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(3) Der A hält dem В die Tür a u f

Im Dokument in Geschichte, Kultur und Kunst (Seite 152-158)

H ie r ist nu r e in Partnerschaftsverhältnis signalisiert. Es besteht zw ische n/!

und

B.

Es ist wieder m ittelbar. M it der durch das Verbum angegebenen H insicht hat es nichts zu tun.

В

fü h rt keine Kom plem entärhandlung zum A u fh a lte n aus.

W ieder müssen w ir uns m it dem allgemeinen G E B E N / N E H M E N begnügen.

O b je kt ist ״ T üraufhalten“ , das von

A

gegeben, von

В

genommen w ird bzw. ge- nommen werden soll.

A n dieser Stelle ein Hinweis zu G E B E N / N E H M E N : M an d a rf sie nicht als Handbewegungen vorstellen. Es kann sich — wie gerade in diesem Beispiel — um ein Anbieten und Hinnehm en handeln. Es ist auch nicht w ichtig, ob der Partner

В

eine Handlung des Nehmens tatsächlich ausführt, etwa indem er durch die aufgehaltene T ü r dann auch geht, oder er diese H andlung verweigert.

W ich tig ist allein, daß sich der

A

partnerschaftlich verhält und dieses durch die Erwähnung des

В

per

Dativ

m itgeteilt w ird.

Die genannten drei Beispiele stammen zwar aus dem Deutschen, können aber 150

zwanglos auch ins Bulgarische übersetzt werden, die beiden folgenden hingegen haben im Deutschen keine Entsprechung und müssen bulg. vorgeführt werden:

(4)

si leieše poddbrvoto

,,e r lag unter dem Baum “ (5)

si otidè

,,er ging weg‘ ״.

Diese beiden Beispiele gehören insofern zusammen, als hier nicht einm al mehr ein O bje kt genannt ist. Beide M ale w ird ein Partnerschaftsverhältnis sig- nalisiert. Es besteht zwischen

A

und S. Daß der

В

m it dem

A

identisch ist, d a rf uns im A ugenblick, da im m er noch vom D a tiv die Rede ist, nicht verunsichern.

W ie in den anderen Fällen oben, so g ilt auch hier:

A

gibt dem

В

, näm lich ,,das- unterm -Baum -Liegen“ bzw. ,,das Weggehen“ , und

В

nim m t es von

A .

W ieder ist die H insicht des Partnerschaftsverhältnisses nicht genannt. M it dem Verbum hat es nichts zu tun.

Die Beispiele (4) und (5) decken sich m it dem, was gemeinhin

Dativus ethicus

genannt w ird . E r steht nicht außerhalb des D ativs, sondern ist — wenn man so w ill — die letzte pragmatische Stufe a u f einer Skala von Anwendungsfällen, de- ren A b fo lge ich m it den Beispielen grob zu skizzieren versucht habe.

U m das Funktionieren des D at. ethic. zu begreifen, muß man einsehen, daß die signalisierte Partnerschaft außer u n m ittelbar auch m ittelbar sein kann, näm- lieh dann, wenn die H insicht der Partnerschaft durch das verwendete Verbum nicht angegeben w ird. U nd das wiederum ist der Fall, wenn es keine Spezifizie- rung des allgemeinen G E B E N / N E H M E N ist, also in diesem Sinne keinen Kom plem entär neben sich hat, wie z.B .

außtalten

in Beispiel (3), zu welchem

zu

-

halten

kein Kom plem entär-, sondern ein K onträrverbum ist.

Da ein m ittelbares Partnerschaftsverhältnis schon im zweiten Beispiel vor- liegt, würde der D at. ethic. schon an dieser Stelle beginnen. Das nu r nebenbei;

denn es kom m t ja hier nicht d a ra u f an zu bestimmen, was unter

Dativus ethicus

verstanden werden soll, als vielm ehr zu zeigen, daß das Partnerschaftsverhältnis vorhanden ist und es darüber hinaus auch m ittelba r vorliegen kann.

Ich sagte,

Dativ

signalisiere den nachgeordneten Partner. Man kann es noch exakter form ulieren, aber dann nicht mehr in den W orten einer natürlichen Sprache. Das müssen w ir im Auge behalten, wenn w ir uns je tzt nach dem Sinn des m ittelbaren Partnerschaftsverhältnisses erkundigen; denn was es hierzu zu sagen gibt, sind Beschreibungen und liegt unter dem Niveau von ,,P a rtn e r“ . M it der Frage nach dem Sinn, verlassen w ir außerdem den semantischen In h a lt des Zeichens; denn es ist die Frage nach dem ,,w arum ?“ und ,,w o fü r? “ .

