3 Vergleichende Nachhaltigkeitsbewertung gebündelter und ungebündelter Infrastrukturen am
3.3 Fallbeispiel KNE - Anwendung des Bewertungsansatzes und Ergebnisse
3.3.1 Bewertung des Projektes der KNE
Grundlegend für eine Bewertung ist die Auswertung der KNE-Dokumente zu Planung und Ge-nehmigung des Projektes. Die Planunterlagen wurden auf Daten zu geeigneten Indikatoren ge-sichtet. Hierbei konnten qualitative wie auch quantitative Angaben für die Indikatoren bestimmt werden, die in Tabelle 6 zusammengefasst sind.
Tabelle 6: Übersicht über Daten aus den KNE-Planunterlagen. Einteilung in quantitative und qualitative Indikatoren sowie Zuordnung zur Bezugsquelle der Daten (eigene Dar-stellung)
Indikator-Typ
Daten aus KNE-Dokumenten ersichtlich Daten nicht aus KNE-Dokumenten ersichtlich
Quant. In-dikator
Gesamtmenge an Abfall Bodenaushub, inerte Stoffe Flächeninanspruchnahme Flächentransformation
Über die Lebensphasen entstehende Kosten
Primärenergieverbrauch Externe Kosten
Anteil der beschäftigten, lokalen Unterneh-men
Emissionen Qual.
Indikator
Transporte, Treibhausgasemissionen Stoffeinträge in die Umwelt
Einfluss auf geschützte Arten Bodenqualität
Grundwassersituation
Information und Transparenz (Mittel) Akzeptanz und Realisierbarkeit (Folge) Planungsaufwand
In Tabelle 7 sind die als quantitativ erörterten Indikatorenwerte aufgeführt. Die Aspekte der drei Nachhaltigkeitsdimensionen sind in den Planungsunterlagen nicht gleichbedeutend vertre-ten, wodurch die zu beurteilenden Indikatoren unterschiedliche Beachtung finden.
Je nachdem, ob und in welcher Tiefe bestimmte Wirkungen der Baumaßnahme auf die Umwelt untersucht werden mussten, bestehen Unterschiede in der Ausführlichkeit der beschriebenen, analysierten Auswirkungen (vgl. Tabelle 8). So ist beispielsweise der Indikator Auswirkungen auf geschützte Arten in der Planung sehr detailliert analysiert worden. Potenzielle Auswirkun-gen auf jede einzelne Tier-und Pflanzenart im Zusammenhang mit dem Vorhaben sind, wie in der FFH-Richtlinie und im BNatSchG verankert, aufgeführt (IGR und ILS, 2016). Dabei handelt es sich um temporäre und dauerhafte Auswirkungen, wie beispielsweise den Verlust von Indivi-duen oder Populationen. Nach § 16 des ROG musste die KNE dafür im Nachgang der als verträg-lich befundenen vereinfachten Raumordnungsprüfung eine Artenschutzprüfung durchführen lassen. Dieser Planungsteil orientiert sich am BNatSchG und dem Landesnaturschutzgesetz Rheinland-Pfalz (LNatSchG) zu Naturschutzvorgaben. Betroffen waren, laut Artenschutzprüfung, im Wesentlichen sechs von 543 untersuchten Arten. Nicht ausgeschlossen werden konnte der Einfluss auf 28 von 543 Arten. Zwar werden mehrere Arten vom Bauvorhaben betroffen sein, wurde jedoch in Anbetracht des geringen Ausmaßes der Auswirkung, wie in den Unterlagen auf-geführt, und der geringen betroffenen Artenanzahl der Skalenwert 2 (geringe Auswirkung) für diesen Indikator gewählt.
