Teil II: Diskursanalyse
6. Aufteilung der Diskursakteure nach ihrer Präferenz im Hinblick auf die Opposition ‘Taraškevica vs
6.2. Anhänger des ‘Mehrere-Standardvarietäten-Modells’
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школьным – немагчыма паўнавартаснае адраджэньне мовы. Таму адзінае выйсьце - сінтэз.165 (19.09.2007)
‘Und außerhalb des Gettos pulsiert das Leben, es ist bunt und vielfältig, leuchtend, erfüllt.
Und ich will dieses Leben leben, ohne dass ich zur russischen Sprache übergehen muss. Ich will, dass mich alle problemlos verstehen, sowohl Hooligans als auch die vornehmsten Gesellschaften, in einem Nachtklub, einer Diskothek, einem Modeladen oder Supermarkt, in einem Café oder Sportklub. Sowohl an ‘demokratischen’ Orten als auch an den prestigereichsten. In der klassischen Variante [= Taraškevica] ist das unmöglich. In der Schulvariante [= Narkamaŭka] ist dagegen eine vollwertige Wiedergeburt der Sprache nicht möglich. Deswegen besteht die einzig mögliche Lösung in einer Synthese.’
(6.20) Мае меркаванне выглядае ў аб'яднанні цяперашняга правапісу і былога. Трэба ўзяць з іх самае лепшае.166 (21.05.2013)
‘Ich vertrete die Meinung, dass man die heutige Rechtschreibung und die alte vereinigen muss. Man muss das Beste von den beiden nehmen.’
So wird eine ‘mittlere’ Varietät als Kompromisslösung angesehen, die die beiden ‘Parteien’
vereinigen würde:
(6.21) Да сярэдзіннага правапісу прыхінуцца людзі з абодвух бакоў.167 (14.12.2008)
‘Eine mittlere Rechtschreibung wird Menschen von beiden Seiten ansprechen.’
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напрыклад, у ангельскай мове: colour/color, alack/alas, luggage/baggage etc. Мова ад гэтага не зьбяднее, а як раз наадварот. Што скажаце, панове?170 (29.03.2007)
‘Also die Meinungen haben sich geteilt, und das ist eine objektive Tatsache. Wollen wir vielleicht einen einfachen und effektiven Schritt machen und die Existenz zweier (oder mehrerer Varianten der Aussprache und Schreibung ein und desselben Wortes anerkennen?
So was existiert, z.B. in der englischen Sprache: colour/color, alack/alas, luggage/baggage etc. Die Sprache wird dadurch nicht verarmen, sondern umgekehrt. Was sagt ihr dazu, meine Herrschaften?’
Auf der individuellen Ebene würden die beiden Sprachformen zur ‘Erweiterung des Lebenshorizontes’ beitragen; auf der Ebene des Soziums wird der sprachlichen Vielfalt ein identitätsstiftender Charakter beigemessen: Sie wird als Besonderheit der belarussischen Gesellschaft angesehen (s. Bsp. (6.25)), was das Interesse für die belarussische Sprache bei Anderen wecken würde (s. Bsp. (6.26)):
(6.25) Я супраць аб'яднаньня. Няхай будзе што ё. У гэтым наша адметнасьць.171 (14.02.2013)
‘Ich bin gegen die Vereinigung [der Taraškevica und der Narkamaŭka]. Lasst es so bleiben, wie es ist. Darin besteht unsere Besonderheit.’
(6.26) Існаваньне двух варыянтаў робіць беларускі правапіс цікавейшым і самабытным. Гэта абуджае цікавасьць да мовы і пашырае кругагляд людзей.172 (02.05.2014)
‘Die Existenz zweier Varianten macht die belarussische Rechtschreibung interessanter und eigenständiger. Das weckt das Interesse für die Sprache und erweitert den Gesichtskreis der Menschen.’
