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Teil 2: Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen

4 Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen

4.4 Adressaten der Förderung und Abgrenzung der Fördergebiete

unter-stützt es die Antragsteller bei der Umsetzung förderfähiger Vorhaben (För-derberatung und Öffentlichkeitsarbeit). Das Kuratorium setzt sich aus Mit-gliedern der Ministerien Finanzen; Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr;

Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zusam-men, ebenso wie aus Vertretern regionaler und Großbanken sowie Vertetern der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern.

Der Schwerpunkt der Förderung – sowohl die Zahl der Anträge als auch das Fördervolumen betreffend – liegt in der Wirtschaftsförderung und dort vor allem bei der Umsetzung der Gemeinschaftsaufgabe (vgl. Tabelle 2). So wurden z.B. im Jahr 1999 im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe insgesamt 923 Projekte gefördert bei einem Zuschußvolumen von 1 652,90 Mio. DM.121 Tabelle 2: Fördertätigkeit des Landesförderinstituts Sachsen-Anhalt im

Jahr 1999

Förderbereich Bewilligungen Bewilligte Mittel*

– in Mio. DM –

Wirtschaftsförderung 2 632 1 847,03

Wohnungsbauförderung 1 975 185,3

Agrarförderung 1 714 31,08

* Darlehen, Zuschüsse und Beteiligungen zusammengefaßt

Quelle: Landesförderinstitut Sachsen-Anhalt (2000: 15) und eigene Berechnungen

- Antragsteller für touristische Infrastruktur.

Gemeinsam ist allen diesen Bereichen, daß man von ihnen überregionale Verflechtungen und damit Effekte bei der externen Einkommenserzielung erhofft. Die zusätzlichen Hilfen, die durch die Gemeinschaftsaufgabe gewährt werden, zielen vor allem auf Investitionen im gewerblichen Bereich.

Einzelgewerbliche Antragsteller sind Unternehmen des produzierenden Ge-werbes, die durch überwiegend auf überregionalen Märkten erzielten Absatz das Einkommen in der Region erhöhen. Antragsberechtigt ist, wer betriebli-che Investitionen vornimmt; weitere Untersbetriebli-cheidungen wie z.B. nach Wirt-schaftsbereich oder Betriebsgröße werden nicht vorgenommen.

Antragsteller für die Förderung von wirtschaftsnahen Infrastrukturmaßnah-men sind Gemeinden, Gemeindeverbände ebenso wie gemeinnützige Kör-perschaften und nicht gewinnorientierte juristische Personen122 (vgl. § 2 II GRWG). Laut Rahmenplan werden vor allem die Erschließung von Industrie-gelände, der Ausbau der Verkehrsverbindungen als förderfähige Maßnah-men verstanden (§ 1 I Nr. 2 GRWG). Die Förderung von Infrastrukturmaß-nahmen ist im Gegensatz zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft nicht auf Schwerpunktorte beschränkt ( 4. Rahmenplan: 14).

Um dem Förderprinzip der räumlichen Schwerpunktbildung gerecht werden zu können, ist es notwendig, eine Fördergebietsabgrenzung vorzunehmen.

Zur Bestimmung förderwürdiger Regionen ist es notwendig, „festzulegen, welche Einzelindikatoren zur Beurteilung herangezogen werden können und welche Unterschiede in bestimmten Einzelindikatoren akzeptierbar sind“

(Nägele 1996: 57). Diese Festlegung kann jedoch nur – so Böhret et al.

(1982: 356) – aus einer „politischen Problemperzeption“ erfolgen, da eine wissenschaftliche oder „objektive Problemperzeption“ schwierig bis unmög-lich ist, weshalb eine „an politischen Kriterien orientierende Problemsicht an eigener Rationalität“ gewinnt.

122 Wie z.B. Kirchen oder Stiftungen.

Die Abgrenzung der Fördergebiete wird durch den Planungsausschuß be-schlossen. Dabei wird nach einem Kriterienkatalog und einer Bewertungsme-thode vorgegangen, die – auf die Systematik der Regionalen Aktionspro-gramme zurückgehend – in den Rahmenplänen geregelt werden und die zum Teil mit der EU-Beihilfenkontrolle abgestimmt werden müssen. Das ur-sprüngliche Ansinnen, die Abgrenzung auf wissenschaftlich fundierte Er-kenntnisse zu gründen, „scheiterte an der mangelnden wissenschaftlichen Absicherung der angewandten Abgrenzungmethoden und wäre ... seinerzeit auch politisch nicht durchsetzbar gewesen“ (Reissert & Schnabel 1976: 88).

Die Debatten um die Festlegung der sogenannten Fördergebietskulisse und die zugrundeliegenden Indikatoren sind – so Nägele (1996: 81f) – im Kern politisch, und „bei den Auseinandersetzungen um die Neuabgrenzung (wur-de) prinzipiell ein Gesamtpaket verhandelt und schließlich wissenschaftlich verbrämt auf politischer Ebene die Fördergebietskulisse festgelegt“.

Im Ergebnis eines dreijährigen Diskussionsprozesses, der 1974 abgeschlos-sen wurde,123 wurden zwischen Bund und Ländern als Abgrenzungskriterien auf Vorschlag des Bundes der künftige Arbeitsplatzfehlbedarf, auf Vorschlag Baden-Württembergs Einkommensunterschiede und auf Vorschlag Bayerns die Versorgungs- und Infrastruktureinrichtungen berücksichtigt. Im Verhältnis 1:1:0,5 (Arbeitsplatzdefizit : Einkommensdifferenz : Infrastrukturausstattung) wurden die Abgrenzungskriterien entsprechend ihrer Gewichtung addiert und die Arbeitsmarktregionen,124 die die regionale Basis darstellten, in eine ordi-nale Reihung gebracht. Als Schwellenwert für die Anerkennung zum Förder-gebiet wurden 33,9% der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik festgelegt (4. Rahmenplan: 5). Seit 1991 ist an die Stelle der Schwellenwertmethode das sogenannte Gesamtindikatorenmodell getreten, basierend auf einer mul-tiplikativen Verknüpfung der Indiktoren.125 Dabei „erhält jede

123 Ausführlich zum Diskussionsprozeß und Abstimmungsverhalten vgl. Reissert & Schnabel (1976: 87ff); Nägele (1996: 80ff).