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Tabelle 7: Quantitative Indikatoren mit zugehörigen Daten aus KNE-Dokumenten (eigene Dar-stellung basierend auf: KNE-Planungsunterlagen)
Indikator Wert Kommentar
Gesamtmenge an Abfall (t)
0 t Ein Entsorgungspreis für jeden Bauabschnitt aufgelistet Abfall in keinem Abschnitt erwartet
Bodenaushub, inerte Stoffe (kg)
320.000 m³ Ca. 320.000 m³ Bodenaushub Ca. 110.000 m³ Bodenüberschuss
Kein Überschuss an inerten Stoffen erwartet – denn Wieder-einbau in Straßen vorgesehen
Flächeninanspruch-nahme (ha)
5.826.880 m² (tempo-rär)
414.500 m² (dauer-haft)
Dauerhafter Schutzstreifen: 5 m x 82.900 m = 414.500 m² Vorübergehende Fläche für Bauarbeiten: 9 m x 63.6200 m = 5.725.800 m² (ausreichende Platzverhältnisse); 6 m x 16.846,7 m = 101.080,2 m² (beengte Platzverhältnisse)
Flächentransforma-tion (ha)
26.600 m² (temporär) 14.400 m² (dauerhaft)
Aufteilung der Rodungsflächen nach Forstämtern: Prüm 0,81 ha; Bitburg 0,55 ha; Neuerburg 0,04 ha; Trier 0,04 ha Temporäre Waldentnahme: 2,66 ha
Über die Lebens-phasen entste-hende Kosten (Euro)
51,94 Mio. Euro Nettokosten 51,94 Mio. Euro 627 Euro/lfdm
Enthalten: Grundstück, Herrichten, Erschließen, Bauwerk - Baukonstruktion, Außenanlagen, Ausstattung und Kunst-werke, Baunebenkosten
Enthält nicht alle Lebensphasen, z. B. Betrieb (Instandhaltung, Wartung, etc.); Rückbau; u. a. nicht einkalkuliert (keine Daten vorhanden)
Tabelle 8: Qualitative Indikatoren mit zugeordneten Skalenwerten aus KNE-Dokumenten (ei-gene Darstellung basierend auf: KNE-Planungsunterlagen)
Indikator Einschätzung (Skala 1 = gering-5=
groß)
Kommentar
Transporte - Treibhausgas-emissionen
Skalenwert: 2 Erhöhtes Aufkommen während des Baus Anlagenbedingt keine Beeinträchtigung Betriebsbedingt keine Beeinträchtigung Stoffeinträge in
die Umwelt
Skalenwert: 1 An unterschiedlichen Stellen der Planung erwähnt, z. B. im Zu-sammenhang mit Trinkwasserschutzgebieten, Gewässerkreu-zungen
Maßnahmen zur Verhinderung von Stoffeinträgen beschrieben Bodenqualität Skalenwert: 4 Natürliche geogene Bleibelastung im Bereich um Bleialf –
Wie-dereinbau in Schichten nach BBodSchG Keine Belastung durch Bau erwartet
Starke baubedingte Beeinträchtigung erwartet
Dauerhafte fruchtbarer Boden durch Leitungen beeinträchtigt Durch Wiederherstellungsmaßnahmen können vorbelastete Böden in ihrer Funktionalität wiederhergestellt werden Einfluss auf
ge-schützte Arten
6 von 543 Arten (be-troffen)
28 von 543 Arten (po-tenziell betroffen)
Insgesamt 543 Arten untersucht
Im Wesentlichen betroffene Arten: Wildkatze, Schlingnat-ter/Mauereidechse, Schwarzstorch, Haselhuhn, Große Hufei-sennase, Mopsfledermaus
59 Indikator Einschätzung
(Skala 1 = gering-5=
groß)
Kommentar
34 Arten (tendenziell gesamt betroffen):
Skalenwert: 2
Für 11 Vogel-, 3 Amphibien-, 12 Fledermausarten und 1 Nage-tier- und 1 Reptilienart sind Verbotstatbestände möglicher-weise zutreffend; daher kein Ausschluss der Betroffenheit die-ser Arten
Grundwasser- situation
Skalenwert: 3 Beurteilung der Grundwassersituation im Hinblick auf folgende Sachverhalte möglich:
Bauwasserleitung durch Grabentiefe (1,75 m) nicht relevant Von 35 sind 19 Gewässerkreuzungen als Über- oder Unterfah-rung der Gewässer geplant
8 Gewässerkreuzungen in geschlossener Bauweise Keine Veränderung an Überschwemmungsgebieten 2 Trinkwasserschutzgebiete betroffen
Vorbehaltsgebiete Grundwasserschutz in mehreren Gebieten betroffen
3.3.1.1 Expertengespräch
Ergänzend zu den literaturbasierten Arbeiten wurde ein Expertengespräch mit dem zuständigen Planungsleiter der KNE durchgeführt. Der entwickelte Gesprächsleitfaden bestand in einem Ab-schnitt zu den Rahmenbedingungen für das Projekt und einem AbAb-schnitt zu speziellen Angaben zu den Indikatoren. Für die Bewertung war der zweite Fragenabschnitt maßgeblich. Der erste Fragenabschnitt ermöglichte ein besseres Verständnis für das Projekt und seine Planungszu-sammenhänge.
