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Wie ist das, wenn an der Kleidung etwas kneift, am Motor etwas unrund läuft oder der Bildschirm am Fernsehapparat „verschneit“ ist? Man fühlt sich beunruhigt,

will den Grund dafür aufklären und den Anzug oder Apparat wieder gut tragfähig oder einwandfrei zum Funktionieren bringen. Bei derartiger Arbeit kommt man bisweilen auf ganz gute und technisch weiter führende Gedanken. Und so haben das ungläubige Staunen und die anschließenden Experimente und Diskussionen Anfang des 20. Jahrhunderts eben weit mehr Resultate erzeugt, als zum Nachprüfen oder Herumprobieren an gewissen unverständlichen Problemen der Quantentheorie notwendig war.

Der klassische Physiker dieser schon so lange vergangenen Zeit sucht freilich die vollendete Übereinstimmung zwischen dem Messergebnis und dem nach gängigen und anerkannten Formeln vorausgesagten Wert. Was wird Otto Hahn geseufzt und - geschimpft haben, als er - wie erwähnt - auch beim ...zigsten Versuch keine Transuran-Elemente gefunden hatte! Schließlich aber kam - mit Lise Meitners Hilfe - die Erleuchtung, und er hatte die Uranspaltung entdeckt! Für ihn war das freilich die Büchse der Pandora; sie brachte ihm einerseits den Nobelpreis, aber andererseits sehr starke Gewissensbisse ein. Für dieses Ergebnis kann man ihn aber schließlich nicht verantwortlich machen.

Was vor mehr als siebzig Jahren eine typische „Gelehrtenreaktion“ auf ein scheinbar schief gelaufenes Experiment war, ist heute im Prinzip kaum anders, und Probleme dieser Art finden sich nicht nur in der großen, ernsten Forschung, sondern auch im Geschäftsleben, in Familie und Beruf, in fördernder, bremsender wie auch in erfreulicher oder ärgerlicher Form, und sie sind der Motor der Weiterentwicklung

13.) Vom Information aufnehmenden und verarbeitenden Organ zum planenden und handelnden Organismus

13.1.) Das „Doppelhirn“ benutzt seine Eigenschaften auch zum Planen und Handeln; hierbei trägt es zur Dynamik einer Entwicklung bei.

Das menschliche Gehirn hat als zentrales Steuerorgan drei hauptsächliche Aufgabenbereiche: Es sammelt Informationen, verarbeitet sie mit anderen Fakten zu „Wissen“

und versucht, die gewonnenen neuen Erkenntnisse dann planend und handelnd in die Außenwelt zu übertragen. Für alle drei Zuständigkeitsbereiche stehen unserem Denkorgan die gleichen Areale und „Arbeitseinrichtungen“ zur Verfügung, die wir schon in den ersten Kapiteln dieser Arbeit im Falle der Informationssammlung kennen gelernt haben. Dabei hatte sich gezeigt, dass die einzelnen Teilbereiche des Gehirns durch unterschiedliche Evolutionslinien auf sachlich nahe gelegenen Gebieten durchaus verschiedene Kapazitäten und Entwicklungsstadien aufweisen können, deren Eigentümlichkeiten dann in das zu erarbeitende Endergebnis mit eingehen. Wir hatten diese Thematik bereits im vierten Teil dieser Arbeit summarisch in dem Aus-maß behandelt, wie sie für diese Arbeit angemessen erschien. Man kann hier zusam-

menfassend sagen, dass praktisch jeder Mensch während seines privaten und beruflichen Lebens mehrfach vor Situationen gestellt wird, die er im Rahmen seines individuellen Lebens als paradox empfinden muss: In jedem der Bereiche, denen er ständig oder vorübergehend zugeordnet sein wird, herrscht bei seinem Eintritt ein mehr oder weniger gut durchgehaltener Common Sense, in den er sich zunächst „einarbeiten“ muss. Hierbei wird er aber feststellen, dass Ansichten und Verfahrensweisen, die er beispielsweise aus der Familie oder einer anderen Organisation akzeptierend gewohnt ist, hier anders gesehen werden. Bereits die hier notwendige Anpassung an Verhaltensformen, die ihm nicht so liegen, sind schon der Beginn einer Neueinstellung auf eine geänderte Ausgangssituation und damit ein innovativer Prozess. Der Neuling wird dann eigene Ideen entwickeln, die seine eigene Eingliederung erleichtern und eventuell ihrerseits den bisherigen Common Sense in eine optimierte Form verändern.

Alles in allem kann man feststellen:

Das Unvollkommene und Mangelhafte ist mit forschender Kreati- vität wohl näher verwandt, als man meinen möchte. Vermutlich ist es die Wiege mancher Erfindungen!

So ist im Kleinen wie aber auch im Großen dem Menschen durch die Besonderheit der Konstruktion und Funktionalität seines Denk-Apparates die Möglichkeit gegeben, sich irgendein Problem „noch einmal gründlich zu überlegen“, und genau hier scheint er sich am deutlichsten von dem spontan handelnden, stark instinktgebundenen Tier grundlegend zu unterscheiden.

