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Signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen sich bezüglich des computer-spezifischen Begabungskonzeptes und der Sicherheit im Umgang mit dem PC sowie dem In-ternetwissen. Männer weisen hier höhere Werte auf. Für die Sicherheit im Umgang mit dem PC konnte dies sogar in einer Stichprobe von Informatikstudierenden (Untersuchung 2002) nachgewiesen werden. Der negative Zusammenhang zwischen PC-Fehlerbelastetheit und der Einstellung zum Lernen mit dem Internet ist bei männlichen Studierenden der untersuchten Stichprobe tendenziell etwas stärker ausgeprägt als bei weiblichen Studierenden. Möglicher-weise ist der Umgang mit dem Medium Internet/PC für Männer wichtiger, begangene Fehler am PC sollten daher selbstwertschädlicher sein. Damit wäre bei Männern stärker das stereoty-pe Selbstbild negativ betroffen. Das könnte auch zur Folge haben, dass dadurch eher auf ver-wandte Themen generalisiert wird, d.h. dass E-Learning relevante Themen antizpativ als be-drohlich wahrgenommen werden. Aufgrund der Tatsache, dass es sich hier keinesfalls um eine repräsentative Stichprobe handelt, müssen Untersuchungen an weiteren Stichproben erfolgen.

Die Ausprägung der PC-Fehlerbelastetheit hängt – unabhängig vom Geschlecht und dem Studienhintergrund – mit Ausdauer am PC und dem Internetwissen zusammen: Bei (relativ) hoher Ausprägung der PC-Fehlerbelastetheit werden in beiden Variablen signifikant geringere Werte erreicht. Emotionales Belastetsein verhindert ausdauerndes Arbeiten mit dem Medium, negative Erfahrungen können generalisieren und die intensive Auseinandersetzung, die zum Erwerb von medienspezifischem Wissen notwendig ist, erschweren oder verhindern.

Es finden sich ferner schwach signifikante Geschlechtsunterschiede in den Partialkorrelatio-nen zwischen der Sicherheit im Umgang mit dem PC, der Lernzielorientierung sowie der lerbelastetheit: Bei Frauen findet sich ein stärkerer negativer Zusammenhang zwischen Feh-lerbelastetheit und Sicherheit im Umgang mit dem PC als bei Männern. Außerdem zeigt sich lediglich bei Männern ein Zusammenhang zwischen Lernzielorientierung und Sicherheit im Umgang mit dem PC. Bezüglich der Fehlerbelastetheit ist das Ergebnis, dass es bei männli-chen Studierenden so gut wie keinen Zusammenhang mit der Sicherheit im Umgang mit dem Computer gibt, nicht leicht zu erklären. Möglich ist, dass Männer sich generell Fehler und Schwächen (Unsicherheiten) weniger gern eingestehen und z.B. unaufrichtig antworten. Wei-terhin attribuieren Jungen Misserfolge tendenziell auf mangelnde Anstrengung, genauer: Jun-gen glauben eher, dass Lehrer bei ihnen mangelnde Motivation als Ursache für Misserfolg (mangelnde Leistung) verantwortlich machen. Mädchen glauben eher, dass Lehrer mangelnde Begabung als Ursache sehen (Dweck & Bush, 1976, speziell für den Bereich mathematischer Fähigkeiten: Dickhäuser & Meyer, in press). Fehler oder Misserfolg auf mangelnde Begabung oder Unfähigkeit zu attribuieren, kann somit eine stärkere Bedrohung des Selbstwertgefühls darstellen.

Weiterhin kann vermutet werden, dass, dass Männer - sofern sie sich generell als fehlerbe-lastet einschätzen - dies nicht auf den Umgang mit dem PC übertragen. Dafür sprechen Be-funde, die belegen, dass Männer im Gegensatz zu Frauen den PC häufig zum Spielen nutzen, ihm also einen intrinsischen Wert beimessen (Schwab & Stegmann, 1999).