Teil 1: Der erste Fragenabschnitt bezog sich auf planungsrechtliche, rechtliche, administrative und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Bei jeder Kategorie konnten Angaben zu Erschwernis-sen und Erleichterungen hinsichtlich des Vorhabens gemacht werden. Ein Beispiel für den Bezug zu den nachfolgenden Indikatorfragen sind die politischen Rahmenbedingungen. Laut Aussage des Experten gab es bereits Unterstützung von allen politischen Parteien. Die Vorzüge wurden dadurch verstärkt an die Bevölkerung herangetragen und erleichterten die Akzeptanz und Reali-sierbarkeit des Bauvorhabens (KNE: pers. Mitteilung 10.07.2017). Inhaltliche Einzelheiten zu den Rahmenbedingungen sind dem Ergebnisprotokoll, Anhang A.4, zu entnehmen.
Teil 2: Die Antworten zu den Indikatoren sollten sowohl Aufschluss über das geplante Vorhaben der Leitungsbündelung geben als auch über eine vergleichbare Variante mit einzeln verlegten Leitungen. Da die KNE keine gezielte Vorprüfung zu einem Bauvorhaben ohne Leitungsbünde-lung von der KNE durchgeführt hatte, konnten keine exakten Angaben für die Vergleichsvariante gemacht werden. Aus den Erfahrungswerten des Experten und der detaillierten Befassung mit jedem Planungsbereich konnten dennoch relativ präzise Einschätzungen gewonnen werden. So war die Einschätzung des Interviewpartners, dass bei der ungebündelten Alternative für die Mehrzahl der Indikatoren eine Verschlechterung von 20-70 % zu erwarten sei. Die breite Spanne resultiert daraus, dass das Bauvorhaben über eine 82,9 km lange Strecke geplant ist, auf der sich über die Länge die Anzahl und Arten der Bündelungen ändert. Je mehr Sparten gemein-sam verlegt werden, desto besser gestaltet sich die gebündelte gegenüber der ungebündelten Variante. Dem Expertengespräch zufolge ist für eine Leitungsbündelung von weniger als insge-samt fünf möglichen Sparten eine Verbesserung von 20-40 % anzunehmen. Hingegen könne ab einer fünf-Spartenverlegung von einer 40-70 %-igen Verbesserung ausgegangen werden. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass jede nacheinander folgende Verlegung erneut der gleichen Vorkehrungen bedarf. Angesprochen werden hier insbesondere Abfall, Bodenaushub,
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Treibhausgasemissionen durch Transporte, Flächeninanspruchnahme und -transformation, Kos-ten und Emissionen, für die eine grobe Einschätzung vorgenommen wurde.
Gemäß Expertenmeinung würden sich einige Indikatoren durch die Wahl der Bauweise in ihrer Ausprägung kaum verändern. Bodenqualität und Grundwasserqualität beispielsweise würden in gleichem Maße durch beide Varianten beeinträchtigt. Bezüglich der sozialen Nachhaltigkeit seien Information und Transparenz bei der gebündelten Variante größer, was auch zu einer er-höhten Akzeptanz des Bauvorhabens bei der Bevölkerung führt. Bei der ungebündelten Variante sei mit mehr Widerstand zu rechnen.