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5. Studie 2: Personmerkmale und Internetwissen

5.6 Diskussion

beson-ders in der hoch signifikanten Korrelation mit Internetwissen deutlich und kann als Hinweis auf die kriteriumsbezogene Validität interpretiert werden (vgl. etwa Fisseni, 1990).

PC-Fehlerbelastetheit weist eine negative aber nicht signifikante Beziehung zu allgemeiner Ausdauer auf (H 3), da bezüglich der volitionalen Variablen ausdrücklich nach genereller Per-sistenz gefragt wird. So kann es durchaus sein, dass Personen bezüglich des Umganges mit dem PC durch Fehler belastet sind, im Allgemeinen aber ihre arbeitsbezogenen Probleme aus-dauernd lösen. Der negative Zusammenhang zwischen PC-Fehlerbelastetheit und der studien-spezifischen Selbstwirksamkeit (H 4) kann dadurch erklärt werden, dass Personen, die im Stu-dium nicht an die Wirksamkeit ihres Tuns glauben, dies möglicherweise auch auf andere Be-reiche generalisieren. Generalisierte geringe Erfolgserwartungen sollten sich gerade beim Auf-treten von Fehlern ungünstig auswirken, da der Glaube an die erfolgreiche Behebung entspre-chend schwach ausgeprägt sein dürfte.

Auch für die Ausdauer am PC findet sich durch die moderate Korrelation mit den entspre-chenden Variablen ein medienspezifischer Anteil (PC-Begabungskonzept, der Sicherheit im Umgang mit dem PC, Internetwissen, PC-Fehlerbelastetheit sowie Nutzungsvariablen vgl. H 5). Wer ein schwach ausgeprägtes PC spezifisches Begabungskonzept und hohe Computer-ängstlichkeit aufweist, wird auch nicht ausdauernd mit dem Medium arbeiten können, da dies eine hohe Erfolgserwartung voraussetzen würde. Folglich ist es schwierig, sich ein hohes Maß an Wissen über das Medium zu erarbeiten. Ferner ist für das Ausmaß der Persistenz von Be-deutung, „inwieweit es der Person gelingt, Emotionen und Motivationstendenzen - etwa die Höhe der Erfolgserwartung -, die die Handlungsausführung stören könnten, herunterzuregulie-ren (…). Gelingt dies, so ist die Persistenz der Person hoch“ (Dickhäuser, 2001, S. 150).

Gleichzeitig findet sich ein moderat negativer Zusammenhang zwischen der Ausdauer am PC und der allgemeinen Fehlerbelastetheit (H 6). Wie weiter oben erwähnt (Kap. 3.3.3), sind Fehler bei der Arbeit mit dem PC und Internetanwendungen Normalität, sei es, dass Fehler selbst begangen werden, durch das System verursacht werden oder in einer Kombination auf-treten. Wer generell belastet ist durch Fehler, wird dies u.U. auf die Arbeit mit dem PC über-tragen und folglich wenig ausdauernd arbeiten können, da Fehler möglicherweise als Bestra-fungsreize fungieren, die nach Möglichkeit vermieden werden.

Ausdauerndes Arbeiten am PC zeigt keinen signifikanten Zusammenhang mit studienspezi-fischer Selbstwirksamkeit (H 7). Letztere Variable bezieht sich explizit auf Lernerfolg im Kontext der Hochschule. Zur Erreichung studienspezifischer Lernziele (bspw. Bestehen in Klausuren) ist der Umgang mit dem Computer nicht in allen Fällen notwendig, zu denken ist z.B. an die Lektüre von Büchern, das Arbeiten in Lerngruppen etc. (vgl. Kap. 4).

Ein interessanter Aspekt zeigt sich bei Betrachtung des Zusammenhangs zwischen planvol-lem Handeln und Internetwissen (H 8). Es findet sich eine Korrelation in Höhe von .21 (p <

.05). Dies kann als Indiz dafür gewertet werden, dass planvolles Handeln auch bezüglich des Erwerbs von Internetwissen von Vorteil sein kann. Gerade im Umgang mit der teilweise chao-tischen Vielfalt von Informationen „im Netz“ kann ein Mindestmaß an Vorstrukturierung und Planung als ein zentraler Aspekt kognitiver Selbstkontrolle sehr sinnvoll sein (Fröhlich &

Kuhl, 2003). Das Kriterium war hier allerdings nicht explizit eine vorab definierte Suchleis-tung. Deshalb dürfte es interessant sein zu untersuchen, ob planendes Vorgehen in Abhängig-keit von der Expertise im Umgang mit dem World Wide Web als Internetdienst tatsächlich zu besseren Suchergebnissen führt (vgl. etwa Wandke & Hurtienne, 1999). Das Finden von In-formationen „im Netz“ kann als wesentlicher und erfolgskritischer Bestandteil von Medien-kompetenz betrachtet werden. Planvolles Handeln und allgemeine Ausdauer hängen ebenso zusammen, denn für die Ausführung und Überwachung eines Handlungsplanes ist ein Mini-mum an Ausdauer unabdingbar (Frese & Zapf, 1994).

