen und werden als mögliche Ursachen für den zellulären Alterungsprozess diskutiert (Legakis et al. 2002; Terlecky et al. 2006;

Titorenko u. Terlecky 2011). Als Folge auf dieser scheinbar physiologischen altersbedingten Veränderungen im Gehirn lagert sich vermehrt -Syn ab, gefolgt von neuronalem Zelltod, und könnte so neurodegenerativen Krankheiten, wie den Morbus Parkinson auslösen ( Goedert 1999; Valera u. Masliah 2016). Analog soll auch die Anzahl an Peroxisomen im Alter abnehmen (Titorenko et al. 2011)

5.2. Mitochondriale Funktion

Sowohl Peroxisomen als auch -Syn stehen in engem Zusammenhang mit der mitochondrialen Funktion. Mitochondrien und Peroxisomen arbeiten beim Abbau von Fettsäuren eng zusammen und besitzen eine ähnliche Teilungsmaschinerie (Camões et al. 2009; Schrader et al. 2015; Colasante et al. 2015). Auch führt bei Leberzellen das Fehlen von funktionierenden Peroxisomen (Pex5-/-) zu einer verminderten Komplex I Aktivität der mitochondrialen Atmungskette (Baumgart et al. 2001). Ebenso spielen -Syn, bzw. die Bildung von intrazellulären -Syn-Aggregaten und Mitochondrien eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Morbus Parkinson. Interessanterweise lässt sich - ähnlich wie bei einer Pex5-Defizienz - in den Gehirnen von Morbus Parkinson-Patienten eine reduzierte Komplex I Aktivität feststellen und der Komplex I Inhibitor Rotenon ist in der Lage parkinsonähnliche Symptome bei gesunden Probanden hervorzurufen.

Bei der Pathogenese vom Morbus Parkinson scheint oxidativer Stress eine Rolle zu spielen – erneut eine enge Verbindung zwischen Peroxisomen und Mitochondrien. Beide sind wichtige Organellen für die Entstehung und Eliminierung von ROS. In Peroxisomen entstehen ROS hauptsächlich als H2O2 bei der -Oxidation von einer großen Anzahl verschiedener Lipidderivate. H2O2 wird durch Katalase direkt in den Peroxisomen abgebaut. In den Mitochondrien entstehen ROS bei der oxidativen Phosphorylierung besonders in Form von O2- Radikalen, die durch SOD2in H2O2 umgewandelt werden und durch Glutathionperoxidase in der mitochondrialen Matrix abgebaut werden. Bei einem Patienten mit Morbus Parkinson (verursacht durch eine Mutation im Parkin-Gen) fanden Pacelli und Mitarbeiter (Pacelli et al. 2011) vergrößerte Peroxisomen, eine Erniedrigung von PGC-1, Komplex I der oxidativen Phosphorylierung, sowie SOD2 und Katalase und damit ausgelöstem oxidativen Stress. Somit könnte eine Fehlfunktion in genau diesen Stoffwechselwegen an der Entstehung sowohl von -Syn-Aggregaten, PBDs als auch von Morbus Parkinson beteiligt sein.

In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass sowohl im lateralen und medialen Neocortex von Pex13+/-, als auch von Pex13-/- Mäusen die Menge an SOD2reduziert ist. Außerdem ist sie in den lateralen Neocortices der Schnitteben C5 und C10 der Pex13+/- Tieren reduziert, in denen ebenfalls die Menge von -Syn erhöht ist. Dieses Ergebnis erscheint zunächst widersprüchlich zu sein, denn das Fehlen von Peroxisomen führt vermutlich zu einer Erhöhung von ROS, da diese für dessen Abbau zuständig sind.

Als Reaktion hierauf sollten die Neuronen normalerweise mit einer Erhöhung der Bildung antioxidativer Enzyme, wie z.B. SOD2 reagieren, so wie dies für Pex5-/- Leberzellen

(Baumgart et al. 2001), Pex13-/- Kleinhirnkörnerzellen (Müller et al. 2011) und Pex13+/- kortikale Neurone (Ahlemeyer et al. 2012) gezeigt worden ist. Möglicherweise sind Pex13-/- Neurone hierzu nicht (mehr) in der Lage. Wir haben noch geprüft, ob -Syn in die Mitochondrien importiert wurde, wie dies von Liu (Liu et al. 2009) beschrieben wurde.

Dazu wurden Gehirnschnitte (C5, C10, C15, C20) aller Genotypen mit -Syn und mit Komplex IV Untereinheit II doppelgefärbt. In keinem Fall konnte eine Kolokalisation dieser beiden Proteine nachgewiesen werden.

5.3. Schlussfolgerung und Ausblick

Unsere Ergebnisse lassen den Schluss ziehen, dass, wie bereits in anderen Arbeiten vermutet, -Syn einen Einfluss auf die mitochondriale Integrität haben könnte. Zwar konnte keine Lokalisation von -Syn in die Mitochondrien gezeigt werden, dennoch scheint eine Erhöhung der Proteinmenge von -Syn mit einer Erniedrigung der Proteinmenge von SOD2 einherzugehen. Daher wäre es interessant herauszufinden, ob eine induzierte Überexpression von -Syn ebenfalls die Menge an SOD2 reduziert, oder ob diese nur durch den Genotyp (Pex13+/- bzw. Pex13-/-) bedingt ist oder ob das gleichzeitige Ausknocken von -Syn und PEX13 die Reduktion von SOD2 wieder aufhebt. Ebenso interessant wäre es experimentell zu untersuchen, ob die reduzierte Menge an SOD2 mit einer reduzierten Aktivität einhergeht, oder ob die Zelle in der Lage ist diesen Mangel zu kompensieren.

Des Weiteren konnten wir zeigen, dass -Syn im medialen Teil des Neocortex weniger stark exprimiert wird als im lateralen. Außerdem können bereits kleine Unterschiede im Alter der Tiere (E18 vs. E19) zu veränderten -Syn Verteilungsmustern in den einzelnen Gehirnabschnitten führen. Daher wäre es interessant hier weitere Altersgruppen (z.B.

E10, E15, P1, P5 etc.) zu untersuchen, um so den zeitlichen Verlauf der -Syn Expression in den verschieden Gehirnarealen darstellen zu können. Vielleicht könnte man dadurch Rückschlüsse auf die bis jetzt nur unzureichend verstandene Funktion von

-Syn schließen.