Für die Lernzielorientierung könnte der signifikante Geschlechtsunterschied in der wöchent-lichen PC-/Internet-Nutzungsdauer einen entscheidenden Faktor darstellen. Diese Unterschie-de treten in Unterschie-der Untersuchung 2002 (nicht berichtet) ebenso auf wie in Unterschie-der Untersuchung 2003

(s.o.). Männliche Studierende beider Untersuchungen nutzen die Medien häufiger und mögli-cherweise intensiver (kontrolliert wurde nur die PC-Erfahrung in Jahren, die im Grunde nichts über die Art und Intensität der Nutzung verrät). Unter den Männern dürfte, wie erwähnt, der Anteil derer, die „aus sich heraus“ und gerne mit dem Medium arbeiten entsprechend größer sein als bei Frauen. Entsprechend unwahrscheinlicher wird somit das Auftreten von Ängsten im Umgang mit dem Medium. Der Zusammenhang zwischen Lernzielorientierung und PC-Ängstlichkeit kommt durch eine mögliche geringere Nutzungsintensität und möglicherweise andere (oberflächlichere) Art der Nutzung bei den meisten Frauen somit kaum zustande.

Unabhängig von der Ausstattung des eigenen PCs zeigt sich bei weiblichen Studierenden ein tendenziell engerer Zusammenhang zwischen PC-Fehlerbelastetheit und dem Lernort für ein internetbasiertes Trainingsmodul. Frauen der untersuchten Stichprobe nutzen bei stärkerer Fehlerbelastetheit eher den EDV-Raum und suchen sich damit u.U. aktiv soziale Unterstüt-zung. Die Ergebnisse können aber nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. Die Unter-schiede der Zusammenhänge sind zu schwach, die Anzahl der Untersuchten zu gering und die Stichprobe ist nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit der Studierenden.

Mädchen bzw. Frauen werden mutmaßlich an PC- und IT-relevanten Themen anders heran-geführt als Männer, wenn man Unterschiede in motivationspsychologischen Größen (compu-terspezifisches Begabungskonzept sowie Sicherheit im Umgang mit dem PC) als ein Ergebnis der Sozialisation mit neuen Medien auffasst. Anzunehmen ist ferner, dass die Unterschiede zumindest z.T. mit chronischen Geschlechtsrollenschemata in Verbindung gebracht werden können. Mauch und Thussbas (2000) konnten zeigen, dass Frauen mit femininem Ge-schlechtsrollenschema negativere Computereinstellungen aufweisen als Frauen mit chronisch maskulinem, androgynem oder undifferenziertem Geschlechtsrollenschema. Mauch (2001) konstatiert ferner, dass Computer ablehnende Frauen Weiblichkeit häufig mit Beziehungsori-entierung gleichsetzten. Das Internet könne als Brückengegenstand fungieren, weil es den Nutzerinnen charakteristische Möglichkeiten aufzeige, direkt mit Personen zu kommunizieren und damit einen Anknüpfungspunkt für die Beziehungsorientierung der Frauen biete. Das dürfte allerdings stark vom wahrgenommenen Nutzen des Mediums und seiner Verfügbarkeit abhängen. Die hier untersuchten Variablen spielen zwar im Zusammenhang mit der Nutzung

neuer Medien eine zentrale Rolle, jedoch wurde das Geschlechtsrollenschema nicht explizit erhoben.

Dennoch lassen die Befunde den Schluss zu, dass Frauen und gering Medienerfahrenen bei der Einführung Neuer Medien an der Hochschule besondere Beachtung geschenkt werden sollte. Schließlich dürften Studierende des Fachbereichs Wirtschaftspsychologie (Fachhoch-schule Nordostniedersachsen Lüneburg) aus Kenntnis der Stichprobe sowie die Studierenden der Informatik (Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg) als medienaffin gelten (Sinhart-Pallin, 1993). Die Resultate müssen deshalb nicht auch für andere Fachbereiche gelten: Es könnte sein, dass in anderen Studiengängen individuelle Unterschiede in PC- oder Internet-Literacy noch stärker ins Gewicht fallen und damit den Zugang zu neuen Medien an der Hochschule u.a. dadurch erschweren.

