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Ankopplung eines regionalen Modells an den liberalisierten Strommarkt

differenziert. Die Verbindung der Regionen über das Verbundnetz ist durch direkte Modellflüsse aus diesen Regionen zu den Versorgungsakteuren in Baden-Württemberg modelliert. Da das Stromnetz außerhalb Baden-Baden-Württembergs somit nicht modelliert ist, sind mit dem Modellsystem lediglich Aussagen in Bezug auf die Netzbelastung beim Import nach Baden-Württemberg möglich. Aus einem Strom-transport resultierende Netzbelastungen außerhalb der untersuchten Region können daher nicht mit dem Modell erfasst werden.

grundlegende Preisdifferenzen gibt (siehe z. B. [VIK 2000, S. 18]). Weiterhin sind im Rahmen eines Wechsels des Versorgungsunternehmens neben den reinen Strom-preisen auch die Durchleitungsentgelte für den Strombezug von einem externen Anbieter relevant. Hier wird seitens der bisherigen Versorgungsunternehmen, die üblicherweise auch das Verteilnetz betreiben, versucht, durch die Festlegung sehr hoher Netznutzungsgebühren20, eventuelle Preisvorteile von Angeboten anderer Unternehmen zu kompensieren. Aufgrund dieser Entwicklungen bei Strompreisen und Durchleitungsentgelten kann davon ausgegangen werden, dass bei Sondervertragskunden keine ausgeprägten Veränderungen der Marktanteile der verschiedenen abgebildeten Unternehmensgruppen auftreten.

Aufgrund dieser Zusammenhänge werden im Rahmen der Modellierung die Wech-selmöglichkeiten bei Endkunden nicht weiter berücksichtigt. Die Abbildung des libe-ralisierten Strommarktes beschränkt sich auf die Darstellung von Handelsmöglich-keiten auf der Ebene von Versorgungsunternehmen. Im Modell bilden dabei die Handelsakteure zur Abbildung von Im- und Export die Schnittstelle der sehr detailliert modellierten Region Baden-Württemberg zum umgebenden liberalisierten Strom-markt.

6.2.3.2 Möglichkeiten zur Integration des liberalisierten Strommarktes

In ein PERSEUS-REG2 Modell zur Abbildung eines regionalen Energiesystems kann der liberalisierte Strommarkt auf zwei grundlegende Arten integriert werden. Zum einen kann eine Ankopplung des regionalen Modells an ein Marktmodell erfolgen.

Zum anderen ist die Integration einer Angebotsfunktion, welche die Preisverhältnisse des liberalisierten Marktes wiederspiegelt möglich. Im Folgenden wird auf die Vor-und Nachteile beider Alternativen näher eingegangen.

6.2.3.2.1 Modellkopplung - Gesamtmodell und Dekomposition

Im Falle einer Modellkopplung werden das regionale Modell für Baden-Württemberg sowie das Modell zur Abbildung des übrigen liberalisierten Marktes zu einem Gesamtsystem verbunden. Dabei entsteht ein sogenanntes „Large-Scale-System“, das sich durch seine hohe Dimensionalität und komplexe Struktur auszeichnet21. Dies kann durch eine Zusammenführung beider Modelle zu einem Modell sowie durch eine Kopplung auf Basis eines Dekompositionsalgorithmus erfolgen.

Für den Fall, dass die Teilmodelle zusammengefügt werden, entsteht ein Gesamt-modell, das aufgrund des Umfangs des liberalisierten Marktes und der detaillierten Abbildung des baden-württembergischen Versorgungssystems sehr umfangreich ist.