124 Zum Abgrenzungsverfahren vgl. Klemmer (1973).

125 Eine ausführliche Beschreibung über die Methodik und die Indikatoren zur Neuabgren-zung des regionalpolitischen Fördergebiets findet sich z.B. bei Hirschenauer (1994); Zarth (1991).

gion eine Kennziffer, die ihre Strukturstärke bzw. Förderbedürftigkeit zum Ausdruck bringt. Die Regionen lassen sich dann nach dieser Kennziffer auf-steigend in eine Rangfolge bringen“ (Zarth 1999: 4).

Der Katalog zur regionalpolitischen Beurteilung der Entwicklungsunterschie-de Entwicklungsunterschie-der Arbeitsmarktregionen umfaßt seither für die westEntwicklungsunterschie-deutschen BunEntwicklungsunterschie-des- Bundes-länder folgende Einzelindikatoren:

- den Bruttojahreslohn der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (40%),

- die durchschnittliche Arbeitslosenquote der vergangenen vier Jahre (40%),

- einen komplexen Infrastrukturindikator (10%) sowie

- eine Prognose der künftigen Arbeitsplatzentwicklung der folgenden vier Jahre (10%).

Jeder Indikator wird am Bundesdurchschnitt normiert, standardisiert und geht dann in eine gewichtete, multiplikative Verknüpfung ein. In den alten Ländern umfassen die GA-Fördergebiete ca. ein Fünftel der Bevölkerung (vgl. Tabelle 3).

Tabelle 3: Umfang der GA-Fördergebiete ab 1997

Wohnbevölkerung in Westdeutschland – Stand: 31. Dezember 1994 –

Land Insgesamt davon im

GA-Fördergebiet Bayern

Baden-Württemberg Bremen

Hamburg Hessen

Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland

Schleswig-Holstein

11 921 944 10 272 069 680 029 1 705 872 5 980 693 7 715 363 17 816 079 3 951 573 1 084 201 2 708 392

1 674 348 0 353 932 0 428 263 3 444 917 4 504 785 696 399 984 400 1 158 848 Westdeutsche Länder ges. 63 836 215 13 245 892 Wohnbevölkerung in Ostdeutschland

– Stand: 31. Dezember 1994 –

Insgesamt davon im

GA-Fördergebiet Berlin

Brandenburg

Mecklenburg-Vorpommern Sachsen

Sachsen-Anhalt Thüringen

3 472 009 2 536 747 1 832 298 4 584 345 2 759 213 2 517 776

3 472 009 2 536 747 1 832 298 4 584 345 2 759 213 2 517 776

Ostdeutsche Länder ges. 17 702 388 17 702 388

Quelle: 26. Rahmenplan (1997: 9)

In den ostdeutschen Bundesländern umfassen die GA-Fördergebiete nach wie vor die gesamte Bevölkerung, allerdings erfolgte erstmals 1997 eine För-dergebietsabgrenzung, in dessen Folge acht Arbeitsmarktregionen aus der Höchstförderung (A-Fördergebiete) herausgefallen sind und zu sogenannten B-Fördergebieten wurden. In den Regionen, in denen die Gemeinschaftsauf-gabe weiterhin mit den Höchstsätzen fördern kann, leben ca. 60% der ost-deutschen Bevölkerung. Aus der Höchstförderung herausgefallen sind die Arbeitsmarktregionen Berlin, Dresden, Leipzig, Jena, Erfurt, Weimar, Schwe-rin und Halle.126 Basis hierfür ist folgender, leicht modifizierter Kriterienkata-log:

- Unterbeschäftigungsquote (50%),

126 Vgl. z.B. 26. Rahmenplan 1997: 12.

- Einkommen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten pro Kopf 1995 (40%),

- Infrastrukturindikator (10%).

Die Veränderungen waren zum einen deshalb nötig, weil Prognosen über die künftige Arbeitsplatzentwicklung aufgrund der fehlenden langen Zeitreihen noch nicht zur Verfügung standen. Zum anderen erfaßt die Arbeitslosenquote in den neuen Ländern – anders als in den alten Ländern – nur unzureichend das Ausmaß der Beschäftigungslücke. Ursache dafür ist der vergleichsweise hohe Anteil öffentlich geförderter Beschäftigung auf dem sogenannten Zwei-ten Arbeitsmarkt.127

Die Festlegung des Abgrenzungsmodus – hierin besteht in der Literatur ein breiter Konsens128 – ist in erster Linie das Ergebnis eines politischen Diskus-sionsprozesses. Die ursprüngliche Hoffnung, sich auf wissenschaftlich gesi-cherte Kriterien, Schwellenwerte und Methoden stützen zu können, bestätig-ten sich trotz vielfältiger Anstrengungen nicht (vgl. Reissert & Schnabel 1976:

89). Charakteristisch ist vielmehr bereits zu Beginn der Abgrenzung von För-dergebieten die Suche nach „konfliktminimierenden pragmatischen Kompro-missen zwischen Bund und Ländern“ (Reissert & Schnabel 1976: 90).