Die Ergebnisse sind praktisch bedeutsam, obgleich es auch kritische Analysen der Bedeu-tung von Geschlechtsunterschieden gibt. Whitley (1997, S. 15) merkt dazu an: „(…) although the gender gap is usually presented as a problem that needs to be resolved, the meaning of any such gap is (…) ambiguous.” Insgesamt erklärte das Geschlecht in der Metaanalyse des ge-nannten Autors nur 2% der Varianz von Verhaltensmaßen auf. Betrachtet man nun allerdings die Verhaltensmaße, die Whitley in seine Analyse mit einbezieht, so wird ein Problem augen-fällig. Einbezogen wurden „current behavior measures“ wie etwa die Dauer der PC-Nutzung oder die Teilnahme in Computerkursen. Damit wird die Frage nach Wissensunterschieden kaum beantwortet (ebenda, S. 5). In der vorliegenden Untersuchung werden aber Wissensun-terschiede belegt.

Maßnahmen zur Überbrückung der nachgewiesenen Unterschiede in medienrelevanten Va-riablen können an unterschiedlichen Stellen ansetzen. Zum einen sind Reattributionstrainings denkbar, die z.B. das computerspezifische Begabungskonzept betreffen. Hier kann gelernt werden, Misserfolge externalen Faktoren zuzuschreiben und Erfolge stabil internal zu attribu-ieren (vgl. Dickhäuser, 2001). Ebenfalls sollten EDV-Trainings Fehlertrainings beinhalten, in denen gelernt wird, begangene Fehler als wichtige Rückmeldungen zu begreifen und nicht als etwas, für das man sich schämen muss (vgl. Kap. 5). Ausgewiesene Fehlermanagement- und Reattribuierungstrainings sollten von Frauen für Frauen angeboten werden im Sinne eines positiven Rollenmodells. Im Hochschulalltag dürften sie aufgrund mangelnder Ressourcen

und der relativ aufwändigen Ausbildung von Trainerinnen nur in Ausnahmefällen realisierbar sein (etwa durch geförderte Projekte). Einfacher umsetzbar könnte eine geschlechtsspezifische Medienunterweisung einschließlich einer Fokussierung auf mädchen- bzw. frauenspezifische Inhalte sein. Lynn et al. (2003) entwickelten beispielsweise eine spezielle Website, um Mäd-chen durch die Implementierung geschlechtsspezifischer Inhalte (e.g. Modedesign, Makeup, Zeichen- Malprogramme etc.) für PC- und Internet-Technologie begeistern zu können. Com-puterrelevante Inhalten wurden mit für Mädchen relevanten Themen verbunden. Eine derart geschlechtsspezifisch gestaltete Website erhöhte bei den Teilnehmerinnen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe signifikant sowohl die Motivation den PC zu nutzen, als auch das Inte-resse für das Programmieren und PC-Anwendungen. Abgesehen von möglichen Bedenken seitens feministisch argumentierender Wissenschaftlerinnen (Reproduktion von Geschlechts-stereotypen), können also mit Hilfe der Verbindung von computer- mit geschlechtsspezifi-schen Themen Motivationslagen geschaffen werden, die die Arbeit mit neuen Medien erleich-tern, ja für manche vielleicht erst ermöglichen.

Männliche Jugendliche weisen dem PC einen höheren Stellenwert als Freizeitmedium, wie bereits erwähnt. Hier sollten dann auch Prozesse wie das sog. Flow-Erleben (Csikszentmiha-lyi, 1992) eine bedeutsame Rolle spielen (PC-Spiele, sog. „LAN-Parties“ [Local Area Net-work] o.ä.). Hinzu dürfte für viele männliche User die Nutzung des Internet für den Erwerb erotischen Bildmaterials kommen (Döring, 2003). Auf der Angebotsseite jedenfalls wird deut-lich, dass das Internet z.T. sehr geschlechtsstereotyp gestaltet ist und es damit in Teilen zu einem Medium geworden ist, „das Sexismus und geschlechtsbezogene Gewalt reproduziert“

(Döring, 2003, S. 291). Aus Platzgründen kann nur angedeutet werden, dass es Hinweise für und gegen die These der Verfestigung der Geschlechter-Hierarchie durch das Medium Internet gibt (ebenda).