Im Falle von optimierenden Energie- und Stoffflussmodellen führt dies neben beson-deren Anforderungen an die Datenverwaltung üblicherweise - auch bei modernen PC - zu Anforderungen bezüglich Speicherplatz und Rechenzeit, die an die Leistungs-grenzen heutiger PC-Rechnersysteme gehen. Darüber hinaus ist in diesem Fall auch der Austausch eines der beiden Teilmodelle, z. B. zur Berücksichtigung eines

20 Siehe z. B. [Seyfried 2000].

21 Zur Diskussion des Begriffs der „Large-Scale-Systems“ sei beispielsweise auf [Morgenstern 1991, S. 55 ff.], [Siljak 1983] oder [Haimes 1982] verwiesen.

päischen anstelle eines nationalen Marktes, mit einem großen zusätzlichen Model-lierungsaufwand verbunden, da die entsprechenden Modellteile entfernt und durch neue ersetzt werden müssen. Für den Fall, dass die Teilmodelle im Rahmen anderer Fragestellungen auch unabhängig voneinander weiter betrieben werden sollen, ergibt sich ein deutlich erhöhter Pflegeaufwand für die Datenbasis sowie eine zusätz-liche Fehlerquelle, da alle Änderungen mehrfach durchgeführt werden müssen. Auf-grund dieser Nachteile erscheint die Entwicklung eines Gesamtmodells zur simultanen Optimierung der Teilsysteme Baden-Württemberg und übriger Markt nicht sinnvoll.

Die zweite Alternative zur Modellkopplung besteht in der Anwendung eines Dekom-positionsalgorithmus. Anwendungen dieses Ansatzes bei großen Energie- und Stoff-flussmodellen werden beispielsweise in [Ardone 1999], [Morgenstern 1991], [Ho et al.

1979], [Nurminski et al. 1983] und [Bahn et al. 1994] beschrieben. Das bekannteste Verfahren zur Dekomposition von linearen Optimierungsmodellen ist der Dantzig-Wolfe-Algorithmus [Dantzig et al. 1960]. Ein weiteres Dekompositionsverfahren ist der Nurminski-Algorithmus [Nurminski 1982]. Beide Ansätze haben eine ähnliche Vorgehensweise, bei der das Gesamtproblem in Teilprobleme zerlegt wird und anschließend im Rahmen eines iterativen Verfahrens eine Koordination der Subsysteme erfolgt. Auf Grundlage der Ergebnisse der Teilsysteme wird dann eine optimale Lösung für das Gesamtproblem bestimmt. Die Stärke des Verfahrens liegt vor allem in der Berücksichtigung der sich aus den Lösungen der verschiedenen Teilprobleme ergebenden Interdependenzen. Dabei wird die Konvergenz der Teilprobleme über Mengen- und Preisbeziehungen gesteuert. Da die Teilprobleme der vorliegenden Problemstellung als umfangreich charakterisiert werden können, ist in diesem Fall der Dekompositionsalgorithmus von Nurminski dem Verfahren von Dantzig-Wolfe vorzuziehen [Ohse 1971, S. 78 ff.]. Für eine detaillierte Darstellung der Implementierung des Verfahrens im Zusammenhang mit PERSEUS-Modellsystemen sei auf [Ardone 1999] verwiesen. Aufgrund des iterativen Vorgehens und der Lösung mehrerer Teilprobleme steigt bei diesem Verfahren die erforderliche Rechenzeit im Vergleich zum Lösen eines einfachen Modells deutlich an.

6.2.3.2.2 Angebotsfunktion

Ausschlaggebend für den Energiehandel zwischen verschiedenen Akteuren sind vor allem die zu erwartenden Strompreise, die z. B. in Form einer Angebotskurve darge-stellt werden können. Damit besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Handelsbeziehun-gen über Angebotskurven in ein regionales Energie- und Stoffflussmodell zu inte-grieren. Zur Umsetzung im entwickelten Modell für die Region Baden-Württemberg können die Im- und Exportflüsse der Handelsakteure verwendet werden. Die Preisentwicklung kann beispielsweise aus Studien zur Entwicklung des liberalisierten Strommarktes oder auf Basis von Marktpreismodellen abgeleitet werden. Wichtig ist, dass zur Ableitung der Marktdaten die gleichen Prämissen unterstellt werden, wie sie auch im Modellsystem, in welches sie integriert werden sollen, angenommen werden.

