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2.2 O RDNUNGSPOLITISCHE B EWERTUNG VON Q UOTENMODELLEN

2.2.4 Ökonomische Legitimation der Maßnahmengestaltung

2.2.4.3 Ökonomische Effizienz

In bezug auf die ökonomische Effizienz gilt es aus statischer Sicht zu bewerten, wel-che Ausgestaltungsform das anvisierte Quotenziel zu den geringsten Kosten erreicht (Standard-Preis-Ansatz). Neben den Erzeugungskosten von Erneuerbare-Energien-Anlagen spielen dabei auch die Transaktionskosten des betrachteten Quoten-systems eine wichtige Rolle. Aus dynamischer Sicht ist zu bewerten, welches Sys-tem am Besten dazu geeignet ist, kostengünstige Innovationen in diesem Bereich hervorzubringen, die im Zeitverlauf dazu beitragen, die Kosten der Quoteneinhaltung zu senken.

Statische Effizienz ist gegeben, wenn die Quote erfüllt wird und keine Option zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien existiert, deren Erzeugungskosten geringer sind als diejenigen der realisierten Anlagen.13 Das weiter oben angeregte Begrenzen von Stromimporten ist aus Effizienzgründen abzulehnen,14 weil dadurch die Möglichkeit beschnitten wird, günstige Erzeugungsanlagen im Ausland in das Quoten-Portfolio aufzunehmen.

13Aus dieser Sicht ist die Einführung von technologiespezifischen Quoten abzulehnen, da dadurch nur zufällig die kostenminimale Allokation erreicht wird.

14Das Problem der Zielverfehlung wird bei dieser Aussage ausgeblendet, weil es bereits bei der Bewertung der Zielkonformität berücksichtigt wurde.

Ob eine Abnahmegarantie für grünen Strom zu vermiedenen Kosten (in den Nieder-landen z. Z. etwa 7 Pfennige je kWh) besser oder schlechter abschneidet als die Selbstvermarktung hängt von den Transaktionskosten der Selbstvermarktung ab.

Wenn diese zu einem höherem Ressourcenverbrauch der Quotenerfüllung führen als eine einfacher zu regelnde aber verzerrende Abnahmegarantie, dann ist die Abnah-mepflicht durch den Netzbetreiber zu vermiedenen Kosten vorzuziehen. Nachfolgend wird allerdings davon ausgegangen, dass bei Selbstvermarktung eine Bündelung des Angebots kleiner EEA-Betreiber erfolgt und damit die Verhandlungskosten für den Netzzugang erheblich reduziert werden, so dass die Selbstvermarktung im Sinne der statischen Effizienz höher beurteilt wird. Auch im Hinblick auf die dynamische Anreizwirkung hat die Selbstvermarktung Vorteile, da ein ständiger Anreiz zur Sen-kung der Netzzugangsverhandlungskosten gegeben ist.

Die Einführung eines Zertifikatesystems hat Vorteile bezüglich der allokativen Effi-zienz von EEA, da gegenüber einem reinen Ökostromhandel (ohne Trennung von Service und Commodity) eventuelle Netzengpässe und institutionelle Hemmnisse, die bei der Durchleitung von Strom auftreten können, nicht zum Tragen kommen. Da insbesondere im internationalen Handel mit Strom erhebliche Netzengpässe beste-hen, die das Ausschöpfen günstiger Produktionsbedingungen für grünen Strom behindern können, ist die Einführung eines Zertifikatehandels aus statischer Sicht zumindest für eine Übergangszeit, in der entsprechende Netzkapazitäten aufgebaut werden können, zu begrüßen. Allerdings kann es durch die Trennung von Service und Commodity zu einem ineffizienten Verdrängen lokaler konventioneller Strompro-duktion kommen.

