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5.2 Der Ein-Meter-Windkanal Göttingen

5.2.1 Charakterisierung der instationären Anströmung

Für die Anregung laufender QSI und anderer instationärer Störungen in der Modellgrenzschicht sind instationäre Geschwindigkeitsschwankungen in der Anströmung entscheidend. Im Rahmen der Einmessung des Windkanals nach dem Umbau im Jahr 2015 wurde in der leeren kurzen offenen Messstrecke im für diese Arbeit relevanten Geschwindigkeitsbereich zwischen 20m/sund 30 m/s abhängig von der Position in der Messstrecke ein Turbulenzgrad der Anströmung zwischen Tu= 0.05%und Tu= 0.25%festgestellt, wobei besonders bei tiefen Frequenzen unter 100 Hz viel Energie enthalten war [15]. Um die instationären Eigenschaften der Anströmung mit eingebauter Konfiguration in der Messstrecke zu charakterisieren, wurde die kalibrierte Hitzdraht-V-Sonde stromauf von der Modellplatte positioniert und das Signal der Anemometer und der Kanalmessgrößen während einer Messdauer von 300 Sekunden erfasst. Die Sonde befand sich auf der Windkanalachse gemessen 33.3 mmstromauf vor der Modellplattenvorderkante in einer Höhe, die im ebenen Bereich der Platte einem Wandabstand von6 mmentspricht. Aus der Auswertung der Windkanalmessgrößen ergibt sich ein Betrag der Windkanal-geschwindigkeit vonqK,∞= 25.8(6) m/s. Mit der kalibrierten Hitzdrahtsonde wurde an dieser ausgewählten Position des Strömungsfeldes ein gemittelter Betrag der Geschwindigkeit von u¯= 31.13(7) m/sgemessen.

Ein exemplarischer Ausschnitt der zeitlich aufgelösten Geschwindigkeitswerte aus den Hitzdraht-Messungen ist in Abb. 5.2.3(a) dargestellt. Wie man schon im zeitlichen Verlauf des Geschwindigkeitsbetrags sieht, enthält das Spektrum instationärer Geschwindigkeitsschwankungen in der Anströmung, dargestellt in Abbildung 5.2.3(b), Anteile in einem breiten Frequenzbereich mit beson-ders hohen Amplitudenu0 bei Frequenzen unter 50Hz. Der Frequenzbereich f <100 Hzist in einem Ausschnitt vergrößert zu sehen. Dabei fallen diskrete lokale Maxima auf, besonders ausgeprägt eines zwischen f = 10 Hz und

5.2 Der Ein-Meter-Windkanal Göttingen

Abbildung 5.2.3:(a) Exemplarischer Ausschnitt aus der ausgewerteten Geschwin-digkeit in der Anströmung (b) GeschwinGeschwin-digkeitsspektrum aus dem Hitzdrahtsignal in der Anströmung bisf= 1000 Hz

f = 11 Hz. Ein lokales Maximum bei f = 11 Hzwurde bereits in Abschnitt 5.1 im exemplarischen Spektrum der Kreuzkorrelation der Geschwindigkeit in der Grenzschicht und dem Signal des Beschleunigungssensors am Hitz-drahthalter festgestellt. Bei der hier diskutierten Messung in der Anströmung stromauf der experimentellen Konfiguration sind im Gegensatz zu Messungen in der Modellgrenzschicht keine starken räumlichen Geschwindigkeitsgradi-enten zu erwarten (siehe dazu auch Messungen in der freien Anströmung ohne Modell [15]). Tatsächlich sind die Maxima der Kreuzkorrelationsdich-te in der Anströmung drei Größenordnungen kleiner als die in Abschnitt 5.1 gezeigten Werte (ohne Abbildung). Daher ist es unwahrscheinlich, dass die beobachteten instationären Schwankungen des Hitzdrahtsignals nur auf eine mechanische Vibration hinweisen, sondern tatsächlich zusätzlich Ge-schwindigkeitsschwankungen in der Anströmung entsprechen. Als Ursache dieser Geschwindigkeitsschwankungen sind viele Phänomene im Windkanal denkbar. Als Beispiel seien instationäre Ablösephänomene an den Schaufeln des Gebläses oder an den Umlenkschaufeln genannt. Die Geschwindigkeits-schwankungen stellen in der Grenzschicht der Modellplatte eine initiale Anregung für laufende Querströmungsinstabilitäten dar, welche dann gemäß der Stabilitätseigenschaften der Grenzschicht angefacht werden. Da die als Hauptuntersuchungsmethode eingesetzte Hitzdrahtanemometrie langwierige Messungen erfordert, soll im Folgenden untersucht werden, wie sehr sich die Amplitude dieser Geschwindigkeitsschwankungen während eines Experiments verändert.

