• Keine Ergebnisse gefunden

9 Handlungsempfehlungen für Politik, Natur- und

9.2 Handlungsempfehlungen

9.2.2 Handlungsempfehlungen für den Naturschutz

Wesentliche Gefährdungsfaktoren

Zahlreiche Untersuchungen bestätigen, dass traditionell weit verbreitete Tierarten der Agrarlandschaft in ihren Hauptlebensräumen durch Veränderungen der Agrarstruktur und Bewirtschaftungsmethoden der Landwirtschaft gefährdet sind. Die Bestände von Charak-terarten der Vögel wie Grauammer, Kiebitz, Großer Brachvogel und Braunkehlchen sind in Baden-Württemberg im Zeitraum ca. 1980 – 2000/2004 um über 70% zurückgegangen.

Auch Rebhuhn und Neuntöter weisen Verluste von ca. 10% - 20% auf. Selbst eine ehe-mals sehr weit verbreitete Art wie die Feldlerche weist deutliche Rückgänge auf und muss neuerdings in die Rote Liste der gefährdeten Arten aufgenommen werden.

 

Die Bioenergie-Szenarien ohne Berücksichtigung der Naturschutz-Vorgaben zeigen als wesentliche Folgen einer verstärkten Bioenergienutzung (BioE3 und BioE1) im Vergleich zum BAU folgende Entwicklungen auf:

- eine drastische Zunahme des Maisanbaus, landesweit eine Flächenausdehnung um ca. das Dreifache

- eine starke Zunahme der intensiv genutzten Grünlandfläche (landesweit um ca. ein Drittel) und eine weitere Intensivierung auf dieser Fläche durch eine Zunahme der Schnittfrequenz und Düngung

- auf über 10% der Ackerfläche würde Miscanthus angebaut

In den Bioenergieszenarien findet zudem Umbruch von Grünland bis an die gesetzlich vorgeschrieben Grenze (5%) statt. Dies kann jedoch nicht als direkte Auswirkung des Bioenergiepflanzenanbaus interpretiert werden, sondern ist Folge der hohen Wettbe-werbsfähigkeit der Ackerkulturen insgesamt. Daher würden - wie bereits zu beobachten ist - nicht Grenzertragsstandorte sondern produktive Standorte umgebrochen. Dann kön-nen vielfach auch Bioenergiekulturen auf diesen Standorten folgen, doch darf diese Standortwahl nicht als primäre Ursache des Umbruchs missverstanden werden.

Ableitung erforderlicher Naturschutz-Maßnahmen

Um die politischen Ziele im Bereich Naturschutz anzustreben, wurde in dieser Studie Flä-chenforderungen zu ökologischen Ausgleichsflächen im Ackerland und extensiven Nut-zungen im Grünland näherungsweise aus der Definition von Ziel-Bestandsgrößen für cha-rakteristische Zielarten abgeleitet. Hierfür wurde für die Avifauna die Bestandssituation um 1980 normativ gesetzt. Dies steht im Einklang mit dem in der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt verankerten „2010-Ziel“, das - ursprünglich bis 2010 - einen Stopp des Verlusts der Artenvielfalt vorsieht und in der Folge eine Trendumkehr anstrebt.

Um dies zu erreichen, sollten konkrete Zielbestände für bestimmte Zielarten definiert und davon Entwicklungsmaßnahmen abgeleitet werden. Wie dies für die Planung operationa-lisiert werden kann, indem Flächenumfänge aufzuwertender Lebensräume quantifiziert und regionalisiert werden, zeigt diese Studie. Als weiter zu entwickelnde Grundlagen ste-hen mit dem „Zielartenkonzept Baden-Württemberg“ (ZAK) (RECK et al. 1996) und dem

„Informationssystem Zielartenkonzept“ (MLR & LUBW 2009) bereits fachlich fundierte Zielsysteme und Werkzeuge zur Verfügung. Von der erfolgreichen Stabilisierung und Wieder-Ausdehnung der empfindlichen Zielarten, kann dann ein „Mitnahmeeffekt“ für ei-nen überwiegenden Teil der lebensraumtypischen Artenvielfalt angenommen werden.