In bezug auf den Adressatenkreis scheint die Einzelhändlerebene die beste Deckung von Nachfrage und Angebot zu ermöglichen, weil die Händler über die besten Marktinformationen verfügen und sich somit bei ihnen das optimale EEA-Portfolio mit den geringsten Informationskosten einstellt. Diese Einschätzung gilt auch dann noch, wenn man in Betracht zieht, dass auf der Händlerebene weniger Freiheitsgrade der Quotenerfüllung existieren als auf der Erzeuger- oder Endverbraucherebene. Denn es ist nicht zu erwarten, dass ein Eigenheimbesitzer oder ein Industrieunternehmen in der Lage ist, im Vergleich zu einem spezialisierten EEA-Betreiber zuzüglich Händlermarge EEA kostengünstiger zu installieren und zu betreiben. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass auf der Erzeugerseite im Vergleich zur Verbrau-cherseite die besseren Informationen über die Preiswürdigkeit verschiedener Ange-bote von EEA-Betreibern vorliegen. Die Gefahr, dass es bei der Endverbraucher-ebene als Adressaten zu ineffizienten Allokationen aufgrund von unvollständiger Information kommt, ist im Vergleich zu den Erzeugern größer.

In punkto allokativer Effizienz ist die Einführung von handelbaren Zertifikaten am höchsten einzuschätzen. Die Wahl der Adressatenebene wird als zweitwichtigstes Kriterium angesehen. Die Regelung des Netzzugang ist in diesem Zusammenhang deshalb als relativ unbedeutend zu erachten, weil dadurch lediglich die Transparenz des Commodity-Preises gewährt wird. Da davon ausgegangen werden kann, dass dieser Preis heute zwischen 3 und 4,5 Pfennig je Kilowattstunde liegt15 und der Preis

15Vgl. [Dany et al. 2000b, S. 52].

für grüne Zertifikate ein vielfaches darüber, wird der Transparenz des Commodity-Preises hier nur wenig Bedeutung beigemessen. Geht man jedoch von einer Vergü-tung wie im niederländischen Beispiel von ca. 7 Pfennigen aus, kann eine Abnahme-garantie mit Vergütungspflicht im Zertifikatemodell sehr wohl zu bedeutenden Ineffizienzen bei der Quotenerfüllung führen.

Um die statische Effizienz insgesamt beurteilen zu können, wird neben der allokati-ven und dynamischen Effizienz der verschiedenen Quotensysteme auch die zu erwartenden Transaktionskosten bewertet. Über die Höhe der Transaktionskosten bestimmen (vgl. [Brockmann et al. 1999,S. 88f.]):

1. die Kosten zur Implementierung des Regulierungsmechanismus'. Sie hängen unter anderem davon ab, welcher Aufwand für die Schaffung einer Behörde, für die Schulung von Personal etc. zu erwarten sind. Die Kosten sind vermutlich geringer, wenn der Quotenadressat bereits einer Regulierung unterliegt, wenn die Anzahl der Quotenadressaten relativ gering ist und wenn es wenige und einfache Funktionsregeln des Quotensystems gibt. Bei der Zulassung von Zertifikate-handel entstehen darüber hinaus zusätzliche Kosten.

2. die Kosten der Durchführung der Regulierung. Hierunter fallen die notwendigen Tätigkeiten der Quotenerfüllung wie der Abschluss von Kaufverträgen für Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen, der Kauf von Zertifikaten, die Kosten der Zertifizierung, der Zertifikateausstellung und des Zertifikatehandels. Die Einfüh-rung eines Zertifikatehandels schafft zusätzliche Kosten während die Abnahme-garantie gegenüber der Selbstvermarktung sicherlich mit geringeren Kosten ver-bunden ist

3. die Kosten für die Kontrolle der Regulierung. Nach [Drillisch 1999a] gibt es bei Quotenmodellen zwei wesentliche Kontrollfunktionen, nämlich die Überwachung der ordnungsgemäßen Zertifizierung und die Kontrolle der Quotenerfüllung.16 Während die Überwachung der Zertifizierung als unabhängig von der Ausgestal-tung des Quotensystems angesehen werden kann, hängen die Kosten der Über-wachung der Quoteneinhaltung (inkl. Sanktionierung) sicherlich von der Anzahl der Quotenverpflichteten ab. Darüber hinaus ist sicherlich von Bedeutung wie groß der Informationsvorsprung der Adressaten gegenüber der Regulierungs-behörde ist.

