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6 Versuchsbeschreibungen

6.5 Direkter Scherversuch im Rahmenschergerät

Die Scherfestigkeit wurde im direkten Scherversuch in Anlehnung an DIN 18137-3 (2002) unter verschiedenen Randbedingungen bestimmt. Es wurde teilweise der Versuchsaufbau ohne Parallelführung des Stempels, später der Versuchsaufbau mit Parallelführung des Stempels, verwendet. Es war Ziel der Versuche, den unterschiedlichen Einfluss der Wasser-Feststoff-Wechselwirkung verschieden auf die Festigkeit der Tone zu quantifizieren. Dafür soll der Zusammenhang zwischen herrschender Saugspannung im teilgesättigten Porenraum und der Festigkeit untersucht werden.

Im direkten Scherversuch bleibt die Normalspannung über den Versuch konstant und die Scherbeanspruchung wird durch einen mechanischen Vorschub erzeugt. Um die Anteile von Reibungsfestigkeit und Haftfestigkeit zu trennen, sind mehrere Teilversuche mit unterschiedlichen Normalspannungen erforderlich. Unter der Vorraussetzung, dass die Beanspruchung und das Abscheren in der erzwungenen Gleitfläche stattfinden und die Scherkraft über diese Fläche gleichmäßig verteilt ist, kann die Scherspannung berechnet werden. Deshalb sollte die Probenhöhe möglichst gering sein, da sonst statt einer definierten Scherfuge auch ein bloßes Verformen der Probe möglich wäre.

Es können sich Porenwasserdrücke auf Grund der aufgebrachten Normalspannung oder infolge der Zunahme der Spannungen beim Abscheren aufbauen. Es wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass diese sich durch genügend langsames Abscheren abbauen können (siehe 6.5.1). Bei normal konsolidierten Tonen nimmt im drainierten Versuch das Porenvolumen ab bzw. im undrainierten Versuch der Porenwasserdruck zu. Die Scherverschiebungslinien unterscheiden sich jedoch kaum voneinander (SCHULTZE & MUHS

1967). Bei vorbelastetem Ton nimmt beim drainierten Versuch auf Grund der Dilatanz das Volumen zu. Entsprechend entstehen beim undrainierten Versuch negative Porenwasserdrücke. Die Scherfestigkeit ist deshalb wegen Zugspannungen im Porenwasser, die sich als Druckspannungen auf den Boden auswirken, größer aus als im drainierten Versuch (SCHULTZE &MUHS 1967). Im direkten Scherversuch lassen sich Porenwasserdrücke jedoch nicht bestimmen.

Die innere Reibung bewirkt, dass für jede beliebige Schnittebene (im Falle des direkten Scherversuchs in der erzwungenen Scherfuge) das Verhältnis von Schub- und Normalspannung beschränkt ist:

(39) τ / σn ≤ tan φ’

Das Spannungsverhältnis kann anhand Mohrscher Spannungskreise dargestellt werden.

Der Bruch tritt ein, wenn (40) τ = c’ + σn tan φ’

erfüllt ist. Unter Bruch ist zu verstehen, dass das Material nicht in der Lage ist, eine weitere Steigerung der Schubspannung aufzunehmen. Es erfolgt dann entweder Deformation (nur im triaxialen Scherversuch) oder die Ausbildung einer Gleitfuge.

Bei Stoffen mit ausschließlich innerer Reibung resultiert die Scherfestigkeit jeweils aus der Normalspannung. Einige Stoffe besitzen eine Scherfestigkeit, die von der Normalspannung unabhängig ist. Diese Kohäsion beruht in Böden im Wesentlichen auf der Kapillarität. Bei unvollständiger Sättigung stellen sich Wassermenisken in den Porenzwickeln ein. Durch die Oberflächenspannung werden die Körner gegeneinander gepresst. Diese Kapillarkohäsion geht bei vollständiger Wassersättigung verloren. Des Weiteren können elektrochemische Anziehungskräfte zwischen Tonpartikeln sowie Zemente einen Kohäsionsanteil an der Scherfestigkeit bewirken, der von der Normalspannung unabhängig ist. Die Kohäsion wird stark vom Verdichtungsgrad und dem Chemismus des Porenwassers (HVORSLEV 1960) beeinflusst.

Der Einfluss des Porenwassers, aber auch der Porenluft, darf bei der Ermittlung der Scherfestigkeit nicht vernachlässigt werden. Es gilt das Prinzip der effektiven Spannungen (BISHOP 1959 aus TERZAGHI 1956):

(41) σ’ = σ – pl + χ · (pl - pw)

Dabei sind σ’ die wirksame Spannung, σ die Gesamtspannung, pl der Porenluftdruck, pw der Porenwasserdruck und χ ein vom Sättigungsgrad und der Bodenart etc. abhängiger Parameter (BJERRUM 1959). Für gesättigte Böden ist χ = 1 für vollständig trockene Böden gilt χ = 0.