In zukünftigen Untersuchungen sollten sowohl spielerische als auch hedonische Komponen-ten der Internetnutzung erfasst und an größeren Stichproben getrennt nach Ausprägung des aktivierten Geschlechtsrollenschemas untersucht werden (Mauch, 2001). Nur wenn ge-schlechtsspezifisch differenzierte Nutzungsmuster empirisch belegt werden, können z.B. ent-sprechende Kursangebote sinnvoll gestaltet werden.

Für die Zukunft dürfte es außerdem sinnvoll sein, die Wahrnehmung spezifischer Lernkon-texte durch die Lernenden stärker mit einzubeziehen, denn „student’s appraisal of a specific learning environment affects not only the value attached to the learning goals but also the qua-lity of the learning process“ (Boekaerts, 1999, p. 455). Viele hochschuleigene EDV-Räume dürften einer kritischen Prüfung der Eignung zum Lernen komplexer Inhalte kaum standhalten (Bildat, 2003). Die Forderung nach Ruheräumen und zuverlässigem und im obigen Sinne ge-schultem Personal dürfte im Lichte der gefundenen und zitierten Befundels adäquat erschei-nen.

Die Selbsteinschätzung der Webkompetenz sollte in zukünftigen Untersuchungen mit reli-ableren Instrumenten geschehen. Diese Instrumente sollten die subjektive Einschätzung all-tagsnaher Kompetenzen (z.B. Informationssuche per Internet) ebenso betreffen wie techni-sches Hintergrundwissen. Im Zuge von Trainingsmaßnahmen können dann Effekte auf subjek-tiver und objeksubjek-tiver Ebene gemessen bzw. evaluiert werden.

Eine weitere interessante Forschungsfrage betrifft den Zusammenhang zwischen verbaler Kreativität (Schoppe, 1975) und der erfolgreichen Nutzung moderner Suchmaschinen (z.B.

Google®, Altavista® und Yahoo®). Neben deklarativem und prozeduralem Wissen über Such-maschinen und deren Funktionsweise dürfte auch die verbale Kreativität erfolgskritisch für die Suche nach Dokumenten zu bestimmten Themen im World Wide Web sein. Hier gilt es oft, möglichst viele Wortkombinationen und –Ähnlichkeiten zu ermitteln und via Operatoren (z.B.

„and“, „or“, „not“) einzuschränken und zu spezifizieren. Damit könnte geklärt werden, in wel-cher Weise verbale Kreativität den kompetenten Umgang mit Suchmaschinen als zentralem Bestandteil alltagsrelevanter Medienkompetenz mitbedingt. Daraus ließen sich praxisrelevante Hinweise für Trainings solcher Fertigkeiten im Sinne der Erweiterung von Übungsschwer-punkten entwickeln.

Vielversprechend sind außerdem Ansätze, die bereits im Grundschulalter eine genderorien-tierte Förderung und Verbesserung von Medienkompetenz im Umgang mit PC und Internet fokussieren (Jansen-Schulz & Kastel, 2004). Hier kann sozialisationsbedingten Geschlechts-unterschieden mit Hilfe dezidierter pädagogischer Programme wirksam begegnet werden, um der Entstehung und Verfestigung problematischer Motivationslagen vorzubeugen.

Im folgenden Kapitel wird eine Analyse der Zusammenhänge zwischen medienrelevanten Personvariablen und einigen Evaluationskriterien eines multimedialen Lehr- Lernsystems vor-gestellt.

7. Medienrelevante Personvariablen und die Evaluation von Web Based