Was die Anzahl der Quotenverpflichteten betrifft, kann davon ausgegangen werden, dass die Endverbraucher als Adressatenebene sicherlich die größte Anzahl (mehrere Millionen Haushalte und Unternehmen) Verpflichteter umfasst. Die Mächtigkeit der Erzeuger- und Einzelhändlerebene ist weitaus geringer (mehrere Hundert). Die Anzahl der Erzeuger und Einzelhändler wird in etwa gleich eingeschätzt.

Die beste Möglichkeit, bei einer bestehenden Regulierungsbehörde anzusetzen, bietet die Erzeugerebene, da die Erzeuger beispielsweise über das Bundesimmissi-onsschutzgesetz, die Großfeuerungsanlagenverordnung oder die Investitionsaufsicht bereits heute reguliert werden. Die Verkäufer unterliegen derzeit einer Preisaufsicht,

16 [Drillisch 1999a] nennt als dritte Kontrollfunktion die Überwachung der Funktionsfähigkeit des Zertifikatemarktes. Diese Aufgabe könnte jedoch auch von der Kartellbehörde übernommen werden.

die im Zuge der Liberalisierung jedoch zunehmend unbedeutender wird. Die Verbraucherebene wird in Bezug auf Strom nicht reguliert. Ein künstlicher gemein-samer Nenner der Endverbraucher könnte in der „Regulierung“ durch das Finanzamt gesehen werden. Es erscheint jedoch unrealistisch die Regulierung der Quotenver-pflichtung an die Finanzämter anzuhängen, da ansonsten eine sehr große Anzahl öffentlicher Angestellter in einem für sie völlig fremden Bereich geschult werden müssten.

Werden die Erzeuger zur Quotenerfüllung verpflichtet bedürfte es einer Reihe von Sonderregelungen. Dort gilt es beispielsweise zu unterscheiden, welcher Teil der Produktion innerhalb bzw. außerhalb des Quotengebiets abgesetzt wird. Dies ist insbesondere dann schwierig, wenn der Erzeuger an einen Stromhändler verkauft und erst auf dieser Ebene über den Zielort der Stromlieferung entschieden wird. Um diesen Sachverhalt bei den Erzeugern als Quotenverpflichtete abzufangen entsteht zusätzlicher Regulierungsaufwand. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass sich in bezug auf die Adressatenebene die Regulierungskosten von Erzeuger- und Ein-zelhändlerebene nicht erheblich unterscheiden. Beim Endverbraucher als Quoten-verpflichteten werden jedoch höhere Transaktionskosten erwartet.

Die Trennung von Service und Commodity zur Einrichtung eines Zertifikatehandels verursacht zusätzliche Transaktionskosten allein durch die Einrichtung einer Zertifi-katebörse bzw. durch die Eingliederung einer ZertifiZertifi-katebörse in die bestehenden Warenbörsen. Eine Abnahmegarantie (bei Zertifikatehandel: zu festgelegten vermie-denen Kosten) für Strom aus EEA stellt eine relativ einfache Netzzugangsregelung mit geringen Transaktionskosten dar. Die Selbstvermarktung der EEA-Erzeugung ist dagegen mit Anbahnungs- und Abschlusskosten von Transaktionen verbunden, deren Kosten höher einzuschätzen sind als die Kosten der Abnahmegarantierege-lung.

Die Entscheidung bezüglich der Adressatenebene hat hinsichtlich der Transaktions-kosten mehr Gewicht als die Entscheidung über die Trennung von Service und Commodity und diese wiegt wiederum schwerer als die Entscheidung des Netzzu-gangs. Für die Bewertung der statischen ökonomischen Effizienz wird die allokative Effizienz wiederum höher gewichtet als die Bewertung der Transaktionskosten, weil damit gerechnet werden kann, dass das finanzielle Volumen der Stromverkäufe das Volumen der Transaktionskosten bei weitem übersteigt und die Transaktionskosten durch Lerneffekte im Laufe der Zeit geringer werden.