Die in H 9 erwarteten Zusammenhänge der motivationalen Variablen Ausdauer und Selbst-wirksamkeit zeigen sich ebenfalls. Wird wenig ausdauernd gehandelt, kann sich mittelfristig kaum Selbstwirksamkeit entwickeln, da sich diese aus positiven Handlungsfolgen ergibt (Bandura, 1992). Außerdem findet sich eine (nicht vorhergesagte) schwache Beziehung zwi-schen Selbstwirksamkeit und Internetwissen. Höhere Korrelationen waren hier nicht zu erwar-ten, da im studentischen Alltag das Wissen, welches hier erfragt wurde, für den Studienerfolg möglicherweise wenig bedeutsam ist.

Schließlich ergab die Analyse, dass das computerspezifische Begabungskonzept eine sehr enge Beziehung mit dem Internetwissen aufweist (H 10). Positive Erfahrungen mit dem Medi-um Internet und seinen Anwendungen setzt ein MinimMedi-um an Erfolgserwartung voraus. Das computerspezifische Begabungskonzept kann als vorauslaufende Bedingung der

Erfolgserwar-tung verstanden werden und steht in enger Verbindung mit der Ausdauer am PC, die wieder-um die Nutzungsdauer direkt beeinflusst (vgl. Dickhäuser, 2001). Internetwissen weist ferner sehr enge Beziehungen mit der Sicherheit im Umgang mit dem PC sowie der Ausdauer am PC auf. Personen, die sehr ängstlich im Umgang mit neuen Medien sind, werden kaum ausdau-ernd damit arbeiten und somit kaum in genügendem Umfang medienrelevantes Wissen erlan-gen.

Es finden sich sehr hohe Korrelation der Skalen „Computerspezifisches Begabungskonzept“

und „Sicherheit im Umgang mit dem PC“, vier von neun Items der letztgenannten Skala laden mit allen Items der erstgenannten auf einem Faktor. Wenn auf empirischer Ebene eine derart enge Beziehung der emotionalen und kognitiven Komponenten ermittelt werden, scheint es fraglich, ob beide Konstrukte trennscharf konzipiert sind. Zweierlei ist denkbar: Zum einen finden sich in den Items der Skala „Sicherheit im Umgang mit dem PC“ Formulierungen, die im Grunde eher kognitive Aspekte des Selbstkonzeptes umschreiben, ein Beispiel: „Die Verwendung unbekannter Software-Programme kann ich schnell erlernen.“ Dieses Item korreliert z.B. mit folgendem Item aus der Skala „Computerspezifisches Begabungskonzept“

zu .76 (p < .001): „Es liegt mir, mit Computern zu arbeiten.“ Bleiben wir bei dem Beispiel-Item der Skala „Sicherheit im Umgang mit dem PC“: Es ist vorstellbar, dass auch gering PC-Ängstliche unbekannte Software-Programme nicht leicht erlernen, sei es, weil sie sie dies noch nie tun mussten oder weil sie den Wert des Computers als gering einschätzen (technikkritisch eingestellte Personen müssen nicht notwendiger Weise technikängstlich sein). Insgesamt könnte dies als ein Validitätsproblem der Skala „Sicherheit im Umgang mit dem PC“ betrach-tet werden.

Theoeretisch lässt sich ferner argumentieren, dass das Selbstkonzept immer auch affektiv-evaluative Anteile beinhaltet. Diese können als eigenständiges Konstrukt betrachtet werden:

„Das Selbstkonzept kann als subjektives Bild der eigenen Person bzw. subjektive Theorie über die eigene Person oder Summe selbstbezogener Einschätzungen bezeichnet werden. Die eben-falls subjektive Bewertung dieses Bildes konstituiert das Selbstwertgefühl (…)“ (Schütz, 2002, S. 4). Im Theorieteil (Kap. 3.3.3) wurde bereits darauf hingewiesen, dass Computer-ängstlichkeit durchaus eine Traitkomponente aufweisen kann, die möglicherweise untrennbar mit dem Selbstkonzept verbunden ist. Dann könnte die Computerängstlichkeit als ein

Teilas-pekt des PC bezogenen Begabungskonzeptes gesehen werden. Die problemlose Neukonstruk-tion einer testtheoretisch gut vertretbaren Skala, die sich aus Items beider Skalen rekrutiert, zeigt diese Überlappung ebenso.