M it der Erwähnung eines Partners in der M itte ilu n g , rückt der Vorgang in die soziale Dim ension, sei es, daß der P artner der Nutznießer ist, wie beim A u f­

000553Б5 noch gar logisch zwingend, nicht einm al die des Nutznießers oder Geschädigten ist es. So mag es manchen geben, der das fü r überflüssig hält und diesem Ver- fahren keinen Sinn abgewinnen kann. Das ändert aber nichts am Vorgang. Es gibt eben auch andere, die W ert darauf legen, in gewissen Situationen einen Teilnehmenden zu signalisieren, oder auch auszuschließen. Und dam it komme ich a u f das R eflexivum .

P artner, wie er per Dativ signalisiert w ird , muß nicht unbedingt auch ein physisch anderer sein. M an kann ja auch sich selbst zu seinem eigenen Partner setzen, etwa beim M onolog, wo der Sprecher sein eigener Zuhörer ist, man kann sich selbst eine Feder an den H u t stecken, ja man kann sich selbst etwas sehen- w odurch der dargestellte Sachverhalt den Anschein der E xklusivität erhält. Ich werde das an einem Beispiel zunächst aus dem Deutschen begreiflich zu machen versuchen.

Ich sagte zwar vo rh in , die Beispiele (4) und (5) hätten im Deutschen keine Entsprechung. Das stim m t insofern, als die Hochsprache und die meisten D ia- lekte darunter zu verstehen sind, in ostdeutschen M undarten aber, offensicht- lieh unter dem E in flu ß des Polnischen, konnten solche und ähnliche Sätze ge- sagt werden. Beispielsweise:

(6) Geh, spiel dir!

W ie dieser Satz fu n k tio n ie rt, erfährt man erst, wenn man die S ituation kennt. U nd die ist so:

000553Б5 lische P osition des Kindes gestärkt, sein Selbstbewußtsein gefestigt, und wenn das K ind fo lg t, so w ird es sich gegenüber den anderen, die es am Spielen hindern w ollten, durchsetzen.

Ich werde gleich zwei Beispiele aus dem Bulg. nennen, möchte aber zuvor be- tonen, daß nur seiten ein Anwendungsfall einem anderen gleich ist, deshalb kann die Erläuterung, die ich eben zum Sandkastenbeispiel gegeben habe, nicht verallgemeinert werden.

(7)

teraj si rabota!

sinngemäß: ,,küm m ere dich um deine eigenen Sachen!“ Die- ser Satz ist keine Ermahnung zur Arbeitsbeschleunigung, sondern eine V ertrei- bung lästiger G affer, und es wäre vollkom m en falsch, ihn etwa m it ,,tu deine A rb e it!“ übersetzen zu w ollen, weil dam it der D ativ verlorenginge. Auch hier w ird wieder gemeint: ,,Geh deiner Verrichtung nach und sei dabei dein eigener P a rtn e r!“ , d.h. ,,küm m ere dich nicht um andere!“ Jetzt aber nicht um solche, die dich stören — wie beim vorigen Beispiel — , sondern um solche, bei denen du nichts verloren hast.

Zum folgenden Beispiel erzähle ich die Umstände vorneweg. A u f einer Fahrt durch die Rhodopen kam ich m it meinem bulgarischen Begleiter in ein D o rf, über dessen Zentralplatz ein Lautsprecher irgendwelche M usik plärrte. W o ra u f mein Begleiter zu einem, der da herumstand, sagte:

(8)

chubavička muzika si imate tuka

. Übersetze ich das einfach m it ,,eine schöne M usik habt ih r hier“ , so geht das Entscheidende dabei verloren, z.B . die Ironie, die durch einen Zusatz wie ,,na ih r müßt ja wissen, was ih r tu t, ist ja eure Sache“ zum Ausdruck käme, oder vielleicht auch die Bewunderung, ausdrück- bar etwa durch ,,m an sieht, ih r habt euren eigenen Geschmack“ . Das

si

te ilt darüber nichts m it, und so ist diese erwiesenermaßen ironisch gemeinte Bemer- kung vom Angesprochenen als Kom plim ent verstanden worden.

(9)

si odam

. Dieser sehr o ft gesagte Satz läßt sich am besten w ohl m it franz. ye״

m ’en vais

wiedergeben, keinesfalls m it dtsch. ,,ich gehe“ , sondern eher schon m it ״ ich hau' je tzt ab“ . Auch hier entw ickelt

si

seine E xklusionsw irkung, der- gestalt, daß es die Handlung als von anderen unbeeinflußt erscheinen läßt.