Das Verbot einer der Varietäten und die Nivellierung der sprachlichen Varianz im Allgemeinen würden dementsprechend eine Verarmung der Sprache und der Gesellschaft bedeuten:
(6.27) Наркамаўка і тарашкевіца – гэта не дзьве мовы, носьбіты якіх не могуць разумець адзін аднога і якія ўскладняюць камунікацыю. Тым больш уніфікаваць моўныя сродкі камунікацыі да зьнікнекненьня моўных асаблівасьцяў, уласьцівых людзям рознага ўзросту, адукацыі, сацыяльнага і этнічнага паходжаньня і г.д. немэтазгодна – гэта пазбавіць кожнага з нас нашай індывідуальнасьці, гэта зробіць беларускую моўную прастору надзвычай беднай. Ня важна, якую артаграфію выкарыстоўваць - галоўнае разьвіваць беларускую мову ва ўсех яе відах, нават трэба імкнуцца захоўваць дыялекты і карыстацца імі.173 (30.04.2014)
‘Die Narkamaŭka und die Taraškevica sind nicht zwei verschiedene Sprachen, deren Träger einander nicht verstehen können und die die Kommunikation erschweren. Außerdem ist eine Unifizierung aller Kommunikationsmittel, so dass die sprachlichen Besonderheiten, die den Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft usw.
eigen sind, verschwinden, nicht zweckmäßig: jeder von uns wird dabei an Individualität verlieren, der belarussische Raum wird besonders arm sein. Es ist nicht wichtig, welche Rechtschreibung man verwendet: Hauptsache ist, dass man die belarussische Sprache in allen ihren Varianten entwickelt; man sollte sogar die Dialekte bewahren und benutzen.’
(6.28) У беларускай мове заўсёды будуць тэксты на тарашкевіцы і на наркамаўцы. Калі мы скасуем нейкі варыянт, то станем бядней у 2 разы.174 (14.02.2013)
170 Ўнутрэньні ўраг http://forums.tut.by/showthread.php?t=3711444 (12.07.2011).
171 НАЦДЭМ https://m.nn.by/articles/104892/comments/page/4/ (11.05.2014).
172 Jasper http://nn.by/?c=ar&i=126809 (11.12.2015).
173 Юрыст-дурыст https://m.nn.by/articles/126809/comments/ (11.11.2017).
174 Valer Kisiel https://m.nn.by/articles/104892/comments/page/3/ (12.11.2017).
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‘In der belarussischen Sprache werden immer Texte in der Taraškevica und der Narkamaŭka existieren. Wenn wir eine Variante eliminieren, werden wir doppelt so arm.’
Die sprachliche Variation wird von Vertretern der Gruppe 5) als Reichtum angesehen und dadurch positiv markiert. ‘Reichtum’ ist jedoch nicht der einzige positive Wert, auf den die sprachliche Variation zurückgeführt werden kann. Während die Unifikatoren die Stärke in der Einheit(lichkeit) sehen (Friedmans Gleichung ‘Einheit = Stärke / Vielfalt = Schwäche’), verbinden diejenigen, die für Aufrechterhaltung der sprachlichen Variation plädieren, Stärke (ab'jadnan’ne silaŭ / аб'яднаньне сілаў ‘Vereinigung der Kräfte’, moc / моц ‘Kraft’) mit der sprachlichen Vielfalt (vgl. (6.29) und (6.30)). In (6.30) wird die sprachliche Vielfalt nicht nur mit ‘Stärke’, sondern auch mit ‘Schönheit’ (pryhažos’c’ / прыгажосьць) in Verbindung gebracht.
(6.29) падтрымліваю, хай будуць абодва правапісы, гэта аб'яднаньне сілаў […].175 (14.02.2013)
‘Ich unterstütze das Aufrechterhalten der beiden Rechtschreibungen, das ist Vereinigung der Kräfte…’
(6.30) моц і прыгажосьць бел. мовы якраз у разнастайнасьці, бо ніколі жыхар заходняй Беларусі не загаворыць як жыхар усходняй! Пад агульную рысу падводзіць правапіс безсэнсоўна і марнатраўна. Мова сама праторыць сабе шлях як рэчышча ракі, калі мы будзем не аб ёй, а на ёй размаўляць!176 (21.05.2013)
‘Die Kraft und die Schönheit der belarussischen Sprache bestehen exakt in ihrer Vielfalt, weil niemals ein Einwohner des westlichen Belarus genauso sprechen würde wie einer des östlichen Belarus! Es ist sinnlos und zeitverschwenderisch, die Rechtschreibung unter einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die Sprache wird wie der Fluss selbst einen Weg finden, wenn wir nicht über sie, sondern in ihr sprechen würden.’