Zur praktischen Bedeutsamkeit der neu gebildeten Skalen „PC-Fehlerbelastetheit“ und

„Ausdauer am PC“ ist zu sagen, dass sie im Kontext von Trainings zur Vermittlung von Com-puter- und Internetwissen als Instrumente zur Selbstevaluation sinnvoll eingesetzt werden könnten. Somit böte sich die Gelegenheit, über den Erwerb von deklarativem und prozedura-lem Medienwissen hinaus Informationen über die Veränderung emotionaler und volitionaler Aspekte der Mediennutzung im Rahmen eines entsprechenden Trainings zu erhalten. Es wäre somit möglich, mit Hilfe der genannten Instrumente den Übergang von extrinsischer zu intrin-sischer Motivation im Umgang mit neuen Medien sichtbar zu machen (vgl. Ryan & Deci, 2000). In Trainingskursen kann beispielweise durch ausgebildete Kursleiter das aktive Umge-hen mit Fehlern thematisiert und geübt sowie ausdauerndes Arbeiten explizit belohnt werden (Dormann & Frese, 1994). Ferner ist denkbar, dass z.B. Mediennovizen innerhalb von Soft-wareprodukten schriftliche Instruktionen − z.B. in kleinen Übungstutorien − zur Verfügung gestellt werden, die aktives Fehlermanagement sowie ausdauerndes Arbeiten unterstützen.

Dies kann zur Verbesserung oder zum Aufbau eines positiven computerspezifischen Bega-bungskonzeptes beitragen. Spaß an der Arbeit mit neuen Medien sollte nicht lediglich durch oberflächliche „Auflockerungen“ („bunte Bildchen“, „lustige“ Animationen) entwickelt wer-den, sondern durch den Nachweis erbrachter Leistungen, die meist auch Anstrengung und Ausdauer voraussetzen. Dies dürfte die Zufriedenheit mit den Lernergebnissen und dem Werkzeug PC/Internet erheblich steigern (in Analogie zum Zusammenhang zwischen Arbeits-zufriedenheit und Leistung, vgl. etwa die motivationspsychologische Begründung bei Gebert

& von Rosenstiel, 2002) Hier könnten zielgruppenspezifische Hilfen genutzt werden (für Schüler etwa die Gestaltung der Einführungs- oder Übungstools ähnlich den ihnen bekannten Spielumgebungen).

Zusammenfassend kann noch einmal betont werden, dass auch im Umgang mit neuen Me-dien eine Instruktion nutzbringend sein kann, die den aktiven und „mutigen“ Umgang mit auf-tretenden Fehlern propagiert (wie oben bereits aufgeführt, Heimbeck, 1999) sowie planvolles Herangehen fördert und außerdem zu einem externalen Attributionsstil bei Misserfolgen im

Umgang mit der Technik ermutigt (Weiner, 1985; Dickhäuser, 2001). Dies sollte bei auftre-tenden Fehlern Vermeidungsverhalten und im Falle der obligatorischen Nutzung neuer Me-dien Hilflosigkeit entgegenwirken (Stiensmeier, 1994). Fehler nämlich, so sei mit Brodbeck et al. (1993) angemerkt, lassen sich im Umgang mit PC- oder Internet kaum gänzlich vermeiden:

„The strategy of error prevention implies that one is able to anticipate specific errors that will appear in a certain program environment in a given task context. (…) [there is] evidence that the extent to which errors can be anticipated by the computer system is limited (…)" (ebenda, S. 313). Die Hälfte der Fehler sei sowieso nur dann zu entdecken, wenn man Ziele höherer Ordnung der Nutzer kenne. Eine Strategie, die durch das Design des Systems den Umgang mit Fehlern unterstützt, ist somit ein sinnvoller Zusatz zu klassischen EDV-Trainings und E-Learning-Systemen.

In einem weiteren Schritt kann nun geprüft werden, welche Kombination der Prädiktoren zur Vorhersage des genannten Kriteriums am besten geeignet ist, dies wird im nächsten Kapi-tel unternommen.