153

000553Б5

Bevor ich a u f das Nächste zu sprechen komme, möchte ich doch noch vor ei- ner F ehlkalkulation warnen. Es mag welche geben, die an den Umstand, daß bei den Bulgaren

si,

bei den Serben

ti

als D at. ethic. dom iniert, völkerpsychologi- sehe Betrachtungen knüpfen und zu dem Ergebnis kommen, die Bulgaren seien ein ichbezogenes, die Serben hingegen ein extrovertiertes V o lk. Das wäre totaler U nsinn, nicht nur, weil es jeglicher wissenschaftlicher Grundlage entbehrte, sondern weil die kommunikationsstrategische Bedeutung des

si

ebenso gut auch in der anderen Richtung gesucht werden könnte, insofern als der vom

si

bew irk- te Ausschluß des Anteilnehmenden der vom Üblichen abweichende Sonderfall wäre.

Ich komme nun zum zweiten Teil, der Darstellung der Funktionsweise. E tli- ches ist vorneweg schon gesagt worden, je tzt indessen geht es darum vorzufüh- ren, wie dieses

si

innerhalb eines umfangreicheren Textes zum Einsatz gebracht w ird ; denn eine Sammlung von Beispielen, so um fangreich sie auch sein mag, fü h rt ja im G runde im m er nur das gleiche vor und hat etwas von einer Baum- schule an sich. Genau aber wie Pflanzen natürlicherweise m it anderen zusam- men wachsen, so kom m t auch dieses

si

in der natürlichen Rede zusammen m it anderen vor, und das heißt, in unserem Falle, m it Äußerungen, in denen

si

fe h lt, und diese sind sogar weitaus in der M ehrheit. Nach einer sehr groben Schätzung würde ich den A n te il der Äußerungen m it

si

a u f knapp 1 % veranschlagen, und auch das wieder nur abhängig von der A rt des Textes. In wissenschaftlichen A b - handlungen w ird man

si

nicht finden. Es kom m t also darauf an festzustellen, an welchen Stellen eines Textes dieses

si

zum Einsatz kom m t.

A m besten eignen sich Märchen fü r eine solche Untersuchung. Sie sind ih re r Kürze wegen gut überschaubar, da sie in vielerlei Varianten auftreten, bieten sie im H in b lic k a u f den Erzählstil gewisse Vergleichsmöglichkeiten, vor allem aber

154

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sind sie üblicherweise volkssprachlich, d.h. sie werden unreflektiert und unver־

bildet vorgetragen.

Der von m ir untersuchte Text betitelt sich

Deca s zlatna kosa isrebbrni zbbit

er stammt aus dem Bezirk Sofia und findet sich in SbN U N K 1, 1889, N U goldenen Haaren und silberen Zähnen gebären. Der Z ar erfährt davon und hei־

ratet die jüngere. Sie bekommt das erste K ind , einen Jungen. Er hat — wie vo r־ wieder w ird die Zarin ins Gefängnis gesteckt und wieder w ird sie in Gnaden auf- genommen. Die beiden entwendeten Kinder werden in eine Kiste gepackt und beruft eine Versammlung ein. M an beratschlagt, wie man den jungen M ann zur Preisgabe seiner H e rku nft bewegen könne. M an erfährt es von ihm . Die K inder sind heimgekehrt.

Der Text ist ca. 2.535 cm lang und enthält 29 solcher s/־Fälle, im Schnitt je ein Fall a u f 87 cm. Das ist eine verhältnism äßig hohe Dichte. Normalerweise sind die Fälle dünner gestreut, und ein Fall kom m t a u f schätzungsweise 150 cm.

155

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Ich werde nun die 29 Fälle in der Reihenfolge ihres A uftretens vorführen.

Dabei w ird angegeben, zu welcher Sorte sie gehören und wer der A k ta n t ist.

у

I

si sedea na čardako

,,sie saßen a u f dem C ardak“ , d; Schw.

I I

tija si dvete zboruvacha

״ die beiden sprachen zueinander“ , a;

Schw.

I l i

da si ugasime videloto

״ daß w ir das L ich t ausmachen“ , c; Schw.

IV 5/

siana carica

״ sie wurde Z a rin “ , d; SZ.

V

kato liieše ot bescani kamene i on si ziveeše

״ da er an dem Stein

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