An dieser Stelle ist Gelegenheit, einmal abzutasten, wie groß eigentlich der Einfluss ist, den dieses Prinzip der Paradoxien auf den Menschen und sein Dasein, auf den Fortgang der Entwicklung auf unserem Planeten und schließlich auf den Ablauf im Naturgeschehen überhaupt auszuüben vermag.

13.2.) Die Paradoxien als ein einziges, durchgehendes Prinzip, das in vielen Variationen auftritt.

In den ersten Teilen dieser Arbeit haben wir im Prinzip immer wieder gefragt: „Passt denn unser Gehirn grundsätzliche auf die Struktur der Naturvorgämge?“. Das Ergebnis dieses Nachdenkens war das Resultat, dass man mit diesem Verarbeitungsorgan der Sinneseindrücke und dem Regierungs- und Steuerzentrum unseres Ich eigentlich ganz gut arbeiten könne, dass es aber freilich noch eine Reihe Fehler und Mangelerscheinungen aufweise. Diese Sichtweise verschiebt sich meines Erachtens im Laufe des Textes ganz erheblich zu Gunsten der Feststellung: Gerade wegen seiner scheinbar nicht ganz technisch idealen Struktur passt es ganz besonders gut zu unserer dominanten Stellung hier auf Erden! Eben diese Struktur zeigt feinste Unstimmigkeiten und Unterschiede im Ablauf der Naturvorgänge wie auch auf Gebie

ten der Biologie oder Psychologie an, und die so entstehenden Fragestellungen animieren den Menschen, über die Gründe für diese oder jene scheinbare Unzulänglichkeit nachzudenken und somit sein Weltbild zu erweitern, d.h. letztendlich - zu forschen! Natürlich: Es gibt auch noch das andere Sensorium der feinsten Nervenenden wie etwa der Riechzellen, die von einer extremen Empfindlichkeit sind: Hier werden jedoch lokale und topologische Standpunkte und Gradienten ermittelt, die dann als Rohmaterial für weitere Verarbeitungsvorgänge dienen. Das menschliche Forschungs- und Erkenntnis-System ist jedoch keine „Prinzessin auf der Erbse“, sondern ist vom Prinzip her auf die Funktionalität von Vernetzungen und Wechselwirkungen eingestellt und kann so ganz anders, unendlich viel intensiver als eine lineare Konstruktion, die wirklich relevanten Entwicklungsabläufe erkennen; gerade gegenüber scheinbaren Paradoxien ist unser Gehirn besonders sensibel, denn: genau deshalb hat es die adäquate Feinstruktur: Etliche Milliarden Neuronen, die durch eine unausdenkbare Zahl von Synapsen verknüpft werden können, und bei denen hypothetisch ein einziger Mensch in seinem Leben mehr unabhängige Verbindungen herstellen könnte als die gewaltigsten Computer verarbeiten könnten ( er tut es aber meist nicht! ).

Wenn man einen solchen Sachverhalt zumindest einmal als Diskussionsgrundlage akzeptiert, dann sollte man sich doch noch einen Überblick zu verschaffen suchen, in wie weit das sich hier abzeichnende fundamentale Prinzip des Naturgeschehens in einen mannigfachen Variationen in das menschliche Dasein bis hin in alle Weiten des Kosmos hinaus reicht.

Wir haben bereits in den vergangenen Kapiteln zahlreiche Hinweise auf eine recht ubiquitäre Verbreitung gefunden, und neben den verschiedenen Erkenntnisvorgängen war es insbesondere die Brücke von der unbelebten und belebten Natur hinüber zu einer geistig-philosophischen Verarbeitung der Sinneseindrücke, die von hohem Interesse erschien. In diesem Zusammenhang haben wir auch bereits das Thema der Transzendenz, also der Theologie und der Religion gestreift, sofern es durch kurzfristige aktuelle Enwicklungen - Papstwechsel, Weltjugendtag - in Bewegung geraten schien.

In letzter Zeit sind nun einige Veröffentlichungen erschienen, die aus einem gewissen Mut heraus das Thema Wissenschaft-Theologie wieder erneut aufgreifen und da bei Folgrungen anklingen lassen, die zur Zeiten des empirischen Rationalismus nicht nur obsolet erschienen wären, sondern den Vertreter derartiger Ansichten auch an den Rand der Zugehörigkeit der klassischen Gelehrtenzunft gebracht hätten. Immerhin aber haben wir bereits als Faktum feststsellen können, dass das Verlangen des Menschen nach einer Einbindung in eine wie auch immer geartete Transzendenz unabhängig vom aktuellen Stand der Wissenschaft zeitlich und räumlich überall vorhanden ist. Es erscheint daher legitim, dieses hochsensible Gebiet aus dem Gesichtswinkel einer grundsätzlichen Möglichkeitsform noch einmal auf zu nehmen und vor allem den Versuch zu machen, ob sich durch die Erkenntnisse dieser Arbeit irgendeine positive Problemlösung abzeichnen könnte. Stimmen denn unsere Begriffe hier?