Gemäß den Annahmen der Studie sind in Baden-Württemberg im Bereich des Ackerlands etwa 400.000 ha aufzuwertende Fläche erforderlich, was ca. 44% der Ackerfläche ent-spricht. Innerhalb der aufzuwertenden Lebensraumfläche ist allerdings nur ein kleiner, nach Maßnahmen variierender, Flächenanteil von Maßnahmen betroffen. Produktionsver-zicht wird dabei auf 0,13% der Ackerfläche für Lerchenfenster, auf 2,5% für Saumstruktu-ren/Blühstreifen und auf 3% für selbstbegrünte Brachen gefordert. Eine Produktion mit Einschränkungen wird auf ca. 2% der Ackerfläche für extensivierte Ackerrandstreifen und auf weiteren 3% für extensiv genutzte Randstreifen um nährstoffarme Biotope und entlang von Gewässern verlangt. Außerhalb dieser über Zielarten abgeleiteten aufzuwertenden Fläche wird eine Grundausstattung von 2% Säumen und 3% Brachen angenommen. Die Maßnahmenflächen mit Produktionseinschränkungen und –verzicht summieren sich lan-desweit auf ca. 11% der Ackerfläche.

Restriktionen etwa 40% des Grünlandes. Die Modellrechnungen zeigen allerdings, dass ein Teil des Grünlandes ohnehin nicht mit höchster Intensität bewirtschaftet wird und die Nutzungseinschränkungen für Naturschutzmaßnahmen weniger gravierende Einkom-mensminderungen nach sich ziehen als beispielsweise auf dem Ackerland.

Für mehrjährige Kulturpflanzen werden aus naturschutzfachlicher Sicht Obergrenzen be-gründet. Etwa ¾ der Ackerlands wurden als Vorbehaltsgebiete für Kurzumtriebsplantagen und gut 80% für Miscanthus ermittelt. Insbesondere in diesen Räumen ist eine gründliche Prüfung der Auswirkungen dieser Kulturen auf Arten der offenen Agrarlandschaft erforder-lich. Für die Modellierung wurden sie als Ausschlussflächen verwendet, wobei aus stand-örtlich-/klimatischer Sicht bereits ca. 20% der Ackerfläche für KUP und 40% für Mis-canthus nicht für den Anbau geeignet waren.

Ökonomische Analyse der Naturschutz-Maßnahmen

Die Ergebnisse der Modellrechnungen zeigen, dass sowohl die naturschutzfachlichen als auch die Anforderungen des Ressourcenschutzes weder die Einkommen der landwirt-schaftlichen Betriebe noch die Produktionspotenziale, insbesondere auch für Bioenergie, gravierend beeinträchtigen. Die Einkommenseffekte bleiben gering, weil das Förderin-strument MEKA für viele nutzungseinschränkende Anforderungen von Natur- und Um-weltschutz in Anspruch genommen werden kann und die betrieblichen Einkommensver-luste zumindest teilweise kompensieren. Allerdings wurde bei den Modellrechnungen da-von ausgegangen, dass die hierfür benötigten MEKA Zahlungen ohne Limitierung vom Land zur Verfügung gestellt werden.

In den Bioenergie-Szenarien ohne Berücksichtigung der Naturschutzvorgaben werden zwischen 64 bis 70 Mio. € MEKA-Prämien in Anspruch genommen. Durch die Berücksich-tigung der Naturschutz-Vorgaben erhöhen sich die Summen auf 80 und 82 Mio. €. Für die beiden gemäßigten Bioenergie-Szenarien ergibt sich eine Zunahme um ca. 16% während im Szenario ohne Einschränkung der Bioenergienutzung und mit Zulassen mehrjährigen Kulturen (BioE1) der Zuwachs 26% beträgt. Da sich die Abnahme der Deckungsbeiträge infolge der Naturschutz-Vorgaben im unteren einstelligen Prozentbereich bewegt, könnten die Ertragseinbußen somit weitgehend durch das MEKA-Instrumentarium ausgeglichen werden, sofern die genannten Summen vom Land zur Verfügung gestellt würden.

Damit unterscheiden sich die nachgefragten MEKA-Prämien der Bioenergie-Szenarien nicht wesentlich vom BAU-Szenario (jeweils ohne Naturschutzvorgaben) für das ein För-derumfang von 62 Mio. € ermittelt wurde. Dieser Wert liegt deutlich unter der im Jahr 2007 ausbezahlten Fördersumme von 97,2 Mio. €. Die beiden Summen sind jedoch nur bedingt vergleichbar, da nicht alle durch MEKA förderfähigen Maßnahmen in EFEM integriert sind.

Die Produktionseinschränkungen bleiben begrenzt, weil sich die Anforderungen beim A-ckerland nur auf eine vergleichsweise kleine Fläche ertragsmindernd auswirken und beim Grünland im Fall von räumlich determinierten Nutzungseinschränkungen Intensivierungs-maßnahmen auf anderen Flächen ergeben. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass insgesamt ausreichend extensives Grünland zur Verfügung steht, um die festgelegten Ziel-Bestandsgrößen der Zielarten zu erreichen und damit zahlreiche weitere, weniger anspruchsvolle Grünlandarten der verschiedensten Artengruppen mit zu fördern.