Aus diesem Grund ist im Rahmen der vorliegenden Problemstellung eine Bestimmung der entsprechenden Daten mit Hilfe eines Marktpreismodells auf Basis des PERSEUS-Ansatzes sinnvoll. Hierfür kann beispielsweise das zur Analyse der

Entwicklung des deutschen und europäischen Strommarktes erstellte PERSEUS-ICE

Modell verwendet werden [Forum 2000].

Wesentlicher Vorteil der Integration einer Angebotskurve im Vergleich zu den ande-ren genannten Alternativen ist, dass dies ohne Veränderung der Modellstruktur oder Integration zusätzlicher Modellparameter realisiert werden kann. Darüber hinaus werden von dieser Alternative die Rechneranforderungen zur Lösung des Optimier-problems nicht nennenswert beeinflusst.

6.2.3.2.3 Realisierung im Rahmen des entwickelten Modells für die Region Baden-Württemberg

Aus der Darstellung der drei verschiedenen Alternativen wird deutlich, dass lediglich die Anwendung eines Dekompositionsalgorithmus oder die Integration von Ange-botskurven sinnvolle Alternativen für die Ankopplung des regionalen Modells für Baden-Württemberg an den liberalisierten Markt darstellen. In beiden Fällen wird ein Marktmodell zur Abbildung des liberalisierten Marktes benötigt. Wesentlich hierbei ist, dass das regionale Modell wie auch das Marktmodell von identischen Rahmenannahmen ausgehen und damit gewährleistet ist, dass die Modelle und deren Ergebnisse vergleichbar sind. Aufgrund dieser Anforderungen kann hier das Marktmodell PERSEUS-ICE, welches auf der gleichen methodischen Grundlage wie das PERSEUS-REG2 Modell aufbaut, verwendet werden. Damit sind beide Systeme nicht nur bezüglich der Methodik sondern auch im Hinblick auf die unterstellten Annahmen vergleichbar, was eine Modellkopplung grundsätzlich ermöglicht. Bei der Anwendung eines Dekompositionsalgorithmus wäre die im Marktmodell vorhandene Abbildung der Region Baden-Württemberg zu deaktivieren und durch die Ankopplung des disaggregierten regionalen Modells zu ersetzen.

Aus Systemsicht stellt das disaggregiert modellierte Energiesystem der Region Baden-Württemberg einen Teil des gesamten liberalisierten Strommarktes dar. Auf-grund des Größenverhältnisses bezüglich der Stromproduktion und der Nachfrage zwischen Baden-Württemberg und dem europäischen Strommarkt kann davon aus-gegangen werden, dass die Entwicklung in dieser Region den gesamten Strommarkt in Bezug auf die Strompreise nur in einem sehr untergeordneten Maß beeinflussen kann. Damit ist es nicht erforderlich, Rückwirkungen der Systementwicklungen in Baden-Württemberg auf den gesamten Markt zu berücksichtigen. Allerdings hat die Entwicklung des gesamten Marktes deutlichen Einfluss auf einzelne Regionen, so dass von einer Abhängigkeit Baden-Württembergs von der allgemeinen Markt-entwicklung ausgegangen werden kann.

Zur Entwicklung einer konsistenten Zukunftsstrategie ist für beide Kopplungsalterna-tiven eine Abstimmung der Modelle notwendig, so dass eine einheitliche Ausgangs-situation abgebildet wird. Aufgrund der beschriebenen Abhängigkeit zwischen den Systemen müssen – eine korrekte Modellierung vorausgesetzt – bei abgestimmten Modellen das Marktmodell und das regionale Modell identische Ergebnisse erzielen.

Andernfalls kann davon ausgegangen werden, dass die Anforderung der Modell-abstimmung nicht erfüllt ist. Damit ist eine Modellkopplung auf Grundlage der Dekomposition zur Ermittlung einer abgestimmten Lösung des Gesamtproblems nicht erforderlich.

Für die vorliegende Modellierung der Region Baden-Württemberg bedeutet dies, dass auf die modelltechnisch einfach zu realisierende Integration einer Angebots-funktion zurückgegriffen werden kann. Zur Ableitung der erforderlichen Marktpreise für Elektrizität wird aus Konsistenzgründen das PERSEUS-ICE Modell eingesetzt.