Die sprachliche Variation tritt im Diskurs außerdem im Kontext mit solchen positiv konnotierten ‘demokratischen’ Werten wie nead'emnae prava / неад'емнае права
‘unveräußerliches Recht’ (6.31), svaboda / свабода ‘Freiheit’ (6.32), pačuc’cë svabody / пачуцьцё свабоды ‘freiheitlicher Geist’ (6.33), asabistaja nezaležnas’c’ / асабістая незалежнасьць ‘individuelle Unabhängigkeit’ (6.33), vybar / выбар ‘Wahl’ (6.31) auf. Durch solche evaluativen Kontextualisierungen wird die sprachliche Varianz aufgewertet (vgl.
Unterkapitel 1.7.1).
(6.31) Выбар сярод нармальных правапісаў і графічных сыстэм ёсьць неа'демным правам кожнага чалавека. […] Таму існаваньне друку рознымі правапісамі ёсьць НАРМАЛЬНАЙ зьявай, нармальным выбарам, які адпавядае патрэбам мэтавай аўдыторыі, а штучна ўсчатая дыскусія нагадвае цемрашальскія спрэчкі, што лепей, праваслаўе ці ўніяцтва.177 (30.08.2007)
‘Die Wahl zwischen normativen Rechtschreibungen und graphischen Systemen stellt ein unveräußerliches Recht jedes einzelnen Menschen dar. Deswegen stellt die Existenz zweier Rechtschreibungen im Druck eine normale Erscheinung, eine normale Wahl[möglichkeit]
dar, die den Bedürfnissen des Zielauditoriums entspricht; und diese künstliche Diskussion erinnert mich an obskure Streitigkeiten darüber, was besser sei: die orthodoxe oder die unierte Kirche.’
175 дз https://nn.by/?c=ar&i=104892#startcomments (11.11.2017).
176 Serg T. https://m.nn.by/articles/109911/comments/page/4/ (12.11.2017).
177 czyk https://m.nn.by/articles/11136/comments/ (23.12.2017).
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(6.32) я не думаю, што ў бел мове калі-небудзь татальна запануе адзін варыянт. Вядома, у незалежнай краіне выпрацуецца нейкі пэўны дзярж стандарт, які будзе выкладацца ў дзярж навуч установах і ўжывацца ў афіц паперах. Але людзі будуць працягваць ужываць іншыя правапісы і нестанд словы і дыялекты, лацінку ці яшчэ што новае. Гэта я бачу і ў іншых краінах і па мне, гэта зусім нармальна і не страшна. На то яна і свабода.178 (29.07.2008)
‘Ich denke nicht, dass in der belarussischen Sprache irgendwann eine Variante total herrschen wird. Klar, wenn das Land unabhängig sein wird, wird man einen bestimmten staatlichen Standard ausarbeiten, der in staatlichen Einrichtungen unterrichtet und in offiziellen Dokumenten verwendet wird. Aber die Menschen werden auch weiter andere Rechtschreibungen sowie nicht standardsprachliche Wörter und Dialekte, die Latinica und vielleicht noch was ganz Neues verwenden. Ich beobachte das auch in anderen Ländern, und was mich betrifft, halte ich das für ganz normal und für nicht besorgniserregend. So ist halt die Freiheit.’
(6.33) Лічу, што сама наяўнасьць шматварыянтнасьці – спрыяе выхаваньню ў нашым чалавеку пачуцьця свабоды і асабістай незалежнасьці. І наадварот, непатрэбная уніфікацыя у мове, пісьме, а значыць думках, супярэчыць прынцыпу чалавечай свабоды. Сумна, калі такая газэта як НН дабраахвотна ўключаецца ва ўніфікатарскую
«зачыстку», якая праводзіцца існуючымі Ўладамі дакладна не ў інтарэсах беларушчыны ці чалавечай свабоды.179 (04.12.2008)
‘Ich vertrete die Meinung, dass allein das Vorhandensein einer Multivarianz die Erziehung des freiheitlichen Geistes und der persönlichen Unabhängigkeit in unseren Menschen befördert. Und umgekehrt widerspricht die unnötige Unifikation in der Sprache, in der Schreibung und somit im Denken dem Prinzip der menschlichen Freiheit. Es ist traurig, dass die NN [Naša Niva] freiwillig sich der unifikatorischen ‘Säuberung’ anschließt, die von den gegenwärtigen Machthabern offensichtlich nicht im Interesse des Belarussischen und der menschlichen Freiheit durchgeführt wird.’