5.2 Der Ein-Meter-Windkanal Göttingen

Abbildung 5.2.4:(a) Relative Amplitude der instationären Fluktuationen in der Anströmung beif= 350 Hzin jedem zeitlichen Auswertefenster der Länge1 sund (b) die Häufigkeitsverteilung dieser Amplitude als Histogramm

Teilt man die Gesamtdauer der oben beschriebenen Anströmungsmessung in einzelne Fenster einer Länge von jeweils einer Sekunde auf, lässt sich für jedes Fenster ein Spektrum der ausgewerteten Geschwindigkeit berechnen und die Amplitude des spektralen Anteils zu einer bestimmten Frequenz für jedes Fenster auswerten. Nach LST-Ergebnissen werden im Experiment bei etwaf = 350 Hzstark angefachte laufende QSI erwartet (siehe Abschnitt 6.2.2). Als Maß der relevanten instationären Anregung in der Anströmung ist in Abb. 5.2.4(a) die Amplitudeu0350 der Fluktuationen bei dieser Frequenz relativ zu ihrem Mittelwert dargestellt. Auf der Abszisse ist dabei der zeitliche Mittelpunkt des jeweiligen Fensters aufgetragen. Wie man sieht, schwankt sie um etwa 50% des Mittelwertes. In Abbildung 5.2.4(b) ist die relative Häufigkeit der ausgewerteten Amplitudenwerte von Geschwindigkeitsschwan-kungen dieser Frequenz als Histogramm dargestellt. Wie man sieht, ist ihre Häufigkeit nahezu normalverteilt und eine angepasste Normalverteilung ist mit eingezeichnet. Die Standardabweichung dieser Normalverteilung beträgt s= 0.22. Bei der Interpretation von in der Grenzschicht beobachteten laufen-den Querströmungsinstabilitäten muss also berücksichtigt werlaufen-den, dass das instationäre Anregungsspektrum bzgl. der Frequenz nicht gleichverteilt ist und zudem statistischen Schwankungen unterliegt.

Aus dieser Messung in der Anströmung vor der experimentellen Konfigurati-on in der offenen Messstrecke lässt sich auch ein Turbulenzgrad bestimmen.

Deyhle und Bippes [22] veröffentlichten einen Richtwert für den Turbulenz-grad der Anströmung, bis zu dem mit einer Dominanz stationärer QSI zu

5.2 Der Ein-Meter-Windkanal Göttingen rechnen ist (Tu= 0.15%). Dies entsprach dem ermittelten Turbulenzgrad des 1MG, welcher aus Hitzdrahtmessungen in der leeren Messstrecke beiq= 19 m/sdurch Integration des Geschwindigkeitsspektrums über2Hz< f <2kHz bestimmt wurde. Der Turbulenzgrad, der auf gleiche Art und Weise aus der vorliegenden Messung bei qK,∞= 25.8 m/smit der eingebauten experimen-tellen Konfiguration bestimmt wurde, beträgtTu= 0.18%. Vernachlässigt man dabei die spektralen Anteile, die signifikant mit dem Signal des am Hitz-drahthalters angebrachten Beschleunigungssensors korrelieren, erhält man einen Turbulenzgrad vonTu= 0.13%. Trotz Umbau des Windkanals seit den Messungen von Deyhle und Bippes [22] ist der Turbulenzgrad des 1MG also ähnlich zu den damals gemessenen Werten. Bei diesem Turbulenzgrad ist also damit zu rechnen, dass neben stationären QSI auch laufende QSI mit signifi-kanter Amplitude in der untersuchten Grenzschicht auftreten. Die Amplituden der dafür besonders relevanten instationären Geschwindigkeitsschwankungen in der Anströmung unterliegen statistischen Schwankungen.