Hauptfehlermöglichkeiten sind Ungenauigkeiten, die darauf beruhen, dass der Spannungszustand während des Versuchs nicht vollständig bekannt ist, weil Messungen des Porenwasser- und Porenluftdrucks sowie des Seitendrucks auf die Wandung fehlen.

Außerdem entsprechen die Randbedingungen für die Bewegung nicht immer denen in der Natur (SCHULTZE &MUHS 1967), da der Probe ein Versagen in einer vorgegebenen Scherfuge aufgezwungen wird.

Abbildung 22 Längsschnitt durch das Rahmenschergerät a) Gerät mit verschiebbarem unteren Rahmen und ohne Parallelführung des oberen Rahmens und des Normalbelastungsstempels; b) Gerät mit verschiebbarem unteren Rahmen und Parallelführung des oberen Rahmens und des Normalbelastungsstempels. 1) Probekörper, 2) Filterplatten, 3) unterer Rahmen – horizontal parallel geführt, 4) oberer Rahmen, 5) Stempel für Normalbelastung N, Lagerplatte mit Horizontalführung des unteren Rahmens, 7) senkrechte Parallelführung des Stempels für Normalbelastung, 8) senkrechte Parallelführung des oberen Rahmens, 9) vertikal einstellbarer Spalt, 10) Einleitung des Vorschubs und der Scherkraft T, 11) Widerlager für die Scherkraft T am oberen Rahmen (und bei b) am oberen Stempel), 12) Dränagebohrungen, 13) Wasserkasten.

(aus DIN 18137-3)

6.5.1 EINFLUSS DER VORSCHUBGESCHWINDIGKEIT AUF DIE SCHERFESTKEIT BINDIGER

BÖDEN

Es wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass bei zu schneller Durchführung des direkten Scherversuches an bindigen Böden, sich an der Scherfuge aufbauende Porenwasserdrücke wesentlichen Einfluss auf die letztlich ermittelten Scherparameter haben. Anhand eines wenig überkonsolidierten Tones wurde unter verschiedenen Versuchsbedingungen untersucht, inwiefern diese Gesetzmäßigkeiten gleichermaßen für überkonsolidierte Tone gelten. Die Ergebnisse von solch einem relativ gering

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überkonsolidierten Ton auf stärker inhomogenes und höher konsolidiertes Material sind nur bedingt übertragbar. Es gilt zu berücksichtigen, dass die Festigkeit der verwitterten Tonsteine nicht allein vom Verhalten der replastifizierten bindigen Matrix abhängen, sondern von den Eigenschaften der diagenetisch geprägten Tonsteinbröckchen mitbestimmt sind.

Um den Einfluss der Vorschubgeschwindigkeit, aber auch den sonstigen Rahmenbedingungen des direkten Scherversuches, auf die ermittelten Reibungswinkel und Kohäsion bindiger Böden zu erfassen, wurde ein leicht überkonsolidierter, leicht plastischer, hellgrauer, schluffiger schwach sandiger Ton unter variierenden Bedingungen untersucht.

Die Proben wurden gestört und ungestört in einer auflässigen Tongrube am Westrand von Halle / Saale in einem mächtigen homogenen Tonhorizont tertiären Alters gewonnen. Der Einbau in den Scherversuch erfolgte entweder gestört homogenisiert mit möglichst gleicher Dichte oder durch das Ausstechen ungestörter Probekörper.

Nach DIN 18137-3 kann die zulässige Vorschubgeschwindigkeit vf entweder aus dem Scherweg sf und der erforderlichen Konsolidationszeit tkon

(42) vf = sf / (12 · tkon)

abgeschätzt oder in Abhängigkeit von der Plastizitätszahl (siehe Tabelle 4) angenommen werden.

Tabelle 4 Vorschubgeschwindigkeit vf in Abhängigkeit von der Plastizitätszahl Ip. Ip [%] vf [mm/min]

bis 25 0,040 25 bis 40 0,008 über 40 0,002

Der Scherweg beträgt bei dem verwendeten Rahmenschergerät 20 mm, die Konsolidierung konnte einheitlich jeweils mit dem in der DIN 18137-3 (2002) angegebenen Minimum von 30 min durchgeführt werden, so dass sich aus (42) eine Geschwindigkeit von 0,056 mm/min ergibt.

Die Plastizitätseigenschaften des Tons wurden nach DIN 18122 (2000) bestimmt (siehe Tabelle 5). Es resultiert eine Plastizitätszahl IP von 20,2 %, womit nach der vorgeschlagenen Klassifizierung eine Vorschubgeschwindigkeit von 0,04 mm pro Minute gerechtfertigt wäre.

Für diese Studie wurden 0,002 / 0,005 / 0,010 / 0,015 / 0,03 / 0,05 / 0,07 / 0,09 / 0,11 / 0,13 / 0,15 mm/min als Vorschubgeschwindigkeiten gewählt.