Die Idee, die hinter solchen Auffassungen stehen, könnte man unter Friedmans Gleichung
‘Einheit = Unterordnung / Vielfalt = Freiheit’ subsumieren (vgl. Friedman 1997, 27). Diese ideologische Gleichung kommt in (6.33) besonders deutlich zur Geltung: hier wird die Unifizierung als ‘Verletzung der menschlichen Freiheit’ dargestellt.
Der Autor der Äußerung (6.34) wählt im Vergleich zu (6.33) stärkere Ausdrücke und betrachtet die Idee der sprachlichen Unifizierung bzw. Normierung (unarmavannie) als eine Art
‘Totalitarismus’:
(6.34) Siarhej Ivanycz, a mo sama ideja unarmavannia pravapisu zahannaija svaim tatalitaryzmam?
Czamu nie mohuc isnavac niekalki movaznauczych szkol, jakija b stvarali svaje admietnyja kirunki u movaviedztvie? I uzo aposzniaja sprava dziarzavie siudy ulazic.180 (31.08.2007)
‘Sjarhej Ivanyč, ist denn die Idee der Rechtschreibnormierung an sich aufgrund ihres Totalitarismus nicht beschämend? Warum dürfen nicht mehrere sprachwissenschaftliche Schulen [gleichzeitig] existieren, die eigenen prägnanten Richtungen in der Sprachwissenschaft schaffen würden? Und das sollte die letzte Angelegenheit sein, in die sich der Staat einmischt.’
Bemerkenswert in Bezug auf (6.33) ist außerdem, dass der Autor die Sprache mit dem Denken gleichsetzt: Die Unifizierung der sprachlichen Strukturen führe auch eine des Denkens herbei.
Diese oben unter dem Begriff ‘Sprachdenken’ angeführte Idee ist auch unter den Anhängern
178 mama Halja http://www.dzietki.org/forum/viewtopic.php?p=38519 (12.11.2017).
179 Адлеглы https://m.nn.by/articles/22044/comments/page/3/ (12.11.2017).
180 tvoj chrosny http://nn.by/?c=ar&i=11177 (02.11.2012).
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der Taraškevica verbreitet, die zugleich Anhänger des ‘Eine-Standardvarietät-Modells’ sind (s.
vor allem die Beiträge von Pacjupa im Unterkapitel 5.7). Der bedeutendste Unterschied besteht dabei darin, dass dieser Effekt (Unifizierung des Denkens) für die Eine-Standardvarietät-Anhänger positiv konnotiert und somit wünschenswert ist (unter der Voraussetzung, dass man sich die ‘wahre’ Sprache und somit das ‘richtige’ Denken aneignet), während der Autor der Aussage (6.33) eine Unifizierung des Denkens an sich negativ bewertet und als Verstoß gegen die Freiheit ansieht. Angesichts der Position der Anhänger der sprachlichen Unifizierung, die die sprachliche Varianz als Gefahr bzw. als Schwäche sehen (s. Unterkapitel 6.1), wird in den Beispielen (6.31) und (6.32) versucht, die Situation der sprachlichen Varianz zu legitimieren, indem man diese als ‘normal’ einstuft: die sprachliche Varianz stelle eine ‘normale Erscheinung’ dar bzw. sei ‘ganz normal’ und ‘nicht besorgniserregend’. Zusammen mit der Idee der sprachlichen Vielfalt wird die des ‘Sprachdenkens’ legitimiert. Die sich zueinander kontradiktorisch verhaltenden Ideen der sprachlichen Vielfalt und der sprachlichen Unifizierung liefern ein Beispiel für den ideologischen Kampf im Sinne von Vološinov (1975) (s. Abschnitt 1.3.1): Die Idee der sprachlichen Uniformität wird von den Anhängern der sprachlichen Vielfalt umgewertet; dadurch werden neue Perspektiven eröffnet, die es ermöglichen, die sprachliche Vielfalt als Freiheit und Stärke (die davor als Folge der (sprachlichen) Einheitlichkeit fungierte; s. Unterkapitel 6.1) zu sehen.
Eine Erweiterung findet die Idee ‘Sprachen = Reichtum’ in der Äußerung (6.35): Dadurch, dass die Menschen ihre bevorzugten Sprachvarietäten nutzen könnten, würden sich die Zahl und die Qualität der gedruckten Werke erhöhen. Abgesehen davon würde die sprachliche Vielfalt die Belarussen zu gegenseitiger Toleranz bewegen.
(6.35) Думаецца, ніякая сумесная праца ТБМ, Інстытута мовазнаўства ды прыхільнікаў клясычнага правапісу не прывядзе, прынамсі, сёньня да адзінага правапісу. Зрэшты, мo’ й добра, што ў нас будзе два правапісы, мо’ нехта выдасьць кніжулю лацінкаю, і будзе пісаць з ґ. Цалкам магчыма, што з часам гэтыя ручайкі аб’яднаюцца ў адзіную плынь. Тым часам – больш друкаў, якасных, розных, і больш памяркоўнасьці адзін да аднаго.181 (04.10.2007)
‘Ich glaube, dass heutzutage auch eine Zusammenarbeit der ‘Gesellschaft der belarussischen Sprache’, des Instituts für Sprachwissenschaft und der Anhänger der klassischen Rechtschreibung nicht zu einer einheitlichen Rechtschreibung führen würde. Vielleicht ist es gut, dass wir zwei Rechtschreibungen haben; vielleicht wird jemand ein Büchlein auch in Latinica herausgeben, jemand wird ґ schreiben. Es ist gut möglich, dass sich diese ‘Quellen’
mit der Zeit in eine ‘Strömung’ zusammentun. Und indessen werden mehr qualitative und vielfältige Druckwerke erscheinen, und mehr Toleranz einander gegenüber.’
Interessanterweise ist auch die Idee der ‘Einheit’ für die Anhänger der sprachlichen Vielfalt relevant. Dennoch wird sie mit Hilfe der denotativen Kontextualisierung anders ‘gefüllt’ (s.
Abschnitt 1.7.1): Während für die Anhänger des Eine-Standardvarietät-Modells durch die sprachliche Unifizierung neben der Einheit auch Stärke erreicht wird, besteht die Einheit für die Vertreter der Gruppe 5) in gegenseitiger Toleranz.
(6.36) Такая яна — Беларусь. Зь дзьвюма душамі ў веры, гісторыі, псыхіцы. А цяпер яшчэ і ў правапісе. Яднае нас талеранцыя. Нашае адзінства — гэта талерантнае задзіночаньне розных. І ніхто не павінен навязваць сваё як адзінае правільнае. А дзяржава цяпер
181 Тарашкевічанін https://m.nn.by/articles/11820/comments/page/4/ (02.01.2018).
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спрабуе зрабіць акурат гэта. Адказаць ёй трэба адзінай абаронай нашай талерантнай разнастайнасьці, а ня спробамі дамовіцца з нападнікамі.182 (17.09.2007)
‘So ist Belarus. Mit zwei Seelen im Glauben, in der Geschichte und Psyche, und jetzt noch in der Rechtschreibung. Was uns vereinigt, ist die Toleranz. Unsere Einheit besteht in der toleranten Einigkeit der Verschiedenen. Und keiner darf dem Anderen das Eigene als das einzig Richtige aufdrängen. Aber der Staat versucht jetzt genau das zu machen. Unsere Antwort darauf muss die Verteidigung unserer toleranten Vielfalt sein, und nicht der Versuch, mit den Angreifern zu verhandeln.’
Die Einheit besteht demnach nicht in einer uniformierten Sprache bzw. im uniformierten Handeln, sondern in der Akzeptanz der Vielfalt bzw. in der gegenseitigen Akzeptanz des Gegenübers als eines anderen oder, mit anderen Worten, in der Toleranz gegenüber dem Anderssein. Die in (6.36) dargestellte Position entspricht im Großen und Ganzen dem Europa-Motto ‘in Vielfalt geeint’,183 das eine leichte Modifikation der ursprünglichen Variante ‘Einheit in Vielfalt’ darstellt.184