Tabelle 5 Plastizitätseigenschaften, Wassergehalt und Konsistenzzahl des Tertiärtons (Mittelwert aus vier Teilproben).

w [%] 25,7 wL [%] 45,5 wP [%] 25,4 IP [%] 20,2

Ic 0,96

Es wurden mehrere Versuchsreihen unter veränderten Randbedingungen durchgeführt (siehe Tabelle 6). Abweichend von DIN 18137-3 (2002) wurden die Versuche teilweise an Proben mit natürlichem Wassergehalt ohne nachträgliche Flutung und mit künstlich erzeugtem Wassergehalt nahe der Fließgrenze durchgeführt. Zur Bestimmung der effektiven Scherparameter wurden die Proben nach Aufbringen der Normalspannung zur Konsolidation geflutet. Die Einzelproben wurden jeweils mit der Normalspannung konsolidiert, unter der sie später abgeschert wurden.

Wenn mit Kohäsion zu rechnen ist, dürfen laut DIN 18137-3 (2002) die Normalspannungen nicht zu dicht zusammen liegen, da sonst der Einfluss von Streuungen bei der Ermittlung der effektiven Scherparameter zu hoch ist. Um die Einflüsse der Vorschubgeschwindigkeit

vor allem im kritischen Bereich zu überprüfen, wurden teilweise extrem geringe – in der Praxis wohl eher selten auftretende Überlagerungsspannungen gewählt. Bei niedrigen Normalspannungen ist der Einfluss von Probenstörungen und Gerätereibung besonders hoch, weshalb in den Reihen D, H, F und S (Tabelle 6) höhere Überlagerungsspannungen angewendet wurden.

Um Verkippungen zu vermeiden, wird empfohlen, den oberen Rahmen und den Stempel parallel senkrecht zur Scherebene zu führen. Die Scherkraft T verteilt sich auf die beiden Führungen (7 und 8 in Abbildung 22). Der untere Rahmen ist horizontal verschiebbar und die Führungen mit der Platte starr verbunden. Welchen Effekt diese Änderung des Versuchsaufbaus nach sich zieht, soll ein Vergleich der Reihen B und E zeigen (Tabelle 6).

Des Weiteren gibt es einzelne Vergleichsversuche mit höheren Auflasten und unterschiedlichen Vorschubgeschwindigkeiten.

Tabelle 6 Randbedingungen der Versuchsreihen im Rahmenschergerät.

Reihe Auflasten Konsolidierung Vorschubgeschwindigkeiten Wasserbedeckung Bemerkung A 3 / 6 / 12

kN/m² 30 min 0,015 / 0,03 / 0,05 / 0,07 / 0,09 / 0,11 / 0,13 / 0,15

mm/min

geflutet B 3 / 6 / 12

kN/m² 30 min 0,03 / 0,07 / 0,15 mm/min trocken C 3 / 6 / 12

kN/m² 30 min 0,03 / 0,07 / 0,15 mm/min geflutet mit Schmiermittel D 10 / 25 /

50 / 100 / 200 kN/m²

30 min 0,002 / 0,005 / 0,010 / 0,015 / 0,03 / 0,05 / 0,07 / 0,09 / 0,11

/ 0,13 / 0,15 mm/min

geflutet E 3 / 6 / 12

kN/m² 30 min 0,07 / 0,15 mm/min trocken ohne Führung von

oberem Rahmen und Stempel F 10 / 25 /

50 / 100 / 200 kN/m²

30 min 0,015 / 0,03 / 0,07 / 0,15

mm/min geflutet Wassergehalt nahe

der Fließgrenze G 3 / 6 / 12

kN/m² 30 min 0,015 / 0,03 / 0,07 / 0,15

mm/min geflutet Wassergehalt nahe

der Fließgrenze H 10 / 25 /

50 / 100 / 200 kN/m²

30 min 0,002 / 0,005 / 0,010 / 0,015 / 0,03 / 0,05 / 0,07 / 0,09 / 0,11

/ 0,13 / 0,15 mm/min

trocken S 10 / 25 /

50 / 100 / 200 kN/m²

30 min 0,030 / 0,150 mm/min trocken / geflutet Wiederholungen zur statistischen Überprüfung der Reproduzierbarkeit

6.5.2 EINFLUSS DER WASSERVERHÄLTNISSE AUF DIE SCHERFESTIGKEIT HALBFESTER

TONSTEINE

An Proben der Verwitterungstypen 2 bis 4 sowie an dem homogenisierten Referenzton wurden direkte Scherversuche unter verschiedenen Wasserverhältnissen durchgeführt. Die Versuche erfolgten mit luftgetrockneten Proben und Proben mit natürlichem Wassergehalt im trockenen Versuchsaufbau, sowie bei höheren Wassergehalten unter Wasserbedeckung.

Neben der Scherfestigkeit wurde außerdem die Aggregatzerkleinerung während des Schervorgangs durch Siebung nach vorsichtigem Trocknen bestimmt. Durch Regression der Saugspannungskurve konnten die bei Versuchsende herrschenden Saugspannungen berechnet werden. Um Aufschluss über deren Entwicklung während des Scherversuches zu erhalten, wurden Versuche am Referenzton durchgeführt, bei denen der Scherweg unter sonst gleichen Randbedingungen schrittweise verlängert wurde und die jeweiligen Wassergehalte bzw. Sättigungsgrade bestimmt wurden.